Livereview: Fates Warning
06. März 2012, Pratteln - Z7
By Rockslave
Ein erster, zunächst voreiliger Blick in die heimische Tonträger-Sammlung fördert Ungeheuerliches zu Tage, denn Fates Warning sind da nicht vertreten (!), dafür Engine von 1999 (u.a. mit Ray Alder und Joey Vera), sowie die letztjährige Scheibe von John Arch und Jim Matheos! Manchmal gebe ich mir zu solchen Situationen echt selber zu denken, aber ich halte es damit gleich wie mit Psychotic Waltz, Crimson Glory oder erst kürzlich House Of Lords. Und das bedeutet, dass ich nebst den jeweiligen Livepremieren gleichzeitig die Gelegenheit erhalte, vorhandene Lücken im Sortiment ein weiteres Stückchen mehr zu schliessen! Was gibt es denn Schöneres, als nach über 30 Jahren Fansein immer noch Kultiges entdecken und schätzen lernen zu können?! So erging es mir auch am heutigen Abend, denn ohne Fates Warning (nebst Dream Theater und Rush) als Wegbereiter des Progressive Metals gäbe es die heutige Vielfalt dieses Genres wohl eher nicht. Aber halt! Nach einem Blick auf das Cover von «FWX», der letzten Studiorille von 2004, klingelte es jetzt doch noch bei mir..., und tatsächlich..., im November 2004 rezensierte ich dieses Teil (Cardbox-Promo) höchstpersönlich und zückte dafür einen blanken Zehner! Na also, doch nicht Hopfen und Malz verloren, und darum war es meine verdammte Pflicht, meinen Arsch nach Pratteln zu schwingen! Ich sollte mein Kommen nicht bereuen und es war dabei für einmal gut, dass es keine Support-Band gab.

Fates Warning

Er war ein ziemlich verschworener Haufen, der sich heute Abend nach Pratteln aufgemacht hatte, um seinen Helden huldigen zu können. Das letzte Happening an dieser Stelle fand laut der Tour-History auf der offiziellen Bandpage im Frühling 1998 statt, während der erste Auftritt auf Schweizer Boden noch drei Jahre vorher in Zürich (zusammen mit Dream Theater) über die Bühne ging. Zu einigen Festival-Auftritten in Europa in der jüngeren Vergangenheit gehörte 2010 natürlich auch die Aufwartung beim BYH!!!-Festival in Balingen. Der Release des letzten Studio-Albums «FWX» war, wie oben schon erwähnt, 2004 und liegt somit rund acht Jahre (!) zurück. Das letzte Lebenszeichen in Bild und Ton war schliesslich die «Live in Athens» DVD von 2005. Höchste Zeit also, dass sich Fates Warning auch wieder mal in der Schweiz zeigten. In der Halle angekommen verriet der Bühnenaufbau zunächst, dass es wohl keine Vorgruppe geben wird und das sollte sich dann bewahrheiten. So mussten sich die etwa rund 200 Besucher (was für ein Armutszeugnis!) des Z7 bis um 21.00 Uhr gedulden, die Füsse vertreten oder halt eine Sitzgelegenheit wahr nehmen. Dann war es endlich soweit: Fates Warning are back in Switzerland und das ohne jeglichen Firlefanz, ja nicht mal ein Backdrop wurde gehisst! Das aktuelle Lineup besteht so seit 2007 und da wären Ray Alder (v), Jim Matheos (g), Frank Aresti (g/v), Joey Vera (b) und Bobby Jarzombek (d). Letztere zwei Musiker kennt man natürlich auch von Armored Saint (Joey) und Halford (Bobby), um der Einfachheit halber mal je eine der unzähligen weiteren Bands zu nennen, denen die beiden Herren im Verlauf ihrer Karriere ihre Dienste haben angedeihen lassen. Herrn Vera erkannte ich indes sofort und fragte mich zuerst noch, was denn der jetzt hier macht?! Na Bass spielen und das schon seit über fünfzehn Jahren du Dödel! Soviel zu diesem Thema, aber man kann nicht alles permanent im Kopf haben.


Nach dem Intro folgte «One» als Opener (hat selbstverständlich nix mit Metallica gemein!) und setzte schon mal die erste Duftmarke ab dem vorletzten Album «Disconnect» (2000). Ein satter Groover mit Vibes von Dream Theater und bereits einprägsamen Vocal-Lines des Herrn Alder. Darauf folgte «Life In Still Water», das sich hingegen schwer nach den alten Queensr˙che anhörte! Schleppend hingegen gebärdete sich ein erster Ausschnitt aus «A Pleasant Shade Of Gray», woraus der Part III zur Aufführung gelangte. Spätestens bei «Outside Looking In» drang dann das progressive Element voll durch, was die Reaktionen erwartungsgemäss dämpfte, aber nun stellte man staunend wie anerkennend fest, wie gut die Jungs ihre Instrumente beherrschen. Das die Amis es nicht verlernt haben auch gutes, "neues" Material hervor zu bringen, bewies als Erstes «Heal Me» von «FWX». Der Sound und das Licht waren top und das bekam getrageneren Longrunners wie «Still Remains» optimal. Dazu sah man einerseits wehende Matten und andererseits zu Salzsäulen erstarrte Fans, die wohl mehr als einmal die Augen schlossen und sich halbwegs schon im Prog-Himmel wähnten. Wie dem auch sei, Fates Warning versprühten die gleiche Professionalität wie Dream Theater und liessen absolut nichts anbrennen. «Another Perfect Day» könnte bei Altfans gewisse Assoziationen zu Motörhead bewirkt haben, hatte damit aber nix am Hut. Vielmehr wurden hier die Akustik-Parts des Originals ausschliesslich mit Stromgitarren umgesetzt und wenn mal Keyboard-Klänge zu vernehmen waren, dann kamen die vom Band. Die Setliste deckte einige Alben ab, aber nicht alle. Insbesondere die ersten drei wurden komplett ausgelassen, dafür gereichte es «Parallels» (1991) zu vier Songs und «Inside Out» (1994) immerhin noch zu drei. Der älteste, gespielte Song war «The Ivory Gate Of Dreams IV/Quietus» und deckte fast ein Vierteljahrhundert ab. Eines der zahlreichen Highlights war unter anderem «Point Of View», das sich schwer nach den alten Iced Earth und frühen Queensr˙che anhörte und «Through Different Eyes» manifestierte die einstige, stilistische Nähe zu Iron Maiden. Als Zugabe gab es mit «Eye To Eye» nur einen Nachschlag, aber dieser brachte nochmals hervor, was Fates Warning auch heute noch ausmacht. Jetzt bräuchte es noch ein gutes, neues Album und dann stünde einem breiteren Interesse an dieser Kultcombo nichts im Wege. Als nach rund 90 Minuten das Hallenlicht wieder anging, gab es an sich nur zufriedene Gesichter, trotz dem Ausbleiben eines Support-Acts.

Setliste: «Intro (Disconnected Part 1)» - «One» - «Life In Still Water» - «A Pleasant Shade Of Gray (Part III)» - «Outside Looking In» - «Down To The Wire» - «Heal Me» - «Still Remains» - «A Pleasant Shade Of Gray (Part 3)» - «Another Perfect Day» - «The Ivory Gate Of Dreams IV/Quietus» - «The Eleventh Hour» - «Point Of View» - «Through Different Eyes» - «A Pleasant Shade Of Gray (Part XI)» - «Monument» -- «Eye To Eye».