Livereview: Edguy - Unisonic - Masterplan

13.10.2014 Pratteln - Z7
By Rockslave
 
Nur einen Tag nach dem Hammer-Gig von Flying Colors stand in der heiligen Halle des Z7 der nächste Knaller bevor, nämlich Edguy und im gleichen Atemzug auch Unisonic! Während Tobias Sammet in den letzten Monaten bereits mit Avantasia in aller Munde und beschäftigt war, fanden er und seine Mitstreiter Dirk Sauer, Jens Ludwig, Tobi Exxel und Felix Bohnke dennoch die Zeit, mit «Space Police – Defenders Of The Crown» das zehnte Edguy-Studioalbum einzutüten. Nach dem bärenstarken Vorgänger «Age Of The Joker» legten die Jungs nochmals eine Schippe drauf und erzielten damit in der Heimat mit Platz #2 den bisher höchsten Charteinstieg! Diesen Spitzenplatz gereichte es Unisonic bisher noch nicht, aber die neue Hammerband um Ex-Helloween Sänger Michael Kiske und das kultige Gitarren-Gespann Hansen/Meyer (Gamma Ray/Krokus) und die Rhythm-Section Ward/Zafiriou (Pink Cream 69/Ex- Pink Cream 69) hat zumindest das Potenzial, noch einiges reissen zu können. Nach dem eher mauen Auftritt am BYH!!!–Festival hatten sie wieder was gut zu machen. Ob das dem Opener Masterplan auch gelingt, war für mich allerdings fraglich, denn hier ist das Feuer erloschen.

Masterplan

Der heutige Abend stand eigentlich ganz im Zeichen von Helloween, denn neben den beiden Gründungsmitgliedern Michi Kiske und Kai Hansen stand mit Roland Grapow der nächste Ex-Kürbis aus der Zeit zwischen 1989 und 2001 auf der Bühne. Masterplan sind sein Baby und er das letzte verbliebene Ur-Mitglied. Die ersten beiden Alben (2003 und 2005) wurden bekanntlich von Jorn Lande und das dritte (2007) von Mike DiMeo (Riot, The Lizards) eingesungen. 2009 kehrte Lande zurück, blieb aber erneut nicht erhalten und spätestens ab diesem Zeitpunkt war die Luft auch kompositorisch draussen. Sein Nachfolger Rick Altzi (At Vance) kann seinen Vorgängern das Wasser einfach nicht reichen, obwohl er jeweils sichtlich bemüht ist und die Songs des vierten Albums «Novum Initium» wieder mehr an die ersten Jahre erinnern. Durch die frühen Lineup-Wechsel kam der Erfolgsmotor spürbar ins Stottern und dass man sich nun, zwölf Jahre nach der Gründung, immer noch mit solchen Support-Slots herum schlagen muss, zeigt die aktuellen Dimensionen auf. Das, was die Magie der ersten Alben ausgemacht hat, wird nicht mehr transportiert und so, wie zum Beispiel auch Stratovarius den Anschluss verloren haben, ergeht es nun Masterplan. Vier mehr als „ok“ war das Gezeigte nicht und obwohl Rick Altzi insgesamt sicher kein schlechter Sänger ist, verbleibt die Performance innerhalb einem zu engen Aktionsradius und darum klang es bald einmal ziemlich gleichförmig. Da aber der eine oder andere neue Song, die ja von Rick auch eingesungen wurden, gute Refrains abwarf, entwickelte sich eine ganz ordentliche Stimmung. Dies konnte aber letztlich nicht darüber hinweg täuschen, dass Masterplan die einst mal angepeilte (Erfolgs-) kurve so nicht mehr kriegen werden!

Setliste: «Per Aspera Ad Astra» - «Enlighten Me» - «Heroes» - «Crimson Rider» - «Keep Your Dream Alive» - «Crystal Night» - «Soulburn» - «Kind Hearted Light».

