Livereview: Five Finger Death Punch - Megadeth - Bad Wolves

17. Februar 2019, Zürich - Hallenstadion
By Tinu
Kalt und Regen, das war die Ausgangslage an diesem Montag im Februar 2020. Die Kälte sollte aber zumindest drinnen im Hallenstadion durch die 5FDP-Feuersäulen schnell entkräftet werden. Erstaunlicherweise (vielleicht auch nur für mich?) war das Hallenstadion sehr gut gefüllt. Der aufpeitschende Aggro-Metal mit Melodien scheint den aktuellen Nerv der Jugendlichen voll zu treffen. Genau dieses Spiel zwischen "ich-spring-dir-gleich-an-die-Gurgel" und "wir-haben-uns-alle-lieb" sind Gegensätze wie Tag und Nacht. Aber solche die, zusammen mit vielen optischen Möglichkeiten, 5FDP einen würdigen Headliner-Status verliehen.

Bad Wolves
Zuerst standen jedoch die Amis von Bad Wolves auf der Bühne. Ambitioniert startete der Fünfer um Sänger und Muskelpaket Tommy Vext. Dabei forderte der Shouter eine "Wall Oft Death", überforderte einige der Besucher damit und überraschte mit Balladen. Wie auch dem The Cranberries Cover «Zombie». Die neue, moderne Härte, gepaart mit wilder, ungezügelter Energie auf der Bühne, schien den jüngeren Fans viel Freude zu bereiten. Die Bühnenpräsentation wurde speziell von der Saiten-Font mit wehenden Haaren unterstrichen (oder auch bangenden Kahlköpfen) und einem springenden und hüpfenden Shouter. Das Problem bei einer solchen Band wird aber sein, dass zig andere Truppen nur darauf warten, Bad Wolves abzulösen oder mit einem neuen Trend zu beerben. Zwischen den Songs war es sehr ruhig, und kam keine Animation von der Bühne, hätte man vermuten können, das Hallenstadion wäre leer. Trotzdem, die Jungs traten sehr sympathisch auf, verteilten Drum-Sticks, ernteten Applaus mit der Ansprache über Freiheit wie Frieden und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Ich sah zu viele dieser aufkommenden Super-Truppen, die dank der Unterstützung eines grossen Headliners (im Falle von Bad Wolves ist es der 5FDP-Gitarrist Zoltan) plötzlich gross auftrumpften und man danach sehr schnell nichts mehr von ihnen hörte.

Megadeth
Ja, ich bin ehrlich. Ich stand an diesem Abend nur wegen einer Truppe im Hallenstadion. Ich denke Dave Mustaine und sein Ensemble können auftreten mit wem sie wollen, meinen Support haben sie. Der Bandleader, neu mit einem Bart und äusserst schlank, dirigierte durch die kommenden sechzig Minuten. Dies souverän, mit einer unglaublichen Leichtigkeit und einem beherzten Charisma. An seiner Seite überzeugte sein langjähriger Weggefährte Dave Ellefson am Bass, der seine Parts mit einem unheimlichen Druck ins Hallenstadion pumpte. Mit Kiko Loureiro (Gitarren-Gott) begleitete Dave nicht nur ein unglaublicher Virtuose, sondern auch ein Sympathiebolzen, wie er im Buche steht. Stetig in Bewegung, mit einem breiten Grinsen auf den Lippen und einem spitzbübischen Blick, der die Weibchen zum Schmelzen brachte. Diese Drei wechselten immer wieder ihre Positionen. Dabei stand Dave nicht nur in der Bühnenmitte am Mikrofon, sondern war auch mal auf der linken oder rechten Seite anzutreffen. Mister Mustaine hat es nicht nötig, sich stetig in den Vordergrund zu spielen, sondern überlässt den Platz auch seinem Namensvetter oder Kiko.

So wie bei «Conquer And Die!», welches mit einem flamenco-artigen Intro startete und bewies, welch begnadeter Gitarrist der Brasilianer ist. Nicht zu vergessen, Schlagzeuger Dirk Verbeuren, der sehr tight aufspielte und seinen Vorderleuten einen Teppich zauberte, auf denen sich die Drei austoben konnten. Die Mischung der Songauswahl hatte es in sich. Einerseits wurden neue Tracks gespielt wie «Dystopia», «The Threat Is Real» und das schon erwähnte «Conquer And Die!». Andererseits wurden Überraschungen in Form von «Angry Again» und «Dread And The Fugitive Mind» in die Playlist integriert und bekannte Hits, wie der Opener «Hangar 18», «Sweating Bullets» sowie der Oberhammer «Trust» (wie kann man einen eigentlich rockigen Song nur dermassen heavy spielen?!). Am Set, auch wenn unzählige Must-Tracks nicht gespielt wurden, gab es definitiv nichts zu rütteln!

