Livereview: Delain - Trillium - Halcyon Way
06. Mai 2012, Pratteln - Z7
By Rockslave
Knapp einen Monat vor dem Release des dritten Albums «We Are The Others» beehrten die holländischen Symphonic Metaller Delain ein weiteres Mal die Schweiz. Das war für mich natürlich absolute Pflicht, denn die Musik der Oranjes mit ihrer hübschen wie begabten Sängerin Charlotte Wessels gehört bei mir zur meist gespielten aus dieser Stilecke. Mit der gleichen Intensität werden sonst nur noch Edenbridge und Nightwish bedacht. Natürlich gäbe es da noch eine ganze Latte mehr an "female fronted bands", aber diejenigen, die qualitativ wirklich was zu bieten haben, sind nicht halb so viele. Nachdem das Debüt «Lucidity» (2006) und der noch bessere Nachfolger «April Rain» (2009) voll bei mir punkten konnten, waren die Erwartungen an das neue Material recht hoch. Das geschnürte Konzert-Package wartete dann noch mit Trillium, der Band um Amanda Somerville (Avantasia, Kiske/Somerville) und den mir bisher unbekannten Ami-Prog-Thrashern Halcyon Way auf. So freute ich mich nach dem zuvor mit Charlotte abgehaltenen, anregenden Interview auf einen Abend mit geiler Musik.

Halcyon Way

Die Band aus Atlanta ist ansich schon einige Jahre, vor allem in der Heimat, unterwegs gewesen und hat dabei mit diversen Szenegrössen wie Symphony X, Kamelot, Death Angel, Vicious Runmors, Seven Witches, Doro, ja sogar Samael zusammen gespielt und/oder die Bühne geteilt. Dazu gehören auch Auftritte beim "ProgPower USA" und "Rocklahoma Festival". Da mir die Band bisher nicht aufgefallen ist, gehe ich mal davon aus, dass Europa erst seit kurzem, wenn überhaupt zuvor, bereist wurde. Im Package mit Trillium und dem Headliner Delain setzten sie eine etwas andere, stilistische Note. Als Steve Braun (v), Jon Bodan (g/v), Ernie Topran (d) plus ein junger mir unbekannter Bassist die Bühne des Z7 enterten und wie die Feuerwehr los legten, merkte man bald, dass hier keine Anfänger am Werk sind. Das zeigte bereits der Opener «Age Of Betrayal», ein progressiv angehauchter Power Hardrock Song, der bereits den breiten Range von Halcyon Way aufzeigte. Bei «Death Of A Dream», auch vom zweiten Album «Building The Towers» kamen dann der ausdrucksstarke Gesang von Steve Braun wie die Backings-Vocals plus ein paar Growls von Joe Bodan so richtig zum Tragen. Mitunter war das Ganze ordentlich verfrickelt und rhythmisch nicht immer gleich griffig. Die Band machte das allerdings mit einer sehr aktiven Performance wett. Vor allem der augenscheinlich jüngere Bassist zog voll vom Leder. Allerdings war das Lineup um einen Rhythmus-Gitarristen reduziert, der der ansich schon ordentlich fetten Chose noch mehr Power hätte verleihen können. Das Ergebnis als Quartett fiel dennoch mehr als zufriedenstellend aus. Leider zeigte sich das Publikum zu Beginn eher reserviert und spendete dann aber am Ende der 35-minütigen Show den ohne Zweifel redlich verdienten Schlussapplaus.

Setliste: «Age Of Betrayal» - «Death Of A Dream» - «Inversion» - «Desecration Day» - «Rise To Revise» - «On Black Wings».

Trillium
Nun war ich gespannt auf den Auftritt der zweiten Band des Abends, die mit Amanda Somerville eine Frontfrau mit unbestrittenen Starqualitäten aufweisen kann. Das Mitwirken unter anderem bei Avantasia, Rock Meets Classic und die Zusammenarbeit mit dem Ex-Helloween und jetzigen Unisonic Sänger Michael Kiske verfehlten ihre Wirkung nicht. Amanda bewies da mehrfach, dass sie eine hammermässige Gesangsstimme und ebenso eine tolle Ausstrahlung besitzt. Die öffentlichen Reviews zur ersten CD von Trillium fielen allerdings eher durch-wachsen aus und es machte den Anschein, dass hier vor allem Amanda für die Pluspunkte Verantwortlich ist. Darum kam es nicht von ungefähr, dass die blonde und leicht füllige Sängerin vom Schweizer Publikum bemerkenswert stürmisch begrüsst wurde. Das zauberte natürlich sofort ein Honigkuchengesicht bei der Amerikanerin hervor und so konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. Der erste Song «Machine Gun», notabene auch der Opener vom Album «Alloy» (2011) deckte noch nicht alle Karten auf. Auch «Mistaken» mit etwas Nightwish-Touch lebte trotz soweit ansprechender Instrumentierung der Kollegen vor allem von der prägnanten Singstimme. Spätestens bei «Purge» war es dann offensichtlich, wo die Schwächen bei Trillium lagen..., beim Songwriting nämlich. Es kam dann nicht von ungefähr, dass mit dem Lunatica Cover «Into The Dissonance» der bis anhin beste Song vorgetragen wurde. Während meine Wenigkeit darob allerdings nicht gerade erpicht war (das Original der Schweizer Band klingt um Längen besser!), schien das dem gut abgehenden Publikum durchaus zu gefallen. Amanda wusste das zu schätzen und bedankte sich artig. Bis auf «Set Afire», dem Bonus-Track der gemeinsamen Scheibe mit Michael Kiske, stammten alle Songs vom letztjährigen Debüt-Album, und je länger das Konzert dauerte, desto mehr musste auch ich, mit wenigen Ausnahmen, dem allgemein geäusserten Tenor der Durch-schnittlichkeit beipflichten. Sollte diese Band-Konstellation noch weiter andauern, ist eine songwriterische Meisterleistung gefragt. Andernfalls werden Trillium als Gesamtpaket auch fortan nur Mittelmass bleiben. Angesichts der Qualitäten von Madame Somerville eigentlich schade, doch sie setzte während knappen 50 Minuten überwiegend Glanzpunkte, die von der gut gelaunten Meute spürbar honoriert wurden.


