Die mittlerweile vierte Ausgabe des labeleigenen Festivals von
Frontiers Records hatte in diesem Jahr ein Lineup der wahren
Extraklasse zu bieten! Steelheart, LA Guns, Tyketto, Revolution
Saints, Eclipse, Crazy Lixx und viele mehr. Dies zog auch in diesem
Jahr nicht nur italienisches Publikum, sondern Fans aus ganz Europa
nach Trezzo nahe Mailand. Mit einem relativ gut organisierten
Einlass war der Live Club zur ersten Band um 15 Uhr schon sehr gut
gefüllt.
Die Eröffnungsehre hatten PALACE. Die Schweden um Sänger Michael
Palace hatten ihr Debütalbum „Master Of The Universe“ im Gepäck und
absolvierten ihren bisher zweiten Liveauftritt überhaupt.
Dementsprechend wirkte die Show zum Teil noch etwas holprig, es gab
kleine technische Schwierigkeiten und Sänger Michael schien etwas
nervös. Womöglich waren deshalb seine Vocals im Titeltrack „Master
Of The Universe“ bei den hohen Tönen ziemlich grenzwertig. Nun ja,
mit etwas Übung wird Palace zukünftig bestimmt überzeugender. Als
Festivalopener haben sie sich trotzdem gut geschlagen und bekamen
nach ihrem 35 Minuten Set regen Applaus.
Als anschließend die
Newcomer ONE DESIRE mit ihrem Ohrwurm-Opener „Hurt“ die Bühne
enterten, war schnell klar: Im Vergleich zur vorherigen Band lagen
dort
Welten
dazwischen. Die jungen Finnen wirkten von Anfang an
hochprofessionell. Die Bühnenerfahrung waren ihnen anzumerken, nicht
nur durch die aktuelle Tour im Vorprogramm von Eclipse, sondern auch
aus früheren Bands, denn Sänger André Linman sang bereits in der
erfolgreichen Teenie-Rockband Sturm und Drang. Die Songs des
großartigen Debütalbums kamen live fantastisch an. Songs wie
„Apologize“, „Love Injection“ und „Whenever I’m Dreaming“ wurden vom
Publikum gefeiert und André Linman legte trotz gesundheitlicher
Probleme ein TOP Gesangsleistung hin. „Buried Alive“ schloss das
kurzweilige, 40-minütige Set ab und man darf hoffen, noch viel von
dieser tollen, vielversprechenden Band zu hören und zu sehen.
Schon als dritte Band durften CRAZY LIXX ran. Da Live Auftritte der
Schweden in den letzten Jahren leider etwas seltener geworden sind,
war die Vorfreude auf diesen Gig umso größer. Mit „Wild Child“, der
ersten Single der neuen Scheibe „Ruff Justice“, bretterte das
Fünfergespann im neuen Lineup mit voller Power los. Bei der gut
sortierten Setlist gab es neben den neueren Songs natürlich auch
alte Hits zu hören, von denen Crazy Lixx zu Genüge haben: „Blame It
On Love“, „Hell Raising Women“, „Girl Of The 80s“, „Heros Are
Forever“ und das neue “Walk The Wire” mit Klassikerpotential. Nach
dem Wechsel beider Gitarristen wirkte die Band mit den Neulingen
Jens Lundgren und Chrisse Olsson super eingespielt und die
Spielfreude war allen anzusehen. Auch Bassist Jens Sjöholm heizte
dem Publikum ordentlich ein. Sänger Danny Rexon fasste sich mit
Ansagen recht kurz und überzeugte mit seiner gewohnt hervorragenden
Gesangsleistung. Der Sound war nicht ganz optimal, doch das tat dem
Spaß keinen Abbruch. Der 55 Minuten Gig verging wie im Flug und fand
mit dem Partykracher „21 Til I Die“ einen glorreichen Abschluss.
Die
Schweden gaben sich praktisch die Klinke, denn ECLIPSE standen als
nächstes auf der Running Order. Eclipse habe ich nun schon mehrfach
gesehen und es ist kaum auszumachen, welches ihr bestes Konzert war.