"Thank you, thank you, thank you", bedankte sich Dave immer wieder beim Publikum, das dem Gitarristen fast aus den Händen frass. "How many people have seen Megadeth before?", wollte der genesene Gitarrist wissen. Wer die Truppe zum ersten Mal sah, wusste zumindest nach diesem Konzert, dass sie bis anhin etwas ganz Wichtiges in ihrem Leben verpassten. Der singende Gitarrist sprach erstaunlich viel zum Publikum und liess es wissen, dass er seit dem 16. Oktober 2019 von seinem Arzt die befreiende Diagnose erhielt, dass er krebsfrei sei. Der Dank in dieser schwierigen Zeit richtete sich nicht nur an die Männer in Weiss, sondern auch an seine Familie und seine Fans. Menschen, welche ihm zeigten, dass er den Krebs besiegen wollte und somit zu kämpfen begann. "Thank you for your inspiration and your support!" Interessant auch, dass Mister Mustaine an diesem Abend verdammt gut sang, auch wenn seine Ansagen von einer leicht krächzenden Stimme begleitet wurden.

Dem gewohnten Abschlussdreier in Form von «Symphony Of Destruction», dem Überhit «Peace Sells» und dem verspielten «Holy Wars» war nichts mehr hinzuzufügen. Ausser, dass Megadeth in meinen Augen der würdigere Headliner gewesen wären. Denn alleine mit ihren Videoscreens, den songunterstützenden Filmeinspiel-ungen und dieser unglaublichen Performance waren Megadeth an diesem Abend schlicht eine Macht. Okay, eine Macht wie immer! Am Schluss des Konzertes liess sich der Vierer zu Recht feiern. Dave bedankte sich beim Publikum, verteilte Plektren ohne Ende und verbeugte sich mit seinen Bandkumpels vor den Anwesenden. Das sind Gigs, von denen ich noch meinen Enkeln berichten werde und so ganz nebenbei, auch wenn Mister Mustaine in den Medien oftmals als Persönlichkeit mit "speziellen" Ansichten dargestellt wird. Ein Musiker, der dermassen viel in seinem Leben erreicht und überstanden hat, dem muss man mit dem entsprechenden Respekt gegenüber stehen. Es war ein GÖTTER-Gig, einer GÖTTER-Band mit GÖTTER-Songs, die mit viel Hingabe, Leidenschaft und Spielfreude vorgetragen wurden.

Setliste: «Prince Of Darkness (Intro)», «Hangar 18», «The Threat Is Real», «Sweating Bullets», «Dread And The Fugitive Mind», «Conquer And Die», «Trust», «Angry Again», «Dystopia», «Symphony Of Destruction», «Peace Sells» - «Holy Wars… The Punishment Due», «Silent Scorn (Outro)» - «Shadow Of Deth (Outro)»


Five Finger Death Punch
5FDP klotzten mit einer grossen Bühne, auf der ein Riesenschädel über der Band schwebte, der mit Baseball-Schlägern flankiert wurde. Da hatten wir sie wieder. Die Brutalität, die nur mit Gewalt ihr Ende findet. Genauso hörte sich auch der Sound des Fünfers an. Mechanisch, wie ein Panzerkommando mit ferngesteuerten, modernen, gefühllosen Kampfmaschinen, die aber mit einem breiten Grinsen in den Krieg ziehen. Sänger Ivan Muudy dirigierte seine Gang, und dies mit einem breiten und zufriedenen Lächeln. Man merkte der Truppe nicht mehr an, dass sie vor noch nicht allzu langer Zeit einen internen Kampf mit ihrem Sänger ausfochten, der darin gipfelte, dass Tommy Vext für kurze Zeit den Part von Ivan übernahm. – Ein Schelm, der denkt, dass aus diesem Grund Bad Wolves den Support-Slot für diese Tour erhielten – Was auch immer die Hähne streiten liess, an diesem Abend spürte man nichts mehr von (vergangenen) Streitigkeiten. Der "Death Punch" schlug voll im Hallenstadion ein, wie ein Blitzgewitter. Mit Pyros, reichlich Konfetti und Feuersäulen pumpten die Jungs ihren brachialen Sound in die Menge. Dabei liessen sie sich aber nicht davon abhalten, auf einem Sofa Platz zu nehmen, darauf rum zu lümmeln und die akustischen Momente einzuleiten. "Who see us for the very first time? Welcome to the family!", verkündete Ivan mit stolzer Miene.

Die Mischung aus brutalen, klinischen Parts und melodischen, fast verträumten Momenten trifft, wie schon bei Bad Wolves, den Nerv der Jugendlichen. Was wird aber sein, wenn diese Jugendlichen älter werden und die neue Generation auf andere Sounds steht? Wird sich eine Truppe wie 5FDP so lange im Geschäft behaupten können wie Megadeth, die seit mittlerweile fast vierzig Jahren musizieren? In diesem Moment schien diese Frage kaum jemanden zu interessieren. Vielmehr feierten sich Fans und Band gegenseitig ab und vereinten sich. "One, two fuck you! Oh shit", das waren die Animationssprüche, welche ihr Ziel nicht verfehlten. Immer wieder bildeten sich kleine Mosh-Pits an unterschiedlichen Orten. Vereinzelte Crowdsurfer segelten über die Köpfe der Besucher und Ivan quittierte dies mit einem zufriedenen Kopfnicken. Ein optischer Hingucker ist immer wieder Bassist Chris Kael, der mit seinem Bart wie das Tier aus dem Sumpf aussieht. Es herrschte viel Bewegung auf der Bühne, und wenn man den Reaktionen des Publikums nach urteilt, dann waren 5FDP der passende Headliner an diesem Abend. Für alle? Nein, denn ein kleiner, unbeugsamer… Aber lassen wir das, dies ist eine andere Geschichte…