Obwohl seit der Bandgründung schon beachtliche 17 Jahre (!) Jahre
vergangen sind, wirken Edguy immer noch sehr jugendlich, wenn man
sie auf der Bühne spielen sieht. Das heutige Line-Up mit Tobi Sammet
(v), Dirk Sauer (g), Jens Ludwig (g), Tobias Exxel (b) und Felix
Bohnke (d) besteht nun mehr seit 10 Jahren und es bleibt zu hoffen,
dass dieser Zustand noch möglichst lange anhalten wird. Im März 1998
waren die Jungs aus Fulda (D) mit Eternity X in unseren
Breitengraden unterwegs und überzeugten schon damals mit dem tollen
Album «Vain Glory Opera» im Gepäck. Der gute Eindruck täuschte
nicht, denn heute, also einige Jährchen später, zählen Tobi und
seine Mitstreiter klar zur Oberliga in der gesamten Hard & Heavy
Szene. Weitere gute Alben zementierten die Erfolgsstrasse und
führten die Jungs mittlerweile in verschiedene Ecken der Welt. Dazu
gehören neben Südamerika zum Beispiel auch Australien oder Russland.
Nach den letzten drei Knaller-Alben setzen Edguy bei «Tinnitus
Sanctus» auf ein (noch) breitereres Spektrum, das zwar nicht allen
Fans gleich mundet. Wichtig ist Kontinuität und nicht Treten an Ort!
Das wollten die Support-Acts des heutigen Abends (beide aus
Schweden!) auch nicht, aber es war der überraschend gute Opener
H.E.A.T, der All Ends locker hinter sich liess.
H.E.A.T.
Als die bunt gekleidete Truppe die Bühne stürmte, dachte ich zuerst
"au weia, was kommt denn da jetzt auf das Publikum zu?" Kaum hatte
das Sextett aber losgelegt, verflog die Skepsis zusehends. Ganz im
Stile der 80er Bands wie zum Beispiel Europe, Treat, Shy oder Aldo
Nova spielten die Schweden auf, als würde die aktuelle Jahreszahl
wirklich eine «8» (und das nicht zuhinterst!) beinhalten. Mit viel
Bewegung auf der Bühne wurden einige Vertreter des selbstbetitelten
Debüt-Albums vorgetragen, wobei sich Sänger Kenny Leckremo voll
verausgabte und dabei einige bemerkenswerte Screams vom Stapel
liess. Das offensichtlich metalhungrige Publikum, das zum jetzigen
Zeitpunkt schon zahlreich anwesend war, stand allerdings lange eher
wie angewurzelt da und vollführte kaum eine Regung. Die gute
Party-Laune liess sich der Schweden-6er dadurch jedoch nicht nehmen
und dank dieser Hartnäckigkeit (auch bei den Sing-Spielchen) wurde
ein immerhin vernünftiger Geräuschpegel erzeugt. Dafür gaben H.E.A.T
aber auch alles, posten rum wie die Wilden und man wurde wirklich an
glorreiche Zeiten erinnert. Ansich eine paradoxe Situation, sprich
die Jungs aus dem Norden kamen einfach ein Vierteljahrhundert zu
spät mit ihrer
agilen Performance. Damals hätten sie viel grössere
Chancen gehabt und ein viel grösseres Publikum ansprechen können.
Wenn man bedenkt, dass sich die sechs Schweden erst anfangs 2007 als
Zusammenschluss zweier Bands dazu entschlossen, fortan gemeinsam
Sache zu machen, braucht es in der heutigen Zeit schon etwas Mut. Ob
das allerdings für ein Vorankommen in den nächsten Jahren reichen
wird, dürfte mit berechtigten Fragezeichen behaftet sein. Man sollte
aber nichts verschreien, denn wer weiss schon, welche Trends sich
(wieder) durchsetzen werden. Dazu braucht es neben dem obligaten
Glück und einer guten Mannschaft aber vor allem zugkräftige Songs,
die der Opener des Abends jedoch nicht durchwegs halten konnte. Doch
wo ein Wille ist, lässt sich meistens auch ein Weg finden und darum
verwundert es nicht, dass H.E.A.T. den Auftritt von Deep Purple in
Gothenburg mitte Juli supporten werden.
All Ends
Es ist immer so, dass die Aufmerksamkeit des männlichen Geschlechts
bei weiblichen Musikern erhöht ist..., immer! Und jetzt kamen gleich
zwei Mädels, nämlich das Sängerinnen-Duo Emma Gelotte und Tinna
Karlsdotter. Ursprünglich ging die Gründung der Band auf die beiden
In Flames Gitarristen Björn Gelotte (wohl der Bruder oder Cousin von
Emma) und Jesper Strömblad zurück, die heute nicht mehr aktiv mit
dabei sind, aber songschreiberisch noch mitmischeln. Während die
Gangart bei deren Hausband In Flames als eher heftig bezeichnet
werden kann, spielen All Ends eine Art Dark Rock mit einzelnen
metallischen Sprengseln. Wenn es allerdings nach der Optik gegangen
wäre (ausser dem kurzhaarigen und deshalb viel zu brav aussehenden
Bassisten), hätte man durchaus auf eine intensivere Geschichte
tippen können. Vor allem Drummer Joseph Skansås haute voll rein und
auch die beiden Girls versuchten zumindest nicht nur visuell zu
überzeugen. In der Tat konnte man bei der Synchronozität und den
ergänzenden wie abwechselnden Vocals kaum Kritik anbringen.
