Livereview: Dornenreich - Heretoir - Wassermanns Fiebertraum

10. Mai 2014, Zürich - Alte Kaserne
By Natalia N.
 
Am 10. Mai traten drei der interessantesten Bands aus Europa im Rahmen der Tournee “Freiheit - Tour 2014” in der Alten Kaserne in Zürich auf. Als Hauptact präsentierte der Veranstalter Meh Suff! für Fans der finsteren, aber schönen Musik die österreichische Band Dornenreich. Sie spielte im ersten Abschnitt ihres Schaffens Black Metal, der sich dann aber später in Ambient verwandelte. Was das letzte Album „Freiheit” dieser tollen Band angeht, ist es völlig im Dark Folk-Genre zu Hause. Ausserdem nahmen noch zwei nicht weniger interessante Bands teil an dem Konzert. Den Auftritt einer der Gruppen, und zwar der deutschen Band Heretoir, habe ich schon einmal erlebt. Sie kommen aus dem Shoegaze-Genre. Ausserdem trat am Anfang des Abends eine junge, deutsch-österreichische Alternative/Instrumental/Post Rock-Band namens Wassermanns Fiebertraum auf.

Wassermanns Fiebertraum

Der Auftritt der ersten Band begann um viertel vor neun. Zu diesem Zeitpunkt standen ausser der traditionellen Gitarren und Trommeln noch zwei Keyboards und ein Laptop auf der Bühne. Die beiden Gitarristen der Band, Christian und Michael, sind auch die Keyboarder, und der Bandleader Michael erfüllte zahlreiche Gesangspartien. Die Jungs kamen zur Intro-Musik auf die Bühne, die eher als Vorwort zur Konzeptgeschichte diente, die der letzten Platte „Tauche die Welt in Farben“ zugrunde lag. Es war Experimentalmusik, was auch zu erwarten war. Die Band wählte für den Auftritt einen sehr vielfältigen Stoff aus: Man spielte gefühlstief feine Sachen sowie auch Kompositionen, welche das Headbangen ermöglichten. Zuerst schenkte die Band ihren Zuschauern keine Aufmerksamkeit. Ich glaube, es war wegen ihrer Bescheidenheit. Aber ich kann sagen, dass das Publikum die Musiker sehr aktiv unterstützte: man klatschte und jauchzte Beifall. Das konnte man nicht ausser Acht lassen. In der Mitte des Auftrittes brachte Michael den Mut auf und begrüsste die Zuschauer, und wünschte ihnen, die Zeit gut zu verbringen. Der Auftritt dauerte circa eine halbe Stunde. Und dies war der einzige Nachteil. Gerade deswegen riefen die Zuhörer „Da Capo“: „Zugabe! Zugabe!“. Aber ausgerechnet zu diesen Ausrufen verliess die Band die Bühne.

Heretoir
Die Bühne blieb nur für eine kurze Zeit leer. Die Musiker von Heretoir kamen Punkt halb zehn zu einem Lärm-Intro auf die Bühne. Bemerkenswert ist der Gruppenbestand auf dieser Tournee: Zweifellos war die größte Aufmerksamkeit auf den mysteriösen Bandleader und Ideengeber konzentriert. Links von ihm nahm Torsten Platz - eine nicht ganz unbekannte Person der deutschen Heavy-Musik. Immerhin ist dieser dieser Multiinstrumentalist und Sänger bei zwei tollen Bands wie Agrypnie und Nocte Obducta. Torsten spielte die Rolle des Bassisten und fügte die Backing-Stimme bei Heretoir hinzu. Meiner Meinung nach verbesserte es den Live-Auftritt. Aber es stellte sich heraus, dass Torsten noch eine Überraschung für die Fans vorbereitet hatte. Aber alles der Reihe nach: Heretoir stellten den Zuschauern gleich zwei brandneue Songs mit den Namen „Eclipse“ und „Inhale“ vor. Beide Songs sind im Post Metal-Stil aufgenommen und hören sich sehr modern an. Ausserdem spielte man einen Coversong: „Just For A Moment“ von der nicht mehr existierenden Post-Black Metal-Band Austere aus Australien. Heretoir wurden wirklich gut von den Anwesenden unterstützt. Zweifellos sorgten die guten akustischen Aspekte der Alten Kaserne dafür, dass die facettenreiche Stimme des Sängers Ektalanz von den Anwesenden hoch anerkannt wurde. Was mich angeht, mir war klar, warum Ektalanz sich während einer Pause nicht nur beim Publikum für die Unterstützung bedankte, sondern auch beim technischen Personal, das für das notwendige Niveau der Lautstärke und auch für eine gute Akustik beim Live-Konzert sorgte, damit man jede Klangfarbe geniessen konnte. Das Publikum wollte eine Zugabe, und diesmal wurde der Wunsch erfüllt. Am Ende ihres Auftritts spielte die Band eine schnelle Komposition, sie stammt wahrscheinlich aus früheren Werken. Auf jeden Fall bekamen Heretoir an diesem Abend die Anerkennung, die sie auch verdienten. Auch wenn die Musik von Heretoir als eine Bewegung des Häretikers, der dem selbst ausgewählten Weg folgt, angesehen wird, darf man mit Sicherheit sagen, dass sie dabei nicht alleine sind.

