Ich musste mich zwar entscheiden, aber es war eigentlich
sonnenklar, dass mein Weg heute Abend nach Uster und nicht nach
Pratteln zu D.A.D führen würde. Seit ich die Spanier von Eldorado
vor einer Weile über Facebook, respektive Youtube entdeckt hatte,
war es um mich geschehen! Kaum eine andere Band, nebst Audrey Horne,
hat meine musikalischen Sensoren derart zum Schwingen gebracht. Das
offizielle Video zum Song «Another Bright Sunday» wurde viele Male
abgespielt und über die Bandhomepage gleich deren CDs bestellt.
Darunter war auch das aktuelle Hammer-Album «Antigravity Sound
Machine» von 2012. Damit gewannen sie in der Heimat die „Spanish
Independent Music Awards“ in der Kategorie „Best Hardrock / Metal
Album“. Grund genug, mir das nicht entgehen zu lassen, denn ich
wollte wissen, ob die Jungs diesen Mördersound auf der Bühne
reproduzieren können. Der Starclub (Ex-Rock City) konnte dafür nicht
besser geeignet sein! Als Support fungierten zwei Schweizer Bands,
die stilistisch nicht viel gemeinsam hatten. Dawnbreaker (mit
Ex-Killer Rob Strangler an der einen Gitarre) spielten feinen Rock,
während Keltikon ihrem Namen alle Ehre machten!
Dawnbreaker
Bereits 1999 wurde die Combo gegründet und nebst eigenem Material
werden auch noch fetzige Covers von Rock-Classics der letzten drei
Dekaden geboten. Die Hauptmotivation dieser Gruppe ist mit
Sicherheit der Spass am (gelegentlichen) zusammen abrocken.
Despektierlich könnte man in diesem Zusammenhang von einer
Wochenend-Band
sprechen. Selbst wenn, verspürte man schon von der
ersten Minute an, dass hier jedoch Profis am Werk waren. Das Ganze
soll aber mit einem Augenzwinkern verstanden werden und dafür stehen
auch die entsprechend angepassten Namen: Nicolai "DANISH DYNAMITE"
Guldbrandsen (v/keys), Jonny „THE INCREDIBLE“ Stutz (g), Robi „CRAZY“
Würgler alias Strangler (g), Jörg "BOOGIEMAN" Graf (b) und Rasmus "ANIMAL"
Frei (d). Der Set von heute Abend bestand überwiegend aus eigenen
Kompositonen, die durchaus was zu bieten hatten. Vor allem die
beiden Gitarristen Jonny und Robi gaben ordentlich Gas! Das Spiel
untereinander harmonierte bestens und beide hatten zwischendurch
ihre eigenen Solo-Parts. Sänger Nicolai hatte allerdings nicht
gerade die Götterstimme, gab aber einen überaus routinierten und
publikumsorientierten Auftritt zum Besten. Einzig Bassist Jörg, der
einen Aktionsradius seiner Schuhgrösse hatte, beherrschte sein Spiel
ohne Fehl und Tadel, aber rein optisch kam er ärger als Valium
rüber. Mit «Your Mama Don’t Dance» spielten Dawnbreaker die erste
und zugleich auch gleich die letzte Cover-Version eines eher
unbekannten Liedes von Y&T. Für «Get Over It» von den Eagles reichte
die Zeit dann nicht mehr, doch nach dem letzten gespielten Ton des
gelungenen Auftaktes dieses Konzertevents von knapp fünfzig Minuten
(!) sah man nur zufriedene Gesichter. Das Ziel zu unterhalten wurde
somit locker erreicht.
Setliste: «Waiting For Midnight» - «These Days» - «Sea Of Life» - «Livin’
After Dawn» - «Far Away» - «This Is War» - «Your Mama Don’t Dance» -
«Riding On A Highway» - «What Is Love» - «Hell Of A Dream».
Keltikon
Schon nur der Schottenrock von Leadsänger/Gitarrist Iain Duncan und
die beiden Dudelsäcke (ein elektronischer und ein verstärktes
Exemplar) deuteten unmissverständlich einen Stilwechsel an. Ich
wusste eigentlich schon zu Voraus, dass mich diese Mucke nicht gross
hinter dem Ofen wird hervor holen können. Die Band war an sich
personell unterdotiert, will heissen, dass sich bei der sporadisch
möglichen Maximalvariante nicht weniger als sieben Musiker die Bühne
teilen würden. Hier und heute Abend im Starclub wäre dies mangels
genügend Fläche aber nicht zu empfehlen gewesen. Die anwesenden
Musiker bildeten jedoch den Kern von Keltikon. Das waren neben Iain
Duncan noch Olaf Owl (g/v), Rino Bollin (b) und Patrick Feuz (d). Es
fehlten demnach Adriain Studer, Eva Wey und Felix Waldispühl.
