Livereview: Edguy - Kottak
11. Oktober 2011, Pratteln - Z7
By Rockslave
Vom Gefühl her waren die Vorzeige-Metaller aus Fulda doch anlässlich der «Tinnitus Sanctus»-Tour erst vor "Kurzem" im Z7, aber im kommenden Januar wären schon drei Jahre vergangen seither! Das sind zusammen gezählt um 1000 Tage herum, in denen Tobi (der ja eh noch mit Avantasia beschäftigt war) und seine Jungs nicht untätig waren. Das neue Werk heisst «Age Of The Joker» und ist, was man bald einmal fest stellt, aus recht frischem Holz geschnitzt. Wobei gross hat sich an der grundsätzlichen Ausrichtung nichts geändert, doch wenn, wie beim Opener «Robin Hood», gleich von Anfang an eine Hammond-Orgel in bester Uriah Heep Manier zu hören ist, dann wirkt das einfach irgendwie anders. Ausserdem sind die Texte nicht mehr so profan. Wer sich zudem das Video von «Robin Hood» ansieht, wird sich einige Lacher nicht verkneifen können und Edguy beweisen hiermit, dass sie definitiv auch über komödiantisches Talent verfügen. Der Auftritt im Z7 machte das erste Tourdutzend voll und sollte so eigentlich eine eingespielte Band zeigen. Als Support war Scorpions-Drummer James Kottak mit seiner eigenen Truppe dabei.

Kottak
Obwohl der gute James Kottak bekanntlich schon eine ganze Weile für die Scorpions die Felle verdrischt, ist er für mich halt immer noch der (ehemalige) Drummer von Kingdom Come, die mit dessen etwas exzentrischem Mastermind Lenny Wolf einige zeitlose Alben für die Ewigkeit veröffentlicht haben! Leider haben die den Arsch nach dem kometenhaften Kurz-Aufstieg nie mehr wirklich hoch gekriegt. Da kam das Angebot der Scorps sicher gelegen und darüber hinaus wurde dem Altherren-Club so mächtig Schub verliehen, und zwar in der Art, wie es zum Beispiel Russel Gilbrook aktuell für Uriah Heep tut. Kottak's Soloanwandlungen haben allerdings nicht viel mit dem Sound seines Arbeitgebers aus Hannover zu tun. Vielmehr betätigt er sich sich als Sänger/Gitarrist mit Teileinsätzen an seinem ursprünglichen Arbeitsgerät und macht einen auf punkig angehauchten Rock'n'Roll. Das Solo-Debüt «Therupy» kam schon 2006 auf den Markt und hatte da kaum Wellen geschlagen. «Rock & Roll» von letztem Jahr zerriss derweil auch keine grösseren Stricke. Da sich die Scorpions aber bald von den Bühnen dieser Welt verabschieden werden, muss der gute James halt langsam sehen, wo er landen, respektive bleiben wird. Ob ihn hierzu seine eigene Band wirklich weiter bringen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln. Nichtsdestotrotz lieferte der Blondschopf einen beherzten und temporeichen Auftritt ab, bei dem er sich zwischenzeitlich und eben nicht wirklich unerwartet selber an sein Drum-Kit setzte. Für eine zusätzliche, optische Prise Salz sorgte überdies seine flotte Gitarristin Stephanie Smith, die ganz ordentlich in die Saiten haute und auch das eine oder andere flinke Solo sowie starke Lead-/Backing-Vocals vom Stapel liess. Musikalisch war das Ganze zwar nicht gerade eine Offenbarung, jedoch alleweil unterhaltend. Das Publikum machte zumindest gut mit und die Band Kottak, nebst Steph und James bestehend aus Nils Wandrey (b/v) und Francis Ruiz (d) hatte das aktuelle, vierte Studio-Album «Attack» mit im Gepäck und durfte immerhin die vollen 45 Support-Minuten durchpowern, was ja bekanntlich immer weniger vorkommt.


