Livereview: Delain - Serenity - Cellar Darling

27. Oktober 2017, Pratteln – Z7
By Rockslave
Punktgenau zur Veröffentlichung der töften Live-Scheibe «Decade Of Delain – Live At Paradiso» standen die niederländischen Symphonic Metaller um die ausdrucksstarke Frontfrau Charlotte Wessels im Z7 ein weiteres Mal als Headliner auf der Bühne! Besser hätte man das nicht timen können, obwohl diese Konstellation letztlich natürlich nichts als der pure Zufall war. Die hiermit angedeuteten zehn Karrierejahre sind albumtechnisch eigentlich schon Geschichte, da die Debüt-Scheibe «Lucidity» bereits 2006 das Licht der Welt erblickte. Seither ist jedoch einiges gegangen bei Delain und Stand heute ist die Band ein gefestigter Wert in der Szene, der den kompositorisch schwächelnden Nightwish längst Paroli bietet und Konkurrenten wie Epica, Xandria oder Within Temptation mittlerweile hinter sich lässt. Dass auf der aktuellen Tour aber ausgerechnet Nightwish Bassist Marco Hietala als Special Guest mit dabei ist, geht zurück bis zu den Anfängen und ehrt so alle bisherigen Credits. Der Bass blieb allerdings zu Hause im Koffer, da Marco „nur“ gesangliche Unterstützung bot. Die Support-Bands des heutigen Abends waren Serenity und Cellar Darling. Letztere sah ich dabei zum allerersten Mal live.

Cellar Darling

Die Schweizer Band um die abtrünnigen, respektive ehemaligen Members von Eluveitie, nämlich Anna Murphy (v, Hurdy-Gurdy), Ivo Henzi (g/b) und Merlin Sutter (d) entstand im Frühsommer 2016. Bald kristallisierte sich der künftige musikalische Weg heraus, und der ging primär weg von der früheren Härte. Nach zehn Jahren wurde nun mehr Raum für einen insgesamt ruhigeren Sound geschaffen, der aber immer noch starke Wurzeln im Folk bis hin zu krachendem Alternative Rock in sich trägt. In diesem Zusammenhang wird auch von der NWOFR, sprich „New Wave Of Folk Rock“ gesprochen. Dass der vorangegangene Split, zumindest bei uns in der Schweiz, ein entsprechendes Medienecho auslöste, kam Cellar Darling sicher nicht ungelegen. Mittlerweile habe sich die öffentlichen Wogen wieder gelegt und auch Elu-Chef Chrigel Glanzmann vermeldet keine Vakanzen mehr. Anna und ihre Jungs waren in der Zwischenzeit ebenso fleissig, und so entstanden zwischen Juli bis September erste Songs. Die erfreuliche Resonanz der Fans führte zu Beginn dieses Jahres schliesslich zu einem Deal bei Nuclear Blast. Bereits am 30.06.2017 erschien dann das Debüt-Album «This Is The Sound», und es folgten die ersten Live-Shows, die nach wie vor von etwas Hype um den Split begleitet wurden. Die Erwartungen der (Alt-) Fans von früher waren dabei das eine und das andere, wie die softere Ausrichtung aufgenommen wird. Meine tendierten gegen null, da ich bereits mit Eluveitie noch nie was anfangen konnte. So erstaunte es mich nicht, dass ich mit Cellar Darling ebenso wenig anfangen kann. Der Grossteil des anwesenden Publikums hegte jedoch mehr Sympathien für die erste Band des Abends, und das schien Anna Murphy sichtlich zu erfreuen. Die Performance an sich bestach durch die Professionalität aller Musiker und Anna’s Ausstrahlung auf der Bühne, was bei mir insgesamt aber dennoch auf keinen fruchtbaren Boden stiess.

Setliste: «Black Moon» - «Hullaballoo» - «The Hermit» - «Avalanche» - «Six Days» - «Starcrusher» - «Challenge».


Serenity
Zu den Power Symphonic Metallern aus Österreich unterhalte ich seit je her ein gespaltenes Verhältnis. Musikalisch gibt es zwar den einen oder anderen Song, der sich den Weg durch mein Gehör frei zu schaufeln vermag, aber unter dem Strich bleibt kaum was hängen. Die (über-) freundliche Art von Georg Neuauser ist nicht das Problem, wohl aber sein Gesang, der mir ziemlich schnell auf den Senkel geht! Da können auch bombastheroische Intros, die im Kino weitaus besser aufgehoben wären, nichts daran ändern. Die stilistische Nähe zu Blind Guardian ist (mir) eh ein absoluter Graus und das überwiegende Speedgeballer viel zu dominant. Dazu, wie auch bei Sabaton, kommen die zumeist ziemlich giftigen Synthie-Sounds ausnahmslos ab Band und kleistern vieles gnadenlos zu. Grundsätzlich bin ich dem Bereich von Mittelalter- Metal, respektive -Thema ja nicht abgeneigt, aber zu viel Gedüdel und „ho ho ho“-mässiges Kriegsgeschrei brauchts nicht! Mein persönliches Befinden ging Frontmann Georg und den augenscheinlich zahlreichen Fans jedoch ziemlich am Allerwertesten vorbei, und so kamen Liebhaber ähnlicher Combos wie Alestorm, Freedom Call oder Gloryhammer natürlich voll auf ihre Kosten. Letztere mag ich bekanntlich ganz gut, was jedoch an der gesanglichen Leistung von Angus McFife alias Thomas Winkler liegt und davon, also der Variabilität, ist unser lieber Georg jedoch meilenweit entfernt. Unterstützt durch kräftige Backing-Vocals, mitunter auch durch Sängerin Tasha, klingts ja ganz in Ordnung, aber alleine braucht es mehr, vor allem oben weg. Doch man kann es drehen und wenden wie man will, Serenity sind unter dem Strich einfach nicht meins, auch mit dem neuen Album «Lionheart» nicht und werden nie zu meinen Faves gehören. Auf dem Weg zum heutigen Headliner gab es halt keine Alternative, ausser später anzureisen, doch dann hätte ich mir erstens kein Bild von Cellar Darling verschaffen und zweitens nicht darüber berichten können, dass Serenity und Co. über eine ansehnliche Fanbase verfügen, die mächtig Spass an ihren Helden hat, und daran ist ganz sicher nicht Schlechtes zu sehen!

