Mit der Rückkehr im Ur-Lineup vor sechs Jahren und dem
überraschend guten wie gleichzeitig etwas düsteren Comeback-Album
«Start From The Dark» gelang den einstigen Chart-Stürmern aus
Schweden die überzeugende Rückkehr in den Rock'n'Roll Zirkus. Sowas
kann aber schnell wieder vorbei sein, doch Europe haben es
verstanden, die Magie der Vergangenheit mit dem aktuellen
Songwriting gekonnt zusammen zu bringen. Dies wurde in der Folge
durch brillante Konzerte eindrücklich unter Beweis gestellt.
Showtechnisches Glanz und Gloria der goldenen Tage wurde vollständig
in der Mottenkiste gelassen. Statt dessen regiert(e) vor allem die
Musik und dessen Darbietung, was mitunter zum Besten gehörte, was
man je von den Nordländern gesehen hatte. Gemäss dem Motto weniger
ist mehr, verfolgten Joey Tempest und seine Jungs den
eingeschlagenen Weg weiter und brachten 2006 mit «Secret Society»
ein weiteres Hammer-Album heraus! Der Auftritt hier im Volkshaus
avancierte im Januar 2007 nicht unerwartet zum Live-Highlight des
ganzen Jahres. Die gleichen Vorzeichen setzt nun das aktuelle Album
«Last Look At Eden». Als Support standen mit den (zurück gekehrten)
China und Unchain gleich zwei Schweizer Combos auf der Bühne. (rsl)
Unchain
Die sympathischen Party-Rocker aus dem Berner Seeland, die sich vor
ein paar Jahren mal Mines nannten, sind nun seit zwei Jahren in der
jetzigen Formation mit Sänger Tom, Marco und Mike an den Gitarren
sowie Bassistin Emi und Drummer Pasi fleissig in der Schweizer
Club-Szene unterwegs. Diverse Auftritte vor bekannten
Bands/Interpreten wie Uriah Heep oder Steve Lukather (Ex-Toto) und
entprechend idealen Anlässen wie dem Biker-Treff in Sumiswald
festigten den Ruf als versierte Live-Band. Seit je her wird die
Fahne des Rock'n'Roll hoch gehalten und normalerweise tut man das
mit abfeiernden Fans am liebsten. Heute Abend war die Kulisse (zu
der Zeit, als Unchain auf die Bühne kamen) aber ziemlich spärlich
und gerade mal ein paar Dutzend verloren sich im Stehplatzbereich
des Volkshauses. Selbstsprechend war der Balkon heute Abend demnach
geschlossen, was angesichts des hochkarätigen Head-liners schon als
Enttäuschung abgebucht werden musste. Unchain liessen sich davon
jedoch keinesfalls entmutigen und legten gleich mal flott mit «Back
Against The Wall», dem Opener vom neuen Album los. Grundsätzlich im
Fahrwasser von Angus & Co. agierend, varieren Unchain ihren Sound
auf
dem neuen Album etwas und lassen auch mal puren Rock vom Stapel, der
aber nicht etwa in die alternative Ecke abdriftet. Gepaart mit der
sichtlichen Freude auf der Bühne, zogen der Berner ihre 30 Minuten
straight durch. Die wenigstens etwas grösser gewordene Fanschar
applaudierte immerhin freundlich und auch die gelegentlichen Ansagen
von Tom blieben nicht gänzlich ungehört. Zum Schluss gab es mit dem
ebenfalls auf der neuen CD «Plug & Play» stehenden Cover-Version «Rockin'
In A Free World von Altmeister Neil Young nochmals was Grooviges auf
die Ohren. Mein Fazit: zweifellos ambitioniert und erdig, aber wenn
man die Energie des Tonträgers hört, fehlt davon auf der Bühne
einfach was. Vielleicht lag es an der zu moderaten Lautstärke, an
den Songs sicher nicht! (rsl)
Setliste: «Back 'Gainst The Wall» - «Second Wind» - «Somebody» - «Burn»
- «Going To The Clubs» - «Hills» - «Rockin' In A Free World».
China
An zweiter Position waren die Jungs um Eric St. Michaels und Claudio
Matteo an der Reihe, die Betriebstemperatur vor Ort zu steigern. Mit
«Rock City» legten sie direkt und kraftvoll los. Aber schon im
ersten Song einen Mitsingpart? Na ja, es klappte eher verhalten. Die
Jungs haben einen neuen Silberling (Album Nummer 5) auf dem Markt
und wollten auch diesen gut promoten. Deshalb gab es einige neue
Tracks auf die Lauscher. Diese sind gut gemacht und wissen zu
gefallen. China haben ihre Stärken nicht vergessen und somit sind
sie im alten Gewand verblieben. Die Zuschauer kannten die Stücke
eher noch nicht und von daher war die Stimmung etwas gedrückt.
