Dass es im Umfeld zu Ghost stets was zu berichten gibt, ist
ja nichts Neues. Zur aktuellen «Prequelle»-Tour lieferte die Schweiz
dahingehend eine Schlagzeile, als dass das Konzert ursprünglich
früher und an einem anderen Ort angesetzt war. Der erste Termin war
erstens am 6. Dezember und zweitens in der Halle 622 angekündigt.
Die Verschiebung acht Tage nach hinten und ins (Club-) Hallenstadion
verursachte erwartungsgemäss nicht nur eitel Freude. Zahlreiche
Facebooks-Posts liessen unter anderem durchblicken, dass nebst
Hotelbuchungen auch Flüge umgebucht werden mussten oder das Ganze
wegen der neuen Situation grundsätzlich aus dem Ruder lief. Mir wars
noch recht, und obwohl ich dachte, dass das Hallenstadion ja sicher
nicht voll wird, entpuppte sich dieser Wechsel letztlich als
veritabler Glücksfall in eigener Sache. Als erster Support-Act waren
die Landsleute von Tribulation mit auf der Tour und die Amis von All
Them Witches. Obwohl letzterer Bandname auf dem Papier bestens ins
Billing passte, zelebrierte das Trio überaschenderweise lupenreinen
Stoner Sound der alten Schule, und erstaunlicher-weise fuhr das
Publikum augenscheinlich voll drauf ab!
Tribulation
Ich muss gestehen, dass ich die erste Band des Abends zuerst mit den
Brasilianern von Tribuzy verwechselte. Was sich mir dann aber im
Fotograben wartend offenbarte, liess von der überaus düsteren
Atmosphäre her vermuten, dass offensichtlich kein Kindergeburtstag
bevor stand. Dass mit Gitarrist Adam Zaars und Drummer Oscar Leander
zwei nicht gänzlich unbekannte Musiker auf die Bühne steigen würden,
erkannte ich indes nicht. Während Oscar sechs Jahre lang die Stöcke
für Deathstars schwang, war Adam bekanntlich der gewichtige Abgang
bei Enforcer, der meiner Meinung nach noch heute nachwirkt. Die
Musik von Tribulation hat dann auch mehr mit Gothic als Heavy Metal
zu tun. Bisher haben die Jungs vier Studioalben raus gehauen,
ergänzt um das letztjährige Live-Werk «Alive & Dead At Södra
Teatern». Der Opener «Nightbound» (Track der EP von 2018) liess die
Band ordentlich nach Héroes del Silencio auf einem
schwarz-metallischen Gothic
Trip
erinnern, ergänzt um das eine oder andere kurze Ghost Gedenk-Riff.
Begleitet von ziemlich wenig wie vor allem grünem Licht und dazu
noch massig Rauch, was fototechnisch natürlich "traumhaft" ist,
vermochten die Schweden das Zürcher Publikum allerdings relativ
rasch abzuholen. Und dies obwohl der ziemlich gleichförmige
Gurgel-Gesang von Sänger und Bassist Johannes Andersson kaum
Varianzen aufwies. Auffällig war der quirlige zweite Gitarrist
Jonathan Hultén, der ständig in Bewegung war und von dem nachher
deshalb kaum ein brauchbares Foto resultierte. Da sich dieser
ziemlich feminin darstellte, liess mich eigentlich fest im Glauben,
dass hier eine Lady unter dem dunklen Gewand steckte! Die erste
Dreiviertelstunde Konzertabend verging relativ schnell, und wie die
journalistische Nachlese ergab, stehen alle gespielten Songs von
heute ausnahmslos auch auf dem bereits erwähnten Live-Album. Meins
war dieser Auftritt nicht wirklich, aber als stilistisches
Kontrastprogramm taugte er alleweil.
Setliste: «Nightbound» -
«Melancholia» - «The Lament» - «The World» - «Cries From The
Underworld» - «The Motherhood Of God» - «Strange Gateways Beckon».
