Knapp einen Monat vor dem Release des dritten Albums «We Are The
Others» beehrten die holländischen Symphonic Metaller Delain ein
weiteres Mal die Schweiz. Das war für mich natürlich absolute
Pflicht, denn die Musik der Oranjes mit ihrer hübschen wie begabten
Sängerin Charlotte Wessels gehört bei mir zur meist gespielten
aus dieser Stilecke. Mit der gleichen Intensität werden sonst nur
noch Edenbridge und Nightwish bedacht. Natürlich gäbe es da noch
eine ganze Latte mehr an "female fronted bands", aber diejenigen,
die qualitativ wirklich was zu bieten haben, sind nicht halb so viele.
Nachdem das Debüt «Lucidity» (2006) und der noch bessere Nachfolger
«April Rain» (2009) voll bei mir punkten konnten, waren die
Erwartungen an das neue Material recht hoch. Das geschnürte
Konzert-Package wartete dann noch mit Trillium, der Band um Amanda
Somerville (Avantasia, Kiske/Somerville) und den mir bisher
unbekannten Ami-Prog-Thrashern Halcyon Way auf. So freute ich mich
nach dem zuvor mit Charlotte abgehaltenen, anregenden Interview auf
einen Abend mit geiler Musik.
Halcyon Way
Die Band aus Atlanta ist ansich schon einige Jahre, vor allem in der
Heimat, unterwegs gewesen und hat dabei mit diversen Szenegrössen
wie Symphony X, Kamelot, Death Angel, Vicious Runmors, Seven Witches,
Doro, ja sogar Samael zusammen gespielt und/oder die Bühne geteilt.
Dazu gehören auch Auftritte beim "ProgPower USA" und "Rocklahoma
Festival". Da mir die Band bisher nicht aufgefallen ist, gehe ich
mal
davon aus, dass Europa erst seit kurzem, wenn überhaupt zuvor,
bereist wurde. Im Package mit Trillium und dem Headliner Delain
setzten sie eine etwas andere, stilistische Note. Als Steve Braun
(v), Jon Bodan (g/v), Ernie Topran (d) plus ein junger mir
unbekannter Bassist die Bühne des Z7 enterten und wie die Feuerwehr
los legten, merkte man bald, dass hier keine Anfänger am Werk sind.
Das zeigte bereits der Opener «Age Of Betrayal», ein progressiv
angehauchter Power Hardrock Song, der bereits den breiten Range von
Halcyon Way aufzeigte. Bei «Death Of A Dream», auch vom zweiten
Album «Building The Towers» kamen dann der ausdrucksstarke Gesang
von Steve Braun wie die Backings-Vocals plus ein paar Growls von Joe
Bodan so richtig zum Tragen. Mitunter war das Ganze ordentlich
verfrickelt und rhythmisch nicht immer gleich griffig. Die Band
machte das allerdings mit einer sehr aktiven Performance wett. Vor
allem der augenscheinlich jüngere Bassist zog voll vom Leder.
Allerdings war das Lineup um einen Rhythmus-Gitarristen reduziert,
der der ansich schon ordentlich fetten Chose noch mehr Power hätte
verleihen können. Das Ergebnis als Quartett fiel dennoch mehr als
zufriedenstellend aus. Leider zeigte sich das Publikum zu Beginn
eher reserviert und spendete dann aber am Ende der 35-minütigen Show
den ohne Zweifel redlich verdienten Schlussapplaus.
Setliste: «Age Of Betrayal» - «Death Of A Dream» - «Inversion» - «Desecration
Day» - «Rise To Revise» - «On Black Wings».
Trillium
Nun war ich gespannt auf den Auftritt der zweiten Band des Abends,
die mit Amanda Somerville eine Frontfrau mit unbestrittenen
Starqualitäten aufweisen kann. Das Mitwirken unter anderem bei
Avantasia, Rock Meets Classic und die Zusammenarbeit mit dem
Ex-Helloween und jetzigen Unisonic Sänger Michael Kiske verfehlten
ihre Wirkung nicht. Amanda bewies da mehrfach, dass sie eine
hammermässige Gesangsstimme und ebenso eine tolle Ausstrahlung
besitzt. Die öffentlichen Reviews zur ersten CD von Trillium fielen
allerdings eher durch-wachsen aus und es machte den Anschein, dass
hier vor allem Amanda für die Pluspunkte Verantwortlich ist. Darum
kam es nicht von ungefähr, dass die blonde und leicht füllige
Sängerin vom Schweizer Publikum bemerkenswert stürmisch begrüsst
wurde. Das zauberte natürlich sofort ein Honigkuchengesicht bei der
Amerikanerin hervor und so konnte eigentlich nichts mehr schief
gehen. Der erste Song «Machine Gun», notabene auch der Opener vom
Album «Alloy» (2011) deckte noch nicht alle Karten auf. Auch «Mistaken»
mit etwas Nightwish-Touch lebte trotz soweit ansprechender
Instrumentierung der Kollegen vor allem von der prägnanten
Singstimme. Spätestens bei «Purge» war es dann offensichtlich, wo
die Schwächen bei Trillium lagen..., beim Songwriting nämlich. Es
kam dann nicht von
ungefähr, dass mit dem Lunatica Cover «Into The
Dissonance» der bis anhin beste Song vorgetragen wurde. Während
meine Wenigkeit darob allerdings nicht gerade erpicht war (das
Original der Schweizer Band klingt um Längen besser!), schien das
dem gut abgehenden Publikum durchaus zu gefallen. Amanda wusste das
zu schätzen und bedankte sich artig. Bis auf «Set Afire», dem
Bonus-Track der gemeinsamen Scheibe mit Michael Kiske, stammten alle
Songs vom letztjährigen Debüt-Album, und je länger das Konzert
dauerte, desto mehr musste auch ich, mit wenigen Ausnahmen, dem
allgemein geäusserten Tenor der Durch-schnittlichkeit beipflichten.