Applaus konnte die Band aber immer für sich verbuchen. Als Eric die
Akustik Gitarre umschnallte, kam bei mir die Frage hoch, ob es das
in 30 Minuten Spielzeit effektiv braucht. Balladen und melodiöse
Tracks..., da sind die Jungs zu Hause, aber in so kurzer Spielzeit
denke ich wäre es besser gewesen, einfach amtlich zu rocken. Die
Reaktionen der Zuschauer waren denn
auch
durch den ruhigen Set eher im gemütlichen Bereich. Was den
Bewegungsradius der Musiker betraf, war ausser Frontmann Eric
niemand wirklich bis zum Muskelkater in den Beinen gekommen. Claudio
am Sechsaiter wusste mit seinem Spiel zu gefallen. Er brillierte mit
guten Soli und sattem Spiel. Auch der Rest der Band zeigte sich von
der souveränen und routinierten Seite. Nach «In The Middle Of The
Night» waren die Headbanger gefragt. Endlich wurde es etwas "härter"
und man sah auch sofort, wie die Fans es der Band dankten. Es kam
endlich etwas Bewegung ins altehrwürdige Volkshaus. Fett stampfende
Beats und Grooves, das ist es, was die Menschen im Zuschauerraum
wollten. Mit «Girl On My Screen» ging es dann in den letzten Track
des Abends, bevor sie die Stage für die Schweden Jungs räumen
mussten. Alles in allem ein guter und professioneller Auftritt, aber
ich habe die Band schon besser und mit mehr Freude erlebt. Warum man
dann aber zum Schluss mit «All I Do Is Wait» den eigentlich besten
und notabene auf der Setliste stehenden Smasher (!) ausliess,
hinterlässt zusätzlich einen faden Nachgeschmack! (and)
Setliste: «Rock City» - «Light Up The Dark» - «Trapped In The City»
- «Lonely Rider» - «Gates Of Heaven» - «In The Middle Of The Night»
- «Deadly Sweet» - «Girl On My Screen» -- «All I Do Is Wait (Die
Zugabe wurde nicht gespielt!)».
Europe
Ich kann mich dem Votum von Kollege André anschliessen: China sah
ich auch schon beherzter an die Sache ran gehen, zum Beispiel 2007
in Winterthur und darum ruhten meine Hoffnungen nun auf dem
Headliner. An gleicher Stelle und damals am Anfang des gleichen
Jahres (also 2007), legten Europe einen Mörder-Gig hin. Leider waren
damals wie heute zu wenig Tickets abgesetzt worden, sodass der
Balkon auch dieses Mal nicht geöffnet werden musste, respektive
konnte. Um Punkt 21.30 Uhr legten die Schweden mit dem Titeltrack
«Last Look At Eden» vom neuen Album erstmal kräftig los und «Love Is
Not The Enemy» vom genialen Vorgänger «Secret Society» (2006) zeigte
sogleich an, dass die Band ready war, die Bude auch heute Abend in
Grund und Boden zu rocken! Dabei ging es auch weit zurück in der
Bandgeschichte wie «Scream Of Anger» und «Stormwind» von der
84er-Scheibe «Wings Of Tomorrow» zeigten. Frontmann Joey Tempest war
wirklich in einer beneidenswerten Form und legte seine ganze
Personality in jeden einzelnen Ton rein.
Überhaupt
spielte die ganze Band wie aus einem Guss und Gitarrist John Norum,
der ja vor zwei Jahren den Tod seiner Ehefrau Michelle Meldrum
(Phantom Blue - R.I.P.) hinnehmen und verarbeiten musste, versprühte
Spielfreude pur und war klitschnass vor Schweiss. Dies war er
allerdings schon vor seinem Top-Solo, das mit «Optimus» gar einen
Titel trug. Zuvor durfte man unter anderem auch die geniale
Verschmelzung von «Prisoners In Paradise» und «Open Your Heart»
geniessen. Letzterer Song, ursprünglich auf «Wings Of Tomorrow»
drauf, wurde 1988 auf «Out Of This World» in einer deutlich
üppigeren Version neu aufgelegt. Dort spielte ja für den damals
ausgestiegenen John Norum ein gewisser Kee Marcello, der auch heute
noch viele Fans hat und ebenso zur Europe Famile gehört. Der erste
Höhepunkt des Abends folgte nach John's Solo und liess mich fast
durchdrehen vor Freude: «Seventh Sign»! Dieser Hammer-Song von der «Prisoners...»
schlug ein wie Meteorit und klang, obwohl schon bald zwei Dekaden
alt, frischer denn je! Als Folge davon höre ich mir dieses eh
geniale Album seither wieder öfters an. Doch Europe hatten ihr
Pulver noch nicht verschossen, denn bevor der unweigerliche finale
Countdown angezählt wurde, liessen «Cherokee» und vor allem «Rock
The Night» das Volkshaus regelrecht erzittern. Aus mehrhundertfach
aktiven Mündern und Kehlen wurden die Refrains lautstark
mitgesungen, dass es eine wahre Freude war. So müssen Konzerte
abgehalten werden und nicht anders! Das ist der Grund, warum ich
eigentlich gerne an solche Veranstaltungen gehe. Es gibt nichts
Schöneres und Ergreifenderes, wie wenn die auf der Bühne agierende
Band und ihr Publikum zu einer Einheit werden. Diese Verbundenheit
beflügelt und schafft Selbst-vertrauen in das was man macht. Davon
haben Europe auf jeden Fall genug und spielten als erste Zugabe den
insgesamt fünften, neuen Song an diesem Abend. Dass die Lichter im
Saal erst nach «The Final Countdown» angehen dürfen, wird wohl wie
bei AC/DCs «For Those About To Rock» auf immer und ewig so bleiben.
So kam es denn natürlich auch und nach knappen hundert Minuten mit
fettem Sound und eher nostalgischen Lichteffekten gab es für das
Gezeigte nur eine Reaktion: Beide Daumen kerzengerade nach oben und
bitte bald wieder mehr davon! (rsl)
Setliste: «Last Look At Eden» - «Love Is Not The Enemy» - «Superstitious»
- «Gonna Get Ready» - «Scream Of Anger» - «No Stone Unturned» - «Let
The Good Times Rock» - «Prisoners Of Paradise/Open Your Heart» -
«Stormwind» - «Optimus (Instrumental/Solo John)» - «Seventh Sign» -
«New Love in Town» - «Start From The Dark» - «Cherokee» - «Rock The
Night» -- «The Beast» - «The Final Countdown».
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