Livereview: Ghost - Zombi

18. April 2017, Zürich – Volkshaus
By Rockslave
Der April war nicht gerade arm an Konzertterminen! Gut, welcher Monat schon nicht in den letzten Jahren?! Doch wenn Ghost in die Schweiz kommen, heisst es zumindest für mich, ungeachtet des vollen Kalenders, klar „go“! Die schwedischen (Ok-) Kult-Rocker haben sich spätestens seit dem letztjährigen Gewinn des Grammys in der Kategorie „Best Metal Performance“ einen Namen in der Szene gemacht. Gleichzeitig polarisert die Band stark und es gibt, wie bei Mercyful Fate / King Diamond, nur zwei Lager. Entweder man verehrt oder man hasst sie! Dazwischen gibt es eigentlich nichts, doch spätestens mit dem Album «Meliora» (2015) und dem Hammer-Slowtune «He Is» haben Papa Emeritus III und seine nameless Ghouls den Status als Geheim-Tipp abgelegt. Sie deswegen gleich als „kommerziell“ einzustufen, liegt fern, denn Abwechslung ist mitunter eines der Zauberwörter, das den potenziellen Hörer abholt und letztlich auch fesselt. Obwohl das Tragen der Band-Shirts auch unter Musikerkollegen und Promis als „hip“ gilt, ist es nach wie vor die Musik von Ghost, die im Zentrum steht. Diese stand auch für den Support-Act Zombi im Vordergrund, wenn auch viel weniger beachtet.

Zombi

Immer wenn im Zürcher Volkshaus der Balkon geöffnet ist, kann man davon ausgehen, dass es mindestens gegen zehn Hunderschaften und mehr (sold out wären 1‘500) zugegen haben wird. Zu Beginn des Konzertabends, als das Duo (!) Zombi auf die Bühne stieg, war davon aber noch nicht so viel zu sehen. Dennoch fand sich eine ordentliche Schar Leute vor der Bühne ein, um den ersten Klängen zu lauschen. Da ich die Combo zuvor nicht kannte, machte ich mir zuerst mal auf der Grundlage des Bandnamens eine Vorstellung von der Musik, die jedoch voll ins Leere lief. Dass die beiden Protagonisten Steve Moore (Synthesizers, Bass) und A. E. Paterra ihr Ding schon seit 2001 durchziehen, wusste ich vorher ebenso wenig, wie dass wir es hier nur mit instrumentaler Mucke zu tun bekamen. Es dauerte somit nicht lange, respektive dafür reichte meine Zeit im Foto-Pit längstens aus, um wahr zu nehmen, dass dem wirklich so ist. Was am Anfang noch einen gewissen Reiz verströmte und durch den Part mit der Bassgitarre für einen musikalischen Farbtupfer, wenn nicht das rhythmische Highlight der ganzen Performance sorgte, wandelte sich bald in einen eher drögen bis mitunter langweiligen Beitrag. Da das Publikum, zumindest der Rest, der nicht im Foyer oder sonst wo rumlümmelte, das durchschnittliche Mass an Anstand besass, wurden die instrumentalen Kompositionen mit einem immerhin klar wohlwollenden Applaus bedacht. Da ich selber jedoch keinen Bock auf Zombi verspürte, gehörte ich ebenso zu den Abtrünnigen. Die häusliche wie audiomässige Aufarbeitung des Backkataloges förderte letztlich dennoch das eine oder andere Brauchbare hervor. Einiges erinnert an die 80er, nicht zuletzt auch, weil hierzu handgemachte Drums im Einsatz sind. Zum anderen sind die Zitate aber oft beim französischen Klangpionier Jean-Michel Jarre oder bei Tangerine Dream entlehnt, oder soll ich besser sagen geklaut und leiden deshalb oft unter der Gleichförmigkeit des manchmal seelenlosen Songwritings. Was das Ganze halbwegs rettet, ist in der Tat der Schlagzeugsound, der sich auch live entfalten konnte. Allerdings hätten hier die sonst eigentlich verpönten dreissig Minuten völlig ausgereicht, doch heute Abend musste man zuerst eine gefühlsmässig unendlich lange Dreiviertelstunde über sich ergehen lassen.



