Livereview: Dimmu Borgir - Amon Amarth - Engel
13. Oktober 2007, Pratteln, Z7
By Yannick S.
Diesen 13. Oktober 2007 wird wohl die halbe Schweizer Metalfraktion im Kalender angestrichen haben, denn zwei der momentan populärsten Metalbands kreuzen im Doppelpack in Pratteln auf. Mit dabei haben sie die schwedischen Melodic/Death-Metaller Engel, die vor allem durch Gitarrist und Ex-In Flames Mitglied Niclas Engelin einen gewissen Bekanntheitsgrad aufweisen. Aber bleiben wir beim Duo des Abends: Als erstes werden Amon Amarth ins Rennen geschickt, die schwedische Wikingerbrigade schlechthin ist drauf und dran, eine der beliebtesten Metalbands überhaupt zu werden. Der zweite nicht weniger bekannte Namen, den man an diesem Abend bestaunen darf, ist Dimmu Borgir. Die norwegische Black Metal-Truppe kennt keine Gnade und wird mit neuem Material im Gepäck die halbe Schweiz mit ihren satanischen Hymnen in Angst und Schrecken versetzen. Wie erwartet war das Konzert komplett ausverkauft, und dies lange bevor der Tag der Wahrheit gekommen war.

Engel
Die erste Band des Abends hiess Engel, und egal ob sie jetzt so heissen oder nicht, ihre Musik klang überhaupt nicht ‚engelhaft’: Melodic/Death-Metal mit einer Brise Metalcore, was ihrem Musikstil noch ein wenig mehr Modernität einhauchte. Die fünf Schweden wissen, wie man spielen muss und wie man einem Publikum einheizt. Trotz der Opener-Rolle und der Tatsache, dass die Halle noch relativ schwach besetzt war, kamen Engel vorzüglich zu Recht und machten einen guten Job. Man merkte, dass die Band nicht zum ersten Mal auf der Bühne stand. Sie knallten, dem sowieso vollkommen abgefahrenen Publikum, ihre Musik regelrecht um die Ohren. Fans des Melodic/Death-Metals werden wohl in Zukunft nicht an dieser heissen Gruppe vorbeikommen. Lustigerweise haben sich viele Zuschauer die Band schon bloss wegen ihrem Namen nicht angetan, da sie mit einer Gothic-Schnulzen-Band gerechnet hatten. Dem war glücklicherweise nicht so, und jeder, der Engel mitansehen und hören durfte, wird sich einig sein: Die Jungs habens drauf! Klar muss noch erwähnt werden, dass die Stilrichtung von Engel nicht vollkommen neu ist und es diverse solcher Bands gibt. Doch ihre Live-Tauglichkeit liegt mit Bestimmtheit sehr weit vorne, wenn man heutzutage solche Bands live anschaut.

Amon Amarth
Die Halle füllte sich langsam aber sicher, und es wurde immer heisser und ungemütlicher. Spätestens beim Einmarschieren von Amon Amarth waren aber die Hitze und alles Andere herum vergessen. Die Schweden bretterten los, und jeder, der sie kennt, der weiss, wie sehr das Nackenschmerzen verursacht. Johan Heggs’ gewaltiges Mundwerk und die riffstarken Gitarren liessen die Halle beinahe explodieren. Die Zuschauer feierten und kamen kaum zu sich, und ich stand irgendwie perplex da und bestaunte die Band. Irgendwas passte da nicht, war es Spielfreude oder die Abmischung, irgendwie konnte mich der gesamte Auftritt absolut nicht vom Hocker reissen. Logisch waren da Songs wie „The Pursuit Of Vikings“ oder „Asator“, die gewaltig krachten, aber im Grossen und Ganzen hatte man die schwedischen Recken schon besser gesehen und auch gehört. Es fehlte die letzte Durchschlagskraft, das letzte Quäntchen Anstrengung. Die Wikinger wirkten müde und nicht so spritzig, wie man sie kennt. Was zu meiner Verwunderung aber nicht anders war, waren die Fans. Diese sprangen, jubelten, schrieen und flogen durch die Halle, als ob die Perfektion schlechthin auf der Bühne stehen würde. Im Endeffekt war es ja egal, Hauptsache die Zuschauer hatten ihren Spass. Trotzdem hoffe ich nicht, dass Amon Amarth jetzt alles locker nehmen und sich auf ihrem Erfolg ausruhen, denn dafür sind sie effektiv noch zu wenig weit. Man kann ja ihre Scheiben in alle Höhen bejubeln, aber schlussendlich sind auch die ach so tollen Schweden in all den Jahren vor allem durch ihr Image nach oben gekommen und nicht wegen ihrer Musik. Der Auftritt hat mich enttäuscht, und ich kann nicht verstehen, dass sich das Publikum mit einer solchen Leistung zufrieden gibt. Die Band kann sich also freuen, denn auch mit halbem Einsatz sind sie bei 99% der Leute immer noch ein voller Erfolg.

Dimmu Borgir
Nach dem ich mich bei Amon Amarth ziemlich aufgeregt habe, hatte ich auch bei Dimmu Borgir ein ziemlich ungutes Gefühl. Wenn es eine Band im Black Metal-Bereich gibt, der man Kommerz im Überfluss vorwerfen kann, dann am ehesten Dimmu Borgir. Mit einem sehr diabolischen und verdammt genialen Intro eröffneten die Norweger ihre Show. Es war tatsächlich ein grossartiger Einstieg in eine unterhaltsame, dunkle Welt, in die uns die Schwarzmetaller führten. Nach diesem Start waren meine Runzeln verschwunden und ich war begeistert: Dimmu Borgir boten jedem schwarzen Metalherz Feinkost der Sonderklasse. Wer sich gedacht hat: Jaja, Dimmu Borgir – Möchtegern-Black Metal ohne Ende... Der lag sicherlich falsch, denn musikalisch ist die Band absolut Weltklasse. Sieben Alben, und keines kam zu kurz, vor allem wurden aber die Hits des neuen Werks „In Sorte Diaboli“ gespielt, was mich noch einmal aufs Neue verwundert hat. Nicht, dass die Band diese Songs gespielt hat, sondern vielmehr, wie man sie uns vorgetragen hatte: Zum Beispiel „The Sacrilegious Scorn“ wurde mit so einer Wucht und Härte auf uns losgelassen, dass ich mir beinahe in die Hosen gemacht hätte. Ich sage das so, weil ich vom neuen Album eigentlich wenig überzeugt bin und dieser Song live hunderttausendmal besser daherkommt. Nach Amon Amarth habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass die Zuschauer ihre Jubelschreie noch einmal überbieten könnten, aber wieder wurde ich des Besseren belehrt. Jetzt war der Applaus auch gerecht, denn Dimmu Borgir haben wohl alle, bis natürlich die Hardcore-Fans, überrascht und mit einer Leistung, von der man nicht mal geträumt hat, vom Hocker gehauen. Es ist immer wieder schön, solche Bands zu loben, Bands, die in der Metalwelt entweder geliebt oder gehasst werden. Aber die Norweger sind schlicht genial, ob man sie jetzt für kommerziell hält oder nicht!