Unisonic
Vor einigen Jahren befand sich der Unisonic-Frontmann in einer sagen wir mal etwas diffusen Lebensphase und schwor öffentlich dem Metal und der Szene ab. Die in diesem Zusammenhang gewährten Interviews waren relativ starker Tobak für die Metalgemeinde und hinterliessen einige Fragezeichen. Aber letztlich, um die mittlerweile bekannte Geschichte auf den Punkt zu bringen, sind alle Fans froh, dass sich einer der besten Sänger der Hartwurstszene wieder seinen Tugenden von einst besinnt und offenbar mit sich selber wieder ganz im Reinen ist. Nur diesem Umstand und der glücklichen Wahl seiner Mitstreiter ist es zu verdanken, dass mit Unisonic eine der interessantesten Metal-Bands der jüngeren Vergangenheit entstanden ist, die bereits mit der bärenstarken selbstbetitelten Debüt-Scheibe von 2012 ein Werk für die Ewigkeit geschaffen hat. Vor allem auch das kongeniale Zusammenwirken von Kai Hansen und Mandy Meyer ist der Schlüssel zum typischen Unisonic-Sound, der mit Kiske natürlich zwangsläufig die frühen Helloween-Zeiten mindestens wieder teilweise aufleben lässt. Was im Studio und auf dem Tonträger optimal rüber kommt, verlangt indes eine Bestätigung auf der Bühne. In Balingen gelang das in diesem Sommer wie gesagt nicht zwingend. Die grosse Festivalbühne liess das „gewisse Etwas“ vermissen und das launische Wetter spielte da leider auch eine entscheidende Rolle. Somit waren meine Erwartungen an den heutigen Abend riesengross, denn es konnte eigentlich nur besser werden. Dass es dann aber derart gut werden würde, hätte wohl kaum einer gedacht. Gleich zu Beginn folgte allerdings das ungewohnte Bild eines an Krücken gehenden Sängers! Michael Kiske hatte sich eine Woche zuvor ernsthaft am Knie verletzt und musste heute Abend auf einem Stuhl sein Bestes geben. Das gelang dann auch von den ersten Momenten an und lediglich die Bühnenperformance konnte man deswegen halt knicken. Die Stimme war jedoch, wie schon bei den Gastauftritten bei Avantasia, voll da und wie! Mit im Gepäck hatten die Jungs das zweite Album «Light Of The Down», das seinem Vorgänger in Nichts nachsteht und die Band weiterhin brillieren lässt. Der fast stündige Auftritt von Unisonic war wirklich der Oberhammer und manch einer hätte sich danach für den heutigen Abend einen anderen Headliner gewünscht. Das letzte Konzert der Tour mit Edguy war ein einziger Triumph und hinterliess nur zufriedene Gesichter. Bleibt zu hoffen, dass dies erst der Anfang von noch viel toller Musik dieser grossartigen Combo gewesen ist.

Setliste: «Venite 2.0 (Intro)» - «For The Kingdom» - «Exceptional» - «Star Rider» - «Your Time Has Come» - «When The Deed Is Done» - «King For A Day» - «Throne Of The Dawn» - «I Want Out (Helloween Cover) » - «Unisonic».

Edguy
Man kann je nach persönlichem Musikgeschmack über sie denken und/oder sagen was man will, doch was das Quintett aus Fulda (D) bisher auf die Beine gestellt hat, verdient nichts als anerkennenden wie aufrichtigen Respekt! Obwohl aktuell erst im besten Alter steckend, können Edguy vom ersten Demo «Evil Minded» ausgehend, bereits auf unglaubliche zwanzig Jahre (!) Bandgeschichte zurück blicken. In der Zeit sind bis heute nicht weniger als zehn Studio- und zwei offizielle Live-Alben veröffentlicht worden. Dazu gehören mittlerweile auch grosse Auftritte an zig Festivals und in Balingen (D) am BYH!!!-Festival gereichte es 2012 gar zu einem Headliner-Gig. Neben den überzeugenden Alben und dem quirligen wie redseligen Tobias Sammet ist das konstante Lineup mit Sicherheit einer der Grundpfeiler der Popularität, die sich Edguy erarbeiten konnten. Nicht unerheblich ist dabei natürlich auch Avantasia als zweites Steckenpferd. Während man dort stilistisch eher eingeengt ist, hat sich der Sound der Hauptband entsprechend gewandelt oder besser gesagt weiter entwickelt. Die melodische Power Metal Schiene der Anfangszeit verschob sich im Verlauf der Jahre in Richtung hardrockiger Klänge, ergänzt um die eine oder andere progressive Note. Spätestens mit «Age Of The Joker» (2011) bewiesen die Jungs, dass es durchaus wieder metallischer klingen kann. Bis zum neuesten Wurf «Space Police – Defenders Of The Crown» dauerte es, bedingt auch durch das Engagement mit Avantasia, ganze drei Jahre. Die Frage war nun, ich welche Richtung es gehen würde und wo die Präferenzen liegen, respektive auf was der Fokus gelegt wird. Interessant und pressewirksam war dabei die feste Wahl eines Cover-Songs. Wer Edguy etwas kennt, weiss, dass die Truppe immer gute Laune versprüht, was sich in witzigen Songs wie «Fucking With Fire» oder «Trinidad» niedergeschlagen hat. Nun hat man sich aber an einen echten Klassiker der Popkultur heran gewagt: Falco’s «Rock Me Amadeus»! Ehrlich gesagt gibt es wohl keine andere Metal-Band, die daraus etwas Gescheites hätte machen können und so reiht sich dieser unsterbliche Althit mühelos an die anderen Songs des Abums. Der typische Ami-Policeman, der das Cover ziert, sollte etwas später noch einen wahrhaft „grossen“ Aufritt haben. Ansonsten präsentierte sich die Bühne, verglichen mit früheren Produktionen, eher spärlich, konzentriert auf die Akteure, die den vorhandenen Platz wie gewohnt für sich beanspruchten.

