Ronnie James Dio ist langsam sowas wie der letzte echte
Rockdinosaurier der imstande ist, auch im Jahre 2002 noch praktisch jeden Jungspund in die
Tasche zu stecken. Mit Jahrgang 1949 auch nicht mehr der Jüngste, vermag der kleine Mann
mit der grossen Stimme aber alleweil noch zu begeistern. Wer wie ich die guten alten
Zeiten auch noch miterlebt habt, stellt erfreut fest, dass Dio, auch wenn er oft neue
(alte) Musiker um sich scharte, nie (ganz) weg vom Fenster war. Das stieg und fiel, nebst
dem Songwriting, mit dem jeweiligen Gitarristen, den er gerade in der Band hatte. Zwischen
Vivian Campbell (heute bei Def Leppard und Doug Aldrich (Ex-Lion, Ex-Bad Moon Rising)
fanden sich noch weitere Saitenhexer (Craig Goldy, Rowan Robertson, Tracy G.) die den
jeweiligen Alben den entsprechenden Stempel aufdrückten. Nach etwas sperrigem Material
wie "Strange highways" und vor allem "Angry machines", brachte
"Magica" mit Kurzzeit-Rückkehrer Goldy vor zwei Jahren die Wende. Mit dem neuen
Release "Killing the dragon" wurde wieder ein grosser Schritt in Richtung
vergangener Glanztaten getan und in all den Jahren, sei das bei Rainbow, BlackSabbath oder
Solo, baute Dio als charismatischer Sänger nie wirklich ab und ist mit seinen
mittlerweile 53 Jahren frischer denn je. Am heutigen Abend seines Gastspiels in der
Schweiz durften die heimischen Sideburn, die schon an den Metal Dayz im August überzeugen
konnten, als Support fungieren.
Sideburn
Die Truppe aus dem Welschland steht für erdigen Känguruh-Rock. Aus den Resten von
Genocide (supporteten damals Krokus auf ihrer 95-er "To rock or not to be"-Tour)
entstand die heutige Band vor zwei Jahren. Roland Pierrehumbert (v) und Fred Gudit (g)
verstärkten sich mit drei neuen Jungs und legten Anfang dieses Jahres mit ihrem von Jürg
Nägeli (Ex-Krokus) produzierten Erstling "Crocodile" ein sehr beachtliches
Debüt ab. Von den Live-Qualitäten konnte man sich ja wiegesagt an den Metal Dayz
überzeugen und somit war klar, was einen erwarten konnte. Mit etwas Verspätung ging es
dann endlich los. Nach dem zweiten, dritten Song waren die Publikumsreaktionen schon ganz
ordentlich. Diese Stimmung konnte bis am Schluss gehalten werden. David Pariat gefiel mir
an der Lead Guitar wesentlich besser, als noch im Sommer. Gewisse Soli kommen aber immer
noch etwas dünn und blutleer daher und die Rhythmus-Gitarre hätte ruhig auch noch ein
wenig lauter sein dürfen. Insgesamt war die Performance aber gut und diese Band sollte
man in der nächsten Zeit nicht aus den Augen verlieren!
Dio
Zuletzt noch als Gast bei den "Concerto's for Group and Orchestra" und aktuell
als Support auf der eben absolvierten Deep Purple-Tour in Deutschland im Einsatz, beehrte
uns Dio heute Abend als Headliner für sein einziges Schweizer Konzert. Mit dabei hatte er
seinen neuen Flitzefinger Doug Aldrich, dem bereits viel positive Presse vorauseilte.
Diesem Anspruch wurde der Blondschopf schon ziemlich bald gerecht und lieferte in der
Folge satte Riffs und schneidige Soli. Überdies sorgte er für neuen Drive innerhalb der
Band. Ronnie konnte (bislang) nur Gutes über ihn berichten. Das Konzert wurde ziemlich
genau um 21.45 Uhr gleich mit dem Titeltrack "Killing the dragon" eröffnet.
Dieser neue Song zeigte, dass das Songwriting sich immer noch oder wieder auf gutem Niveau
befindet und sich bestimmt nicht hinter den Perlen der Vergangenheit verstecken muss. Eine
solche folgte mit "Egypt" gleich im Anschluss. Das darin eingebettete
"Children of the sea" und anschliessend angehängte "Push" (neuer
Song) veredelten den Kult-Song zusätzlich. Das Publikum war schon in bester Laune und der
Lärmpegel stieg ständig. Überhaupt war dies die grösste Kulisse seit langem, die Dio
huldigte. Das Z7 sah sehr gut gefüllt aus, obschon es für das Schild "Sold
out" deutlich nicht reichte. Zu meinem grossen Erstaunen, ja fast Entsetzen gab
Drummer Simon Wright (Ex-AC/DC) bereits jetzt ein längeres Schlagzeug-Solo zum Besten,
das einerseits nicht weltbewegend war und andererseits die gute Stimmung gleich wieder
neutralisierte. Na ja, wenigstens war es dann schon vorbei! Der Wiedereinstieg in den Set
mit "Stand up and shout" konnte aber besser nicht sein und brachte den Saal
gleich wieder zum Toben. "Rock'n Roll" als dritter Neuzugang von "Killing
the dragon" platzierte sich überzeugend in der Set-Liste . Überhaupt war der
Meister in beneidenswerter Top-Form! Einfach nichts als purer Genuss war es, dieser Band
zu lauschen. Während Doug Aldrich sehr agil war und überzeugend spielte, machte Jimmy
Bain (b), alter Weggefährte Dio's aus früheren Rainbow-Tagen allerdings einen eher etwas
behämmerten Eindruck. Anyway, dem tighten Spiel der Band tat dies auf jeden Fall keinen
Abbruch. Es folgten nun am Laufmeter Kracher der Sorte "Don't talk to
strangers", "Man on the silver mountain", "Mob rules" oder
"Holy diver". Ein erstes Mal Schluss war nach "Heaven and hell", doch
das Publikum forderte lautstark nach mehr und bekam natürlich seine Zugaben, insgesamt
drei an der Zahl. Das Konzert war dann nach etwas über 100 Minuten leider viel zu früh
zu Ende und hinterliess aber trotzdem nur zufriedene Gesichter. Dio ist immer noch eine
feste Grösse in der Rockwelt und wird es hoffentlich auch noch eine ganze Weile bleiben!
In diesem Sinne: "Long live Rock'n Roll"!
Set-Liste: "Killing the dragon", " Egypt" (incl.: "Children of
the sea" & "Push"), "Drum Solo Simon Wright", " Stand up
and shout", "Rock'n Roll", "Don't talk to strangers", "Man
on the silver mountain" (incl.: Solo Doug Aldrich, Short Band-Jam ohne Ronnie &
"Long live Rock'n Roll", "Lord of the last day", "Fever
dreams", "Mob rules", "Holy diver", "Heaven and hell",
"The last in line", "Rainbow in the dark", "We rock"
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