Edguy
Als die Bühne für den Headliner hergerichtet war, fragte ich mich, ob das nun alles ist, was man seinem Publikum optisch bot. Hinten hing nämlich gerade mal ein wenn auch grosses Backdrop mit dem Joker-Motiv des Album-Covers, das Drum von Felix Bohnke thronte entsprechend in der Mitte und links sowie rechts standen die Marshall-Stacks. Mehr gab es nicht zu sehen. Eingetaucht in zumeist schummriges Licht und viel Trockeneis (ergibt geile Fotos!) legte der Hessen-Fünfer nach dem Intro gleich mit dem Doppelschlag «Nobody's Hero» und «The Arcane Guild» los. Obwohl beide Songs vom neuen Opus ziemlich Drive hatten, fehlte der nötige Druck, was seine Ursache jedoch eher wegen meinem Standort im Fotograben gehabt haben dürfte. «Tears Of A Mandrake», einer der älteren Bombast-Rocker kam da schon besser und auch die etwa gut 1'300 Fans schienen langsam aufgewacht zu sein. Mit «Pandora's Box» folgte danach ein weiterer Neuzugang in der Setliste, der sich von der Machart her etwas gemächlicher präsentierte und mit seinen Country-Vibes mal was anderes hervor bringt, was man sonst von Edguy gewohnt ist. Gleich geblieben hingegen und zunehmend auch leider muss man sagen, ist das zuweilen dümmliche Gebrabbel von Tobi Sammet. Klar ist er ein liebenswürdiger Scherzkecks, aber heute Abend ging er mir und auch vielen anderen Besuchern mit seinen "Arschficker-Sprüchen" mächtig auf den Zeiger und sollte dieses Gebaren langsam, aber sicher ad acta legen. Sonst waren aber alle gut drauf und Bassist Tobi "Eggi" Exxel riss abermals seine Faxen, während er sich laufend mit den beiden 6-Saitern Dirk Sauer und Jens Ludwig zusammen in töfte Rockstar Posen warf. Derweil dirigierte Tobi sein Publikum mit viel Herzblut und war stimmlich auf der Höhe seiner Aufgabe.

Die Stimmung unter den Fans konnte man insgesamt jedoch höchstens als lauwarm bezeichnen und Master Sammet musste deshalb mehrfach den Antreiber mimen. Die Mitsing-Chöre, die sich zum Beispiel auch bei «Rock Of Cashel» anboten, waren noch viel zu mager, da das Album halt erst erschienen ist. Darum zettelte Tobi vor «Lavatory Love Machine» das sattsam bekannte linke Seite/rechte Seite Sing-Spiel an, was zwar mitgetragen, dafür aber ein Song geopfert wurde. Noch schlimmer kam es etwas später beim viel zu lange ausgefallenen und mehrheitlich langweiligen Drum-Solo von Felix Bohnke! Da hätte man gescheiter «The Piper Never Dies», «The Pharao» oder «The Asylum» gebracht! Als Live-Track eher ungeeignet erwies sich «Behind The Gates To Midnight», der auf der Bühne trotz des geilen Solo von Jens am Schluss irgendwie nicht richtig auf Touren kam. Besser geriet dafür der Album-Opener «Robin Hood», während sich Tobi zu «Superheroes» beim Ausflug in einen "seltsam beleuchteten und mit allerlei Krimskrams behängten" Turm-Lift hinter dem Mischpult (!) halb zum Affen machte. Mit dem Uralt-Speedster «Vain Glory Opera» liessen es Edguy dafür nochmals so richtig retromässig krachen, bevor sie nach gut 90 Minuten das erste Mal von der Bühne gingen. Von den zwei gespielten Zugaben war es dann natürlich vor allem der Smasher «King Of Fools», der das Z7 endlich zum Kochen brachte, aber dann war das Konzert zu Ende und meine persönliche Bilanz fiel diesmal ziemlich dürftig aus! Worst gig ever, den ich seit 1998 von den Jungs gesehen habe..., Punkt! Die internetmässige Audio-Nachlese vom Konzert in Langen vier Tage zuvor schnitt indes klar besser ab. In diesem Sinne ist noch nicht aller Tage Abend und es bleibt schwer zu hoffen, dass der (livehaftige) Zenith hiermit noch nicht erreicht oder gar überschritten wurde!

Setliste: «Intro» - «Nobody's Hero» - «The Arcane Guild» - «Tears Of A Mandrake» - «Pandora's Box» - «Rock Of Cashel» - «Lavatory Love Machine» - «Behind The Gates To Midnight World» - «Superheroes» - «Robin Hood» - «Drum-Solo» - «Ministry Of Saints» - «Vain Glory Opera» - «Encore Break» -- «Land Of A Miracle» - «King Of Fools».