In Luzern stellt man sich auf
einen langen und prestigeträchtigen Abend ein: Grössen wie Gama Bomb
und Artillery, vor allem aber auch die brasilianischen Torture Squad,
die mit der „Speed Of Sound-Tour“ ihr 20-jähriges Bestehen feiern,
geben sich im Sedel die
Ehre. Unterstützt werden sie von den norwegischen Newcomern Tartara und
an diesem Abend auch von den Luzernern Intractable. Der Abend beginnt
früh und so ist zu Beginn noch nicht gerade die Hölle los, aber die paar
Metalheads, die es schon um sieben Uhr ins Sedel geschafft haben,
bescheren der ersten Band – Intractable – einen gebührenden Empfang.
Intractrable
In den letzten Monaten sieht man den Namen dieser Luzerner Lokal-Heroes
immer häufiger auf Flyern und Plakaten und zwar nicht nur in der
Region. Da scheint jemand mächtig aufs Gaspedal zu treten und sich
langsam aber sicher einen Namen zu machen. Ein Alleinstellungsmerkmal
haben die vier Herren aus der schönen Zentralschweiz allemal: Sänger,
die gleichzeitig Schlagzeug spielen, bzw. Schlagzeug spielende Sänger
gibts nun mal nicht wie Sand am Meer. Intractable ziehen ihr Ding
überzeugend durch und lassen ein immer noch zahlenmässig kleines, aber
zufriedenes Publikum zurück.
Tantara
Nach den Luzernen betreten die Norweger von Tantara die Bühne. Dass sie
was auf dem Kasten haben müssen, wird schon voraus gesetzt, denn mit
Torture Squad, Gama Bomb und Artillery ist man nicht umsonst auf Tour.
Tatsächlich hat die Truppe technisch wirklich was drauf, spielt tight
und sauber, der wahnsinnig gut gemischte Sound im Sedel tut sein
Übriges zur guten Stimmung. Zu Beginn des Gigs noch etwas verhalten,
taut das Publikum nach der Hälfte der Show langsam auf und schreit auch
bei den zahlreichen Gang-Shout-Passagen zünftig mit. Beim klassischen
Thrash-Sound der Skandinavier wechseln sind prügelnde Doublebass- und
Offbeat-Parts mit groovenden Passagen ab, und vor allem bei den
Gitarren-Soli überzeugen sie mit ihrem Können. Was live ja auch immer
gut kommt, ist, wenn Ansagen souverän und sympathisch rüber gebracht
werden – auch das haben die Jungs drauf. Sänger und Gitarrist Fredrik
Bjerko gibt beispielsweise gerne mal Tipps, wie man so gut aussehen kann
wie Bassist Emil. Die vier Norweger können auf ganzer Linie überzeugen
und im Sedel macht sich immer bessere Stimmung breit.
Torture Squad
Unerwarteterweise betreten die Brasilianer von Torture Squad schon als
dritter Act die Bühne. Nach kurzer Schockstarre scheint das auch das
mittlerweile zahlreichere Publikum zu begreifen und geht voll mit dem
knackigen Sound mit. Präzises Riffing, eine geile Stimme, kurze,
irrwitze Soli und
geradezu wagemutig viele Breaks prägen die Musik der Südamerikaner. Zum
20-jährigen Jubiläum überraschen die Jungs mit einigen
Line-Up-Wechseln: zu dritt ist man nun auf der Bühne, an Gitarre und
Vocals finden sich nun André Evaristo, der erst seit 2011 bei Torture
Squad ist und Vitor Rodriguez an den Vocals, sowie Augusto Lopes an der
Gitarre abgelöst hat. Ebenfalls neu stimmlich aktiv ist Bassist Castor,
der aber schon seit 1993 die Saiten zupft. Am Schlagzeug sitzt seit
1992 Amilcar Christofaro. Von den Gründungsmitgliedern spielt kein
einziges mehr bei der Band. Bei der Show ist das aber allen Anwesenden
egal, denn das Trio überzeugt auf ganzer Linie und der Sound, der hier
im Sedel hin gezaubert wird, ist wirklich was vom Besten, was ich je an
einer Liveshow erleben durfte – und so wenige sind das nicht.
Artillery
Als
nächstes kommen die Veteranen von Artillery aus Dänemark zum Zuge – und
haben schon wieder einen neuen Schreihals am Start. Wobei hier die
Bezeichnung „Schreihals“ wohl fast etwas zu sehr unverdiente Lorbeeren
sind – denn das Blondlöckchen schreit nicht etwa, sondern trällert
beinahe operngleich Arien vor sich hin. Das mag einem nun gefallen oder
nicht, ich finde, dass es zum Sound von Artillery etwa so gut passt wie
Sushi zu Spaghetti Bolognese. Michael Bastholm Dahn ist seit 2012 bei
Artillery und hat schon eine rege Bandlaufbahn hinter sich, unter
anderem bei Ripe, einer dänischen Heavy Metal Band. Singen kann der
Mann sicher, nur schafft er es halt, aus dem knackigsten und giftigsten
Riff mit seiner Stimme eine Barry-Manilow-Ballade zu machen. Das
schafft mich – ich kriege leider keine Setliste, weil das halte ich
nicht aus und verlasse unter stillem Protest den Raum. So viel zu einer
geilen Thrash Band mit dem falschen Sänger. Ist ja nicht das erste Mal,
dass Artillery so was machen...
Gama
Bomb
Der Abend wird dann aber doch noch gerettet – und zwar so was von! Die
Iren von Gama Bomb rocken das Sedel tüchtig durch, haben enorm viel
Spass an der Sache und stecken damit alle an. Beinharte Gitarrenarbeit,
kombiniert mit einer einzigartigen, unverwechselbaren Stimme – so muss
das sein! Es wird gebangt und gemosht was das Zeug hält und ich komme
langsam über den Arien-Stimmen-Schock der vorherigen Band hinweg und
schüttle ebenfalls mein Haupt. Der absolute Höhepunkt ist ein Song für
und über Willem Dafoe – so was muss man einfach lieben! Ich kauf mir
jetzt noch ein geiles Girlie mit pinkem Aufdruck und gehe mit
Nackenschmerzen gesegnet nach Hause, den Bomben sei Dank!
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