Punktgenau zur Veröffentlichung der töften Live-Scheibe
«Decade Of Delain – Live At Paradiso» standen die niederländischen
Symphonic Metaller um die ausdrucksstarke Frontfrau Charlotte
Wessels im Z7 ein weiteres Mal als Headliner auf der Bühne! Besser
hätte man das nicht timen können, obwohl diese Konstellation
letztlich natürlich nichts als der pure Zufall war. Die hiermit
angedeuteten zehn Karrierejahre sind albumtechnisch eigentlich schon
Geschichte, da die Debüt-Scheibe «Lucidity» bereits 2006 das Licht
der Welt erblickte. Seither ist jedoch einiges gegangen bei Delain
und Stand heute ist die Band ein gefestigter Wert in der Szene, der
den kompositorisch schwächelnden Nightwish längst Paroli bietet und
Konkurrenten wie Epica, Xandria oder Within Temptation mittlerweile
hinter sich lässt. Dass auf der aktuellen Tour aber ausgerechnet
Nightwish Bassist Marco Hietala als Special Guest mit dabei ist,
geht zurück bis zu den Anfängen und ehrt so alle bisherigen Credits.
Der Bass blieb allerdings zu Hause im Koffer, da Marco „nur“
gesangliche Unterstützung bot. Die Support-Bands des heutigen Abends
waren Serenity und Cellar Darling. Letztere sah ich dabei zum
allerersten Mal live.
Cellar Darling Die Schweizer Band um die abtrünnigen,
respektive ehemaligen Members von Eluveitie, nämlich Anna Murphy (v,
Hurdy-Gurdy), Ivo Henzi (g/b) und Merlin Sutter (d) entstand im
Frühsommer 2016. Bald kristallisierte sich der künftige musikalische
Weg heraus, und der ging primär weg von der früheren Härte. Nach
zehn Jahren wurde nun mehr Raum für einen insgesamt ruhigeren Sound
geschaffen, der aber immer noch starke Wurzeln im Folk bis hin zu
krachendem Alternative Rock in sich trägt. In diesem Zusammenhang
wird auch von der NWOFR, sprich „New Wave Of Folk Rock“ gesprochen.
Dass der vorangegangene Split, zumindest bei uns in der Schweiz, ein
entsprechendes Medienecho auslöste, kam Cellar Darling sicher nicht
ungelegen. Mittlerweile habe sich die öffentlichen Wogen wieder
gelegt und auch Elu-Chef Chrigel Glanzmann vermeldet keine Vakanzen
mehr. Anna und ihre Jungs waren in der Zwischenzeit ebenso fleissig,
und so entstanden zwischen Juli bis September erste Songs. Die
erfreuliche Resonanz der Fans führte zu Beginn dieses Jahres
schliesslich zu einem
Deal
bei Nuclear Blast. Bereits am 30.06.2017 erschien dann das
Debüt-Album «This Is The Sound», und es folgten die ersten
Live-Shows, die nach wie vor von etwas Hype um den Split begleitet
wurden. Die Erwartungen der (Alt-) Fans von früher waren dabei das
eine und das andere, wie die softere Ausrichtung aufgenommen wird.
Meine tendierten gegen null, da ich bereits mit Eluveitie noch nie
was anfangen konnte. So erstaunte es mich nicht, dass ich mit Cellar
Darling ebenso wenig anfangen kann. Der Grossteil des anwesenden
Publikums hegte jedoch mehr Sympathien für die erste Band des
Abends, und das schien Anna Murphy sichtlich zu erfreuen. Die
Performance an sich bestach durch die Professionalität aller Musiker
und Anna’s Ausstrahlung auf der Bühne, was bei mir insgesamt aber
dennoch auf keinen fruchtbaren Boden stiess.
Setliste:
«Black Moon» - «Hullaballoo» - «The Hermit» - «Avalanche» - «Six
Days» - «Starcrusher» - «Challenge».
Serenity Zu den Power Symphonic Metallern aus
Österreich unterhalte ich seit je her ein gespaltenes Verhältnis.
Musikalisch gibt es zwar den einen oder anderen Song, der sich den
Weg durch mein Gehör frei zu schaufeln vermag, aber unter dem Strich
bleibt kaum was hängen. Die (über-) freundliche Art von Georg
Neuauser ist nicht das Problem, wohl aber sein Gesang, der mir
ziemlich schnell auf den Senkel geht! Da können auch
bombastheroische Intros, die im Kino weitaus besser aufgehoben
wären, nichts daran ändern. Die stilistische Nähe zu Blind Guardian
ist (mir) eh ein absoluter Graus und das überwiegende Speedgeballer
viel zu dominant. Dazu, wie auch bei Sabaton, kommen die zumeist
ziemlich giftigen Synthie-Sounds ausnahmslos ab Band und kleistern
vieles gnadenlos zu. Grundsätzlich bin ich dem Bereich von
Mittelalter- Metal, respektive -Thema ja nicht abgeneigt, aber zu
viel Gedüdel und „ho ho ho“-mässiges Kriegsgeschrei brauchts nicht!
