Vom Gefühl her waren die Vorzeige-Metaller aus Fulda doch anlässlich
der «Tinnitus Sanctus»-Tour erst vor "Kurzem" im Z7, aber im
kommenden Januar wären schon drei Jahre vergangen seither! Das sind
zusammen gezählt um 1000 Tage herum, in denen Tobi (der ja eh noch
mit Avantasia beschäftigt war) und seine Jungs nicht untätig waren.
Das neue Werk heisst «Age Of The Joker» und ist, was man bald einmal
fest stellt, aus recht frischem Holz geschnitzt. Wobei gross hat
sich an der grundsätzlichen Ausrichtung nichts geändert, doch wenn,
wie beim Opener «Robin Hood», gleich von Anfang an eine
Hammond-Orgel in bester Uriah Heep Manier zu hören ist, dann wirkt
das einfach irgendwie anders. Ausserdem sind die Texte nicht mehr so
profan. Wer sich zudem das Video von «Robin Hood» ansieht, wird sich
einige Lacher nicht verkneifen können und Edguy beweisen hiermit,
dass sie definitiv auch über komödiantisches Talent verfügen. Der
Auftritt im Z7 machte das erste Tourdutzend voll und sollte so
eigentlich eine eingespielte Band zeigen. Als Support war
Scorpions-Drummer James Kottak mit seiner eigenen Truppe dabei.
Kottak
Obwohl der gute James Kottak bekanntlich schon eine ganze Weile
für die Scorpions die Felle verdrischt, ist er für mich halt immer
noch der (ehemalige) Drummer von Kingdom Come, die mit dessen etwas
exzentrischem Mastermind Lenny Wolf einige zeitlose Alben für die
Ewigkeit veröffentlicht haben! Leider haben die den Arsch nach dem
kometenhaften Kurz-Aufstieg nie mehr wirklich hoch gekriegt. Da kam
das Angebot der Scorps sicher gelegen und darüber hinaus wurde dem
Altherren-Club so mächtig Schub verliehen, und zwar in der Art, wie
es zum Beispiel Russel Gilbrook aktuell für Uriah Heep tut. Kottak's
Soloanwandlungen haben allerdings nicht viel mit dem Sound seines
Arbeitgebers aus Hannover zu tun. Vielmehr betätigt er sich sich als
Sänger/Gitarrist mit Teileinsätzen an seinem ursprünglichen
Arbeitsgerät und macht einen auf punkig angehauchten Rock'n'Roll.
Das Solo-Debüt «Therupy» kam schon 2006 auf den Markt und hatte da
kaum Wellen geschlagen. «Rock & Roll» von letztem Jahr zerriss
derweil auch keine grösseren Stricke. Da sich die Scorpions aber
bald von den Bühnen dieser Welt verabschieden werden, muss der gute
James halt langsam sehen, wo er landen, respektive bleiben wird. Ob
ihn hierzu seine eigene Band wirklich weiter bringen wird, wage ich
allerdings zu bezweifeln. Nichtsdestotrotz lieferte der Blondschopf
einen beherzten und temporeichen Auftritt ab, bei dem er sich
zwischenzeitlich und eben nicht wirklich unerwartet selber an sein Drum-Kit setzte. Für eine zusätzliche, optische Prise Salz sorgte
überdies seine flotte Gitarristin Stephanie Smith, die ganz
ordentlich in die Saiten haute und auch das eine oder andere flinke
Solo sowie starke Lead-/Backing-Vocals vom Stapel liess. Musikalisch
war das Ganze zwar nicht gerade eine Offenbarung, jedoch alleweil
unterhaltend. Das Publikum machte zumindest gut mit und die Band
Kottak, nebst Steph und James bestehend aus Nils Wandrey (b/v) und
Francis Ruiz (d) hatte das aktuelle, vierte Studio-Album «Attack»
mit im Gepäck und durfte immerhin die vollen 45 Support-Minuten
durchpowern, was ja bekanntlich immer weniger vorkommt.
Edguy
Als die Bühne für den Headliner hergerichtet war, fragte ich mich,
ob das nun alles ist, was man seinem Publikum optisch bot. Hinten
hing nämlich gerade mal ein wenn auch grosses Backdrop mit dem
Joker-Motiv des Album-Covers, das Drum von Felix Bohnke thronte
entsprechend in der Mitte und links sowie rechts standen die
Marshall-Stacks. Mehr gab es nicht zu sehen. Eingetaucht in zumeist
schummriges Licht und viel Trockeneis (ergibt geile Fotos!) legte
der Hessen-Fünfer nach dem Intro gleich mit dem Doppelschlag «Nobody's
Hero» und «The Arcane Guild» los. Obwohl beide Songs vom neuen Opus
ziemlich Drive hatten, fehlte der nötige Druck, was seine Ursache
jedoch eher wegen meinem Standort im Fotograben gehabt haben dürfte.
