Livereview: Doro - Dead Means Nothing - Merendine Atomiche
18. Dezember 2009, Pratteln Z7
By Rockslave
Für meinen persönlich letzten Konzerbesuch des Jahres 2009 gab es an diesem Abend grundsätzlich zwei Optionen, denn in Zürich spielten W.A.S.P. im grossen Saal des Dynamo auf. Da ich aber Blackie und seine Jungs bekanntlich am 1. Juli in Luzern geniessen konnte und sich diese dort in blendender Form präsentierten, konnte mich die frische Tour zum neuen Album «Babylon» und die Aussicht auf eine (leicht) veränderte Setliste dennoch nicht genug locken. Dieser Entscheid sollte nicht bereut werden, denn erstens legt die deutsche Metal Queen Doro Pesch für ihre Fans stets 110% auf die Matte und zweitens durfte ich die livehaftige Wiederauferstehung von «Fight For Rock», einem meiner absoluten Lieblingssongs der Düsseldorferin, erleben. Bevor es soweit war, versuchten zunächst Merendine Atomiche aus Italien, das Publikum mit knüppelhartem Sound zu unterhalten. Danach schickte sich eine eher schräg wirkende Combo namens Dead Means Nothing an, die Fans weiter aus der Reserve zu locken. Das gelang insgesamt nur mittelprächtig, bis Doro kam, sah und siegte!

Merendine Atomiche

Was konnte man von einer Band erwarten, die sich frei übersetzt "Kleiner Atom-Snack" nennt? Ist noch schwierig auf die Schnelle, aber die Optik von Sänger Zanda liess zumindest erahnen, dass es wohl eher heftig zu und her gehen wird. So kam es denn auch, als vornehmlich thrashiges Geballer in der selber beschriebenen Schnittmenge von Pantera, Megadeth und Mötley Crüe (!) ertönte. Der stämmige Frontmann, der sich zwischendurch echt etwas nach Ex-Maiden Shouter Blaze Bayley anhörte, brüllte jedoch relativ oft in sein Mikro rein, so dass sich das Ganze bald einmal etwas eintönig präsentierte. Dennoch gab es den einen oder anderen melodischen Part, der für den benötigten Kontrast sorgte. Das technische Niveau war gut und man merkte bald einmal, dass die 1995 gegründete Schüler-Truppe aus Cittadella (I) ihr Handwerk verstand. Von damals sind allerdings nur noch Drummer Luca Cerardi und Shouter Zanda übrig geblieben. Darüber hinaus konnten sich Merendine Atomiche im Verlauf ihrer Karriere (die zuvor übrigens Vanishing Wizards hiessen) für ihre bisherige Alben Unterstützung von Jeff Waters (Annihilator) und ein paar Jahre später auch von Jack Frost (Seven Witches, war u.a. Co-Producer) sichern. Die Türen für solche positiven Aspekte wurden einst als versierte Metallica Cover-Band aufgestossen. Livemässig waren die fünf Italiener heuer auch schon in den Staaten unterwegs, zuletzt als Opener für Ex-Savatage Klampfer Chris Caffery, der 2007 ebenfalls als Co-Producer amtete. Der heimatliche Boden wurde im vergangenen Sommer schliesslich zusammen mit Oberwarze Lemmy, sprich Motörhead beackert, ehe man sich im Winter dem Doro-Tross anschliessen durfte. Dieser Aktivitäts-, respektive Leistungs-ausweis konnte jedoch während den nur 30 Minuten kaum bis gar nicht richtig untermauert werden. Die Kulisse von 400 - 500 Fans reagierte deshalb ziemlich verhalten und auch so blieb einem nicht viel bis gar nichts in Erinnerung. Gut möglich, dass Merendine Atomiche mehr drauf gehabt hätten, aber davon war leider wirklich nicht viel zu sehen und hören.

Dead Means Nothing
Für etwas mehr Aufsehen sorgte dann die zweite Support-Band des Abends, die sich überdies genau gleich wie eine erst 2003 gegründete, spanische Melodic Death Metal Band nennt. Hier haben wir es offenbar aber mit einer Combo aus Deutschland zu tun, dessen Sänger/Gitarrist Mickey Rude (war für ein schräges Pseudonym!) früher mal hinter den Kesseln sass, dann aber unfallbedingt (1996) sein Arbeitsgerät wechseln musste. Nachdem die Band als Trio wieder komplettiert war, ging die Lärmerei weiter. An den Drums sitzt nun ein gewisser Django und den Bass zupft Mick O'Cain, der auf dem "neuen" Album «Nothing Of Devinitiy» auch noch Vocal-Credits verbuchen kann. Bevor es aber, kaum angefangen, richtig losging, streikte erstmal die Axt von Mr. Rude. Da die ganze Szenerie des Behebens dieser Störung relativ unbe-holfen daher kam, konnte ich mir ein paar Lacher nicht verkneifen und wurde spontan an Spinal Tap erinnert. Doch kurze Zeit später nahm das stark nach Motörhead klingende Gerumpel seinen Fortgang. Zum Einen klang die Sache, auch vom ähnlichen Gesang her, vorerst nach einem billigen Lemmy Rip-Off, aber irgendwie vermochte die ungehobelte Art der Performance dennoch zu punkten. Weiter kamen mir die alten Venom in den Sinn und dank etlichen "Uhs" von Master Rude die Schweizer Kult-Combo Celtic Frost ebenso. Die meisten Songs stammten, wie bereits erwähnt, vom "aktuellen" Langeisen, dessen Aufnahmen jedoch bereits 2006/2007 entstanden sind, aber erst im Spätfrühling 2009 das Licht der Welt sahen. Obwohl nicht gerade sonderlich innovativ, verrichtete Schlagzeuger Django trotzdem einen überzeugenden wie soliden Job und liess seine Klasse immer wieder mal aufblitzen. Im Gegensatz zur ersten Band des Abends durften Dead Means Nothing die üblichen 45 Support-Minuten in Anspruch nehmen und deshalb fand auch noch eine Cover-Version Platz im Set der Deutschen. Dran glauben musste nicht unerwartet eine Nummer der Motörköppe und dabei fiel die Wahl auf den altbekannten Smasher «Going To Brasil». Trotz diesem Ohrwurm reagierten die Leute, wie zuvor schon, mit der typisch schweize-rischen Zurückhaltung und spendeten bloss den obligaten Höflichkeits-Applaus. Das kauzige Trio geriet dadurch aber nicht aus dem Tritt und zog ihre Chose voll durch. Mir persönlich gefiel der Auftritt insofern recht gut, als dass ich mir gleich noch dessen CD beim Merchstand krallte.