Mein persönliches Befinden ging Frontmann Georg
und
den augenscheinlich zahlreichen Fans jedoch ziemlich am
Allerwertesten vorbei, und so kamen Liebhaber ähnlicher Combos wie
Alestorm, Freedom Call oder Gloryhammer natürlich voll auf ihre
Kosten. Letztere mag ich bekanntlich ganz gut, was jedoch an der
gesanglichen Leistung von Angus McFife alias Thomas Winkler liegt
und davon, also der Variabilität, ist unser lieber Georg jedoch
meilenweit entfernt. Unterstützt durch kräftige Backing-Vocals,
mitunter auch durch Sängerin Tasha, klingts ja ganz in Ordnung, aber
alleine braucht es mehr, vor allem oben weg. Doch man kann es drehen
und wenden wie man will, Serenity sind unter dem Strich einfach
nicht meins, auch mit dem neuen Album «Lionheart» nicht und werden
nie zu meinen Faves gehören. Auf dem Weg zum heutigen Headliner gab
es halt keine Alternative, ausser später anzureisen, doch dann hätte
ich mir erstens kein Bild von Cellar Darling verschaffen und
zweitens nicht darüber berichten können, dass Serenity und Co. über
eine ansehnliche Fanbase verfügen, die mächtig Spass an ihren Helden
hat, und daran ist ganz sicher nicht Schlechtes zu sehen!
Setliste: «Deus Lo Vult (Intro)» - «United» - «Spirit In The Flesh»
- «Iniquity» - «Rust Of Coming Ages» - «Legacy Of Tudors» -
«Serenade Of Flames» - «Lionheart» - «Follow Me».
Delain
Nach dem Geduldspiel im Doppelpack war es nun an der Zeit, dass der
Headliner die Bühne entert und mein inzwischen lethargisches Gemüt
wieder aufpeppen kann. Dazu genügten schon nur die ersten Takte des
Openers «Hands Of Gold» ab dem aktuellen Album «Moonbathers» der
niederländischen Symphonic Metaller Delain. Mit dem starken
Zweitling «April Rain» (2009) gewann die Band um Frontfrau Charlotte
Wessels definitiv meine Aufmerksamkeit. Seither bin ich ein grosser
Fan dieser Combo, die mit jedem weiteren Album an Profil zugelegt
hat. Obwohl seit der Gründung im Jahre 2002 durch Tastenmann Martijn
Westerholt mittlerweile nur er übrig geblieben ist und Charlotte
Wessels eigentlich die zweite Sängerin ist (die aber alle full
lenght Alben eingesungen hat) wirkt das aktuelle Line-Up gefestigter
denn je und harmoniert spätestens seit dem festen Einstieg der
einstigen Tour-Gitarristin Merel Bechtold (Mayan) auf der ganzen
Linie. Das drückt sich auch in den bisherigen fünf ausnahmslos guten
Alben aus. Die starken Melody-Lines, die ganz auf Charlotte
zugeschnitten sind, entpuppen sich seit je her als Earcatcher der
Sonderklasse und dass heuer nun noch Marco Hietala als Gastsänger
auf der Tour mit dabei ist, wertet das Ganze natürlich zusätzlich
auf und lässt Nightwish gegenwärtig eindeutig schwächer erscheinen.
Und wenn wir schon beim Stänkern sind, dann gleich richtig! Will
heissen dass Floor Jansen gegenüber Madame Wessels ziemlich alt
aussieht.
Der
Bassist von Nightwish griff Delain bereits beim klasse Debüt
«Lucidity» (2006) kräftig unter die Arme und steuerte nebst dem Bass
seine Hammer-Gesangsstimme bei nicht weniger als fünf Songs bei.
Dies setzte sich bei allen weiteren Alben in Form von Guest-Vocals
weiter und nur gerade für die aktuelle Langrille «Moonbathers»
besitzt er keine Credits. Dafür gab es zusätzliche
Live-Unterstützung beim Queen-Cover «Scandal», während die
restlichen fünf Performances auch in der Studiofassung existieren.
Das Ganze kam sehr kompakt rüber und dabei gab es einige Höhepunkte
wie «The Glory And The Scum», «Danse Macabre», «Suckerpunch» oder
die wirklich gelungene Fassung des eher unbekannten Queen-Songs
«Scandal», im Original zu finden auf dem Album «The Miracle» (1989).
Mit Marco zusammen klang es noch eine Spur besser und überhaupt
hinterliess Charlotte einmal mehr nicht nur optische Glanzlichter.
Unterstützt durch ihre agilen Bandmembers bewiesen Delain
eindrücklich, dass sie momentan zu den Besten ihres Fachs zu zählen
sind. Die tolle und ausgelassene Stimmung des Publikums sprach dabei
Bände. Mögen die quasi parallel zur Tour veröffentlichten
Live-Aufnahmen (siehe Vorwort) hoffentlich noch nicht das Ende der
songwriterischen Fahnenstange markieren! In der jetzigen Form sind
Delain auf jeden Fall sackstark unterwegs. Einziges Manko war leider
katastrophales Licht, das wegen übermässig grellem Weiss und Nebel
kaum ein gutes Foto zuliess.
Setliste: «Hands Of Gold» - «We
Are The Others» - «The Glory And The Scum» - «Get The Devil Out Of
Me» - «Danse Macabre» - «Your Body Is A Battleground (mit Marco
Hietala)» - «Scandal (mit Marco Hietala, Queen-Cover)» - «The
Hurricane» - «Scarlet» - «Army Of Dolls» - «Here Come The Vultures»
- «Fire With Fire» - «Nothing Left (mit Marco Hietala)» - «Sing To
Me (mit Marco Hietala)» - «Control The Storm (mit Marco Hietala)» -
«Suckerpunch» - «Not Enough» -- «Mother Machine» - «Don’t Let Go» -
«The Gathering (mit Marco Hietala)».
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