Setliste: „Intro“, „Untitled“, „Eclipse“, „Graue Bauten“, „Weltschmerz“, „Heretoir“, „Inhale“, „Just For A Moment“.

Dornenreich
Die Bühne war sehr schnell für den Auftritt des Headliners vorbereitet, und man begann gegen halb elf. Die Band entschied sich für eine tolle Überraschung: sie erfreuten ihre Fans mit einer akustischer Set-Liste aus vier Kompositionen, die wie folgt bestand: Jochen „Evíga“ Stok mit Akustikgitarre sitzend vor dem Mikro und Thomas ĢInveģ Riesner mit der Geige. Das Schlagzeug war verhangen. Es ergab sich ein denkwürdiges Minikonzert, das ganz gut zu der freundlichen und gemütlichen Atmosphäre passte, die an diesem Tag herrschte. Man muss sagen, dass die Alte Kaserne eine tolle Konzertstätte ist, welche die Begierde von sogar kleinlichen Besuchern befriedigen konnte. Es gibt jetzt ein paar bequeme Sofas und Tische. Da sitzend ist es sehr bequem, sich so die schöne Musik von Dornenreich anzuhören. Akustisches Folksarpeggio, emotionale Stimmungsschwankungen und schrille Geigenpartien! Alles für die Fans der Folkmusik! Aber die Jungs von Dornenreich liessen auch die Metal-Fans nicht ausser Acht. Den Rest des Abends spielten sie ihre Metalkompositionen. Dafür nahm man die Decke vom Schlagzeug ab. Evíga nahm die Elektrogitarre auf und Torsten rannte mit dem Mikrophon stürmisch auf die Bühne. Aber er blieb nur für einen Song auf der Bühne. Dennoch gelang es ihm, das Publikum mit seinem wilden Gebrüll und Schwüngen zu begeistern. Immer schön anzusehen, wenn sich gemeinsam tourende Bands gegenseitig unterstützen. Dornenreich bereitete eine wirklich vielfältige Set-Liste vor, die neues und altes Material enthielt. Es war klar, dass die Musiker vom eigenen Schaffen nicht weniger inspiriert waren als die Zuhörer. Am Konzert konnten alle Anwesenden echte Freiheit spüren: Freiheit von festen Grenzen eines Genres, Stereotypen, Freiheit, das zu machen, was man wirklich will.

Acoustic Set: Piano-Intro, „Freitanz“, „Im ersten aller Spiele“, „
Des Meeres Atmen“, „Meer“ 

Metal set: „Flammenmensch“, „
Jagd (Metal-Version)“, „Der Hexe flammend“, „Blick
aus Mut gewirkt“, „Wolfpuls“, „Traumestraum“, „Schwarz schaut tiefsten Lichterglanz“ 

Encore: „Erst deine Träne löscht den Brand“, „Trauerbrandung“, „Wer hat Angst vor Einsamkeit?“