Ursprünglich sah es nach einer intensiven Woche für The
Vintage Caravan im Z7 aus, denn die jungen Retro-Isländer waren
ursprünglich, das heisst nach dem Support-Gig für Avatarium drei
Tage zuvor, nun auch heute Abend als Anheizer für Europe angekündigt
gewesen. Letztlich standen dann jedoch die Blues-Rocker Dirty
Thrills, ein Quartett aus London, auf der Matte. Ich fand es
eigentlich schade und gebe zu, dass ich viel lieber das lärmige Trio
aus Álftanes gesehen und gehört hätte. Nichtsdestotrotz lag der
Fokus aber auf den einstigen schwedischen Rock-Superstars, die
unlängst mit «War Of Kings» eines ihrer besten Alben abgeliefert
haben und aktuell zu den besten Live-Bands im ganzen Musikzirkus
gezählt werden können. Dazu kommt eine altersbedingte Gelassenheit,
welche Europe abgeklärter denn je zeigt und ohne Starallüren nach
wie vor das machen lässt, woran Joey Tempest (v), John Norum (g),
Mic Michaeli (keyb), John Levén (b) und Ian Haugland (d) am meisten
Freude haben, nämlich geile Mucke zu performen. Dies taten sie
freilich nicht zum ersten Mal im Z7, und die persönliche Erinnerung
an die früheren Konzerte liess erahnen, dass es heute Abend einmal
mehr zu einem Rock-Happening der Spitzenklasse gereichen würde…,
skål to Europe!
Dirty Thrills
Das ist halt immer so eine Sache mit Bands, um die ein gewisser Hype
gemacht wird oder entsteht. In der Regel spricht man da von eher
jungen Bands, die meist ein sackstarkes Debüt-Album am Start haben.
Danach folgt die Phase der Bestätigung und / oder Zementierung des
Rufes, bis dann das berühmtberüchtigte „make it or break it“-Album
nicht immer, aber oft über Gedeih oder Verderben der Karriere
entscheidet. Dirty Thrills, erst Ende 2012 aus der Taufe gehoben,
geben auf der offiziellen Homepage zu Protokoll, dass sie Ambitionen
und das Ziel vor Augen haben, die Rock-Szene mit Drive wieder zurück
zu dessen glorreichen Zeiten zu führen. Als Vergleich werden dabei
Queens Of The Stone Age, Black Keys und Rival Sons genannt. Dazu
kommen Vibes von Led Zeppelin Ikone Robert Plant, die man Frontmann
Louis James zuschreibt. Letzteres hat tatsächlich was und auch die
Musik trägt einiges davon in sich, einfach moderner arrangiert. Des
Weiteren gebärdeten sich vor allem
Jack
Fawdry (g) und Aaron Plows (b) von der ersten Sekunde an wie von der
Tarantel gestochen. Trotz der ganzen Energie, die mit vollem Einsatz
versprüht wurde, sprang der Funke nicht nur bei mir nicht wirklich
über. Da nützte es auch nichts, dass sich Sänger Louis jeweils
ziemlich in die Riemen legte und sich so manchmal gar auf der Linie
von Justin Hawkins (The Darkness) befand. Das war dann auch der
Punkt, wo die Mucke von Dirty Thrills definitiv kippte und aufgrund
von fehlenden Hooks schlicht und einfach langweilig wurde. Die
Performance als Solche war allerdings schon erste Sahne, doch sie
berührte mich und offenbar auch viele der Z7-Besucher nicht. Der
eher verhaltene Applaus war dessen Ausdruck genug. Ich könnte mir
jedoch vorstellen, dass Dirty Thrills eine weitaus bessere
Festival-, denn eine Hallen-Band abgeben würden. Wie auch immer…,
heute Abend wurde man während gut 40 Minuten sicherlich gut
unterhalten, aber das Gelbe vom Ei wars definitiv nicht…, Hype hin
oder her!
Setliste: «Rock’n’Roll» - «Reign» - «The Man» -
«Feelin'» - «No Resolve» - «Shivers» - «Hourglass» - «Follow Me
Home» - «Sigh».