Sollte diese Band-Konstellation noch weiter andauern, ist eine
songwriterische Meisterleistung gefragt. Andernfalls werden Trillium
als Gesamtpaket auch fortan nur Mittelmass bleiben. Angesichts der
Qualitäten von Madame Somerville eigentlich schade, doch sie setzte
während knappen 50 Minuten überwiegend Glanzpunkte, die von der gut
gelaunten Meute spürbar honoriert wurden.
Setliste: «Machine Gun» - «Mistaken» - «Purge» - «Into The
Dissonance» - «Set Afire» - «Utter Descension» - «Bow To The Ego» -
«Path Of Least Resistance» - «Coward».
Delain
Im Gegensatz zum Publikum wusste ich bereits, dass es beim Auftritt
des Headliners ein Problem im Voraus gab, denn Charlotte Wessels
klagte beim Interview im Tourbus etwas über Heiserkeit. Profi wie
sie ist, nahm sie diese Herausforderung jedoch an und ich würde
jetzt mal behaupten, dass der Grossteil der Besucher davon gar
nichts bemerkt hat. Die Band kam kurz vor 21.30 Uhr auf die Bühne
und postierte sich vor dem grossen Backdrop, auf dem das neue Cover
Artwork prangte. Charlotte, die dafür bekannt ist, dass sie sich
(wie Tarja Turunen einst bei Nightwish auch) während dem Konzert
gerne mal in ein anderes Outfit schlüpft, zeigte zuerst mal im
50er/60er-Jahre Style mit schmucker Schiffchen-Mütze und sah so wie
eine Stewardess von damals aus. Dass die Holländer schon genügend
Selbstvertrauen in ihr neues Material setzten, zeigte bereits der
Opener «Mother Machine», der auch das kommende Album «We Are The
Others» eröffnet. Keine zwei Minuten alt, hörte man bereits einen
catchy Refrain, dessen Melodie schon nach dem ersten Anhören nicht
mehr aus dem Kopf ging und gleichzeitig eine gesunde Härte
aufgefahren wurde. Nach «Stay Forvever», wiederum mit superben
Melody-Lines, folgte bereits der Titelsong «We Are The Others», den
man ebenso schnell mitsingen konnte, wie die älteren, bekannten
Lieder.
Spätestens jetzt waren die Stimmbänder so zu sagen auf
Betriebstemperatur und konnten sich besser entfalten. Das ist, neben
der angenehmen Singstimme von Charlotte, das Markenzeichen von Delain: superbe Melodien, eingebettet in einer symphonischen und
opulenten Klangwelt. Diese Gabe besteht schon seit dem
Debüt, von
dem unter anderem mit «Sever», «See Me In Shadow», «Shattered», «Sleepwalkers
Dream» und der Zugabe «The Gathering» nicht weniger als fünf alte
Songs berücksichtigt wurden. Dazwischen lagen, wie bei einem
Sandwich die, Kracher von «April Rain». Das Ganze hörte sich
soundmässig nicht schlecht an, aber irgendwann merkte dann der eine
oder andere schon (mich eingeschlossen), dass Charlotte ihrer
Kollegin Amanda an diesem Abend das Wasser nicht reichen konnte.
Dafür war die Qualität der Songs besser, teils gar eklatant, wie man
es von einem Headliner auch erwarten darf. Mit ihrer fröhlichen und
fannahen Art hatte die attraktive Frontfrau ihre Fans allerdings
ziemlich schnell in ihren Bann gezogen. Zusammen mit wiederum tollem
Licht aus der eigenen Z7-Küche bekamen die rund 400 Leute einen
stimmigen und abwechslungreichen 90 Minuten-Set geboten. Zum
Schluss, also bei «The Gathering» liess man das gute Konzert hüpfend
ausklingen. Er wird nun interessant zu sehen und zu hören sein, wo
Delain in ein paar Jahren stehen werden, wenn sie auf diesem Niveau
weiter machen. Das Potenzial ist auf jeden Fall da und die
Jugendlichkeit verspricht einen längeren Atem.
Setliste: «Intro» - «Mother Machine» - «Stay Forever» - «We Are The
Others» - «Go Away» - «Sever» - «Virtue And Vice» - «Generation Me»
- «Invidia» - «April Rain» - «See Me In Shadow» - «Are You Done With
Me» - «Get The Devil Out Of Me» - «Shattered» - «Babylon» - «Sleepwalkers
Dream» - «Electricity» - «Not Enough» -- «Control The Storm» - «The
Gathering.»
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