Letzterer sitzt ja auch hinter den Kesseln von Crazy Diamond, der
bekannten und sehr versierten Schweizer Pink Floyd Cover-Band. Bei
Keltikon spielt er auch wahlweise Keyboards. Dieses Instrument
brauchte es heute Abend aber nicht und so klang die Band wohl
kompakter als sonst. Ein guter Teil der gespielten Songs stammte vom
aktuellen Album «Agenbite Of Inwit», angereichert durch älteres
Material. Sobald der Dudelsack ins Spiel kam, klang es
dementsprechend stimmungsvoll und solange dies nicht Überhand nimmt,
lässt es sich ertragen. Die Stärke der Band
liegt aber sicherlich darin, sich stilistisch nicht wirklich
einengen zu lassen und darum war das Spektrum zwischen folkigen
Vibes (mit Iain an der Akustik-Gitarre) und teils etwas schroffen
Riffs von Olaf recht ordentlich breit. Bassist Rino unterschied sich
derweil kaum von seinem Vorgänger und spielte seine Parts dezent und
fast teilnahmslos im Hintergrund. Dennoch wirkte der Auftritt sehr
professionell, verbreitete gute Laune und dauert ebenso um die
fünfzig Minuten herum. Eine Zugabe liess die Running Order nicht zu,
aber das berühmte Szene-Stück «Scotland The Brave» setzte eigentlich
den genau richtigen Schlusspunkt.
Setliste: «Lark In The Morning» - «Itchy Fingers» - «Agenbite Of
Inwit» - «Bonnie Ship The Diamond» - «The Blackbird» - «Ready For
The Storm» - «The Diving Dutchman» - «Cork Hill» - «Senda» - «Kenny
McDonald’s Jig» - «Talisin’s Poem» - «Scotland The Brave».
Eldorado
Die Vorfreude auf das Konzert der Spanier war gross und meine
Wenigkeit steckte voller Erwartungen. Einerseits, ob die
Studioversionen auch live zünden und andererseits, wie die Gruppe
allgemein rüber kommt. Eldorado spielten erst den zweiten Gig auf
Schweizer Boden und für mich war es, um dies gleich vorweg zu
nehmen, die Offenbarung schlechthin! Ein roher Diamant, der immer
mehr an Leuchtkraft zunimmt. Es dauerte nicht lange und schon mit
dem Opener «Mr. Saturn» befand man sich auf einem veritablen
Retro-Trip, der mich persönlich erstmal an die längst vergessenen
Amis von American Shame erinnerte. Teils überlange Stücke besassen
zwar einen roten Faden, zeichneten sich jedoch vor allem durch
spürbaren Improvisationsgeist aus. Frontmann Jesús Trujillo, der wie
der junge Ian Gillan aussieht, spielte auch noch einzelne Parts auf
einer (elektronischen) Hammond Orgel, was mitunter einen Teil des
typischen Eldorado-Sounds ausmachte. Bassist César Sánchez (seit
2007) und Gitarrist Andrés Duende (seit 2010) gehören zum alten
Kern, während Schlagzeuger Christian Giardino neu als Ersatz von
Javier Planelles fungiert. Gitarrist Nano Paramio wird zudem
ebenfalls als ehemaliges Mitglied der Anfangszeit aufgeführt. Die
aktuelle Formation scheint auf jeden Fall gefestigt und bereit zu
sein, jetzt erst recht Gas zu geben. Zuerst kamen die Alben mit
spanischen Lyrics heraus und es gibt durchaus
Bands
wie Héroes del Silencio oder Tierra Santa, die dies beibehielten und
so erfolgreich wurden, zumindest HDS. Bei Eldorado funktioniert an
sich beides, doch heutzutage kommt man in dieser Stilecke mit den
gewohnten englischen Texten eher weiter. Eine EP und zwei full
lenght Alben sind bisher erschienen, wobei, wie einleitend erwähnt,
das aktuelle Werk «Antigravity Sound Machine» wirklich bärenstark
ausgefallen ist. Dabei verbeisst sich das Quartett nicht nur plump
im „Led Zeppelin’schen Musikkosmos“, sondern lässt auch etwas
modernere Sounds und vor allem saugeile Melodien zu, die besonders
bei ruhigeren Perlen wie «Blue Jay Wing» oder dem brillanten «Lady
Of The Mountain» für Gänsehaut sorgen. Leider fehlten diese
Hammer-Songs heute Abend, aber deshalb war der Rest nicht
schlechter, im Gegenteil! «Paranormal Circus» sowie «Like A Lost
Child» gehörten dabei zu den Highlights. Das Beatles-Cover «Helter
Skelter», das man eher in der Version der alten Mötley Crüe im Ohr
hat, kam zwar auch gut, aber dadurch wurde halt einer der eigenen
Songs dafür geopfert. Dazu gesellte wohl auch der eine oder andere
ganz neue Song, der auf dem kommenden brandneuen Werk zu hören sein
wird. Nach gut hundert Minuten ging ein Konzert der Extraklasse zu
Ende, das mir noch lange in Erinnerung bleiben wird! Dass die vier
Spanier ausserdem überhaupt keine Starallüren raus hängten, machte
sie noch sympathischer. Hoffentlich werden sie bald wieder bei uns
in der Schweiz zu sehen sein.
Setliste: «Intro» - «Mr. Saturn» - «I’ll Be Satisfied» - «Flowers Of
Envy» - «Helter Skelter» - «You Don’t Wanna Need Her» - «Another
Bright Sunday» - «Space Mambo» - «Paranormal Circus» - «Mad Woman» -
«Like A Lost Child» -- «The House Of The 7 Smokestacks» - «Reactor»
- «Kassandra».
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