Während genau an diesem Tag der alljährliche Moloch der hiesigen Fasnacht
(gähn...!) wieder aufersteht, liess das zahlreiche Rock-Liebhaber aber unbeeindruckt und
zog diese indes nach Winterthur, wo sich die tauben Leoparden, nach zehnjähriger
Abstinenz, wieder einmal auf Schweizer Boden zeigten. Mit im Gepäck dabei hatten sie das
letzte Album "X", das zwar für keine Begeisterungsstürme sorgen konnte, aber
trotzdem ganz solide ausgefallen ist. Man muss sich einfach damit abfinden, dass es nie
wieder eine Scheibe wie "Pyromania" oder "High and dry" und die Tour
dazu geben wird. Dennoch konnte man sicher sein, heute Abend einige der besten
Leppard-Songs zu Gesicht und zu Gehör zu bekommen. Bevor es jedoch soweit war, gönnten
sich viele Fans vor der Halle noch eine leckere Grillwurst, um dann gestärkt in die Halle
zu schreiten. Ein Riesenauflauf fand zwar nicht statt, aber so etwa um 2500 - 3000 Leute
dürften es wohl schon gewesen sein. Mit Skid Row stand ausserdem ein hochkarätiger
Support auf dem Programm, der auch schon rosigere Zeiten gesehen hatte. Ältere Leser
mögen sich sicher noch an das Jahr 1989 und den Auftritt im Hallenstadion in Zürich als
Anheizer von Mötley Crüe erinnern. Damals stand noch ein gewisser Sebastian Bach hinter
dem Mikro. Den Auftakt machte aber überraschenderweise ein Rocker von ebenso besonderem
Format, der sich in Winterthur leider nur akustisch betätigte: Ricky Warwick, ehemaliger
Bandleader und Klampfenmeister von The Almighty, die in den 90ern ein paar geniale Alben
("Blood, fire & love", "Soul destruction" oder
"Powertrippin") rausgebracht hatten.
Ricky Warwick
Erst die Bestätigung beim Small Talk mit den Crystal Ball Recken Scott Leach (g) und Dany
Schällibaum (b) und genaues Hinhören liessen auch bei mir die Gewissheit entstehen, dass
es wirklich der ehemalige The Almighty Fronter war, der hier allein auf der Bühne
musizierte. Viel lieber hätte ich ihn mit seiner ehemaligen Band und "plugged"
gesehen. Nichts desto Trotz bekam Ricky warmen Applaus für seine Darbietung. Ende
September kam sein erstes Solo-Album "Tattoos & alibies" heraus, das den
Singer/Songwriter Warwick von einer etwas anderen Seite zeigt. Die einzelnen Songs konnte
ich nicht ausmachen, aber es dürften ein paar, wenn nicht alle von diesem Album gewesen
sein. Gegen Schluss kam dann noch "Überraschungsgast" Vivian Campbell auf die
Bühne und unterstütze Ricky mit ein paar Stromlicks. Wie gesagt, es war solide und von
absolut fehlerfreiem Spiel geprägt, aber The Almighty wären mir entschieden lieber
gewesen.
Skid Row
Sie waren eine der schillerndsten Rock Bands Ende der 80er-Jahre. Ihre selbstbetiteltes
Debüt-Album schlug eine Bombe und Sebastian Bach war der ungestüme Frontmann der Amis,
die zu Beginn ihrer Karriere Schützenhilfe von Bon Jovi kriegten. Der Auftritt beim
Moskau Peace Festival im August 1989 zählte ebenso zu den Highlights, wie der Support
für Mötley Crüe bei deren "Dr. Feelgood"-Tour. Auch das zweite Album
"Slave to the grind" war sehr gut geraten und die folgende Headliner-Tour
festigten den Status, aber nach einer Mini-CD mit Cover-Versionen (1992) riss der Faden.
Im Zuge der Grunge-Welle kam 1995 "Subhuman race" auf den Markt und floppte
aufgrund der neuen Ausrichtung. Die alten Fans wandten sich ab und die Band versank in der
Versenkung. Und nun schreiben wir das Jahr 2003 und Skid Row sind zurück. Mit Johnny
Solinger, dem neuen Sänger, Drummer Neu-Zugang Phil Varone und einem erstaunlich guten
neuen Album, das sich "Thick skin" nennt und trotz ein paar modernen Anstrichen
ganz gut ins Ohr geht. Und live? Ich stand zentral, etwa zehn bis fünfzehn Meter vor der
Bühne an einem idealen Ort, als die Band die Bühne betrat und gleich mit "Slave to
the grind" loslegte. Der Sound war hier perfekt! Nicht zu laut (hatte nicht mal die
Proppen drin) und obermegafett! Solinger's Stimme klang nicht so schneidend wie die seiner
Vorgängers, aber das sich tight präsentierende Gesamtpaket überzeugte von der ersten
Minute an. Mit "New generation" folgte der Opener des neuen Albums und der
hörte sich sehr eingängig an. Das bejubelte "18 and life" zeigte danach
eindrücklich, dass ein guter Song immer einer sein wird, egal wie alt. Das Publikum ging
ordentlich mit und bescherte den Rückkehrern bemerkenswerte Fan-Reaktionen. "I
remember you" und "Thick is the skin" als weitere neue Songs überzeugten
ebenfalls und als man sich so richtig auf Skid Row eingestellt hatte, bedeutete der
Alt-Smasher "Youth gone wild" bereits das viel zu frühe Ende einer tollen Show.
