Nach langer Zeit durfte ich wieder einmal den
langen und auch ein wenig mühsamen Weg nach Uster auf mich nehmen.
Wirklich gute Erinnerungen hatte ich eigentlich nur an das Konzert,
denn die Reise ging mehr oder weniger in die Hose. Nur soviel: Im
Zug einzuschlafen und ins Nirgendwo zu fahren, obwohl man bereits
mit dem letzten Zug unterwegs ist, ist ziemlich ungemütlich. Nun
wieder zum Konzert: Zum allerersten Mal kam ich in den Genuss, diese
drei Bands live zu betrachten. Am meisten freute ich mich natürlich
auf Dornenreich, aber auch auf Neun Welten, die mit ihrem Pagan-Folk
genau meine Wellenlänge treffen, darauf war ich sehr gespannt. Das
Rock-City war wie erwartet ausverkauft und obwohl es ein sehr
ruhiges Konzert werden sollte, waren die Zuschauer heiss, heiss auf
einen wundervollen Musikabend.
Neun Welten
Nach langer Wartezeit ging es um 22.00 Uhr endlich los. Die
Deutschen Neun Welten gingen die Sache sehr ruhig an. Die Zuschauer
hatten vorerst ziemlich Mühe, sich an die ungewöhnliche Situation,
nämlich dass ihr eigenes Mundwerk zum Teil lauter klang, als die
Band, zu gewöhnen. Doch mit der Zeit wurde auch das Schlagzeug ein
wenig mehr eingesetzt und eine Art leiser Sprechgesang trug noch
mächtig zur Stimmung bei. Ihr Stil ist eigentlich unbeschreibbar:
Neun Welten
spielen eine Art Folk, mit Cello, Flöte, Geige, akustischer Gitarre
und einem sehr behaglich verwendeten Schlagzeug. Der Bandname, wie
auch die Spielart lassen eigentlich darauf schliessen, dass die
Deutschen Heidenfolk fabrizieren. Und ja, die Band machte dies
verdammt gut, bereits die ersten Klänge konnten mich fesseln. Man
schloss die Augen und fühlte sich von der Natur umgeben: Man „sah“
den Wald, spürte den Wind, hörte das Fliessen des Wassers, wirklich
sensationell. Leider war diese Reise viel zu kurz und nach nur etwa
40 Minuten hatte die Band die Bühne verlassen. Meine Freude hält
sich auch jetzt kaum in Grenzen, ich kann Euch ihr neues Album
„Vergessene Pfade“ wärmstens empfehlen. Wer auf feinen Folk steht,
kommt an Neun Welten nicht mehr vorbei.
Atargatis
Nach einer Erfrischung an der Bar ging es eigentlich zügig weiter.
Die bayrische Formation Atargatis mit Sängerin Stephanie Luzie (u.a.
Darkwell), stand auf der Bühne bereit. Ohne zu zögern brach ein
Feuerwerk los, das vorher noch ruhig und melancholisch klang. Es
wurde jetzt durch orchestralen Gothic Symphonic Metal mit einem
Hauch Thrash Metal abgelöst. Stephanie Luzie sprang barfuss auf der
Bühne hin und her, als wäre sie von einer Biene gestochen worden.
Was am Anfang noch recht unterhaltsam aussah (vor allem dank der
gutaussehenden Sängerin und ihrem grossen Ausschnitt!), wurde aber
bald zur Plage. Was jedoch noch viel
schlimmer
daher kam, war die Stimme des teilweise growlenden Bassisten. Ob er
vielleicht erkältet war, oder immer so brummte, krächzte, (ich kann
echt nicht beschreiben, wie das klang, jedenfalls waren es keine
Growls), ich weiss es echt nicht. Na ja, auch sonst konnte mich der
Auftritt nicht vom Hocker reissen. Der klassische Soprangesang war
nicht mehr als durchschnittlich und auch sonst war die Stimme eher
schwach. Ebenso die harten Gitarren, welche zwar zum Teil wirklich
starke Riffs hervorzaubern konnten, den Auftritt der bayrischen Band
trotzdem nicht mehr retten konnten. Die Stimmung der Zuschauer war
unterschiedlich, eine kleine Gruppe genoss den Auftritt, doch die
meisten Leute waren froh, dass man sich jetzt Dornenreich freuen
durfte.
Dornenreich
Eviga (Gesang und akustische Gitarre) und Inve (Geige) machten es
sich auf der Bühne gemütlich, während die Zuschauer drängelten und
schubsten, irgendwie wollte jeder nach vorne. Als die Österreicher
ihre Instrumente in Betrieb nahmen, war es in den ersten Reihen
völlig still, bloss ein paar Schwätzer an der Bar störten die feinen
Instrumente der Band. Der erste, wie auch der zweite Song kamen wohl
jedem Fan weitgehend unbekannt vor, denn es waren Stücke des
kommenden Albums „In Luft geritzt“. Trotzdem war es unglaublich,
denn sowas Mitreissendes habe ich bisher wirklich sehr selten
gehört. Dazu kam, dass Velga mit seiner Mimik jeden Zuschauer in den
Bann zog und dadurch beinahe gestört wirkte. Es folgten Stücke von
„Her von welken Nächten“ und „Hexenwind“, danach noch ein älterer
Song von „Bitter ist's dem Tod zu dienen“, der uns vor die Füsse
gelegt wurde. Bei Neun Welten fühlte man sich von einer fabelhaften
Natur umgeben, aber Dornenreich gingen noch einen gewaltigen Schritt
weiter: Man lebte mit, fühlte die Musik und jedem Ton wurde
ausführlich gelauscht sowie jeder Blick verfolgt. Die Stimmung in
meinem Innern konnte nicht besser sein. Es war kein Auftritt, bei
dem man den Kopf
schütteln und schreien konnte. Vielmehr war es eine Darbietung, die
einen nachdenklich stimmte und wahrlich verzauberte. Wer Songs wie
„Der Hexe flammend' Blick“, „Der Hexe nächtlich' Ritt“, „Innerwille
ist mein Docht“ oder „Reime faucht der Märchensarg“ bisher bloss auf
CD gehört hat, muss sich unbedingt einmal ein Live-Konzert der
Österreicher ansehen. Dornenreich nahmen uns an diesem wirklich
tollen Abend mit in eine Welt, von der man auf keinen Fall wieder
zurück möchte und es war dann auch so, dass keiner sie gehen lassen
wollte. Als die Truppe dann trotz fünf Minuten langen Zugabe-Rufen
kein drittes Mal mehr erschienen, verzogen sich die Fans langsam und
ich machte mich auch auf den Nachhauseweg.
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