Was für eine tolle Konstellation beehrte an diesem
Dienstagabend das Z7. Endlich gingen wieder mal zwei tolle Truppen
zusammen auf Tour, ohne, dass man sich durch ein bis drei
langweilige Vorbands kämpfen musste. Udo Dirkschneider und die Jungs
von Raven kennen sich seit dem Zusammentreffen für die Raven-Single
«Born To Be Wild» aus dem Jahre 1983. Damals waren die Herren noch
jung und geschmeidig, haben bis heute aber kaum was von ihrer
Präsenz eingebüsst. Die Engländer und der deutsche Sänger konnten
auf eine grosse Fanbasis bauen und lieferten tolle Shows ab, wobei Mr.
Dirkschneider mit seiner Truppe ganz klar der Gewinner an diesem
Abend war.
Raven
Das Trio aus Newcastle war in den frühen achtziger Jahren bekannt
für ihren «atheltic metal». Dass der mittlerweile fast 60-jährige
John Gallagher (Bass, Gesang) und sein 57-jähriger Bruder Mark
sicherlich nicht mehr so athletisch über die Bühne hüpfen wie damals,
ist klar. Trotzdem machte die Band einen agileren Eindruck, als noch
in diesem Sommer am "Bang Your Head!!!"-Festival. Mit Ersatztrommler
Mike Heller, welcher den nach wie vor aus gesundheitlichen Gründen
zu Hause gebliebenen Joe Hasselvander ersetzte, versuchten die
Gallagher-Brothers den Spirit der frühen achtziger Jahre ins Z7 zu
bringen. Was ihnen auch gut gelang, zumindest das Gitarrensolo
erinnerte an die wilden Anfangstage der "New Wave Of British Heavy
Metal. Ein Zitat, das aber besser durch einen weiteren Song hätte
ersetzt werden können. Was bietet das Trio heute noch?
Schnörkellosen Heavy Metal, der seine Wurzeln in England hat. Dabei
kreischt und schreit sich John noch immer mit Herzenslust durch die
Lieder und hat dank seines Headphones die Bewegungsfreiheiten,
welche der Brite braucht. Ständig wechselte er die Seite mit Mark,
der wie ein Verrückter über die Bretter tobte, die Saiten aufheulen
liess und dabei seine Zunge vor Freude raushängte. Mit seinen
Körpermassen stand ein beachtliches Tier auf der Bühne, bei dem die
Bühnenbretter erzitterten, wenn er über Selbige schritt.
Die
stündige Spielzeit nutzte das Trio sehr gut, spielt eine Setliste,
die sich aus Bewährtem und Neuem zusammenstellte. Dabei konnten die
neuen Tracks «Destroy All Monsters» und «Tank Treads (The Blood Runs
Red)» ebenso überzeugen konnten, wie die alten Klassiker «Hell
Patrol», «All For One» oder «Faster Than The Speed Of Light».
Interessant, dass «On And On» aus dem Album «Stay Hard» den Weg in
das Set fand und dort einen hervorragenden Eindruck hinterliess.
Nach «Break The Chain» wurde kurz die AC/DC-Nummer «It's A Long Way
To The Top (If You Wanna Rock' n Roll)», zu Ehren von Malcom Young
angestimmt, um dann in den Black Sabbath-Klassiker «Symptom Of The
Universe» zu wechseln. Wem dies noch nicht genug war, konnte am
Merch-Stand T-Shirts, CDs, DVDs und die stinkenden Unterhosen von
John kaufen. Raven powerten ohne Ende, duellierten sich mit ihren
Gitarren (im wahrsten Sinne des Wortes) und verkündeten, dass sie
2018 zurückkehren würden. Den Alt-Metallern gefiel die Vorstellung
und manch leuchtende Augenpaare verrieten, dass man sich in
nostalgischen Gedanken sonnte. Raven ist noch immer eine Band, mit
der zu rechnen ist, denn auf der Bühne hat das Trio nichts von
seinem Flair verloren.
