Wer mich kennt, weiss, dass ich jetzt nicht gerade der
Oberfan von Freedom Call bin, aber deswegen bin ich heute Abend
nicht nach Wetzikon gefahren. Vielmehr galt mein Interesse den
Support-Bands Emerald und Gods Of Silence. Letztere im Wesentlichen
aus den Ruinen der Basler Progressive Metaller von Kirk entstanden.
Der einzig vakante Posten am Gesang wurde treffend durch Maxxwell
Shouter Gilbi Mélendez belegt. Nach Heavy Metal und Hardrock heisst
die dritte Spielwiese nun Progressive Metal mit einem Schuss Power
Metal. Letzteres zelebrieren Emerald bei und zu ihrem neuen
Hammeralbum in Perfektion, und auch hier setzt Leadsänger Mace
Mitchell die Akzente. Die Happy Metal Könige von Freedom Call
performten ihre Sause derweil mit der gewohnten Klasse und wissen
genau, wie sie ihre Fans begeistern. Dass ich hier jetzt halt nicht
dazu gehöre, tat der guten Stimmung jedoch keinen Abbruch. Ich wurde
mit den beiden Schweizer Vorgruppen mehr als nur entschädigt!
Gods Of Silence
Da ich mir die tolle Debüt-CD «Neverland» schon im Vorfeld zugelegt
hatte, war ich jetzt gespannt, wie das live daher kommt. Das heutige
Konzert war erst der zweite öffentliche Auftritt von Gods Of
Silence, allerdings ohne den etatmässigen Keyboarder Bruno Berger,
der ferienbedingt fehlte. Dessen Parts kamen deshalb ausnahmsweise
ab Band, was beim heutigen Headliner jedoch seit je her Standard
ist. Was Gilbi angeht, so darf man seinen Einstieg, ohne das Wirken
des Vorgängers Thomi Rauch schmälern zu wollen, als echten
Glücksfall bezeichnen. Das liegt in erster Linie an der
Wandlungsfähigkeit des aktuellen Frontmannes von Maxxwell, der
eigentlich jeden Stil drauf hat. Zudem konnte man natürlich auch
noch auf den einen oder anderen Kirk-Song hoffen, was sich aber
wegen dem halt üblichen Support-Slot von gut einer halben Stunde
leider nicht bewahrheiten sollte. Dafür stand jedoch das eigene neue
Songmaterial im Fokus, und das hatte es schon in sich. Was sich zu
Kirk’s Zeiten mehr im engeren Progressive-Korsett befand, erhielt
nun eine Erweiterung in Richtung Power Metal, was den Jungs gut zu
Gesicht steht und bezüglich der berühmten wie gefürchteten
Abwechlsung, wenn nicht oder
nur
spärlich vorhanden, klar punkten kann. Eröffnet wurde das Set durch
den knackigen Album-Opener «Army Of Liars», der schon mal die
Richtung vorgab, sprich das, was von Kirk her kannte, aufgepeppt mit
Power Metal. Was schon auf der Studioscheibe auffiel, setzte sich
auch auf der Bühne fort, will heissen, es bestätigte sich, dass man
mit Gilbi kaum einen besseren Nachfolger als Sänger hätten finden
können. Es klang so, als würde die Band schon seit Jahren so
unterwegs sein. Dass die musikalische Essenz auf Schritt und Tritt
an Kirk erinnerte, erfreute mich im Besonderen, denn das
Songmaterial dieser geilen Band war schon immer gut. Die Auswahl der
sechs von insgesamt elf Tracks von «Neverland» vermochte ein sehr
gutes Bild der Gegenwart zu vermitteln. Dass zeitlich bedingt der
Top-Song «Alone» und jegliche alte Kirk-Perlen auf der Strecke
bleiben mussten, vermochte den guten Eindruck nicht zu
beeinträchtigen. Kirk are gone, long live Gods Of Silence!
Setliste: «Army Of Liars» - «You Mean Nothing More» - «Neverland» -
«Wonderful Years» - «Full Moon» - «The Phoenix».
