Zuerst wollte ich meinen Arsch von wegen Rohstofflager gar nicht
erst nach Zürich schwingen! Zum Glück habe ich mich aber selber
davon abbringen lassen, denn sonst hätte ich eines der geilsten
Thrash-Gewitter dieses Jahres ausgelassen, respektive verpasst! Ich
bringe meine grauen Hirnzellen jetzt allerdings nicht mehr dazu,
mich genau daran zu erinnern, wann ich denn Exodus (wenn überhaupt)
das letzte Mal live gesehen habe. Fakt ist, dass es nun mal die
kultige Ami-Band ist, die erstens mit «Bonded By Blood» eines der
besten, frühen Thrash-Alben (1985) überhaupt veröffentlicht hat und
dass zweitens in den frühen 80ern ein gewisser Kirk Hammett (Metallica)
mal zum Line-Up gehörte. Das alles ist jedoch schon fast unverschämt
lange her und darum, zumal die Band mit "Let There Be Blood» ein
brandneues (noch nicht veröffentlichtes!) Album in Vorbereitung
hatte, erfreute sich der geneigte Fan, an diesem Abend so oder so
ein echtes Metal-Urgestein bewundern zu können. Dass statt dem viel
beschäftigen Paul Bostaph (unter anderem Testament, Ex-Forbidden,
Ex-Slayer) Alt-Recke Tom Hunting (der ja auch «The Atrocity
Exhibition« eingespielt hat) wiederum die Felle verdrosch, war
keinesfalls ein Nachteil, im Gegenteil. Als Support waren die
Kanadier 3 Inches Of Blood dabei, die als Sextett zu spüren bekamen,
wie beengend diese Location ist. (rsl)
3 Inches Of Blood
Dass man nicht schon angegraut sein muss, um true und kultig zu
wirken, dies bewiesen die Kanadier 3 Inches Of Blood, die
hierzulande mit ihren beiden letzten Veröffentlichungen «Advance And
Vanquish» (2004) und «Fire Up The Blades» (2007) ein wenig
Achtungserfolg einheimsen konnten, sonst aber in Europa noch eher
ein unbeschriebenes Blatt sind, ganz im Gegensatz zu Amerika, wo
schon eine ganze Horde «Goatriders» («Ziegenreiter», so der
liebevolle Name der Band für ihre Fans) dem Sechser huldigten. Mit
ihrer Mischung aus US-Power Metal mit Mercyful Fate Einschlag und
Thrash konnten die in Kutten, Jeans und Leder gekleideten Bartträger
das noch eher spärlich gefüllte Rohstofflager im Handumdrehen auf
ihre Seite ziehen. «Night Marauders» eröffnete fulminant und all
jenen, denen 3 Inches Of Blood zuvor noch kein Begriff gewesen
waren, erkannten das Spannende dieser Band: Abwechselnd setzte man
gegrowlte und cleane Vocals ein, wobei letztere, intoniert von Cam
Pipes, verdammt nach King Diamond himself klangen. Die
eingeschränkte Bewegungsfreiheit (mit sechs Leuten kommt die
Rösti-Bühne doch an ihre Grenze der Kapazität) und wie gewohnt
miesem Sound (die Snare zu laut, die Gitarren, vor allem in den Soli
zu leise) besassen Songs wie «Trial Of Champion» oder «Destroy The
Orcs» reichlich Wumms, sodass man seine Glieder perfekt auf die
später folgenden Exodus einstimmen konnte. Auf MySpace geben die
Herren alcohol, tobacco, drugs and the devil als ihre Einflüsse an
und dies hörte man Nummern wie «Deadly Sinners» oder «Swordmaster»
aus tausend Meilen Entfernung an, sodass nur noch brav die
Fingerhörner in die Höhe gereckt werden konnten und der Kopf
rotieren musste. Dass das Tourshirt dabei mit lediglich 25.- zu
Buche schlug, war sicherlich mitunter ein Grund, dass nach dem Gig
einige dieser Textilien gesichtet werden konnten, doch 3 Inches Of
Blood hatten auch auf der Bühne überzeugt, sodass man sich fragt,
wann die Herren sich endlich mal für eine Headliner-Tour in unsere
Gefilde begeben werden. Und um noch mal den True- bzw. Kult-Aspekt
der Truppe zu unterstreichen eine ihrer T-Shirt-Aufschriften: «If
you gonna thrash, thrash with your vest (Kutte) on!» (kis)
Exodus
Punkt 21.15 Uhr war es dann soweit: Exodus are back on stage - und