Man glaubt wohl immer, die letzte Show war die beste, weil sie einen
einfach immer umhauen und man eine Steigerung gar nicht für möglich
hält. Dem Schema folgten sie auch beim Frontiers Rock Festival. Mit
„Vertigo“ und „Never Look Back“ vom neusten Werk „Monumentum“
eröffnete das Quartett und bewies seine Klasse, allen voran
Goldkelchen Erik Mårtensson. Manche Menschen scheinen wirklich für
die Bühne geboren zu sein und Erik ist definitiv einer der wenigen!
Von der ersten Sekunde an zieht er die Menge in seinen Bann und
lässt sie mit seiner überragenden Stimme und seiner sympathischen
Ausstrahlung nicht los. Doch ein Top Frontmann funktioniert
natürlich nur mit top Instrumentalisten perfekt. Und die sind mit
Gitarrist Magnus Henriksson, Bassist Magnus Ulfstedt und dem immer
noch als „neu“ vorgestellten Philip Crusner auch wirklich vorhanden.
Mit „Battlegrounds“, dem fantastischen „The Storm“ und „I Don’t
Wanna Say I’m Sorry“ vom Vorgänger „Armageddonize“ und „Runaways“
reihte sich ein Kracher nach dem anderen. Derzeit auf „Monumentum“
Tour präsentierten die Schweden viel Material vom neusten Album:
„Downfall Of Eden“ und „Black Rain“ brachten richtig Power und bei
„Jaded“ gab sich special guest Michele Luppi (Keyboarder u.a. bei
Whitesnake) die Ehre und sang diesen gemeinsam mit Erik. Eclipse
hinterließen im Publikum reihenweise strahlende Gesichter, erhielten
sehr viel Applaus und waren sicherlich nicht nur für mich DAS
Highlight des ersten Festivaltages.
Anschließend kam mit den REVOLUTION SAINTS erneut viel Prominenz
auf die Bühne. Das Projekt des Journey Drummers Dean Castronovo,
Ex-Whitesnake/The Dead Daisies Gitarrist Doug Aldrich und
Bassist/Sänger Jack Blades (Night Ranger, Damn Yankees) brachten
Songs ihres hoch gelobten, selbstbetitelten Albums von 2015 auf die
Bühne. Eröffnet wurde gleich mit dem stärksten Track „Back On My
Trail“. Nach den eigenen Liedern kamen zum Schluss noch ein paar
Songs ihrer Stammformationen: „Love Will Set You Free“ (Whitesnake),
„Coming Of Age“ der Damn Yankees und Journey’s „Higher Place“ vom
„Arrival“ Album. Dean Castronovo’s tolle Gesangsstimme ist auch live
ein Genuss. Teilweise sang er hinter dem Schlagzeug sitzend, doch
zum Teil kam er auch vorne an’s Mikro und wurde am Schlagzeug
ersetzt. Definitiv sehenswert, wenn auch nicht so mitreißend wie die
beiden Vorgänger.
Eine
ganz besondere Show gab es vom Co-Headliner TYKETTO, welche zuvor
bereits angekündigt hatten, das komplette „Don’t Come Easy“ Album
live zu spielen. Allerdings fingen sie mit „Sail Away“ an und
spielten die Songs in umgekehrter Reihenfolge, damit das Publikum
nicht schon nach ihrem Überhit „Forever Young“ abhauten, wie uns
Danny Vaughn aufklärte. Und das funktionierte wunderbar und das
herrlich melodiöse „Sail Away“ entpuppte sich zum tollen Opener. So
enthielt das Set neben den großen Hits wie „Wings“, „Lay Your Body
Down“ und „Burning Down Inside“ auch einige seltener gehörte Tracks
wie „Strip Me Down“, „Nothing But Love“, „Walk One Fire“ und
„Seasons“. Die ganze Band war gut aufgelegt und Danny Vaughn blickte
angesichts des 26. Jubiläums von „Don’t Come Easy“ emotional zurück
auf die Anfänge der Band. Er erzählte augenzwinkernd über seine
angepassten Ziele und materiellen Bedürfnisse, wie sich z. B. die
Größe des Hauses und des Autos als Erfolgsmerkmal des Rockstarlebens
stetig verkleinert und er nun aber mit seinem Toyota Yaris sehr
zufrieden ist. Im Namen der Band bedankte er sich bei allen Fans für
die Treue. Es bedeute ihnen sowieso am meisten, zu sehen, wie ihre
Songs Menschen durch’s Leben begleitet und berührt haben. Darauf
folgte mit „Standing Alone“ der Song, der wohl besonders viele
berührte und wurde zum fantastischen Showhighlight. Zum Abschluss
gab’s noch „Rescue Me“ sowie die Titeltracks der beiden letzten
Alben „Dig In Deep“ und „Reach“. Toller Auftritt, der für ein DVD
Release aufgezeichnet wurde und den somit bald auch Nichtanwesende
im heimischen Wohnzimmer genießen dürfen.