Ebenso
klangen die Stimmen klar und kraftvoll zugleich. Doch das alles
nützt nichts, wenn die Songs über weite Strecken viel zu lasch und
ohne Überraschungsmomente daher kommen. Man wurde nicht selten an
ein Casting-Band erinnert, und wenn wir schon dabei sind, einen
entsprechenden Vergleich zu nennen, dann fallen mir sogleich die
längst wieder verschwundenen Nu Pagadi *sic* dabei ein. Das tönt
jetzt womöglich etwas krass, aber genau so empfand ich diesen
Auftritt. Da konnte auch die soweit ganz passable Version des One
Republic/Timbaland Hits «It's Too Late Too Apologize» nichts mehr
raus reissen. Unter dem Strich war diese Darbietung einfach nichts
als todlangweilig und trotz doppelter Girl-Power ein Schuss in den
Ofen!
Daraus resultierten folgerichtig noch inaktivere Zuschauer als zuvor
und ich warte auf den Tag, dass so eine Band mal gnadenlos
niedergebuht wird!
Setlist: «Still Believe» - «Walk Away» - «Alone» - «What Do You
Want» - «We Are Through» - «Just A Friend» - «Close My Eyes» - «It's
Too Late To Apologize» - «Pretty Words» - «Wasting Live».
Edguy
Die sympathischen, deutschen Power Metaller aus Fulda haben in den
letzten Jahren kräftig an Popularität gewonnen, was vor allem an
ihren guten Alben lag. Gerade die letzten drei Outputs, also «Mandrake»
(2001), «Hellfire Club» (2004) und «Rocket Ride» (2006) haben
bewiesen, dass Tobi Sammet (v) und seine Jungs eine extrem geile
Truppe sind und mittlerweile schon zig Top-Songs geschrieben haben.
Bei der aktuellen, letztjährigen Scheibe «Tinnitus Sanctus» scheiden
sich die Geister allerdings etwas. Was von der Band natürlich im
Sinne der musikalischen Freiheit verbraten wurde, stösst bei einigen
Die-Hard Fans auf Unverständnis. Der Schwenk in Richtung moderne(re)
Sounds ist bei einer klassischen Heavy Metal Band, wie Edguy nun mal
zweifelsfrei eine sind, vermag auch meine Wenigkeit etwas ins
Grübeln zu bringen. Dennoch überwog die Freude auf den heutigen
Abend! Dies im Wissen, dass es Edguy live ganz bestimmt krachen
lassen. Und so kam es denn zum Glück auch und Pratteln konnte sich
gar im Glück wähnen, dass der Gig überhaupt gespielt wurde, denn
Master Sammet war angeschlagen und zuvor gar im Spital, wo ein Arzt
gar ein Auftrittsverbot (!) verhängt hatte. Das kümmerte den kleinen
Wieselwind allerdings nicht die Bohne und lieber ein
etwas
angeschlagener Tobi als gar keiner war die Devise. Das Leben als
Rockstar kann mitunter halt ganz schön anstrengend sein. Welcher
Grad von Unvernunft hier vorlang, kann sich jeder selbst ausrechnen.
So nahm die Show gleich nach dem Intro mit «Dead Or Rock», also
gleich einem neuen Song (!) Fahrt auf. Zu einer fetten
Backdrop-Kulisse mit einem Schlossmotiv rockten Edguy so los, wie
man es von ihnen mittlerweile gewöhnt ist. Mit «Speedhoven» folgte
noch ein Neuling, ehe dann «Tears Of A Mandrake» die älteren Zeiten
herauf beschwor. Die Backing-Vocals von Tonbi's Bandkollegen dürften
heute Abend wohl etwas kräftiger gewesen sein also sonst, aber auch
so konnte der quirlige Frontmann nicht verbergen, dass seine Stimme
weit weg von dem war, was sie sonst zu leisten vermag. Als Profi
weiss er aber, wie man den Kopf aus dieser Schlinge zieht und das
gelang Herrn Sammet indes recht gut. Die Fans gingen derweil
passabel bis zeitweilen gut ab, aber die Reaktionen bei den letzten
zwei Besuchen in der Schweiz waren meines Erachtens besser. Die
Songauswahl, die sich über einige, aber nicht alle
Veröffentlichungen erstreckte, bot dennoch die eine oder andere
Überraschung wie das über 10-minütige «The Pharaoh» oder das
steinalte «Out Of Control. Für meinen Geschmack fehlten halt so
Burner wie «The Piper Never Dies» oder «The Asylum».
Nichtsdestotrotz konnte man am Ende resümieren, dass bis auf das zu
langfädige Drum-Solo von Master Bohnke eigentlich alles soweit in
Ordnung war. Aber eben..., mir fehlte nach 105 Minuten etwas der
Glanz der letzten beiden Tourneen, was zumindest teilweise auf die
gebeutelte Sangesstimme zurück zu führen war. Bei «King Of Fools»
kochte das Z7 zum Schluss erwartungsgemäss vom Feinsten. So sollte
es eigentlich stets abgehen!
Setlist: «Intro» - «Dead Or Rock» - «Speedhoven» - «Tears Of A
Mandrake» - «Babylon» - «The Pharaoh» - «Ministry Of Saints» - «Drum
Solo» - «Pride Of Creation» - «The Headless Game» - «Save Me» - «Superheroes»
-- «Out Of Control» - «Lavatory Love Machine» - «King Of Fools».
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