Als Opener kam dann mit «Love Tyger» zunächst mal ein purer Hardrocker, der neben den geilen Hooks bereits mit fetten Backing Vocals aufwartete. Wer nun dachte, dass die Deutschen sich heuer wieder „etwas weicher“ präsentieren, kriegte mit «Out Of Vogue» gleich einen nassen Waschlappen ins Gesicht geschlenzt und damit das, was man in früheren Jahren zu hören bekam. «Ministry Of Saints» erweiterte den Stilreigen mit dem Hauch an Düsterheit, der charakteristisch für das Album «Tinnitus Sanctus» (2008) war. Spätestens bei «Superheroes» war der Bär dann endgültig los und der Mitsingfaktor stieg merklich an. Tobi Sammet zeigte sich dabei in blendender Form und seine Hinter-mannschaft agierte tight wie eh und je. Dies ist so zu sagen das Markenzeichen einer seit Jahren zusammen agierenden wie vollends eingespielten Band. Dazu gehört natürlich auch die menschliche Drum-Maschine in der Person von Felix Bohnke, der ja auch bei Avantasia hinter den Kesseln sitzt. Seine schnellen Beine und Füsse waren dann beim Doppelschlag «Defenders Of The Crown» und «Vain Glory Opera» besonders gefragt, ehe er sich darauf noch solo in Szene setzen konnte. Diese Session dauerte allerdings zu lange und der Part mit dem Orchester (ab Band) hinten dran, hat Cozy Powell (R.I.P.) vor über dreissig Jahren bei Rainbow schon gebracht. Spektakulärer geriet danach «Space Police», als, passend zu diesem Lied und dem Cover, ein mit Luft befüllter übergrosser Polizist aufgerichtet wurde und bis am Schluss in der Ecke das weitere Geschehen von oben herab verfolgte. Solche Dinger, aber viel grösser, haben/hatten jeweils ja auch AC/DC, The Rolling Stones oder Roger Waters im Einsatz. Das Ganze sah echt witzig aus und lieferte ein dankbares Sujet zum Fotographieren. Und dann kam er tatsächlich auch live…, der Amadeus. Das hörte sich in der Tat noch witzig an, aber so ganz richtig wollte der Funke (vor allem bei mir) nicht überspringen. Doch Edguy hatten ihr Pulver noch nicht ganz verschossen und hatten weitere Pfeile im Köcher. Dazu gehörte vor allem der bereits etwas angejahrte Kracher «Tears Of A Mandrake», der einfach unkaputtbar ist. Im Zugabenteil durfte schliesslich «King Of Fools» nicht fehlen, aber im Gegensatz zu früheren Konzerten an gleicher Stelle war die Euphorie schon grösser. Nichtsdestotrotz lieferten die Deutschen einen klar headlinerwürdigen Set ab, doch meine persönlichen Sieger des Abends hiessen eindeutig Unisonic!

Setliste: «Love Tyger» - «Out Of Vogue» - «Ministry Of Saints» - «Superheroes» - «Defenders Of The Crown» - «Vain Glory Opera» - «Drum Solo Felix Bohnke» - «Space Police» - «Babylon» - «Rock Me Amadeus (Falco Cover)» - «Land Of the Miracle» - «Tears Of A Mandrake» -- «Lavatory Love Machine» - «King Of Fools».