Nur einen Tag nach dem Hammer-Gig von Flying Colors stand in
der heiligen Halle des Z7 der nächste Knaller bevor, nämlich Edguy
und im gleichen Atemzug auch Unisonic! Während Tobias Sammet in den
letzten Monaten bereits mit Avantasia in aller Munde und beschäftigt
war, fanden er und seine Mitstreiter Dirk Sauer, Jens Ludwig, Tobi
Exxel und Felix Bohnke dennoch die Zeit, mit «Space Police –
Defenders Of The Crown» das zehnte Edguy-Studioalbum einzutüten.
Nach dem bärenstarken Vorgänger «Age Of The Joker» legten die Jungs
nochmals eine Schippe drauf und erzielten damit in der Heimat mit
Platz #2 den bisher höchsten Charteinstieg! Diesen Spitzenplatz
gereichte es Unisonic bisher noch nicht, aber die neue Hammerband um
Ex-Helloween Sänger Michael Kiske und das kultige Gitarren-Gespann
Hansen/Meyer (Gamma Ray/Krokus) und die Rhythm-Section Ward/Zafiriou
(Pink Cream 69/Ex- Pink Cream 69) hat zumindest das Potenzial, noch
einiges reissen zu können. Nach dem eher mauen Auftritt am
BYH!!!–Festival hatten sie wieder was gut zu machen. Ob das dem
Opener Masterplan auch gelingt, war für mich allerdings fraglich,
denn hier ist das Feuer erloschen.
Masterplan Der
heutige Abend stand eigentlich ganz im Zeichen von Helloween, denn
neben den beiden Gründungsmitgliedern Michi Kiske und Kai Hansen
stand mit Roland Grapow der nächste Ex-Kürbis aus der Zeit zwischen
1989 und 2001 auf der Bühne. Masterplan sind sein Baby und er das
letzte verbliebene Ur-Mitglied. Die ersten beiden Alben (2003 und
2005) wurden bekanntlich von Jorn Lande und das dritte (2007) von
Mike DiMeo (Riot, The Lizards) eingesungen. 2009 kehrte Lande
zurück, blieb aber erneut nicht erhalten und spätestens ab diesem
Zeitpunkt war die Luft auch kompositorisch draussen. Sein Nachfolger
Rick Altzi (At Vance) kann seinen Vorgängern das Wasser einfach
nicht reichen, obwohl er jeweils sichtlich bemüht ist und die Songs
des vierten Albums «Novum Initium» wieder mehr an die ersten Jahre
erinnern. Durch die frühen Lineup-Wechsel kam der Erfolgsmotor
spürbar ins Stottern und dass man sich nun, zwölf Jahre
nach der
Gründung, immer noch mit solchen Support-Slots herum schlagen muss,
zeigt die aktuellen Dimensionen auf. Das, was die Magie der ersten
Alben ausgemacht hat, wird nicht mehr transportiert und so, wie zum
Beispiel auch Stratovarius den Anschluss verloren haben, ergeht es
nun Masterplan. Vier mehr als „ok“ war das Gezeigte nicht und obwohl
Rick Altzi insgesamt sicher kein schlechter Sänger ist, verbleibt
die Performance innerhalb einem zu engen Aktionsradius und darum
klang es bald einmal ziemlich gleichförmig. Da aber der eine oder
andere neue Song, die ja von Rick auch eingesungen wurden, gute
Refrains abwarf, entwickelte sich eine ganz ordentliche Stimmung.
Dies konnte aber letztlich nicht darüber hinweg täuschen, dass
Masterplan die einst mal angepeilte (Erfolgs-) kurve so nicht mehr
kriegen werden!
Setliste: «Per Aspera Ad Astra» - «Enlighten
Me» - «Heroes» - «Crimson Rider» - «Keep Your Dream Alive» -
«Crystal Night» - «Soulburn» - «Kind Hearted Light».
