Livereview: Exodus - 3 Inches Of Blood
19. August 2008, Zürich Rohstofflager
By Rockslave (rsl) & Kissi (kis) - All Pics by Rockslave
Zuerst wollte ich meinen Arsch von wegen Rohstofflager gar nicht erst nach Zürich schwingen! Zum Glück habe ich mich aber selber davon abbringen lassen, denn sonst hätte ich eines der geilsten Thrash-Gewitter dieses Jahres ausgelassen, respektive verpasst! Ich bringe meine grauen Hirnzellen jetzt allerdings nicht mehr dazu, mich genau daran zu erinnern, wann ich denn Exodus (wenn überhaupt) das letzte Mal live gesehen habe. Fakt ist, dass es nun mal die kultige Ami-Band ist, die erstens mit «Bonded By Blood» eines der besten, frühen Thrash-Alben (1985) überhaupt veröffentlicht hat und dass zweitens in den frühen 80ern ein gewisser Kirk Hammett (Metallica) mal zum Line-Up gehörte. Das alles ist jedoch schon fast unverschämt lange her und darum, zumal die Band mit "Let There Be Blood» ein brandneues (noch nicht veröffentlichtes!) Album in Vorbereitung hatte, erfreute sich der geneigte Fan, an diesem Abend so oder so ein echtes Metal-Urgestein bewundern zu können. Dass statt dem viel beschäftigen Paul Bostaph (unter anderem Testament, Ex-Forbidden, Ex-Slayer) Alt-Recke Tom Hunting (der ja auch «The Atrocity Exhibition« eingespielt hat) wiederum die Felle verdrosch, war keinesfalls ein Nachteil, im Gegenteil. Als Support waren die Kanadier 3 Inches Of Blood dabei, die als Sextett zu spüren bekamen, wie beengend diese Location ist. (rsl)

3 Inches Of Blood
Dass man nicht schon angegraut sein muss, um true und kultig zu wirken, dies bewiesen die Kanadier 3 Inches Of Blood, die hierzulande mit ihren beiden letzten Veröffentlichungen «Advance And Vanquish» (2004) und «Fire Up The Blades» (2007) ein wenig Achtungserfolg einheimsen konnten, sonst aber in Europa noch eher ein unbeschriebenes Blatt sind, ganz im Gegensatz zu Amerika, wo schon eine ganze Horde «Goatriders» («Ziegenreiter», so der liebevolle Name der Band für ihre Fans) dem Sechser huldigten. Mit ihrer Mischung aus US-Power Metal mit Mercyful Fate Einschlag und Thrash konnten die in Kutten, Jeans und Leder gekleideten Bartträger das noch eher spärlich gefüllte Rohstofflager im Handumdrehen auf ihre Seite ziehen. «Night Marauders» eröffnete fulminant und all jenen, denen 3 Inches Of Blood zuvor noch kein Begriff gewesen waren, erkannten das Spannende dieser Band: Abwechselnd setzte man gegrowlte und cleane Vocals ein, wobei letztere, intoniert von Cam Pipes, verdammt nach King Diamond himself klangen. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit (mit sechs Leuten kommt die Rösti-Bühne doch an ihre Grenze der Kapazität) und wie gewohnt miesem Sound (die Snare zu laut, die Gitarren, vor allem in den Soli zu leise) besassen Songs wie «Trial Of Champion» oder «Destroy The Orcs» reichlich Wumms, sodass man seine Glieder perfekt auf die später folgenden Exodus einstimmen konnte. Auf MySpace geben die Herren alcohol, tobacco, drugs and the devil als ihre Einflüsse an und dies hörte man Nummern wie «Deadly Sinners» oder «Swordmaster» aus tausend Meilen Entfernung an, sodass nur noch brav die Fingerhörner in die Höhe gereckt werden konnten und der Kopf rotieren musste. Dass das Tourshirt dabei mit lediglich 25.- zu Buche schlug, war sicherlich mitunter ein Grund, dass nach dem Gig einige dieser Textilien gesichtet werden konnten, doch 3 Inches Of Blood hatten auch auf der Bühne überzeugt, sodass man sich fragt, wann die Herren sich endlich mal für eine Headliner-Tour in unsere Gefilde begeben werden. Und um noch mal den True- bzw. Kult-Aspekt der Truppe zu unterstreichen eine ihrer T-Shirt-Aufschriften: «If you gonna thrash, thrash with your vest (Kutte) on!» (kis)

