Livereview: Gama Bomb - Artillery - Torture Squad - Tantara - Intractable

10. Mai 2013, Luzern - Sedel
By Lucie W. – Pics by Daniela S.
In Luzern stellt man sich auf einen langen und prestigeträchtigen Abend ein: Grössen wie Gama Bomb und Artillery, vor allem aber auch die brasilianischen Torture Squad, die mit der „Speed Of Sound-Tour“ ihr 20-jähriges Bestehen feiern, geben sich im Sedel die Ehre. Unterstützt werden sie von den norwegischen Newcomern Tartara und an diesem Abend auch von den Luzernern Intractable. Der Abend beginnt früh und so ist zu Beginn noch nicht gerade die Hölle los, aber die paar Metalheads, die es schon um sieben Uhr ins Sedel geschafft haben, bescheren der ersten Band – Intractable – einen gebührenden Empfang.

Intractrable
In den letzten Monaten sieht man den Namen dieser Luzerner Lokal-Heroes immer häufiger auf Flyern und Plakaten und zwar nicht nur in der Region. Da scheint jemand mächtig aufs Gaspedal zu treten und sich langsam aber sicher einen Namen zu machen. Ein Alleinstellungsmerkmal haben die vier Herren aus der schönen Zentralschweiz allemal: Sänger, die gleichzeitig Schlagzeug spielen, bzw. Schlagzeug spielende Sänger gibts nun mal nicht wie Sand am Meer. Intractable ziehen ihr Ding überzeugend durch und lassen ein immer noch zahlenmässig kleines, aber zufriedenes Publikum zurück.


Tantara
Nach den Luzernen betreten die Norweger von Tantara die Bühne. Dass sie was auf dem Kasten haben müssen, wird schon voraus gesetzt, denn mit Torture Squad, Gama Bomb und Artillery ist man nicht umsonst auf Tour. Tatsächlich hat die Truppe technisch wirklich was drauf, spielt tight und sauber, der wahnsinnig gut gemischte Sound im Sedel tut sein Übriges zur guten Stimmung. Zu Beginn des Gigs noch etwas verhalten, taut das Publikum nach der Hälfte der Show langsam auf und schreit auch bei den zahlreichen Gang-Shout-Passagen zünftig mit. Beim klassischen Thrash-Sound der Skandinavier wechseln sind prügelnde Doublebass- und Offbeat-Parts mit groovenden Passagen ab, und vor allem bei den Gitarren-Soli überzeugen sie mit ihrem Können. Was live ja auch immer gut kommt, ist, wenn Ansagen souverän und sympathisch rüber gebracht werden – auch das haben die Jungs drauf. Sänger und Gitarrist Fredrik Bjerko gibt beispielsweise gerne mal Tipps, wie man so gut aussehen kann wie Bassist Emil. Die vier Norweger können auf ganzer Linie überzeugen und im Sedel macht sich immer bessere Stimmung breit.


Torture Squad
Unerwarteterweise betreten die Brasilianer von Torture Squad schon als dritter Act die Bühne. Nach kurzer Schockstarre scheint das auch das mittlerweile zahlreichere Publikum zu begreifen und geht voll mit dem knackigen Sound mit. Präzises Riffing, eine geile Stimme, kurze, irrwitze Soli und geradezu wagemutig viele Breaks prägen die Musik der Südamerikaner. Zum 20-jährigen Jubiläum überraschen die Jungs mit einigen Line-Up-Wechseln: zu dritt ist man nun auf der Bühne, an Gitarre und Vocals finden sich nun André Evaristo, der erst seit 2011 bei Torture Squad ist und Vitor Rodriguez an den Vocals, sowie Augusto Lopes an der Gitarre abgelöst hat. Ebenfalls neu stimmlich aktiv ist Bassist Castor, der aber schon seit 1993 die Saiten zupft. Am Schlagzeug sitzt seit 1992 Amilcar Christofaro. Von den Gründungsmitgliedern spielt kein einziges mehr bei der Band. Bei der Show ist das aber allen Anwesenden egal, denn das Trio überzeugt auf ganzer Linie und der Sound, der hier im Sedel hin gezaubert wird, ist wirklich was vom Besten, was ich je an einer Liveshow erleben durfte – und so wenige sind das nicht.



Artillery
Als nächstes kommen die Veteranen von Artillery aus Dänemark zum Zuge – und haben schon wieder einen neuen Schreihals am Start. Wobei hier die Bezeichnung „Schreihals“ wohl fast etwas zu sehr unverdiente Lorbeeren sind – denn das Blondlöckchen schreit nicht etwa, sondern trällert beinahe operngleich Arien vor sich hin. Das mag einem nun gefallen oder nicht, ich finde, dass es zum Sound von Artillery etwa so gut passt wie Sushi zu Spaghetti Bolognese. Michael Bastholm Dahn ist seit 2012 bei Artillery und hat schon eine rege Bandlaufbahn hinter sich, unter anderem bei Ripe, einer dänischen Heavy Metal Band. Singen kann der Mann sicher, nur schafft er es halt, aus dem knackigsten und giftigsten Riff mit seiner Stimme eine Barry-Manilow-Ballade zu machen. Das schafft mich – ich kriege leider keine Setliste, weil das halte ich nicht aus und verlasse unter stillem Protest den Raum. So viel zu einer geilen Thrash Band mit dem falschen Sänger. Ist ja nicht das erste Mal, dass Artillery so was machen...


Gama Bomb
Der Abend wird dann aber doch noch gerettet – und zwar so was von! Die Iren von Gama Bomb rocken das Sedel tüchtig durch, haben enorm viel Spass an der Sache und stecken damit alle an. Beinharte Gitarrenarbeit, kombiniert mit einer einzigartigen, unverwechselbaren Stimme – so muss das sein! Es wird gebangt und gemosht was das Zeug hält und ich komme langsam über den Arien-Stimmen-Schock der vorherigen Band hinweg und schüttle ebenfalls mein Haupt. Der absolute Höhepunkt ist ein Song für und über Willem Dafoe – so was muss man einfach lieben! Ich kauf mir jetzt noch ein geiles Girlie mit pinkem Aufdruck und gehe mit Nackenschmerzen gesegnet nach Hause, den Bomben sei Dank!