Die Headliner Position des ersten Tages war mit einer echten
Live-Rarität besetzt. Es zog wirklich jeden vor die Bühne, um
STEELHEART, die Band um Ausnahmesänger Miljenko Matijevic mal live
zu erleben. Mit „Blood Pollution“ und „Livin The Life“ vom Rockstar
Soundtrack ging’s gleich in die Vollen. Sogar den neuen Track „My
Dirty Girl“ des im Herbst erscheinenden Albums gab es zu hören.
Spätestens bei „She’s Gone“ merkte wohl jeder, dass er es immer noch
kann – stimmlich einfach nur WOW!!! Doch es folgt ein großes Aber…
Denn schon nach drei Songs ein Instrumental über gefühlte 10 Minuten
und ständige Pausen sogar innerhalb der Songs haben die anfänglich
gute Stimmung leider schnell kaputt gemacht. Eine Interaktion mit
dem Publikum gab es praktisch gar nicht. Mili (und seine Mitstreiter
im Hintergrund) zog seine Show ab, lief immerzu auf der Bühne umher
und wirkte gänzlich unsympathisch, ja sogar schon etwas arrogant und
desinteressiert. So lichteten sich die Reihen zeitweise etwas, bevor
die zwei Kracher „I’ll Never Let You Go“ und „We All Die Young“ die
Stimmung nochmal in die Höhe trieb. Augen zu und träumen! Da reicht
wirklich das Zuhören, denn unterhaltsam war die Show leider nicht.
Nun ja, je größer die Vorfreude, desto höher das Risiko enttäuscht
zu werden. Und das waren nach Steelheart ganz sicher einige Leute.
Nichtsdestotrotz hatte das Frontiers Rock Festival
einen wahnsinnig starken ersten Festivaltag zu bieten, welcher kaum
Verschnaufpausen zuließ. Der zweite Tag hatte da zwangsläufig ein
etwas schwächeres Billing, doch das birgt bekanntlich auch Raum für
Überraschungen.
Die Newcomer CRUZH durften den
zweiten Festivaltag eröffnen. Die Südschweden hatten ihr
selbstbetiteltes Debütalbum im Gepäck und feierten in Trezzo ihren
allerersten Live Auftritt, für den sogar die Eltern der blutjungen
Musiker angereist waren. Zwar war ihnen die Unerfahrenheit und etwas
Nervosität anzumerken, doch für ihr Live Debüt schlugen sie sich
wirklich gut. Die Songs „First Cruzh“, „Aim For The Head“ und die
Bon Jovi Hommage „In And Out Of Love“ gingen in’s Ohr und schafften
eine guten Start in den zweiten Tag.
Mit ihrem wunderbaren aktuellen Album „A World Of Fools“ freute
ich mich auf LIONVILLE ganz besonders. Und das
italienisch-schwedische Gespann konnte mich auch live voll
überzeugen! Zauberhafte Melodien, großartige Songs und ein
phänomenaler Sänger. Lars Säfsund zuzuhören und zuzusehen war
magisch. Mit seiner ruhigen, aber immensen Ausstrahlung , dem
gefühlvollen Gesang und seinem ansteckenden Lächeln hat er die
Zuschauer in seinen Bann gezogen. Neue Songs wie „I Will Wait“,
„Show Me The Love“, „A World Of Fools“ oder „Bring Me Back Our Love“
waren live genauso fantastisch. Bei “Power Of My Dreams” durfte
Gitarrist und Songschreiber Stefano Lionetti auch mitsingen und
wirkte vollkommen glücklich, aber auch etwas nervös und leicht
unbeholfen bei den Ansagen. Ein großartiger Auftritt! Es ist fast
schon etwas schade, dass diese hoch professionelle und hoch
qualitative Band „nur“ an zweiter Spielposition stand, hätten sie
eine höhere Position mehr als verdient.
