Livereview: Ghost - All Them Witches - Tribulation

14. Dezember 2019, Zürich – Club Hallenstadion
By Rockslave
Dass es im Umfeld zu Ghost stets was zu berichten gibt, ist ja nichts Neues. Zur aktuellen «Prequelle»-Tour lieferte die Schweiz dahingehend eine Schlagzeile, als dass das Konzert ursprünglich früher und an einem anderen Ort angesetzt war. Der erste Termin war erstens am 6. Dezember und zweitens in der Halle 622 angekündigt. Die Verschiebung acht Tage nach hinten und ins (Club-) Hallenstadion verursachte erwartungsgemäss nicht nur eitel Freude. Zahlreiche Facebooks-Posts liessen unter anderem durchblicken, dass nebst Hotelbuchungen auch Flüge umgebucht werden mussten oder das Ganze wegen der neuen Situation grundsätzlich aus dem Ruder lief. Mir wars noch recht, und obwohl ich dachte, dass das Hallenstadion ja sicher nicht voll wird, entpuppte sich dieser Wechsel letztlich als veritabler Glücksfall in eigener Sache. Als erster Support-Act waren die Landsleute von Tribulation mit auf der Tour und die Amis von All Them Witches. Obwohl letzterer Bandname auf dem Papier bestens ins Billing passte, zelebrierte das Trio überaschenderweise lupenreinen Stoner Sound der alten Schule, und erstaunlicher-weise fuhr das Publikum augenscheinlich voll drauf ab!

Tribulation

Ich muss gestehen, dass ich die erste Band des Abends zuerst mit den Brasilianern von Tribuzy verwechselte. Was sich mir dann aber im Fotograben wartend offenbarte, liess von der überaus düsteren Atmosphäre her vermuten, dass offensichtlich kein Kindergeburtstag bevor stand. Dass mit Gitarrist Adam Zaars und Drummer Oscar Leander zwei nicht gänzlich unbekannte Musiker auf die Bühne steigen würden, erkannte ich indes nicht. Während Oscar sechs Jahre lang die Stöcke für Deathstars schwang, war Adam bekanntlich der gewichtige Abgang bei Enforcer, der meiner Meinung nach noch heute nachwirkt. Die Musik von Tribulation hat dann auch mehr mit Gothic als Heavy Metal zu tun. Bisher haben die Jungs vier Studioalben raus gehauen, ergänzt um das letztjährige Live-Werk «Alive & Dead At Södra Teatern». Der Opener «Nightbound» (Track der EP von 2018) liess die Band ordentlich nach Héroes del Silencio auf einem schwarz-metallischen Gothic Trip erinnern, ergänzt um das eine oder andere kurze Ghost Gedenk-Riff. Begleitet von ziemlich wenig wie vor allem grünem Licht und dazu noch massig Rauch, was fototechnisch natürlich "traumhaft" ist, vermochten die Schweden das Zürcher Publikum allerdings relativ rasch abzuholen. Und dies obwohl der ziemlich gleichförmige Gurgel-Gesang von Sänger und Bassist Johannes Andersson kaum Varianzen aufwies. Auffällig war der quirlige zweite Gitarrist Jonathan Hultén, der ständig in Bewegung war und von dem nachher deshalb kaum ein brauchbares Foto resultierte. Da sich dieser ziemlich feminin darstellte, liess mich eigentlich fest im Glauben, dass hier eine Lady unter dem dunklen Gewand steckte! Die erste Dreiviertelstunde Konzertabend verging relativ schnell, und wie die journalistische Nachlese ergab, stehen alle gespielten Songs von heute ausnahmslos auch auf dem bereits erwähnten Live-Album. Meins war dieser Auftritt nicht wirklich, aber als stilistisches Kontrastprogramm taugte er alleweil.


Setliste: «Nightbound» - «Melancholia» - «The Lament» - «The World» - «Cries From The Underworld» - «The Motherhood Of God» - «Strange Gateways Beckon».

All Them Witches
Nach der verhältnismässig guten Resonanz der Opener-Band hoffte man nun darauf, dass es mit All The Witches mindestens so gut werden würde. Dass die Amis dann aber mit ihrem stonermässigen Desert Rock derart abgehen würden, war jedoch nicht voraus zu sehen gewesen. Dass die seit Ende 2018 zu einem Trio geschrumpfte Truppe bei dem Bandnamen weder Heavy, noch Dark noch Black Metal spielte, erstaunte mich und noch ein paar andere dann schon ziemlich. Diese Aussage lässt somit zweifelsfrei darauf schliessen, dass meine Wenigkeit bis zum Augenblick des Auftrittes von Drummer Robby Staebler (d), Sänger wie Multiinstrumentalist Charles Michael Parks, Jr. und Gitarrist Ben McLeod keinen blassen Schimmer von deren Mucke hatte. Obwohl nicht meine präferenzierte stilistische Baustelle, trafen All Them Witches den Geschmack des anwesenden Publikums nach Tribulation ebenso. Noch bevor der Headliner die Bühne enterte, zeigte sich der Vorteil der nachträglichen Wahl des Club-Hallenstadions gegenüber der Halle 622, wo es ja nur Stehplätze gehabt hätte. Das Ganze wirkte hier sehr kompakt, und so konnten sich die Jungs aus Nashville (!) ordentlich abfeiern lassen. Erst 2012 gegründet, sind bis 2018 nebst ein paar EPs schon fünf Studioalben (!) sowie zwei Livealben erschienen. Trotzdem ging dieser Kelch heute Abend ohne bleibende Momente an mir vorbei, was mitunter dazu führte, dass ich den Ort des Geschehens kurz in Richtung Foyer verliess. Doch selbst dort blieb einem nicht verborgen, dass der musikalische Nerv bei den offensichtlich lautstark antizipierenden Fans getroffen wurde. Nach einer gerstensaftmässigen Kurzverpflegung gings somit bald wieder rein ins Getümmel, um wenigstens an der guten Stimmung teil zu haben. Da früher noch ein Tastenmann aus Fleisch und Blut im Line-up stand, dürfte alles, wenn überhaupt, Wahrgenommene aus dieser Ecke wohl ab Band abgespielt worden sein. Für mich wurde die Chose dadurch aber weder besser noch schlechter, doch mein eigenes Empfinden deckte sich eindeutig nicht mit dem der breiten Masse.