Setliste: «Destroy All Monsters»,
«Hell Patrol» - «All For One» - «Hung, Drawn & Quartered» - «Rock Until
You Drop» - «Guitar Solo Mark Gallagher» - «Tank Treads (The Blood
Runs Red)» - «Faster Than The Speed Of Light» - «On And On» - «Break
The Chain/It's A Long Way To The Top (If You Wanna Rock'n'Roll)/Symptom Of The Universe» -
«Crash Bang Wallop»
Dirkschneider Die ganz grosse Attraktion folgte dann
aber mit Dirkschneider. Die Combo, bestehend aus Sänger Udo
Dirkschneider, Bassist Fitty Wienhold, Schlagzeuger Sven
Dirkschneider, Gitarrist Andrey Smirnov und Neugitarrist Bill
Hudson, zerlegte an diesem Abend das Z7 fein säuberlich in seine
Einzelteile. Was das Quintett an diesem Abend bot, war eine
Metal-Show, die sich gewaschen hatte. Udo spielte (angeblich) zum
allerletzten Mal seine Accept-Klassiker. Dabei gab es zum letzten
Auftritt im Z7 nur ganz wenige Song-Überschneidungen. Ansonsten
liess Dirkschneider selten oder noch nie gespielte Hits
aus dem Hause Accept erklingen. Was zuerst nach einem sehr mutigen
Unterfangen aussah, entpuppte sich als eine Setliste, die auch ohne
die "grösseren" Klassiker wie «Up To The
Limits»,
«Son Of A Bitch» - «Loosers And Winners» - «Restless And Wild» oder
«Living For Tonite» völlig zu überzeugen wusste. Dafür grub die
Truppe tief in der Mottenkiste und entstaubte solche Perlen wie
«Aiming High» (Wahnsinn!), «Another Second To Be» (wahrscheinlich
noch nie gespielt) oder «Russian Roulette» (Oberwahnsinn!). Auch
Nummern wie «Fight It Back», «Stone Evil» oder «X-T-C» überzeugten
von der ersten Sekunde an und hinterliessen begeisterte Fans. Dabei
überzeugte nicht nur Andrey mit seinen Gitarrenkünsten, sondern auch
Bill, der bewies, dass er nicht nur die Lieder von Circle II Circle
spielen kann. Dem neuen Mann wurde sehr viel Freiraum eingeräumt, und
so sah man den Brasilianer immer wieder am Bühnenrand, wie er mit
tollem Posing seine Solos rausknallte. Gänsehaut gab es in den
Momenten, wenn beide Gitarristen zusammen solierten. War es beim Solo
von «Fast As A Shark» oder der kurzen, gemeinsamen Einleitung zu
«X-T-C». Das sind solche Momente, in denen selbst Solo-Hasser mit
leuchtenden Augen und offenen Kaubalken verzückt zusehen und zuhören.
Udo war einmal mehr gesanglich absolut top. Was der
65-jährige noch immer bietet, sucht Seinesgleichen. Wie gewohnt mit wenig
Ansagen, dirigierte der Deutsche durch das Set und animierte zu
Mitsingspielchen. Mit fein eingestreuten Pyros wurde den Liedern ein
zusätzlicher Augenschmaus verliehen. Speziell bei «Russian Roulette»
hatten die Feuersäulen eine unglaubliche Wirkung, wie auch bei
«Protectors Of Terror». Die Bühne war mit zwei Laufstegen und vielen
Lichtern sehr gut dekoriert. Dies gab der Saitenfraktion immer
wieder die Möglichkeit, dass sie Accept-like bei den Solos und den
Refrains vorne standen, während sie Udo das Feld bei den Strophen
überliessen. Und irgendwie war an diesem Abend in Dirkschneider mehr
Accept drin,
als heute in Accept selber… Auf der Bühne stand eine Einheit. Keine
Egos, keine Alphatierchen, die sich gegenseitig den Platz streitig
machten, sondern jeder zu seiner Zeit seinen Part bekam. Diese
positive Energie schwappte sofort ins Publikum über, was dazu
führte, dass schon nach dem Opener «The Beast Inside» laute Udo-Rufe
im Z7 erhallten. Die bereits erwähnte mutige Setliste beinhaltete mit
«Can't Stand The Night» und «Amamos La Vida» zwei ruhigere Parts,
die sich bestens in das Set integrierten. Hier konnten die beiden
Gitarristen einmal mehr zeigen, welches kreative Potenzial und
handwerkliche Geschick in den Fingern steckte.
Im
Zugabeblock liess Dirkschneider ebenso wenig, sprich nichts anbrennen. Mit dem
unverwüstlichen «Princess Of The Dawn» und den dazugehörenden
Fangesängen, dem bebenden «Metal Heart», dem mit dem berühmten
«Heidi-Heido-Heida» eingeleiteten «Fast As A Shark» und dem
ultimativen «Balls To The Wall» beendete das Quintett einen
Siegeszug, der Seinesgleichen sucht. Wie gesagt, die Setliste war
mutig ausgewählt, bewies aber, welche verborgenen Schätze und
Klassiker Accept immer in der Schatzkiste liessen, bis nun
Dirkschneider alles ans Tageslicht brachte. Schade eigentlich, dass
dies die letzte Vorstellung in der Schweiz gewesen sein soll, denn
die Accept-Tracks funktionieren noch immer am besten, wenn sie von
der Originalstimme vorgetragen werden. Somit wünscht man sich neben
U.D.O.-Konzerten auch kommende Gigs von Dirkschneider…
Setliste: «Fire (Intro - Arthur Brown)» - «The Beast
Inside» - «Aiming High» - «Bulletproof» - «Midnight Mover» - «Slaves To
Metal» - «Another Second To Be» - «Protectors Of Terror» - «London
Leatherboys» - «Fight It Back» - «Can't Stand The Night» - «Amamos La
Vida» - «Stone Evil» - «Breaker» - «Hard Attack» - «Love Child»,
«Objection Overruled» - «X-T-C» - «Russian Roulette» - «Princess Of
The Dawn» - «Metal Heart» - «Fast As A Shark» - «Balls To The Wall» -
«U Can't Touch This (Outro – MC Hammer)»
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