Ist es wohl möglich, populär zu werden, wenn man sehr innovative
Musik spielt, die mit einfachen Worten nicht zu erklären ist? Die
Band „Enter Shikari“ kennt die Antwort, denn ihr gelang es, einen
Beitrag zur neuen Rockmusik der Jahrtausendwende zu leisten und ihre
Verdienste wurden auch anerkannt. Enter Shikari vereinigte Post
Hardcore– Aggression mit mörderischem Rave-Tempo, ein Vermächtnis
der 8-Bit-Konsole und Trance-Testament in einem. Diese Mischung ist
durchaus berechtigt, denn die Differenz zwischen verschiedenen
Musikrichtungen ist heute ja generell nicht mehr so deutlich und die
neue Generation freut sich sowohl auf einen Hotslam zu der Gitarren-
und Schlagzeugkanonade als auch auf Tanzorgien am Elektro-Open Air.
Enter Shikari waren die Ersten, die dieses “2 in 1”-Angebot auf
Lager hatten. Dazu kommt noch, dass Enter Shikari auch live
überzeugen: sie wurden im respektablen „Kerrang“-Magazin zur besten
Live-Band gewählt und das sogar gleich zwei Mal.
An diesem Gig wurde Enter Shikari von den Cancer Bats unterstützt.
Eine bessere Wahl hätte man fast nicht treffen können, obwohl das
Schaffen der beiden Bands total unterschiedlich ist, sowohl
musikalisch als auch im Bezug auf die Live-Performance. Licht und
Finsternis, Zukunft und Vergangenheit an einem einzigen
Konzertabend, wenn das mal keine tolle Kombination ist!
Die Cancer Bats begannen mit ihrem Auftritt gegen neun. Die
Musiker kamen auf die nur von einige Richtscheinwerfer beleuchtete
Bühne. So ein Dämmerlicht passt zu der Musik der Band, denn sie
verwendet die Ästhetik von Horror und Zombies mit einem Retro-Touch.
2012 veröffentlichte die Band ihr stärkstes Album „Dead Set On
Living“, das sehr viel Anklang fand. Die Gruppe fand zu einem
einzigartigen Sound, indem sie Sludge-Hardcore mit Heavy
Metal-Elementen ergänzte. Die Präsentation des neuen Albums war aber
offensichtlich nicht das Ziel der Jungs, die im Laufe der letzten
paar Jahre von einer Underground-Band aus Toronto zu einer bekannten
Grösse der kanadischen Szene wurde. Die Setlist enthielt Lieder aus
allen 4 Full Length-Alben. Die Gruppe begrüßte das Publikum mit dem
bekannten „Pneumania Hawk“ vom Debütalbum, und beendete ihre Show
mit dem Track „R.A.T.S“ vom neuen Album. Das Publikum konnte die
Punk-Attitüde in vollen Zügen geniessen. Jedes Bandmitglied hat
seinen ganz eigenen Stil, was beim Auftritt ganz deutlich sichtbar
wurde, und jeder hat einen eigenen interessanten Spitznamen. Eines
der Gründungsmitglieder zum Beispiel, der Gitarrist Scott „Mayor“,
geht die Dinge ernsthaft an, konzentriert sich auf heulendes Riffing
und lebhafte Tremolo. Mike
„Bear“ sieht super aus mit seiner Basecap
und der Sänger Liam „Scraps“ ist der lebendigste der Gruppe und
kann seine Stimme wie ein Schauspieler ändern. Während einer Pause
zwischen den Liedern zeigte er dann auch ein kleines theatralisches
Intermezzo: mit einer Kinderstimme begrüßte er die Zuschauer in
Zürich. Ich persönlich aber halte den Bassisten Jaye «Bones» für das
Symbol der Cancer Bats, und er ist es auch, der Liam während der
Gigs stimmlich unterstützt. Auch die treuen Fans der Band waren
gekommen, welche die Texte auswendig kannten und mitsangen. Beim
Song „Scraps“ forderte Liam das Publikum auf, im Rhythmus mit zu
klatschen und die Zuschauer machten begeistert mit, so dass es fast
wie ein zusätzliches Instrument neben Mikes’ Drums klang. Auch hier
kannten viele den Text und sangen mit. Die Band bot noch ein Cover
von „Sabotage“ (Beastie Boys), war ein tolles Geschenk für das
Publikum war. Zu schnell war die Show vorüber, aber der Refrain des
letzten Songs hallte noch lange in meinem Kopf nach: „There's a
special place in hell for every filthy rat!“. Wenn ihr die Cancer
Bats noch nicht gehört habt, habt ihr noch nicht richtig gelebt.