So hätte die Position mit den anschließenden ADRENALINE RUSH gerne
getauscht werden können. Die junge schwedische Band um Sängerin Tåve
Wanning hatten ihr Live Debüt beim allerersten Frontiers Rock
Festival und durften –in geänderten Band-Lineup- 2017 wieder ran.
Mit „Adrenaline“ und der Single „Love Like Poison“ vom aktuellen
Album „Soul Survivor“ gaben die Schweden von Anfang an Power auf der
Bühne. Allerdings bin ich, ehrlich gesagt, kein so großer Fan von
Frauengesang und das änderte sich auch mit diesem Auftritt leider
nicht. Musikalisch kann man echt nichts aussetzen, doch stimmlich
war es absolut nicht mein Fall und teils ziemlich schrill. Nun ja,
es muss einem ja nicht alles gefallen.
Da der erste,
anstrengende Festivaltag seine Spuren hinterlassen hat, gönnte ich
mir bei Kee Marcello und Unruly Child schweren Herzens eine
Verschnaufpause, um für die Co-Headliner wieder fit zu sein.
Die
L.A. GUNS versprachen einen denkwürdigen Live Auftritt, denn erst
kürzlich ist Tracii Guns wieder zur Formation des Sängers Phil Lewis
dazu gestoßen. Dementsprechend groß war der Andrang im Live Club
Trezzo. Die US-Hard Rocker ließen sich nicht lange bitten und
fackelten mit „Mercy“ und „Electric Gypsy“ gleich regelrecht die
Bühne ab, gefolgt von Hits wie „Sex Action“, „Bitch Is Back“, „One
More Reason“ oder „Malaria“. Hatte mich L.A. Guns nur mit dem
sympathischen Phil Lewis beim letztjährigen Sweden Rock Festival
schon umgehauen, war es nun ein Genuss, die Band mit
Gründungsmitglied Tracii Guns an der Gitarre zu erleben und machte
einfach nur Spaß. Natürlich sind beide in die Jahre gekommen, doch
sind sie immer noch sichtlich mit Herzblut dabei und leben dies aus.
Und im Gegensatz zu manch anderen alternden Rockstars kauft man
ihnen das optisch auch noch voll und ganz ab, ohne albern zu wirken.
Bei der 75 minütigen „Powerparty“ durfte selbstverständlich auch
nicht die herrliche „Ballad Of Jayne“ als Zugabe fehlen. Ihr jungen
Bands – seht und lernt! Klasse Auftritt!!! Für mich der Headliner!
Der Festivalabschluss blieb TNT zu Teil. Die Norweger, wieder mit
Sänger Tony Harnell vereint, waren für viele Besucher ein würdiger
Headliner. Für mich hatten sie es nach dem starken Auftritt der L.A.
Guns schwer. Und da ich die Band auch in der Besetzung bereits mehr
als einmal gesehen hatte, hatten sie nicht mein ungeteiltes
Interesse.
Wieder einmal bleibt ein durchweg und überaus
positiver Eindruck des Frontiers Rock Festivals, welches nicht nur
durch ein hochkarätiges Billing überzeugend kann, sondern sich vor
allem durch seine unheimlich tolle Atmosphäre auszeichnet: ein
toller Club in guter Lage und ausreichend Parkplätzen, gute
Organisation und ein super angenehmes, lockeres Publikum aus ganz
Europa. Die meisten Bands genossen ebenfalls die Stimmung auch waren
auch nach ihren Gigs im Innen- und Außenbereich des Clubs unterwegs
und waren für Fotos, Autogramme und Plaudereien immer zu haben.
Zudem konnte man sich mit Merchandise und CDs zu humanen Preisen
(max. 10€ pro CD) eindecken, auch wenn es etwas schändlich ist, dass
die Alben einiger anwesenden Bands bei der Plattenfirma bereits nach
einem halben Tag ausverkauft waren. Abgesehen davon ist der
Veranstalter nur zu loben und das Festivals wärmstens zu empfehlen!
Seien wir gespannt auf das Billing für 2018, doch enttäuschen kann
es wohl kaum.
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