Bis Mitte des letzten Jahres lief für die englischen Thrasher von
Evile alles absolut perfekt. Touren im Vorprogramm von den ganz
Grossen des Sektors, super Kritiken für die Longplayer... Dann
geschah das Unfassbare: Basser Mike erkrankte schwer und verstarb.
Die Tour, auf der sie sich gerade befanden, wurde abgebrochen, aber
die Band entschloss sich, im Sinne von Mike zu handeln und die Band
weiter am Leben zu erhalten. Jetzt haben sie sich auf die Tour zum
neuen, viel gelobten Album „Infected Nations“ aufgemacht. Da Thrash
Metal gerade ziemlich angesagt ist, haben sie sich gleich noch eine
relativ junge Combo aus der gleichen musikalischen Ecke in den
Tourtross geholt: Warbringer aus Amiland haben auch sehr gute
Kritiken für ihre Alben eingeheimst und sich auf diversen Touren mit
Grössen wie Exodus, Nile oder auch Napalm Death einen positiven Ruf
erspielt. Metalheads, die sich auch für die etwas metalmässig
unbeschriebeneren Fleckchen auf unserem Planeten interessieren,
denen ist sicher auch schon aufgefallen, dass aus dem heiligen Land
Israel so einige unheilige Klänge in den Rest der Welt erschallen.
Mit The Fading haben wir als Opener gerade so eine Gruppe: Sie haben
letztes Jahr ihr Debut veröffentlicht. Die Jungs haben sich dem
Melodic/Death Metal der Göteborger Spielart verschrieben, was einen
interessanten Einstieg in den Abend versprach.
The Fading
Alle Combos des Abends, aber insbesondere die Israeliten von The
Fading, mussten vor nicht allzu zahlreichen Fans aufspielen. Am
Eintrittspreis von 25 Kröten kann es nicht gelegen haben, denn das
waren die 3 Acts allemal wert. Vielleicht war es die Kälte oder es
lag daran, dass es ein Dienstag war, keine Ahnung. Aber von dieser
Tatsache liessen sich die Jungs nicht entmutigen und stiegen richtig
fett ins Set ein. Die Band harmonierte sehr gut miteinander und
spielte tight und auf den Punkt, dass es eine wahre Freude war. Auch
der Sound im Bad Bonn war wirklich gut und kam wuchtig rüber. Die
Israelis boten guten Melodic/Death Metal der Marke Götheborg mit
leichtem Thrash-Einschlag. Die Songs waren allesamt sehr
abwechslungsreich und boten von knallharten Double Base-Salven über
ruhige, melodiöse Passagen bis hin zu eher schleppendem, schwerem
Riffgewitter alles, was es brauchte. Der Sänger hatte mit seiner
charismatischen Art und mit seiner tiefen, kraftvollen Stimme gleich
voll zu überzeugen gewusst. Er suchte auch von Beginn weg die
Konversation mit dem Publikum und lockte es an den Bühnenrand. Die
Gitarrenfraktion erfreute die Zuschauer immer wieder mit kurzen,
knackigen Soli und geilen Läufen. Die Band hatte, wie die zwei
anderen nach ihnen, mit dem sehr begrenzten Platzangebot auf der
Stage zu kämpfen. Da war nicht viel mit Bewegung, aber dafür liessen
sie die Matten Kreisen und fliegen, dass man Angst haben musste, sie
würden demnächst abheben. Ihr Auftritt ist mit den Worten groovig
und tightes In-die-Fresse-Gedonner meiner Meinung nach am besten
beschrieben. Welche Band ausser The Fading kann schon von sich
behaupten, zweimal auf dem legendären Wacken-Festival gerockt zu
haben, aber erst jetzt auf ihrer ersten Tour überhaupt unterwegs zu
sein? Wohl keine. Respekt vor der Leistung, die sie im Bad Bonn
gezeigt haben, und ich bin mir sicher, da kommt noch einiges auf uns
zu.
Warbringer
An zweiter Stelle im Billing waren die Jungthrasher aus Ventura,
einem sonnigen Vorort von Los Angeles, gesetzt. Auch bei ihnen ein
ähnliches Bild, was die Zuschauerzahl betraf: Ein paar mehr
Zuschauer waren anwesend, aber nicht so, dass es eng wurde vor der
Bühne. Nichtsdestotrotz erklommen die Jungs nach kurzer Umbaupause
die Bretter, die die Welt bedeuten, und jagten die ersten Thrash-Riffs in die Gehörgänge der Anwesenden. Ihr Sound war
deutlich rauer als der ihrer Vorgänger und klarer Old School-Thrash
Metal, ganz im Sinne der alten Bay Area-Helden der ersten Stunde.
Voll auf die Zwölf und ja keine Gefangenen machen lautete die
Devise. Zu Beginn wirkten die Musiker etwas arrogant, aber das legte
sich ziemlich schnell und sie wechselten die starren Mienen zu
grinsenden und gut gelaunten Gesichtern. Einzig Sänger John Kevill
bot seinen gewohnten Psycho-Blick und fixierte die Headbanger in den
ersten Reihen, als ob er sie zum Nachtisch verdrücken möchte.
