Als Devildriver letzten September im Rohstofflager aufspielten,
zeigte sich relativ schnell eine offensichtliche Diskrepanz zwischen
dem von den amerikanern so stark propagierten Partygetue und dem
etwas unterkühlten europäischen Konzertpublikum - In der letzten
Zeit scheint mit der Trend unaufhaltsam in Richtung «Rumstehen und
mal kucken» zu gehen, zahlreiche Konzertbesuche in und um die
Schweiz haben meinen Eindruck davon mittlerweile bestätigt: Wo vor
ein paar Jahren oft bereits nach einem ersten Song der tobende Pöbel
regierte, ist mittlerweile ordentlich Luft gewichen und niemand
weiss so recht, was mit den langen Haaren um's Haupt anzufangen. Ok,
die Bands selber spielen da eine nicht unwichtige Rolle - Immerhin
ist da in Sachen Kreativität in der letzten Zeit nicht viel
gegangen, und ausgelatschte Pfade machen sich live halt ziemlich
schnell bemerkbar. Aber wenn Bands im Internet mit Haut und Haar
verteidigt werden, live aber dann kein Hahn nach ihnen schreit, so
scheint doch irgendwo etwas falsch gelaufen zu sein…
Devildriver-Fans sind da leider mittlerweile keine Ausnahme mehr –
im Vorfeld wurde ordentlich Krawall und Remmi Demmi prognostiziert,
während des Konzerts herrscht aber bis auf wenige Ausnahmen tote
Hose… doch der Reihe nach:
Die Schüür in Luzern war für mich bis dahin ein grosses
Fragezeichen, ich hatte es tatsächlich noch nie geschafft, mein
schlaffes Hinterteil in dieses wirklich gemütliche Lokal zu
schleifen. Dementsprechend gross war meine Freude, als ich schon von
weitem die «Cardinal»-Fahne sah… da reise ich extra aus Fribourg an,
und treffe dann noch auf lokales Bier? Wie geil ist das denn? Am
Eingang dann aber trotzdem ein herber Dämpfer: Die Opener Magnacult
hatten gecancelt, Devildriver standen im Alleingang auf dem Menü.
Auch gut, laut Angabe sollte es dafür eine extra lange Show geben.
Wer die amerikanischen Tendenzen kennt, weiss, dass Bands dieser
Grösse gerne mal knapp eine Stunde auf der Bühne stehen - rein
mathematisch gesehen insofern ein amtlicher Deal.
Um 22h00 dann endlich die Erlösung - Intro über die P.A., Licht aus,
Band auf die Bühne, Action: DevilDriver eröffnen das Set mit dem
aktuellen Opener «Not All Who Wander Are Lost», und langten gleich
ordentlich hin. Aber obwohl aufgrund der Absage des Openers
eigentlich genug Zeit für einen amtlichen Soundcheck hätte drin
liegen müssen, kommt erstmals grösstenteils Müll aus den Boxen Der
Sound hat zu wenig Druck, und dröhnt dafür
aber wie beschissen in den oberen Bereichen. Die Band legt kurz
darauf ohne Unterbruch mit «I Dreamed I Died» ein zweites Mal vor,
aber das Publikum will nach wie vor nicht viel von Action wissen,
und steht lieber lose herum. Zuspruch gibt's zwar, gejohlt wird auch
gerne, aber mal die Füsse bewegen? Fehlanzeige! Fronter Dez Fafara
kündet «Coulds Over California» als Hymne an seine Heimat an, auch
dieser Song fegt schon mal ordentlich Luft über die Köpfe der
Zuschauer hinweg. Mittlerweile gibt's zwar endlich spürbare
akkustische Druckabsonderung im unteren Bereich, aber so über den
Daumen lässt sich nach wie vor eine erbämliche Klangqualität
konstatieren. Irgendwann hat die Band dann auch noch den Dreh raus -
und zudem kapiert, dass das heutige Publikum nicht so partyfreudig
ist. Auf der Bühne wird gebangt und gepost, doch 20 Zentimeter vor
Dez herrscht irritierender Motivationsverfall. Der gibt sich ganz
professionell, lässt Sprüche vom Stapel und freut sich irgendwie
dennoch über dem dargebotenen Respekt gegenüber der Band - Für zwei
weitere Handvoll Songs scheint es jedenfalls auszureichen.
Im Laufe des Gigs werden zwar an etwa zwei oder drei Stellen kleine
Pits vom Stapel gerissen, die verlaufen sich dann aber innert
Sekunden im Sand. Lediglich zwei Hemdchenträger der Marke «Hatebreed-Fans»
können es nicht lassen, und rammen den vor ihnen stehenden Besuchern
(Unter anderem mir!) immer mal gerne wieder den einen oder anderen
Ellbogen in den Rücken - Besten Dank, dann doch lieber Kaffee und
Kuchen. Bei «Head On To Heartache» holt die Band dann einen ihrer
Techniker auf die Bühne, um ihn als Dank für die jahrelange
Unterstützung die Backingvocals servieren zu lassen - Was dieser
auch überraschend gut zu Stande bringt. An diesem Punkt der Show
wird allerdings auch das erste Mal wirklich offensichtlich, dass Dez
mit der Stimme zu kämpfen hat - Der direkte Vergleich bringt's zu
Tage, dem kleine Halbitaliener geht stellenweise wirklich die Puste
aus. Glücklicherweise hält ihm die Band (Allen voran Drummer John
Boecklin) loyal den Rücken frei, und DevilDriver kommen als Einheit
nach wie vor ziemlich pfundig rüber. Irgendwann gegen Ende des Sets
ruft Dez dann doch noch zur Wall Of Death auf, und obwohl sich das
Publikum streckenweise bis knapp an die Wand drängt um wirklich
jeden Zentimeter Anlauf holen zu können, und danach ordentlich ein's
auf Braveheart macht, versiebt auch diese Aktion nach nur wenigen
Sekunden erneut in Grund und Boden. DevilDriver kommen darauf für
«End Of The Line» noch einmal auf die Bühne, aber irgendwann knapp
nach 23h00 ist dann definitiv Schluss - Jetzt nochmal, ein extra
langes Set sollte das gewesen sein? Aber Hand auf's Herz, hätte das
träge Publikum auch mehr Musik vertragen? Schwer zu sagen, aber ich
bezweifle, dass dieser Abend am Ende die 28.- Sfr Eintritt für alle
anwesenden Besucher ausgeglichen hat.
Was Devildriver angeht, ich würde den Jungs definitv eine Pause
gönnen. An die Show, die die Jungs letzten September im Zürcher
Rohstofflager hingelegt haben, kommt dieser Gig hier sicher nicht
ran. Qualitativ sicher Ok, aber noch lange nicht die Klasse, die man
von einer Band mit diesem Status eigentlich hätte erwarten können.
Da hilft auch kein sympatischer Brüllwürfel als Fronter drüber
hinweg.
Setlist: Not All Who Wander Are Lost, I Dreamed I Died, Clouds Over
California, Horn Of Betrayal, Grinfucked, Nothing's Wrong, These
Fighting Words, Burning Sermon, Sin & Sacrifice, I Could Care Less,
Guilty As Sin, Head on To Heartache, Hangman's Noose, End Of The
Line
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