Unisonic Vor einigen Jahren befand sich der
Unisonic-Frontmann in einer sagen wir mal etwas diffusen Lebensphase
und schwor öffentlich dem Metal und der Szene ab. Die in diesem
Zusammenhang gewährten Interviews waren relativ starker Tobak für
die Metalgemeinde und hinterliessen einige Fragezeichen. Aber
letztlich, um die mittlerweile bekannte Geschichte auf den Punkt zu
bringen, sind alle Fans froh, dass sich einer der besten Sänger der
Hartwurstszene wieder seinen Tugenden von einst besinnt und offenbar
mit sich selber wieder ganz im Reinen ist. Nur diesem Umstand und
der glücklichen Wahl seiner Mitstreiter ist es zu verdanken, dass
mit Unisonic eine der interessantesten Metal-Bands der jüngeren
Vergangenheit entstanden ist, die bereits mit der bärenstarken
selbstbetitelten Debüt-Scheibe von 2012 ein Werk für die Ewigkeit
geschaffen hat. Vor allem auch das kongeniale Zusammenwirken von Kai
Hansen und Mandy Meyer ist der Schlüssel zum typischen
Unisonic-Sound, der mit Kiske natürlich zwangsläufig die frühen
Helloween-Zeiten mindestens wieder teilweise aufleben lässt. Was im
Studio und auf dem Tonträger optimal rüber kommt, verlangt indes
eine Bestätigung auf der Bühne. In Balingen gelang das in diesem
Sommer wie gesagt nicht zwingend. Die grosse Festivalbühne liess das
„gewisse Etwas“ vermissen und
das launische Wetter spielte da leider
auch eine entscheidende Rolle. Somit waren meine Erwartungen an den
heutigen Abend riesengross, denn es konnte eigentlich nur besser
werden. Dass es dann aber derart gut werden würde, hätte wohl kaum
einer gedacht. Gleich zu Beginn folgte allerdings das ungewohnte
Bild eines an Krücken gehenden Sängers! Michael Kiske hatte sich
eine Woche zuvor ernsthaft am Knie verletzt und musste heute Abend
auf einem Stuhl sein Bestes geben. Das gelang dann auch von den
ersten Momenten an und lediglich die Bühnenperformance konnte man
deswegen halt knicken. Die Stimme war jedoch, wie schon bei den
Gastauftritten bei Avantasia, voll da und wie! Mit im Gepäck hatten
die Jungs das zweite Album «Light Of The Down», das seinem Vorgänger
in Nichts nachsteht und die Band weiterhin brillieren lässt. Der
fast stündige Auftritt von Unisonic war wirklich der Oberhammer und
manch einer hätte sich danach für den heutigen Abend einen anderen
Headliner gewünscht. Das letzte Konzert der Tour mit Edguy war ein
einziger Triumph und hinterliess nur zufriedene Gesichter. Bleibt zu
hoffen, dass dies erst der Anfang von noch viel toller Musik dieser
grossartigen Combo gewesen ist.
Setliste: «Venite 2.0
(Intro)» - «For The Kingdom» - «Exceptional» - «Star Rider» - «Your
Time Has Come» - «When The Deed Is Done» - «King For A Day» -
«Throne Of The Dawn» - «I Want Out (Helloween Cover) » - «Unisonic».
Edguy Man kann je nach persönlichem
Musikgeschmack über sie denken und/oder sagen was man will, doch was
das Quintett aus Fulda (D) bisher auf die Beine gestellt hat,
verdient nichts als anerkennenden wie aufrichtigen Respekt! Obwohl
aktuell erst im besten Alter steckend, können Edguy vom ersten Demo
«Evil Minded» ausgehend, bereits auf unglaubliche zwanzig Jahre (!)
Bandgeschichte zurück blicken. In der Zeit sind bis heute nicht
weniger als zehn Studio- und zwei offizielle Live-Alben
veröffentlicht worden. Dazu gehören mittlerweile auch grosse
Auftritte an zig Festivals und in Balingen (D) am BYH!!!-Festival
gereichte es 2012 gar zu einem Headliner-Gig. Neben den
überzeugenden Alben und dem quirligen wie redseligen Tobias Sammet
ist das konstante Lineup mit Sicherheit einer der Grundpfeiler der
Popularität, die sich Edguy erarbeiten konnten. Nicht unerheblich
ist dabei natürlich auch Avantasia als zweites Steckenpferd. Während
man dort stilistisch eher eingeengt ist, hat sich der Sound der
Hauptband entsprechend gewandelt oder besser gesagt weiter
entwickelt. Die melodische Power Metal Schiene der Anfangszeit
verschob sich im Verlauf der Jahre in Richtung hardrockiger Klänge,
ergänzt um die eine oder andere progressive Note. Spätestens mit
«Age Of The Joker» (2011) bewiesen die Jungs, dass es durchaus
wieder metallischer klingen kann. Bis zum neuesten Wurf «Space
Police – Defenders Of The Crown» dauerte es, bedingt auch durch das
Engagement mit Avantasia, ganze drei Jahre. Die Frage war nun, ich
welche Richtung es gehen würde und wo die Präferenzen liegen,
respektive auf was der Fokus gelegt wird. Interessant und
pressewirksam war dabei die feste Wahl eines Cover-Songs. Wer Edguy
etwas kennt, weiss, dass die Truppe immer gute Laune versprüht, was
sich in witzigen Songs wie «Fucking With Fire» oder «Trinidad»
niedergeschlagen hat. Nun hat man sich aber an einen echten
Klassiker der Popkultur heran gewagt: Falco’s «Rock Me Amadeus»!