Gitarrist John Laux begab sich des öfteren für seine Soloeinlagen
von der Bühne runter in die Zuschauer und rockte dort die Meute.
Sehr zur Freude der Fans, die voll einstiegen und um ihn herum
bangten und ihre Hände in Richtung Decke streckten. Auch hier fehlte
halt die Bewegungsfreiheit. Sänger John stieg öfters mal auf die
Monitore, aber er merkte immer, dass es eine ziemlich wackelige
Angelegenheit war, denn diese standen nur auf Getränkeharassen, was
einen Sturz zur Folge hätte haben können. Gegen Ende eines Songs
hielt Nic Ritter, seines Zeichens King hinter der Schiessbude,
plötzlich den einen Arm des Drumkits in seinen Händen. Das Material
hatte unter den wuchtigen Schlägen nachgegeben und musste ersetzt
werden, aber die kurze Pause überbrückte die Band mit Witzeleien und
Spässen. Aber nach dem Break ging es mit absoluter Wucht weiter im
Set. Die Kalifornier konnten dank zwei CDs, die auf dem Markt sind,
aus einem guten Repertoire schöpfen und boten von beiden
Silberlingen eine Auswahl, die zu gefallen wusste. Wer bei dieser
Band auch wirklich mit Können begeistern konnte, waren die beiden
Cracks an den Sechssaitern, Adam Carol und John Laux. Speziell bei
den Soli gab es immer ein Wechselspiel, sie warfen sich sozusagen
die Soli immer zu, damit der andere sie weiterführen konnte. Von
Adam Carol war ich echt begeistert, die Geschwindigkeit, mit der
seine Finger über den Gitarrenhals flitzten, war wirklich
beeindruckend. Keine Frage, die Amis haben voll zu überzeugen
gewusst und machten Laune, abzufeiern und die Haare zum Fliegen zu
bringen. Man fühlte sich so richtig schön durch eine Zeitmaschine 25
Jahre zurück in die Vergangenheit katapultiert.
Evile
Neben den vielen sinnvollen wie auch sinnlosen Reunions in den
letzten Jahren schiessen auch viele junge Combos, die sich dem
Retro-Thrash Metal verschrieben haben wie Pilze aus dem Boden.
Einige sind nicht wirklich erwähnenswert, andere haben gute Ansätze
und dann sind noch die englischen Recken von Evile. Die haben auf
ihren zwei Tonträgern „Into The Grave“ und „Infected Nations“ schon
eindrucksvoll ihr Können unter Beweis gestellt. „Infected Nations“
wurde auf den Markt gebracht und mit Lorbeeren überschüttet. Sie
haben auf dem neuen Album die starke Metallica-Schlagseite etwas
mehr in den Hintergrund geschoben und einfach guten,
abwechslungsreichen Thrash Metal eingespielt. Auf der aktuellen Tour
wollen sie das neue Album auch live präsentieren. Die Jungs haben
ein paar Wochen vor Tourbeginn einen neuen Mann am Tieftöner
gefunden und unverzüglich mit dem Einstudieren und aufeinander
Einspielen begonnen. Die Tour war gebucht, also wurde die Zeit
knapp. Es hat leider nur für 11 Songs gereicht. Dementsprechend fiel
ihr Set etwas kurz aus. Aber wie sagt man so schön? In der Kürze
liegt die Würze! Das war so. Die Band trat geschlossen als Einheit
auf, der Raum war auch gut gefüllt und die Headbanger stiegen gleich
mit der Band ein. Der Sound der Musiker aus dem United Kingdom war
abwechslungsreich und sehr rifflastig aufgebaut. Die Gitarren jagten
Brett um Brett durch die Boxen und wurden in ihrem Vorhaben, die
Gehörgänge zum Kochen zu bringen, von der Rhythmussektion
insbesondere vom Tier hinter den Kesseln, Ben Carter genannt, hart
und präzise unterstützt. Der Sound war extrem wuchtig, wie
eigentlich bei allen Bands des Abends, und erfreute die Nacken aller
Anwesenden. In ihren Stücken boten sie immer eine Mischung zwischen
High Speed-Geballer und ruhigeren Melodielines. Gerade die Drums
legten manchmal echtes Sprinttempo an den Tag, wobei aber die Kraft
nie nachliess. Von der Song-Auswahl her kamen natürlich einige der
neuen Tracks zum Zug, aber immer wurde zwischendrin ein alter
‚Klassiker’ präsentiert, das Ende des Hauptsets wurde mit „Into The
Grave“ eingeläutet. Leider lichteten sich gegen Ende hin die
Zuschauerreihen immer mehr. Was aber einfach auch am Rauchverbot
liegen könnte, das nun auch den fribourgischen Teil der Schweiz
erreicht hatte. Die Jungs bedankten sich bei den Besuchern und
versprachen, nächstes Jahr wieder zu kommen. Eins war nach dem
Auftritt klar: Die Schweiz gehörte nun auch zu den „Infected
Nations“!
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