Exodus
Punkt 21.15 Uhr war es dann soweit: Exodus are back on stage - und die Herren Gary Holt (g), Lee Altus (g), Tom Hunting (d), Jack Gibson (b) und Rob Dukes (v) liessen sich nicht lange bitten und stiegen gleich mit dem Klassiker «Bonded By Blood» ein! Was für eine Vorlage, der mit «Iconoclasm» ein weiterer Nackenbrecher auf dem Fusse folgte. Das Publikum schien gar noch nicht recht wach zu sein, denn spätestens zum Riffmonster «Funeral Hymn» wirkte Sänger Rob ordentlich angepisst und gab das auch zu verstehen. Das zeigte langsam Wirkung und als die Reaktionen, respektive die Aktivität des Moshpits spürbar zunahm(en), stieg auch die Stimmung des bulligen Frontmanns merklich. Insgesamt standen nicht weniger als fünf Songs von «Bonded...» auf der Setlist, was veranschaulichte, welche Tragweite dieses geniale Frühwerk heute noch besitzt. Vor «Deathamphetamine» (wenn es denn nicht «'Til Death Do Us Part» war) stieg nochmals 3 Inches Blood Sänger Cam Pipes mit auf die Bühne und durfte die Exodus-Jungs mit seiner eigentümlichen Stimme à la King Diamond tatkräftig unterstützen. Nachdem der Amp von Lee Altus zwischendurch mal streikte, nahm die Intensität des Konzertes und daraus resultierend auch die Temperatur im eher mässig gefüllten Saal jedoch mächtig zu. Erstaunlicherweise vermochte auch der Sound mitzuhalten, was an diesem Ort keine Selbstverständlichkeit ist, sondern vielmehr oder zumindest oft in einem grässlichen Audio-Massaker endet(e). Das Abwechseln zwischen speedigen und griffigeren Nummern gelang gut und liess den nun gut antizipierenden Metalheads keine Ruhe mehr. Dass Rob Dukes wirklich gut drauf war, zeigte er darauf, indem er bei Gary und Lee ins Gitarrenspiel so zu sagen eingriff und diese jeweils kurz zweihändig zusammen spielten. Das tönte nicht nur gut, sondern sah auch cool aus. Das war aber noch nicht alles, denn zum Beispiel bei «War Is My Shepherd» stieg Rob von der Bühne runter, hielt das Mikrophon ins Publikum und liess den Refrain von ein paar Fans singen. Derweil legten seine Kollegen oben soundmässig alles in Schutt und Asche. Nach etwa gut einer Stunde, gingen Exodus das erste Mal von der Bühne, um kurz nachher wieder zurück zu kehren. Und nun war Showtime angesagt! Sänger Rob Dukes und ein Gitarren-Roadie schnallten sich die Gitarren von Lee sowie Gary um und zockten Metallica's «Seek And Destroy» in voller Länge (!), also knapp zehn Minuten lang! Derweil standen die beiden Gitarristen wie etwas verloren auf der Bühne rum und tranken in der Zeit mal in Ruhe ein Bierchen. Gary erlöste schliesslich den etwas überforderten Roadie mit einem amtlichen Solo zum Schluss. Die ganze Aktion wurde lautstark abgefeiert und dabei zeigte sich die Band an diesem Abend auch sehr spendabel, da mindestens ein Dutzend Biere ins Publikum verteilt wurden. Hetfield & Co. wurden darauf mit einem kurz angespielten «Motorbreath» nochmals geehrt, ehe ein paar Takte von Nazareths «Hair Of The Dog» den Reigen der Covers abschlossen. Zum Schluss folgte schliesslich eine schweisstreibende Triplette, die jedem Besucher klar aufzeigte, dass Exodus, egal ob das Songmaterial von 1985 oder 2007 stammt(e), nach wie vor eine verdammt tighte Truppe sind, die all diese neuen Thrash-Acts der jüngeren Vergangenheit lockerst an die Wand pusten! Exodus still fuckin' killz!! (rsl)

Setlist: «Bonded By Blood» - «Iconoclasm» - «Funeral Hymn» - «And Then There Were None» - «A Lession in Violence» - «Children Of A Worthless God» - «Piranha» - «Deathamphetamine» - «Blacklist» - «War Is My Shepherd» -- «Seek And Destroy/Motorbreath/Hair Of The Dog» - «The Toxic Waltz» - «Strike Of The Beast» - «Shovel Headed Kill Machine».