Ohne nachzuschauen weiss ich gar nicht, wie oft das Festival
„Rock The Ring“ in Hinwil bisher stattgefunden hat. Warum das so
ist? Ganz einfach…, weil ich echt noch nie da war! Klingt womöglich
etwas seltsam, ist aber so und liegt hauptsächlich darin begründet,
dass der Juni halt stets mit vielen Anlässen, unter anderem dem
„Sweden Rock“-Festival, aufwartet. Heuer gab es aber keine Ausreden
mehr, denn mit Deep Purple, nachdem ich sie in Genf (20.05.2017) auf
der aktuellen „Long Goodbye Tour“ nicht habe sehen können, blieb in
diesem Jahr nur noch diese eine Möglichkeit. Dass daneben mitunter
auch noch Gotthard und Krokus auf der Matte standen, rundete das
Ganze natürlich wunderbar ab. Wettertechnisch passte es ebenso, und
so machte sich der Rockslave auf den Weg. Dort angekommen, nervte
ich mich zuerst aber unmittelbar über die unverschämten CHF 15.- an
Parkgebühren! Zehn Mäuse hätten also längst gereicht, nun denn. Auf
dem Gelände angekommen, musste ich mich als Newbie zuerst mal
ortskundig machen, und kaum hatte ich den Pressebereich gefunden,
ging es, zusammen mit einigen bekannten Gesichtern, schon
schnurstracks los in Richtung Bühne.
Krokus Das
Vorprogramm mit QL, Crystal Ball und Fiddler’s Green vermochte mich
nicht früher nach Hinwil zu locken, und darum beschränkt sich das
Ganze auf die Top-3 des ersten Festival-Tages. Nach den
bemerkens-wert guten Shows im März (Bern und Zürich sowie noch mit
Shakra als Support) muss sich jeder weitere Auftritt der Solothurner
Rocker nun damit messen lassen. Dazu kam, dass Storace & Co. bereits
um 19.15 Uhr auf die Bühne steigen mussten, und da stand die Sonne
halt immer noch am Horizont. Nichtsdestotrotz startete das Konzert
natürlich mit «Long Stick Goes Boom», was grundsätzlich mal gut
rüber kam, einen aber nicht aus den Latschen kippen liess. Das
Gleiche galt für «American Woman», und «Winning Man» sah ich auch
schon mit mehr Esprit. Dazu wirkte Mandy Meyer mit seinem Cap
zunächst etwas fahrig heute Abend. Die Stimmung des sich sichtlich
in der Mehrzahl befindenden Mainstream-Publikums nahm erst beim Neil
Young Cover «Rockin' In The Free World» richtig Fahrt auf. Marc war
top bei Stimme, und auch das Duo von
Arb/Kohler zeigte sich locker
wie spielfreudig zugleich. Spätestens bei den härteren Tracks,
insbesondere «Easy Rocker», fehlte aber einiges an Power. Das kam im
Frühliing dann schon einen ganzen Zacken schmissiger daher. Da sich
die Spielzeit von Krokus bei nur etwa gut einer Stunde und zehn
Minuten einpendelte, ging alles etwas gar schnell vorüber. Immerhin
hiess dann der Schlusstrack für einmal nicht «The Mighty Quinn», was
ich schon nicht mehr für möglich gehalten habe. Die Bilanz insgesamt
hinterliess hinsich-tlich dem bald anstehenden Auftritt beim
BYH!!!-Festival jedoch ein paar Fragezeichen auf der Stirne des
Rezensenten. Den anwesenden Fans schien es im Rahmen dieses
Festivals aber ordentlich zu gefallen und bei dem schönen Wetter
sowieso! Vom Fotograben aus setzte das Riesenrad mit dem
Einsetzen der Dämmerung ausserdem einen farbenfrohen
Kirmes-Kontrast ab. Das färbte im übertragenen Sinne, und leider muss
man sagen, auch etwas auf die Performance ab. Für Balingen hätte das
auf jeden Fall bei Weitem nicht gereicht, und bis dahin müssen noch
einige Briketts nachgelegt werden!
Setliste: «Long Stick Goes
Boom» - «American Woman» - «Winning Man» - «Rockin' In The Free
World» - «Tokyo Nights» - «Screaming In The Night» - «Bedside Radio»
- «Heatstrokes» - «Easy Rocker» - «Fire» - «Hoodoo Woman».
Gotthard Kurz nach dem “Sweden Rock”-Festival in
Sölvesburg (S) war die Luft für mich etwas draussen bei Gotthard auf
ihrer diesjährigen «Silver»-Tour. Doch ich mag das neue Album
eigentlich, im Gegensatz zu MF-Kollege Tinu, recht gut, da einiges
an die Machart von Europe‘s brillantem Album «War Of Kings»
erinnert. Die Vocallines sind nun ganz auf Nic Maeder zugeschnitten,
was dieser mit einem sehr selbstsicheren Auftreten bestätigte.
Darüber hinaus stellte Nic seine aktuellen Deutschkenntnisse zu
Schau, was für den einen oder anderen wohlwollenden Lacher sorgte.
Interessanter-weise tauchte der Song «Hush» bereits an dritter Stelle
auf. An jedem anderen Konzert wäre das nicht von Bedeutung gewesen,
aber wenn danach Deep Purple als Headliner den Debüt-Album Klassiker
(geschrieben von Joe South) 100%-ig auch bringen, hätte man mutiger
sein sollen und einen anderen Song bringen müssen. Dass es davon
noch eine Menge und gute gibt, neue wie ältere, liess nicht lange
auf sich warten. Dabei wirkten Gotthard einmal mehr deutlich
schmissiger als Krokus. Zum Beispiel «What You Get» (ab «Bang!»,
2014) haute voll rein, ehe es darauf mit «Heaven» schon fast
besinnlich bis mitunter beklemmend wurde, da man Steve Lee (R.I.P.)