die Herren Gary Holt (g), Lee Altus (g), Tom Hunting (d), Jack
Gibson (b) und Rob Dukes (v) liessen sich nicht lange bitten und
stiegen gleich mit dem Klassiker «Bonded By Blood» ein! Was für eine
Vorlage, der mit «Iconoclasm» ein weiterer Nackenbrecher auf dem
Fusse folgte. Das Publikum schien gar noch nicht recht wach zu sein,
denn spätestens zum Riffmonster «Funeral Hymn» wirkte Sänger Rob
ordentlich angepisst und gab das auch zu verstehen. Das zeigte
langsam Wirkung und als die Reaktionen, respektive die Aktivität des
Moshpits spürbar zunahm(en), stieg auch die Stimmung des bulligen
Frontmanns merklich. Insgesamt standen nicht weniger als fünf Songs
von «Bonded...» auf der Setlist, was veranschaulichte, welche
Tragweite dieses geniale Frühwerk heute noch besitzt. Vor «Deathamphetamine»
(wenn es denn nicht «'Til Death Do Us Part» war) stieg nochmals 3
Inches Blood Sänger Cam Pipes mit auf die Bühne und durfte die
Exodus-Jungs mit seiner eigentümlichen Stimme à la King Diamond
tatkräftig unterstützen. Nachdem der Amp von Lee Altus zwischendurch
mal streikte, nahm die Intensität des Konzertes und daraus
resultierend auch die Temperatur im eher mässig gefüllten Saal
jedoch mächtig zu. Erstaunlicherweise vermochte auch der Sound
mitzuhalten, was an diesem Ort keine Selbstverständlichkeit ist,
sondern vielmehr oder zumindest oft in einem grässlichen
Audio-Massaker endet(e). Das Abwechseln zwischen speedigen und
griffigeren Nummern gelang gut und liess den nun gut antizipierenden
Metalheads keine Ruhe mehr. Dass Rob Dukes wirklich gut drauf war,
zeigte er darauf, indem er bei Gary und Lee ins Gitarrenspiel so zu
sagen eingriff und diese jeweils kurz zweihändig zusammen spielten.
Das tönte nicht nur gut, sondern sah auch cool aus. Das war aber
noch nicht alles, denn zum Beispiel bei «War Is My Shepherd» stieg
Rob von der Bühne runter, hielt das Mikrophon ins Publikum und liess
den Refrain von ein paar Fans singen. Derweil legten seine Kollegen
oben soundmässig alles in Schutt und Asche. Nach etwa gut einer
Stunde, gingen Exodus das erste Mal von der Bühne, um kurz nachher
wieder zurück zu kehren. Und nun war Showtime angesagt! Sänger Rob
Dukes und ein Gitarren-Roadie schnallten sich die Gitarren von Lee
sowie Gary um und zockten Metallica's «Seek And Destroy» in voller
Länge (!), also knapp zehn Minuten lang! Derweil standen die beiden
Gitarristen wie etwas verloren auf der Bühne rum und tranken in der
Zeit mal in Ruhe ein Bierchen. Gary erlöste schliesslich den etwas
überforderten Roadie mit einem amtlichen Solo zum Schluss. Die ganze
Aktion wurde lautstark abgefeiert und dabei zeigte sich die Band an
diesem Abend auch sehr spendabel, da mindestens ein Dutzend Biere
ins Publikum verteilt wurden. Hetfield & Co. wurden darauf mit einem
kurz angespielten «Motorbreath» nochmals geehrt, ehe ein paar Takte
von Nazareths «Hair Of The Dog» den Reigen der Covers abschlossen.
Zum Schluss folgte schliesslich eine schweisstreibende Triplette,
die jedem Besucher klar aufzeigte, dass Exodus, egal ob das
Songmaterial von 1985 oder 2007 stammt(e), nach wie vor eine
verdammt tighte Truppe sind, die all diese neuen Thrash-Acts der
jüngeren Vergangenheit lockerst an die Wand pusten! Exodus still
fuckin' killz!! (rsl)
Setlist: «Bonded By Blood» - «Iconoclasm» - «Funeral Hymn» - «And
Then There Were None» - «A Lession in Violence» - «Children Of A
Worthless God» - «Piranha» - «Deathamphetamine» - «Blacklist» - «War
Is My Shepherd» -- «Seek And Destroy/Motorbreath/Hair Of The Dog» -
«The Toxic Waltz» - «Strike Of The Beast» - «Shovel Headed Kill
Machine».
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