Emerald
Die Schweizer True und mittlerweile mehr Power Metaller um die
Vaucher Brothers Michael (g) und Thomas (keyb) kenne ich schon eine
ganze Weile, aber mein Ding waren sie zu Zeiten ihres ersten Sängers
Jvo Julmy nicht. Der Stil war mir einfach irgendwie zu sperrig und
„zu true“. Erst mit dem Einstieg seines Nachfolgers Thomas Winkler,
der seit 2011 bekanntlich als Angus McFife die Horde von Gloryhammer
anführt, fand zumindest eine musikalische Annäherung an Emerald
statt. Als ich dann die Fribourger Metaller vor ein paar Jahren
(2010 als Support von Savage Grace und Omen in Zürich) mal mit
Master Winkler live sah, war es kurz darauf schon wieder vorbei, da
sich der Frontmann so zu sagen in Richtung Schottland
verabschiedete. Die Rettung nahte allerdings bald und dies in der
Person von George Call (Aska, Cloven Hoof, Ex-Omen), was sich
natürlich als Volltreffer heraus stellte! Leider hielt diese
hoffnungsvolle Kombination nicht lange an. Die (zu) kurze
Zusammenarbeit trug aber immerhin Früchte in Form von drei zusammen
produzierten Songs, die allesamt auf «Reckoning Day», der aktuellen
Scheibe, gelandet sind. Der Rest des Hammer-Teils geht gesanglich
auf das Konto des neuen
Shouters
Mace Mitchell (Silence Lost, Eddie’s Beast), der sich ebenso keine
Blösse gibt und perfekt zur Band passt. Die zumeist sehr guten
Reviews zur neuen Scheibe waren keine Augenwischerei, denn einen
besseren Opener als den Kracher «Only The Reaper Wins» kam man sich
eigentlich nicht wünschen. Das nun gefestigte Line-Up, ergänzt um
Gitarrist Julian Menth (seit 2013) und Bassistin Vania Truttman
(seit 2014) ist definitiv gerüstet für die Zukunft. Der Weg der 1995
(!) gegründeten Combo war steinig und weit bis hierhin, aber das
aktuelle Songmaterial, erweitert um ein paar Reminiszenzen an die
Vergangenheit, hört sich frisch an und wird gesanglich durch Mace
Mitchell formidabel zelebriert. Mir persönlich fehlte allerdings
noch ein Quäntchen mehr Druck, aber es ist halt leider so, dass die
Support-Bands damit leben müssen. Bleibt zu hoffen, dass Emerald auf
dem erreichten Niveau anschliessen und sich im Gespräch halten
können. Die Zugabe in Form des Iron Maiden Classics «Wasted Years»
kann durchaus in Auge gehen, doch dies blieb zum Glück aus und war
mit Sicherheit die bessere Wahl als das auch schon eher verhunzte
«Two Minutes To Midnight».
Setliste: «Only The Reaper Wins» -
«Revenge» - «Tears Of A Warrior» - «Reckoning» - «Day Hard To Be
True» - «Harleking» - «Horns Up» - «Wasted Years».
Freedom Call
Meine diesjährige Dosis an Freedom Call war spätestens nach dem
Auftritt im Sommer anlässlich der Highland Games in Hägendorf mehr
als gesättigt! Somit hätte ich jetzt eigentlich umgehend wieder nach
Hause fahren können, doch dann hätten sich meine zwei
Begleitpersonen, wovon eine den Headliner sehr verehrt, ein
logistisches Problem eingehandelt. Das musste ich also durch und es
dauerte in der Tat nicht lange, bis ich mich dezent zurück nach
hinten in Richtung Bar zurück zog. Derweil zogen Mainman Chris Bay
und seine Jungs vom Opener «Tears Of Babylon» an einen gewohnt
anregenden Set im Rahmen ihrer «Master Of Light»-Tour 2017 vom
Leder. Selbst wenn man die Truppe, wie ich, musikalisch überhaupt
nicht mag, muss man der Band jedoch attestieren, dass sie ihr Ding
authentisch und stets mit viel Freude durchziehen. Das zieht, wie
bei vielen anderen Bands ebenso, mitunter halt stets die gleichen
Sprüche nach sich, aber das gehört automatisch dazu. Das gut
antizipierende Publikum machte es dem Headliner einfach, die
einfache Botschaft ihres oft pfeilschnell gespielten Happy Metals
entsprechend zu vermitteln. Eine zwischenzeitliche Linderung meiner
Qualen erfolgte eigentlich nur bei «The Quest» und der Zugabe «Land
Of Light», da hierbei Erinnerungen an den Hammer-Gig von Axxis am
diesjährigen
BHY!!!-
Festival aufkamen. Alles andere mit zumeist nölenden Synthie-Sounds
ab Band, hymnischen Mitsing-Parts ohne Ende und noch Rumgehüpfe dazu
war wieder mal zu viel für meine Nerven. Die könnten auch drei
Stunden spielen, und es würde nicht besser werden. Doch wie man eine
friedliche Metal-Party anzettelt, wissen die Jungs perfekt in Szene
zu setzen, keine Frage. Nach dem Konzert mischten sich Ilker Ersin
(b), ein sichtlich ausgelaugter Ramy Ali (d) und Lars Rettkowitz (g)
unter die Leute im Fumoir-Bereich der „Hall of Fame“. Dabei konnte
ich mich noch einige Zeit mit Lars unterhalten, und dieser stellte
sich dabei als eloquenter und umgänglicher Typ heraus. Als ich ihm
meine Rolle vor Ort mitteilte und auch, dass ich nicht so der Fan
von Freedom Call bin, bat er mich, ich solle doch nichts Schlechtes
über das Konzert berichten. Ich beschwichtigte ihn und sagte, dass
mein persönlicher Geschmack kein Gradmesser sei und er ja auch
mitbekommen habe, wie sich das anwesende Publikum bestens
unterhalten habe. Somit konnte dieser Gedankenaustausch mit einer
versöhnlichen Note beendet werden.
Setliste: «Intro» -
«Tears Of Babylon» - «United Alliance» - «Kings Rise And Fall» -
«Union Of The Strong» - «Freedom Call» - «Hammer Of The Gods» -
«Masters Of Light» - «The Quest» - «Carry On» - «Mr. Evil» - «A
Perfect Day» - «Metal Is For Everyone» -- «Power & Glory» -
«Warriors» - «Land Of Light».
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