über die hintere grosse Leinwand einspielte und „mitsingen“ liess.
Wie bei Queen, wo das über 25 Jahre nach dem bedauernswerten Ableben
des grossen Freddie Mercury live auch oder besser immer noch
zelebriert wird, lässt einen das bei Gotthard, sieben Jahre danach,
ebenso nicht kalt, und das wird hoffentlich immer so bleiben. Da
sich der Himmel
mittlerweile verdunkelt hatte, kam die Light-Show
natürlich besser zur Geltung. Dies konnte man inzwischen auch vom
Publikum behaupten, das sich in bester Festival-Stimmung befand.
Dass diese nicht spürbar abebbte, lag heute Abend daran, dass
Gotthard keinen Headliner-Set spielten und deshalb die Abteilung der
Balladen (sonst jeweils drei hintereinander) zurück gefahren werden
musste. Das liess mehr Raum zum Rocken, zum Beispiel mit «Cupid’s
Arrow» von «Lipstick» (2005), einem Midtempo-Juwel erster Güte. Bei
der Zugabe machten Gotthard dann ebenso einen auf «Big Rocks» und
zockten gemeinsam mit Krokus den The Beatles Classic «Come
Together». Die zugestandene Spielzeit von 75 Minuten wurde hierbei
ausgereizt und erzeugte zum Schluss den verdient lauten
Schlussapplaus der „Rock The Ring“ Besucher vor Ort.
Setliste: «Silver River» - «Electrified» - «Hush» - «Stay With Me» -
«Mountain Mama» - «Remember It’s Me» - «Feel What I Feel» - «Sister
Moon» - «What You Get» - «Heaven» - «Top Of The World» - «Cupid’s
Arrow» - «Anytime Anywhere» -- «Come Together (The Beatles-Cover,
zusammen mit Krokus)».
Deep Purple Die
vor der Tour gemachte Ankündigung von wegen «The Long Goodbye»-Tour
schlug in der Szene wie eine Bombe ein, und auf die Frage, wie das
nun genau zu verstehen sei, musste bei jedem aktuellen Interview
darauf geantwortet werden. Fakt ist, dass bis auf Steve Morse (g)
und Don Airey (keyb) alle mittlerweile um die siebzig Jahre herum
alt sind, also der Rest der Mark-II Besetzung mit Ian Gillan (v),
Roger Glover (b) und Ian Paice (d). Letzterer erlitt ja 2016 einen
zum Glück nur leichten Schlaganfall, der keine Folgen nach sich zog.
So konnte die neue Hammer-Scheibe «inFinite» ohne Einschränkungen
eingespielt werden. Allerdings musste Paice auf Tour, also auch
heute Abend, sein sonst obligates Drum-Solo aussetzen. Das bedeutete
für mich nach dem Auslassen des Genfer Konzertes im Mai Gewehr bei
Fuss in Hinwil, da man nie weiss, was noch alles passiert in der
nächsten Zeit. Es kann plötzlich schnell gehen, wie bei Rick Parfitt
(R.I.P.) von Status Quo. Der Rock-Dino namens Deep Purple erfreut
sich aktuell guter Gesundheit im Kollektiv, und mit dem frischen
Meisterwerk aus dem Studio lässt es sich locker musizieren. Nach dem
gesprochenen Intro von «Time For Bedlam», einem der neuen Songs,
respektive der Opener von «inFinite», katapulierten sich Gillan &
Co. innert Minutenfrist in ihr Klanguniversum. Dort angekommen,
liess «Fireball»
danach keine Zweifel darüber aufkommen, wie es um
die wiedererlangte Gesundheit des Kult-Drummers steht. Ein sehr
beruhigender Moment, nicht nur für mich. Heuer wieder im Set steht
«Bloodsucker» von «In Rock» (1970), ein Monument der Rockgeschichte.
Die 45-jährige «Made In Japan»-Ikone «Lazy» wurde wunderbar durch
«The Surprising» und «Birds Of Prey» eskortiert. Was Ian Paice
diesmal nicht konnte, überliess man Altmeister Don Airey, der sich
mit seinem voraus eilenden Solo den Band-Classic «Perfect Strangers»
zurecht legte. Ein Weltklasse-Song aus der wegweisenden Reunion-Ära
der 80er, der bei keinem Konzert von Deep Purple fehlen darf.
Gleiches gilt eigentlich ebenso für «Highway Star», doch der „Stern
der Landstrasse“ wurde leider aus dem Live-Set verbannt. Was aber
keinesfalls geht, ist das Auslassen von «Smoke On The Water», da
hier natürlich stimmungsmässig alle Dämme brechen, und das war so
sicher wie das „sonntägliche Amen“ in der Kirche. Das kriegten die
sonst eher reservierten Deutschschweizer mit Bravour auf die Reihe.
Und im Zugabenteil kam dann eben das „Original“ oder doch nur eine
weitere Cover-Version von «Hush»?! Wie dem auch sei, aber eigentlich
reicht das „Original“. Mit dem seit einiger Zeit zelebrierten
Abschluss-Song «Black Night» beendeten Deep Purple nach neunzig
Minuten ein tolles Konzert. Aber soll das nun tatsächlich das „Ende“
gewesen sein?! Hoffen wir’s nicht! Purple forever!!
Setliste:
«Time For Bedlam» - «Fireball» - «Bloodsucker» - «Strange Kind Of
Woman» - «The Surprising» - «Lazy» - «Birds Of Prey» - «Hell To Pay»
- «Perfect Strangers» - «Space Truckin‘» - «Smoke On The Water» --
«Hush» - «Black Night».
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