Despised Icon aus Vancouver / Kanada zählen sicherlich zu den
momentanen Siegern in Sachen Deathcore. Nicht nur, dass die Band in
ihrem Heimatland ordentliche Absatzzahlen verzeichnen kann, und
nebst drei Studioalben bereits eine hochqualitative Live-DVD auf dem
Markt hat, ihre technisch höchst anspruchsvolle Mucke findet auch in
extremeren Gefilden Zuspruch - Eine perfekte Ausgangslange, um die
Band mal live genauer unter die Lupe zu nehmen. Ob das Werk21 der
ideale Austragungsort für diese Show ist, darüber hätte man im
Vorfeld noch streiten können - die Besucherzahlen sprachen aber klar
Bände: Die Location platzte beinahe aus allen Nähten, hier wäre ein
Ausweichen ins Dynamo eigenlich unumgänglich gewesen. Weshalb Leech&Redda
die Show trotzdem im stickigen Keller steigen liessen, ist mir an
dieser Stelle völlig schleierhaft.
Escape From Sickness
Den thurgauern von Escape From Sickness kam die Ehre zu teil, den
Abend zu eröffnun - Im Nachhinein betrachtet, hätte ich die
kommenden 40 Minuten aber locker überspringen können. Tatsächlich
habe ich selten eine so von sich eingenommene Band über ein
Schweizerisches Parkett hüpfen sehen. Nicht dass mir einer nahe
stellt, ich würde lokale Acts nicht supporten… Aber dieser Auftritt?
Nein, das kann's nicht sein. Während die Mucke des Quintetts aus
sinnlos zusammengewürfelten Breakdowns zu bestehen schien, vermochte
die Band die ganze Sache nicht mal technisch sauber rüberzubringen.
Breaks verfehlten die Wirkung, Leads wurden schräg gespielt, Grooves
kamen nicht mal im Ansatz an. Bei all den akustischen Missetaten
waren sich Escape From Sickness dann auch noch nicht zu schade, das
ganze mit übelstem Gepose zu unterlegen - Sorry, aber nein danke.
Als dann in der Mitte des Sets Fronter Donnay eine Ansprache hielt,
um darauf aufmerksam zu machen, dass 'wir' in der Welt da draussen
nicht akzeptiert werden würden, wollte ich beinahe ein 'Ist ja
logisch!' zurufen… Next Band, please!
Whitechapel
Whitechapel korrigierten bereits in der ersten Sekunde des Gigs den
schrägen Beginn des Abends - Ihre Mucke kam prächtig druckvoll aus
den Boxen geknallt, die Band ackerte wie bescheuert, und die
Reaktionen des mittlerweile vollgestopfen Konzert-Raumes schwangen
sofort ins Positive um. Wieviel Sinn drei Klampfen bei einer
Deathcore-Band machen, das muss an einer anderen Stelle
ausdiskutiert werden - Fakt ist, dass Whitechapel mehr als genügend
Druck erzeugten, um die Location in ihren Grundfesten zu
erschüttern… An dieser Stelle definitiv ein fettes Kompliment an den
Tonmenschen.
Weniger erfreulich war allerdings das Gehabe der Vollidioten im Pit
- Slamdance hat sich blöderweise schon ein Weilchen etabliert, aber
bei diesem Gig trieb der ganze Scheiss seine hässlichsten Blüten:
Wenn über den Abend drei Schlägereien aufkommen, und etliche
Besucher Fusstritte und Faustschläge kassieren, dann sollte
eingeschritten werden. Zumal diese Spackos definitv keine
Extratickets bezahlt haben, um genügend Platz für ihren bescheuerten
Sport zu haben. Ich möchte an dieser Stelle einfach noch mal gerne
darauf hinweisen, dass normale Konzertbesucher wegen der Live-Mucke
anreisen - Wer sich diesem Erlebnis bewusst in den Weg stellt (Und
dann noch in einer so engen Location!), hat da nix verloren.
Whitechapel ballerten sich derweil zwar etwas höhepunktlos, aber
äusserst effektiv durch ihre 45 Minuten Auftrittszeit. Das Publikum
roch den Braten dann auch relativ schnell, und unterstütze die Band
nach kräften. Sehr feine Sache, da bin ich sicher wieder dabei!
Despised Icon
Despised Icon schliesslich sollten für den eigentlichen Höhepunkt
des Abends sorgen. Blöderweise hatte das Soundgewand bei ihrem
Auftritt etwas an Wucht verloren, aber das Tat dem Gig definitiv
keinen Abbruch. Hielten sich die Headbanger während Whitechapel noch
etwas zurück, so wurde nun endlich das Haupthaar geschüttelt, was
das Zeug hielt. Die Mitte des Saales wurde zwar nach wie vor von der
selben Ladung Vollidioten beackert, ansonsten hatten sich die
Besucher mittlerweile mit der engen Situation abgefunden, auch wenn
das der Stimmung nicht gerade besonders dienlich war. Die Band
bretterte sich derweil durch Material aus beinahe sämtlichen
Veröffentlichungen, und präsentierte dabei gegen Ende der Show noch
zwei neue Stücke der gerade eben fertig gestellten vierten
Studio-Scheibe. Die technische Raffinesse des Sechsers kam dabei
voll zum Zuge, hier wurden Lick um Lick und Fill um Fill gnadenlos
in die Instrumente geprüglet, während die beiden Fronter Alexandre
und Steve an vorderster Front Schwerstarbeit verrichteten. Als die
Band gegen 23h00 den letzten Song beendete, waren die Temperaturen
im Werk21 schon lange weit über die Grenze des Angenehmen gestiegen.
Die Jungs bedankten sich erneut für den Gig, und das Publikum
reagierte ein letztes Mal äusserst zufrieden über die dargebotene
Leistung. Ich würde spontan meinen, dass da klar noch mehr
dringelegen wäre, aber für einen Dienstag Abend wollen wir mal nicht
kleinlich sein.
An dieser Stelle möchte ich noch mal kurz auf eine weitere ziemlich
nervende Spezies Konzertbesucher hinweisen – Nebst den Prügelspackos
aus dem 'Pit' hat sich über die letzten Jahre noch eine weitere
Sorte Vollidioten in die Reihe der komplett deplatzierten 'Fans'
eingereiht: Ich präsentiere… den 'Hardcorespacko'. Das ist die Sorte
Idiot, die sich in der ersten Reihe am Geländer / Monitor
festkrallt, den Platz bei geringster Berührung mit Ellbogenschlägen
verteidigt, die Fresse auf 'sensationell Ernst' einstellt, die
Sänger der angehimmelten Band pausenlos fixiert, um dann
schlussendlich die drei sorgfältig vor dem Spiegel zuhause
eingeübten Zeilen mitzugröhlen - Und um gleich darauf
selbstverständlich wieder in den True-Zustand zu versinken, und über
die soeben vollbrachte Glanzleistung zu schwelgen. Als ich das
letzte Mal mein Buch des Metal aufgeschlagen habe, ging's noch
darum, eine gute Zeit zu verbringen, und zusammen die Sau
rauszulassen.
Aber was weiss ich schon…
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