Eigentlich wären ja schon nur Pure Inc. eine
Reise nach Luzern wert gewesen, aber als mir nach genauerem Hinsehen
klar wurde, dass hinter Felskinn unter anderem Sänger Andy Portmann
steckt, weckte dies mein Interesse an eine Pilgerfahrt in die
Innerschweiz noch mehr. Da dies nicht nur ein normales Konzert,
sondern gleichzeitig noch die CD-Taufe der neuen selbstbetitelten
Langrille war, liess die Einschätzung reifen, dass der Abend noch
ganz interessant werden könnte. Während ich Pure Inc. schon ein
paar Mal gesehen hatte, gereichte es Andy Portmann nun zum dritten
Mal. Dass der versierte Sänger einiges auf dem Kasten hat, weiss ich
natürlich seit dem legendären 97er-Auftritt in Sempach, als Ain't
Dead Yet für Motörhead eröffneten. Im Verlauf der Jahre "verdingte"
sich der gute Andy mit verschiedenen Projekten und Tätigkeiten,
unter anderem auch als Gesangslehrer. Ebenso fühlt er sich zum Beispiel
auch auf einer Musical-Bühne wohl. Heute Abend war aber Rock
angesagt..., harter Rock! Das galt natürlich auch für die Anheizer
Pure Inc., die erst kürzlich ihr zweites Album "A new day's dawn"
veröffentlicht haben und sich je länger je mehr kontinuierlich nach
oben arbeiten.
Pure Inc.
Bald ist es nicht mehr nötig, die Basler Power Rocker noch näher
vorstellen zu müssen. Gianni (v), Sandro (g), Genti (b) und Dave (d)
sind mittlerweile eine verschworene Einheit und können, kaum auf der
Bühne, von 0 auf 100 loslegen. So auch an diesem Abend, wo das
Konzert mit den Opener "Saviour" eröffnet wurde. Es folgten in der
gleichen Reihenfolge wie auf der neuen CD "Break free", "Blvd Jam"
und "I'm a rolling stone". Die Band agierte von Anfang an agil und
tight, was man vom ziemlich reservierten Publikum nicht behaupten
konnte. Die Leute liessen einen Abstand von mehreren Metern offen
und am Bühnenrand verloren sich ein paar headbangende Kreaturen.
Keine Ahnung, warum das so ist, aber dieses Phänomen, dass zunehmend
hundsgewöhnliches Party-Volk an Rock- und langsam, aber sicher auch
Metal-Konzerten teilnimmt, geht mir immer mehr auf den Senkel. Aber
was soll's..., Pure Inc. war das auf jeden Fall egal und diese
legten sich in gewohnter Manier und mit Schweiss treibendem Posing
voll ins Zeug. Dabei konnte der Betrachter einmal mehr feststellen,
welch begnadeter Sänger Gianni Pontillo ist und sich (zum Beispiel)
längst nicht mehr hinter Gotthard's Steve Lee verstecken muss. Pure
Inc. sind aber vor allem als eingespieltes Kollektiv stark und das
übertrug sich zunehmend auch auf die mindestens langsam erwachende
Meute, die sich aber immer noch mehrheitlich im Bereich der
Stehtische, anstatt vorne am Bühnenrand tummelte. Nun denn..., es
war auch so geil wie immer und ich wünsche den Baslern, dass das
Schweizer Publikum noch mehr Notiz von ihnen nimmt, denn diese Band
hat den Dreh definitiv raus! Fast schon überflüssig mutete da die
Zep-Coverversion des Zeitlos-Klassikers "Immigrant song" an, der zum
Schluss dann aber ganz ordentlich beklatscht wurde.
Set-Liste: "Saviour", "Break free", "Blvd Jam", "I'm a rolling stone",
"Genius", "On the verge", "Next to you", "Burst", "Skinflint", "Fear
my eyes" & "Immigrant song".
Felskinn
Wurde die neue CD noch von Studio-Musikern (Guitars überwiegend von
Many Mauer) eingespielt, hat Sänger Andy nun seine Wunschkandidaten
gefunden und die Band komplettiert. Mit auf die Bühne kamen
Gitarrist Stefan Schroff und Drummer Flavio Mezzodi (beides übrigens
Solothurner!) und
Bassistin
Sarah Zaugg. Wer dachte, dass die etwas zierlich wirkende Lady ihr
Instrument womöglich auch so spielt, sah sich alsbald mit einem
hammermässigen Bass-Sound konfrontiert..., du heiligs Blechle! Das
knarzte ja richtiggehend und verleihte dem Ganzen einen ordentlichen
Kick. Auf zack war auch Andy Portmann, der zeitweilen wie von einer
Tarantel gestochen unablässig auf der Bühne herum tigerte und vom
Beginn weg sein Können ausspielte. Den Anfang machte der etwas
komische Titel "170105" (steht für den "Geburtstag" der Band), der
voll abgroovte. Zudem klang das Ganze um einiges härter als auf der
CD, was eben vor allem am geilen Bass-Sound lag. Weiter ging es mit
"Sleep well", einem mächtig schleppendem Rhythmus-Monster, bevor es
mit "The way" zu Beginn etwas poppig, danach aber nicht minder laut
und leicht punkig wurde. Etwas aus dem Rahmen fiel hingegen der auf
deutsch gesungene Track "Stillstand" mit ein wenig
Rammstein-Attitüde, der mir wie ein Fremdkörper im Set vorkam. Weil
die Hoffnung bekanntlich zuletzt stirbt, rechnete ich nicht
unbedingt mit einem Song aus den seligen Ain't Dead Yet Zeiten und
darum freute ich mich unheimlich bei den ersten Klängen von "Read
your mind", einem absoluten Top-Song, der auch heute noch völlig
zeitgemäss daher kommt und einfach geil ist. Ein weiterer, wenn
nicht der Höhepunkt des Abends war für mich jedoch klar "Life was
better", wo Andy messerscharfe Screams in bester Halford-Manier
ablieferte und man relativ deutlich erkennen konnte, welchen Lehrer
Crystal Ball's Mark Sweeney geniessen durfte. In die gleiche
Kategorie gehört "Nothing". Als Genuss im wahrsten Sinn des Wortes
durfte aber die ganze Band bezeichnet werden, die optimal
harmonierte und besonders Gitarrist Stefan Schroff lieferte
gleichermassen heftige Riffs wie flinke Soli ab. Die radiotaugliche
Ballade "Stay together" (zusammen mit Background-Sängerin Annie
Kaser) mag ja zuckersüss sein, aber gesanglich boten beide Stimmen
eine einwandfreie und eindrückliche Darbietung. Die CD-Taufe gegen
Schluss des Konzertes überraschte hingegen durch seine Schlichtheit,
was den Gesamteindruck jedoch eher auf-, denn abwertete. Von dieser
Gruppe wird man in Zukunft hoffentlich noch mehr sehen und hören!
Set-Liste: "170105", "Sleep well", "The way", "Stay", "Stillstand",
"Read your mind", "Fallin'", "Life was better", "Lost my head", "
Nothing", "Crush my balls", "The end", "But it's like", "Stay together",
"This is all", "CD-Taufe" & "170105".
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