Setlist: „Pneumonia Hawk“, „Trust No One“, „Bricks and Mortars“, „Lucifer's
Rocking Chair“, „Sleep This Away“, „Sorcess“, „Road Sick“, „Drunken
Physies“, „Old Blood“, „Deathsmarch“, „Sabotage“ (Beastie Boys-Cover),
„Hail Destroyer“, „R.A.T.S.“
Um halb zehn begann der Auftritt von Enter Shikari und man
konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Band das Publikum
vom ersten Augenblick an mit zahlreichen Spezialeffekten
beeindrucken wollte. Enter Shikari hat sich einiges bei DJs
abgeguckt, zum Beispiel das Anheizen der Atmosphäre im Raum durch
sich steigernde Musik, was am Schluss zu einem wahren
Begeisterungssturm beim Publikum führte. Als Eröffnung spielten die
Jungs einige sehr dynamische und tanzbare Songs vom neuen Album
«System \ Meltdown», man hatte hier fast das Gefühl, in ein
Computerspiel einzutreten. Eine weitere Berührung mit der virtuellen
Welt wurde durch den aggressiven Track «Sssnakepit» geschaffen, aber
auch durch die einzigartige Dekoration der Bühne: eine massive
Konstruktion aus Säulen in der Mitte und an den Seiten, auf denen
Dreiecke aufgesetzt wurde. In diesem Bühnenaufbau spiegelte sich der
Stil des letzten Albums, dessen Cover ein leuchtend rotes Dreieck
zierte. Auch wurden diese Säulen in die Lichtshow integriert und
jeder Track wurde von einer eigenen Lichtkomposition begleitet, die
sich ständig veränderte: von einem sanften Lila über grelles Weiß
bis hin zu Gelb, blinkend oder als Ornament.
Die Jungs von Enter Shikari haben viele Elemente der Hip Hop-Kultur
in ihren Stil integriert. Zum Beispiel benahm sich der Vokalist Rou
wie ein richtiger MC, wenn er zu den Elektro-Beats sprach und so das
Publikum anheizte, wie etwas beim Song «Gadhni Mate Gadhni».
Auffällig war an der Show ausserdem das Keyboard, das auf der Bühne
viel Platz einnahm und in seiner Konstruktion einem Turngerät
ähnlich sah. Der Sänger der Band kletterte ab und an auf die
Konstruktion und spielte daran herum. Aber im richtigen Augenblick
öffnete sich das Gestell und das daraus auftauchende Piano hatte
einen sehr anrührenden und lyrischen Klang. Rou zeigte, dass er noch
mehr kann als Singen und spielte bei «Gap in The Fence»
Akustikgitarre. Das ganze Publikum aber auch seine Bandkollegen
sangen mit. Besonders klar und rein sang der Gitarrist Rory, der
dann auch als erster einen kleinen Strahler an seinem Gitarrengriff
anschaltete. Während des Auftritts richteten der Bassist und
Gitarrist den Lichtstrahl in den Zuschauerraum und mitten in der
Show begannen sie auf die Bühnendeko zu klettern, was sie auch
wirklich gut konnten. Als Höhepunkt des Konzertes kann man «Sorry
You’re Not A Winner» bezeichnen, bei dem sich alle Musiker als
talentierte Tänzer zeigten. Natürlich tanzten und sangen auch alle
Zuschauer mit. Zum Abschluss spielten Enter Shikari das ravige «Zzzonked».
Game over!
Setlist:“ Sistem\Meltdown“, „Sssnakepit Remix“, „Sssnakepit“,
„Antwerpen“, „Gandhi Mate Gandhi“, „Sorry Your Not A Winner“, „Destabilise“,
„Return to Energiser“, „Warm smile“, „Gap in the Fence“, „Jaggernauts“,
„Arguing with the Thermometers“, „Mothership“, „Constellations“,
„Pack of Thieves“, „Zzzonked“.
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