«Tears Of A Mandrake», einer der älteren Bombast-Rocker kam da schon
besser und auch die etwa gut 1'300 Fans schienen langsam aufgewacht
zu sein. Mit «Pandora's Box» folgte danach ein weiterer Neuzugang in
der Setliste, der sich von der Machart her etwas gemächlicher
präsentierte und mit seinen Country-Vibes mal was anderes hervor
bringt, was man sonst von Edguy gewohnt ist. Gleich geblieben
hingegen und zunehmend auch leider muss man sagen, ist
das zuweilen
dümmliche Gebrabbel von Tobi Sammet. Klar ist er ein liebenswürdiger
Scherzkecks, aber heute Abend ging er mir und auch vielen anderen
Besuchern mit seinen "Arschficker-Sprüchen" mächtig auf den Zeiger
und sollte dieses Gebaren langsam, aber sicher ad acta legen. Sonst
waren aber alle gut drauf und Bassist Tobi "Eggi" Exxel riss
abermals seine Faxen, während er sich laufend mit den beiden
6-Saitern Dirk Sauer und Jens Ludwig zusammen in töfte Rockstar
Posen warf. Derweil dirigierte Tobi sein Publikum mit viel Herzblut
und war stimmlich auf der Höhe seiner Aufgabe.
Die Stimmung unter den Fans konnte man insgesamt jedoch höchstens
als lauwarm bezeichnen und Master Sammet musste deshalb mehrfach den
Antreiber mimen. Die Mitsing-Chöre, die sich zum Beispiel auch bei
«Rock Of Cashel» anboten, waren noch viel zu mager, da das Album
halt erst erschienen ist. Darum zettelte Tobi vor «Lavatory Love
Machine» das sattsam bekannte linke Seite/rechte Seite Sing-Spiel
an, was zwar mitgetragen, dafür aber ein Song geopfert wurde. Noch
schlimmer kam es etwas später beim viel zu lange ausgefallenen und
mehrheitlich langweiligen Drum-Solo von Felix Bohnke! Da hätte man
gescheiter «The Piper Never Dies», «The Pharao» oder «The Asylum»
gebracht! Als Live-Track eher ungeeignet erwies sich «Behind The
Gates To Midnight», der auf der Bühne trotz des geilen Solo von Jens
am Schluss irgendwie nicht richtig auf Touren kam. Besser geriet
dafür der Album-Opener «Robin Hood», während sich Tobi zu «Superheroes»
beim Ausflug in einen "seltsam beleuchteten und mit allerlei
Krimskrams behängten" Turm-Lift hinter dem Mischpult (!) halb zum
Affen machte. Mit dem Uralt-Speedster «Vain Glory Opera» liessen es
Edguy dafür nochmals so richtig retromässig krachen, bevor sie nach
gut 90 Minuten das erste Mal von der Bühne gingen. Von den zwei
gespielten Zugaben war es dann natürlich vor allem der Smasher «King
Of Fools», der das Z7 endlich zum Kochen brachte, aber dann war das
Konzert zu Ende und meine persönliche Bilanz fiel diesmal ziemlich
dürftig aus! Worst gig ever, den ich seit 1998 von den Jungs gesehen
habe..., Punkt! Die internetmässige Audio-Nachlese vom Konzert in
Langen vier Tage zuvor schnitt indes klar besser ab. In diesem Sinne
ist noch nicht aller Tage Abend und es bleibt schwer zu hoffen, dass
der (livehaftige) Zenith hiermit noch nicht erreicht oder gar
überschritten wurde!
Setliste: «Intro» - «Nobody's Hero» - «The Arcane Guild» - «Tears Of
A Mandrake» - «Pandora's Box» - «Rock Of Cashel» - «Lavatory Love
Machine» - «Behind The Gates To Midnight World» - «Superheroes» -
«Robin Hood» - «Drum-Solo» - «Ministry Of Saints» - «Vain Glory
Opera» - «Encore Break» -- «Land Of A Miracle» - «King Of Fools».
|
|