Ehrlich gesagt gibt es wohl keine andere Metal-Band, die daraus
etwas Gescheites hätte machen können und so reiht sich dieser
unsterbliche Althit mühelos an die anderen Songs des Abums. Der
typische Ami-Policeman, der das Cover ziert, sollte etwas später
noch einen wahrhaft „grossen“ Aufritt haben. Ansonsten präsentierte
sich die Bühne, verglichen mit früheren Produktionen, eher spärlich,
konzentriert auf die Akteure, die den vorhandenen Platz wie gewohnt
für sich beanspruchten.
Als Opener kam dann mit «Love Tyger»
zunächst mal ein purer Hardrocker, der neben den geilen Hooks
bereits mit fetten Backing Vocals aufwartete. Wer nun dachte, dass
die Deutschen sich heuer wieder „etwas weicher“ präsentieren,
kriegte mit «Out Of Vogue» gleich einen nassen Waschlappen ins
Gesicht geschlenzt und damit das, was man in früheren Jahren zu
hören bekam. «Ministry Of Saints» erweiterte den Stilreigen mit dem
Hauch an Düsterheit, der charakteristisch für das Album «Tinnitus
Sanctus» (2008) war. Spätestens bei «Superheroes» war der Bär dann
endgültig los und der Mitsingfaktor stieg merklich an. Tobi Sammet
zeigte sich dabei in blendender Form und seine Hinter-mannschaft
agierte tight wie eh und je. Dies ist so zu sagen das Markenzeichen
einer seit Jahren zusammen agierenden wie vollends eingespielten
Band. Dazu gehört natürlich auch die menschliche Drum-Maschine in
der Person von Felix Bohnke, der ja auch bei Avantasia hinter den
Kesseln sitzt. Seine schnellen Beine und Füsse waren dann beim
Doppelschlag «Defenders Of The Crown» und «Vain Glory Opera»
besonders gefragt, ehe er sich
darauf noch solo in Szene setzen
konnte. Diese Session dauerte allerdings zu lange und der Part mit
dem Orchester (ab Band) hinten dran, hat Cozy Powell (R.I.P.) vor
über dreissig Jahren bei Rainbow schon gebracht. Spektakulärer
geriet danach «Space Police», als, passend zu diesem Lied und dem
Cover, ein mit Luft befüllter übergrosser Polizist aufgerichtet
wurde und bis am Schluss in der Ecke das weitere Geschehen von oben
herab verfolgte. Solche Dinger, aber viel grösser, haben/hatten
jeweils ja auch AC/DC, The Rolling Stones oder Roger Waters im
Einsatz. Das Ganze sah echt witzig aus und lieferte ein dankbares
Sujet zum Fotographieren. Und dann kam er tatsächlich auch live…,
der Amadeus. Das hörte sich in der Tat noch witzig an, aber so ganz
richtig wollte der Funke (vor allem bei mir) nicht überspringen.
Doch Edguy hatten ihr Pulver noch nicht ganz verschossen und hatten
weitere Pfeile im Köcher. Dazu gehörte vor allem der bereits etwas
angejahrte Kracher «Tears Of A Mandrake», der einfach unkaputtbar
ist. Im Zugabenteil durfte schliesslich «King Of Fools» nicht
fehlen, aber im Gegensatz zu früheren Konzerten an gleicher Stelle
war die Euphorie schon grösser. Nichtsdestotrotz lieferten die
Deutschen einen klar headlinerwürdigen Set ab, doch meine
persönlichen Sieger des Abends hiessen eindeutig Unisonic!
Setliste: «Love Tyger» - «Out Of Vogue» - «Ministry Of Saints» -
«Superheroes» - «Defenders Of The Crown» - «Vain Glory Opera» -
«Drum Solo Felix Bohnke» - «Space Police» - «Babylon» - «Rock Me
Amadeus (Falco Cover)» - «Land Of the Miracle» - «Tears Of A
Mandrake» -- «Lavatory Love Machine» - «King Of Fools».
|
|