Europe
Es soll ja immer noch einige Leute geben, die die Schweden nach wie
vor auf den Mega-Hit «The Final Countdown» reduzieren. Dabei wird
jedoch übersehen, das seit dem Relaunch von 2004 kein schlechtes
Album veröffentlicht wurde und immer das gemacht wurde, wo man zu
100 Prozent dahinter stehen konnte. So begann der zweite Teil der
Karriere eher düster mit modernem Einschlag, ging über kernigen
Hardrock-Sound bis hin zu dem, was aktuell auf «War Of Kings» zu
hören ist. Das mag dem einen oder anderen Fan stilistisch zu
sprunghaft zu sein, aber die Mucke trug zu jeder Zeit den Stempel
einer homogenen Truppe, die vor allem live nichts anbrennen liess
und mit stolz geschwellter Brust die ganze Karriere in ihre Konzert
packen kann. Und natürlich gehört da seit längerer Zeit die berühmte
Hymne «The Final Countdown» als letzte Zugabe dazu. Darüber hinaus
haben Europe 2013 am „Sweden Rock“-Festival als einer der Headliner
auf der grossen
Festival
Stage eindrücklich bewiesen, dass sie nicht nur in mittelgrossen
Venues stets geile Konzerte abliefern. Dass dies immer noch so ist,
liegt mitunter am stabilen Line-Up, bei dem lediglich zwischen 1988
und 1992 Gitarrist John Norum durch Kee Marcello ersetzt wurde.
Obwohl Letzterer einen Top-Job abgeliefert hatte, liegt die
songwriterische Kraft wie geschlossene Performance in der
Ur-Besetzung.
Diese wollten sich heute Abend einige
Hundertschaften, wenn nicht gegen 1‘000 Leute nicht entgehen lassen.
Der prächtige Titeltrack des neuen Albums eröffnete die musikalische
Zeitreise, die sich über sieben Alben erstreckte und einmal mehr
aufzeigte, wie gut die neuen und gleichzeitig zeitlos die alten
Songs sind. Frontmann Joey Tempest agierte absolut souverän und war
ständig in Bewegung. Obwohl das Album «Out Of This World» (1988) das
erste der Ära mit Kee Marcello war, stehen davon immer noch vier
Vertreter im Set drin. Das ist auch gut so, denn auf so einen
Knaller wie «Superstitious» oder die Jahrhundert-Ballade «Carrie»
kann man nicht
verzichten. Zu meiner grossen Freude wurde auch «Seventh Sign» vom
sträflich unterbewerteten Werk «Prisoners In Paradise» (1991)
gespielt. Die Stimmung in der Halle war top und wurde lediglich
durch das etwas fade Drum-Solo von Ian Haugland ausgebremst.
Andererseits hatte man hierzu die Gelegenheit draussen etwas frische
Luft schnappen zu gehen oder sich ein Getränk an der Bar zu holen.
Mit dem ordentlich abgefeierten «Days Of Rock'n’Roll» ging der
reguläre Set zu Ende und dann fehlte natürlich nur noch «The Final
Countdown». Nächstes Jahr wird dieses wegweisende Album der Schweden
dreissig Jahre alt (!) und es ist schwer davon auszugehen, dass
dieses Jubiläum entsprechend abgehalten wird. Der Ort? Mit
Sicherheit wird dies auf den Brettern, die die Welt bedeuten
stattfinden und zusammen mit den Fans gefeiert.
Setliste:
«War Of Kings» - «Hole in My Pocket» - «Superstitious» - «Wasted
Time» - «Last Look At Eden» - «Carrie» - «The Second Day» -
«Firebox» - «Sign Of the Times» - «Praise You» - «The Beast» -
«Vasastan» - «Seventh Sign» - «Ready Or Not» - «Nothin' To Ya» -
«Drum Solo mit William Tell Overture» - «Let The Good Times Rock» -
«Rock The Night» - «Days Of Rock'n’Roll» -- «The Final Countdown».
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