Setliste: «Back In Town» - «Loud'n'Proud» - «Stay Dead» - «Under The Sun» - «Missing Honey» - «6 Days Burning» - «Becoming» - «Set Me Free» - «One» - «Right Now» - «Fuck Yourself» - «Space Pilot» - «Teenage Punkrock Song».

Doro
Man kann es drehen und wenden wie man will..., Doro Pesch ist und bleibt einzigartig! Die kleine Blonde mit ihrem ausdrucksstarken Gesang und ihrer fannahen Art sah ich Ende 1985 das erste Mal im Zürcher Volkshaus!! Seither sind fast 25 Jahre vergangen und noch immer stehen einzelne Songs von früher in der aktuellen Setliste. Dazu gehörte natürlich auch der brachiale Opener «Earthshaker Rock», der die zuvor nass gewordene Lunte gleich entfachen konnte! Von der ersten Sekunde an gab Doro Gas und trieb ihr Publikum fortwährend an, so wie sie es immer tut und tat. Optimal unterstützt durch ihre vier männlichen Kollegen, zelebrierte sie sich selber und hielt die Fahne des Heavy Metal hoch. Auf dem Fusse folgte der Kracher «I Rule The Ruins» und spätestens jetzt erwachte das Z7 endlich und Stimmung machte sich breit. Danach lief alles wie am Schnürchen und vor dem riesigen Backdrop lief die Band zur Tages-Höchstform auf. Unverwüstlich posend wie gewohnt wirbelte Bassist Nick Douglas auf der Bühne herum, der später im Set für seine langjährigen Dienste geehrt wurde. Ebenfalls länger dabei ist Britny Fox Drummer Johnny Dee, den ich sehr gerne auch mal mit seinen alten Kumpels spielen sehen würde. Doro nahm derweil Tuchfühlung an vorderster Front mit ihrem Publikum auf. Möglich machte das ein kleiner, treppenartiger Anbau am Bühnenrand. So konnte jeder sehen, dass bei Deutschlands Metal-Queen alles echt ist und sie ihre Fans heiss liebt. Diese nahmen die Geste ent-sprechend dankend an und freuten sich zusammen mit ihrem Idol. Die Resonanz auf die neuen Songs wie «Night Of The Warlock», «Runnign From The Devil» oder «Herzblut» war dabei fast wenn nicht gleich gut, obwohl das neue Material in meinen Ohren zwar solide, aber nicht mehr ganz den Kick der früheren Zeiten aufweist. Die blonde Powerfrau kom-pensierte das aber locker mit ihrer Aus-strahlung und der grossen Freude, die sie an jedem ihrer Auftritte zeigt. Darum gelang ein für Aussenstehende womöglich kitschig klingen-der Song wie «Für Immer» auch heute Abend optimal und wird seine inhaltliche Messsage nie verlieren. Warum das Publikum hier aller-dings eher schwachbrüstig mitsang, verstand ich nicht wirklich und fand es auch schade. Kaum mehr Emotionen erntete das etwas zu lang geratene Drum-Solo von Stick-Master Dee. Dieses nahm zwar nicht Ausmasse à la Mike Terrana an, aber trotz den obligaten Hey-Hey Rufen wird einfach jede Stimmung mehr oder weniger in Grund und Boden gefahren. Das pure Gegenteil entfachte etwas später mein persönliches Highlight «Fight For Rock», auf das nicht nur ich viele Jahre haben warten müssen. Gegen Ende des Konzertes, das gute 110 Minuten dauerte, wurde die vorliegende Setlist noch ein wenig umgestellt, da Doro die Fans dazu aufforderte, den nächst gewünschten Titel bekannt zu geben. Davor gab es mit «Breaking The Law» noch die Ode an die Metal-Ikonen Judas Priest und den Smasher «All We Are», der nochmals die letzten Energien zu mobilisieren vermochte. «You're My Family» setzte schliesslich den würdigen Schlusspunkt einer weiteren Top-Show von Doro und ihrer Band. So werden wir sicher auch noch das 30-jährige Bühnenjubiläum erleben!

Setliste: «Earthshaker Rock - I Rule The Ruins - Burning To The Witches - Night Of The Warlock - Metal Racer - Running For The Devil - True As Steel - Above The Ashes - I Lay My Head Upon My Sword - Für Immer - Haunted Heart - Drum-Solo Johnny Dee - Haunted Heart (cont.) - Burn It Up - Fight For Rock - Love Me Forever - We Are The Metalheads - Breaking The Law - All We Are -- Herzblut - You're My Family.