Es bleibt zu hoffen, dass die Amis den Anschluss wieder finden und ein weiteres Gastspiel
auf einer Schweizer Bühne abhalten werden.
Set-Liste: "Slave to the grind", "New generation", "18 and
life", "I remember you", "Thick is the skin", "Youth gone
wild".
Def Leppard
Satte fünfzehn Jahre ist mittlerweile her, als ich Def Leppard das erste Mal im
Hallenstadion gesehen hatte. Damals füllten sie so eine Halle noch locker. Auch die Tour
von 1993 habe ich noch in guter Erinnerung. Die "Slang-Tour" liess ich indes
aus, weil mir dieses Album weder damals gefallen hat, noch heute Zuspruch
findet. "Euphoria" war dann wieder besser und "X" unterstreicht, in
welche Richtung die tauben Leoparden wohl auch künftig gehen werden. Allzu Heftiges darf
nicht mehr erwartet werden. Als dieses Konzert angekündigt wurde, war es für mich aber
klar, dass die zehn Jahre "Pause" genug waren und ich sehen und hören wollte,
wie sich die Band 2003 präsentiert. Wie für viele andere auch, sind erfolgreichen
80er-Jahre vorbei. Der Hype ist der Realität gewichen, wobei solcher eigentlich nicht
nötig war, denn Def Leppard gehören zweifellos zu den wichtigsten Rock Bands der
Geschichte und haben unsterbliche Songs geschrieben. Ein paar von ihnen durften auch für
den heutigen Abend erwartet werden. Die Bühne sah eigentlich ziemlich unspektakulär aus.
Im Hintergrund hing ein grosses Backdrop mit dem Cover von "X" und die üblichen
Scheinwerfer-Installationen. Eröffnet wurde die Show mit "Action" und dies noch
recht brachial. Die Lautstärke im Gegensatz zu vorher war um Einiges angehoben worden,
klang dafür aber nicht mehr so differenziert. Joe Elliot, mittlerweile auch wenig
fülliger, peitschte das Publikum gleich an und hatte es mit dem nachfolgenden
"Making love like a man" gleich in der Tasche. Die anschliessende Triplette mit
"Foolin'", "Women" und "Hysteria" liess
einen als alten Fan gleich dahinschmelzen. Das Markenzeichen der wie gewohnt starken
Backing-Vocals war das bestimmende Element. Jüngere Zuschauer fanden sich damit auch
gleich zurecht und so entstand eine tolle Stimmung in der Halle, die bis am Schluss
anhielt. Die Band spielte motiviert und agil. Steve Collen und Vivian Campbell setzten
sich mit tollen Soli in Szene und Basser Rick Savage lieferte mit dem barfuss spielenden
Rick Allen das fettes Rhythmus-Gerüst. Es ist schon bemerkenswert, wie sich der
Leppard-Drummer seit bald zwanzig Jahren mit seinem Schicksal abfindet. Ein wirklich
einmalige Situation in diesem Business und es ist seinen Band-Kollegen sehr hoch
anzurechnen, dass sie immer zu ihm gehalten haben und es auch weiterhin tun werden.
"Photograph", "Animal" oder "Rock of ages"..., längst
Klassiker..., allesamt und einfach zeitlos. Überhaupt hatte die Show viel 80er-Flair
drin, das heisst viel Licht aus grossen Scheinwerfern und Unmengen von Trockeneis. Genau
das Richtige für den bollernden Leppard-Sound, den Joe Elliot mit mächtig Hall auf
seiner Stimme räumlich noch zusätzlich ausfüllte. Nach knappen hundert Minuten war es
dann fast zu schnell wieder vorbei. Als das Licht wieder anging, sah man praktisch nur
zufriedene Gesichter und viele Freunde, Bekannte und Musiker, die es bestimmt nicht bereut
hatten, den heutigen Abend in der Eulachhalle zu verbringen, anstatt allenfalls
"Guggemusik" um sich herum zu haben.
Set-Liste. "Action", "Making love like a man", "Foolin'",
"Women", "Hysteria", "When love & hate collide",
"Four letter word", "Promises", "Two steps behind"
(acoustic), "Now", "Rocket", Armageddon it",
"Photograph", "Animal", "Pour some sugar on me", "Rock
of ages", "Love bites", "Lets get rocked".
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