Setliste: «Deus Lo Vult (Intro)» - «United» - «Spirit In The Flesh» - «Iniquity» - «Rust Of Coming Ages» - «Legacy Of Tudors» - «Serenade Of Flames» - «Lionheart» - «Follow Me».


Delain
Nach dem Geduldspiel im Doppelpack war es nun an der Zeit, dass der Headliner die Bühne entert und mein inzwischen lethargisches Gemüt wieder aufpeppen kann. Dazu genügten schon nur die ersten Takte des Openers «Hands Of Gold» ab dem aktuellen Album «Moonbathers» der niederländischen Symphonic Metaller Delain. Mit dem starken Zweitling «April Rain» (2009) gewann die Band um Frontfrau Charlotte Wessels definitiv meine Aufmerksamkeit. Seither bin ich ein grosser Fan dieser Combo, die mit jedem weiteren Album an Profil zugelegt hat. Obwohl seit der Gründung im Jahre 2002 durch Tastenmann Martijn Westerholt mittlerweile nur er übrig geblieben ist und Charlotte Wessels eigentlich die zweite Sängerin ist (die aber alle full lenght Alben eingesungen hat) wirkt das aktuelle Line-Up gefestigter denn je und harmoniert spätestens seit dem festen Einstieg der einstigen Tour-Gitarristin Merel Bechtold (Mayan) auf der ganzen Linie. Das drückt sich auch in den bisherigen fünf ausnahmslos guten Alben aus. Die starken Melody-Lines, die ganz auf Charlotte zugeschnitten sind, entpuppen sich seit je her als Earcatcher der Sonderklasse und dass heuer nun noch Marco Hietala als Gastsänger auf der Tour mit dabei ist, wertet das Ganze natürlich zusätzlich auf und lässt Nightwish gegenwärtig eindeutig schwächer erscheinen. Und wenn wir schon beim Stänkern sind, dann gleich richtig! Will heissen dass Floor Jansen gegenüber Madame Wessels ziemlich alt aussieht.

Der Bassist von Nightwish griff Delain bereits beim klasse Debüt «Lucidity» (2006) kräftig unter die Arme und steuerte nebst dem Bass seine Hammer-Gesangsstimme bei nicht weniger als fünf Songs bei. Dies setzte sich bei allen weiteren Alben in Form von Guest-Vocals weiter und nur gerade für die aktuelle Langrille «Moonbathers» besitzt er keine Credits. Dafür gab es zusätzliche Live-Unterstützung beim Queen-Cover «Scandal», während die restlichen fünf Performances auch in der Studiofassung existieren. Das Ganze kam sehr kompakt rüber und dabei gab es einige Höhepunkte wie «The Glory And The Scum», «Danse Macabre», «Suckerpunch» oder die wirklich gelungene Fassung des eher unbekannten Queen-Songs «Scandal», im Original zu finden auf dem Album «The Miracle» (1989). Mit Marco zusammen klang es noch eine Spur besser und überhaupt hinterliess Charlotte einmal mehr nicht nur optische Glanzlichter. Unterstützt durch ihre agilen Bandmembers bewiesen Delain eindrücklich, dass sie momentan zu den Besten ihres Fachs zu zählen sind. Die tolle und ausgelassene Stimmung des Publikums sprach dabei Bände. Mögen die quasi parallel zur Tour veröffentlichten Live-Aufnahmen (siehe Vorwort) hoffentlich noch nicht das Ende der songwriterischen Fahnenstange markieren! In der jetzigen Form sind Delain auf jeden Fall sackstark unterwegs. Einziges Manko war leider katastrophales Licht, das wegen übermässig grellem Weiss und Nebel kaum ein gutes Foto zuliess.

Setliste: «Hands Of Gold» - «We Are The Others» - «The Glory And The Scum» - «Get The Devil Out Of Me» - «Danse Macabre» - «Your Body Is A Battleground (mit Marco Hietala)» - «Scandal (mit Marco Hietala, Queen-Cover)» - «The Hurricane» - «Scarlet» - «Army Of Dolls» - «Here Come The Vultures» - «Fire With Fire» - «Nothing Left (mit Marco Hietala)» - «Sing To Me (mit Marco Hietala)» - «Control The Storm (mit Marco Hietala)» - «Suckerpunch» - «Not Enough» -- «Mother Machine» - «Don’t Let Go» - «The Gathering (mit Marco Hietala)».