Ghost

Nach dem brillanten letzten Studioalbum «Meliora» von 2015 hat die schwedische Ausnahmetruppe letztes Jahr mit der EP «Popestar» neues Material (inklusive weiterer Cover-Versionen) vorgelegt, ehe es womöglich sogar im kommenden Herbst das nächste Langeisen absetzen wird. Schon vor vier Jahren vermochte «If You Have Ghost» das Warten auf «Meliora» wenigstens etwas abzufedern. Im Vorfeld der aktuellen Tour machten Tobias Forge alias Papa Emeritus III und der ehemalige Gitarrist und Ghoul Simon Söderberg allerdings dadurch Schlagzeilen, dass Ersterer offenbar gleich alle Ghouls vor der laufenden Tour feuerte und einer davon, eben Mr. Söderberg, bald darauf frisch und fröhlich bekannt gab, wer die anderen Leute unter den Masken sind. Das sorgte wohl eher für dicke Luft beim Chef, aber das war heute Abend im mit über 1‘000 Leuten sehr gut gefüllten Zürcher Volkhaus absolut kein Thema! Die Vorfreude war spürbar und entlud sich lautstark, als gleich zwei Intros eingespielt wurden. Mit dem Opener « Square Hammer», nota bene dem einzigen Song von der «The Popestar»-EP, die der aktuellen Tour ja den Namen verliehen hat, wurde die Lunte der Stimmungsbombe bereits gezündet. Mit dem nachfolgenden «From The Pinnacle To The Pit» war der Mist bereits geführt und Papa Emeritus III hatte das Volkshaus bereits im Sack! Was anschliessend folgte, war eine einzige Kür, respektive perfekt inszenierte Show des Ghost-Universums. Die Ghouls, bis auf den Keyboarder, bewegten sich fleissig auf der Bühne und setzten sich vorne am Bühnenrand immer wieder agil in Pose. Dabei wurden zudem einige geile Twin Guitar-Soli gezockt.

Die ziemlich zierlich wirkenden Körperformen des bassspielenden Ghouls liessen eigentlich keinen anderen Schluss zu, alsdass hier ein Weibchen unter der Maske steckte. Möglich wärs ja, aber bestätigt nicht. Vielleicht weiss das ja nicht mal der gute Simon, doch interessieren tut das wohl eh niemanden. Mit total je sechs Songs von «Meliora» und «Infestissumam» war die Hitdichte kaum zu toppen, und das bestens gelaunte Publikum setzte sich mitunter mit guten sing-a-longs in Szene. Das freute den Zermonienmeister sichtlich und dieser bedankte sich mehrfach dafür. Den stimmungsmässigen wie antizipierseitigen Höhepunkt erzielte erwartungsgemäss die unübertreffliche Song-Doublette «He Is» und «Absolution». Das ist die undiskutable Essenz der Schweden und es dürfte schwer werden, diesen Band-Klassikern weitere Perlen auf diesem Niveau anzuhängen. Im kommenden Herbst lässt sich diese Frage, wie bereits erwähnt, womöglich bereits beantworten. Als etwas schräg und für das Konzert als solches gesprochen sinnfrei erwies sich einerseits das kurze Auftauchen von zwei jungen Mädels in Nonnengewänden und gegen Ende die Speech von Meister Emeritus zum weiblichen Orgasmus. Der hierzu vor allem männlichen Heiterkeit zum Trotz durfte die mittlerweile unabdingbare Zugabe «Monstrance Clock» natürlich keinesfalls fehlen. Den einprägsamen Liedzeilen „Come together, together as a one - Come together for Lucifer’s son“ verlieh letztlich jeder Fan seine eigene teuflische Relevanz, aber gemeinsam gesungen blieb nichts als eine fette Gänsehaut! Das altehrwürdige Volkshaus Zürich „erlebte“ somit ein weiteres Konzert für die eh schon reichlich gefüllten Geschichtsbücher.

Setliste: «Miserere Mei, Deus (Intro)/Masked Ball (Intro)» - «Square Hammer» - «From The Pinnacle To The Pit» - «Secular Haze» - «Con Clavi Con Dio» - «Per Aspera Ad Inferi» - «Body And Blood» - «Devil Church» - «Cirice» - «Year Zero» - «Spöksonat (Intro)» - «He Is» - «Absolution» - «Mummy Dust» - «Ghuleh/Zombie Queen» - «Ritual» -- «Monstrance Clock» - «The Host Of Seraphim (Outro)».