Setliste: «Machine Gun» - «Mistaken» - «Purge» - «Into The Dissonance» - «Set Afire» - «Utter Descension» - «Bow To The Ego» - «Path Of Least Resistance» - «Coward».

Delain
Im Gegensatz zum Publikum wusste ich bereits, dass es beim Auftritt des Headliners ein Problem im Voraus gab, denn Charlotte Wessels klagte beim Interview im Tourbus etwas über Heiserkeit. Profi wie sie ist, nahm sie diese Herausforderung jedoch an und ich würde jetzt mal behaupten, dass der Grossteil der Besucher davon gar nichts bemerkt hat. Die Band kam kurz vor 21.30 Uhr auf die Bühne und postierte sich vor dem grossen Backdrop, auf dem das neue Cover Artwork prangte. Charlotte, die dafür bekannt ist, dass sie sich (wie Tarja Turunen einst bei Nightwish auch) während dem Konzert gerne mal in ein anderes Outfit schlüpft, zeigte zuerst mal im 50er/60er-Jahre Style mit schmucker Schiffchen-Mütze und sah so wie eine Stewardess von damals aus. Dass die Holländer schon genügend Selbstvertrauen in ihr neues Material setzten, zeigte bereits der Opener «Mother Machine», der auch das kommende Album «We Are The Others» eröffnet. Keine zwei Minuten alt, hörte man bereits einen catchy Refrain, dessen Melodie schon nach dem ersten Anhören nicht mehr aus dem Kopf ging und gleichzeitig eine gesunde Härte aufgefahren wurde. Nach «Stay Forvever», wiederum mit superben Melody-Lines, folgte bereits der Titelsong «We Are The Others», den man ebenso schnell mitsingen konnte, wie die älteren, bekannten Lieder.

Spätestens jetzt waren die Stimmbänder so zu sagen auf Betriebstemperatur und konnten sich besser entfalten. Das ist, neben der angenehmen Singstimme von Charlotte, das Markenzeichen von Delain: superbe Melodien, eingebettet in einer symphonischen und opulenten Klangwelt. Diese Gabe besteht schon seit dem Debüt, von dem unter anderem mit «Sever», «See Me In Shadow», «Shattered», «Sleepwalkers Dream» und der Zugabe «The Gathering» nicht weniger als fünf alte Songs berücksichtigt wurden. Dazwischen lagen, wie bei einem Sandwich die, Kracher von «April Rain». Das Ganze hörte sich soundmässig nicht schlecht an, aber irgendwann merkte dann der eine oder andere schon (mich eingeschlossen), dass Charlotte ihrer Kollegin Amanda an diesem Abend das Wasser nicht reichen konnte. Dafür war die Qualität der Songs besser, teils gar eklatant, wie man es von einem Headliner auch erwarten darf. Mit ihrer fröhlichen und fannahen Art hatte die attraktive Frontfrau ihre Fans allerdings ziemlich schnell in ihren Bann gezogen. Zusammen mit wiederum tollem Licht aus der eigenen Z7-Küche bekamen die rund 400 Leute einen stimmigen und abwechslungreichen 90 Minuten-Set geboten. Zum Schluss, also bei «The Gathering» liess man das gute Konzert hüpfend ausklingen. Er wird nun interessant zu sehen und zu hören sein, wo Delain in ein paar Jahren stehen werden, wenn sie auf diesem Niveau weiter machen. Das Potenzial ist auf jeden Fall da und die Jugendlichkeit verspricht einen längeren Atem.

Setliste: «Intro» - «Mother Machine» - «Stay Forever» - «We Are The Others» - «Go Away» - «Sever» - «Virtue And Vice» - «Generation Me» - «Invidia» - «April Rain» - «See Me In Shadow» - «Are You Done With Me» - «Get The Devil Out Of Me» - «Shattered» - «Babylon» - «Sleepwalkers Dream» - «Electricity» - «Not Enough» -- «Control The Storm» - «The Gathering.»