Ghost
So gehört sich das eigentlich immer, dass ein Konzertpublikum durch überzeugende Support-Bands auf den Haupt-Act eingestimmt wird. Gegen 2'200 Leute verliehen den Anwesenden im Club-Hallenstadion erstmal das Gefühl, dass die Halle "gut gefüllt" war. Die Vorfreude war gross, denn das letzte Konzert im Volkshaus war noch in bester Erinnerung, und obwohl Ghost eine ziemlich polarisierende Band sind und es kaum etwas anderes als schwarz oder weiss gibt, muss man die Truppe um Zeremonienmeister Tobias Forge alias Cardinal Copia alias Papa Emeritus einfach live gesehen haben! Spätestens mit dem dritten Album «Meliora» (2015) ging die Post erst richtig ab, gefolgt vom Grammy Award for Best Metal Performance. Drei Jahre später folgte mit «Prequelle» das nächste Hammer-Album, das in der Heimat (nach «Meliora») den Chart-Thron zum zweiten Mal erklomm und bei uns, respektive im grossen Kanton, immerhin die Silbermedaille holte. Im Mai fungierten Ghost bekanntlich neben Bokassa als Support-Band für Metallica im ausverkauften Letzigrund Stadion. Davon sah und hörte ich freilich nur die letzten paar Riffs, da mich der Auftritt bei Tageslicht nicht wirklich interessierte. Heute Abend sah dies, wie schon im Volkshaus, natürlich ganz anders aus. Mit dem Einsetzen des Intros stand die verkleinerte Location bereits unter ordentlich Strom, und als es dann mit dem Opener «Ashes» los ging, kannte der Jubel keine Grenzen. Etwas, das in den letzten Zeit eher seltener geworden ist und deshalb, wenn es geschieht, umso intensiver genossen werden sollte.

Den nachfolgenden Doppelschlag mit «Rats» und «Absolution» hätte ich eigentlich lieber nicht im Fotograben miterleben wollen, aber da das Licht nun endlich richtig geil für die Zunft der Fotographen war, musste ich da wohl oder übel zuerst durch. Nach dem leider zeitraubenden Abgeben der Kamera ging es sofort zurück in die Halle, wo die Band zu einer ziemlich geilen Setliste alle Register zog. Das mehrfach wechselnde Bühnenbild sorgte dabei für die perfekte optische Kulisse zum typischen Ghost-Sound. Die Stimmung war schlicht grandios und beflügelte die Musiker. Einzig das Gitarren-Battle der beiden Ghouls an den Klampfen fiel zu lang aus, und spätestens hier war erkennbar, dass die Schweden showmässig einen spürbaren Zacken zugelegt haben. Das ging allerdings auf Kosten eines weiteren Songs und Puristen (wozu ich mich auch zähle) dürfte diese Entwicklung allerdings keine Freude für die Zukunft bereiten. Nichtsdestotrotz hatte Tobias Forge die Meute voll im Griff und zog voll vom Leder. Die Begeisterung war echt beeindruckend und erfasste die ganze Halle. So und nicht anders muss ein Konzert daher kommen, individuelle Präferenzen hin oder her! Einziger Wermutstropfen war das Ausbleiben von «Monstrance Clock» als letzte Zugabe, da das hierzu jeweils stets aktiv mitsingende Publikum (dem) Lucifer (…"Come together, together as one - Come together for Lucifer's son…") nicht mehr huldigen konnte. Wenn man es sich allerdings leisten kann, so einen Megasong kurzerhand aus dem Set zu kippen, ist man fraglos zu Höherem berufen.

Setliste: «Klara Stjärnor/Miserere Mei (Intros)» - «Ashes» - «Rats» - «Absolution» - «Faith» - «Mary On A Cross» - «Devil Church» - «Cirice» - «Miasma» - «Ghuleh/Zombie Queen» - «Helvetesfönster» - «Spirit» - «From The Pinnacle To The Pit» - «Ritual» - «Satan Prayer» - «Year Zero» - «Spöksonat (Intro)» - «Mummy Dust» - «Kiss The Go-Goat» - «Dance Macabre» - «Square Hammer» - «Sorrow In The Wind».