All Them Witches Nach der verhältnismässig
guten Resonanz der Opener-Band hoffte man nun darauf, dass es mit
All The Witches mindestens so gut werden würde. Dass die Amis dann
aber mit ihrem stonermässigen Desert Rock derart abgehen würden, war
jedoch nicht voraus zu sehen gewesen. Dass die seit Ende 2018 zu
einem Trio geschrumpfte Truppe bei dem Bandnamen weder
Heavy, noch Dark noch Black Metal spielte, erstaunte mich und noch
ein paar andere dann schon ziemlich. Diese Aussage lässt somit
zweifelsfrei darauf schliessen, dass meine Wenigkeit bis zum
Augenblick des Auftrittes von Drummer Robby Staebler (d), Sänger wie
Multiinstrumentalist Charles Michael Parks, Jr. und Gitarrist Ben
McLeod keinen blassen Schimmer von deren Mucke hatte. Obwohl nicht
meine präferenzierte stilistische Baustelle, trafen All Them Witches
den Geschmack des anwesenden Publikums nach Tribulation ebenso. Noch
bevor der Headliner die Bühne enterte, zeigte sich der Vorteil der
nachträglichen Wahl des Club-Hallenstadions gegenüber der Halle 622,
wo es ja nur Stehplätze gehabt hätte. Das Ganze wirkte hier sehr
kompakt, und so konnten sich die Jungs aus Nashville (!) ordentlich
abfeiern lassen. Erst 2012 gegründet, sind bis 2018 nebst ein paar
EPs schon fünf Studioalben (!) sowie zwei Livealben erschienen.
Trotzdem ging dieser Kelch heute Abend ohne bleibende Momente an mir
vorbei, was mitunter dazu führte, dass ich den Ort des Geschehens
kurz in Richtung Foyer verliess. Doch selbst dort blieb einem nicht
verborgen, dass der musikalische Nerv bei den offensichtlich
lautstark antizipierenden Fans getroffen wurde. Nach einer
gerstensaftmässigen Kurzverpflegung gings somit bald wieder rein ins
Getümmel, um wenigstens an der guten Stimmung teil zu haben. Da
früher noch ein Tastenmann aus Fleisch und Blut im Line-up stand,
dürfte alles, wenn überhaupt, Wahrgenommene aus dieser Ecke wohl ab
Band abgespielt worden sein. Für mich wurde die Chose dadurch aber
weder besser noch schlechter, doch mein eigenes Empfinden deckte
sich eindeutig nicht mit dem der breiten Masse.
Ghost
So gehört sich das eigentlich immer, dass ein Konzertpublikum durch
überzeugende Support-Bands auf den Haupt-Act eingestimmt wird. Gegen
2'200 Leute verliehen den Anwesenden im Club-Hallenstadion erstmal
das Gefühl, dass die Halle "gut gefüllt" war. Die Vorfreude war
gross, denn das letzte Konzert im Volkshaus war noch in bester
Erinnerung, und obwohl Ghost eine ziemlich polarisierende Band sind
und es kaum etwas anderes als schwarz oder weiss gibt, muss man die
Truppe um Zeremonienmeister Tobias Forge alias Cardinal Copia alias
Papa Emeritus einfach live gesehen haben! Spätestens mit dem dritten
Album «Meliora» (2015) ging die Post erst richtig ab, gefolgt vom
Grammy Award for Best Metal Performance. Drei Jahre später folgte
mit «Prequelle» das nächste Hammer-Album, das in der Heimat (nach
«Meliora») den Chart-Thron zum zweiten Mal erklomm und bei uns,
respektive im grossen Kanton, immerhin die Silbermedaille holte. Im
Mai fungierten Ghost bekanntlich neben Bokassa als Support-Band für
Metallica im ausverkauften Letzigrund Stadion. Davon sah und hörte
ich freilich nur die letzten paar Riffs, da mich der Auftritt bei
Tageslicht nicht wirklich interessierte. Heute Abend sah dies, wie
schon im Volkshaus, natürlich ganz anders aus. Mit dem Einsetzen des
Intros stand die verkleinerte Location bereits unter ordentlich
Strom, und als es dann mit dem Opener «Ashes» los ging, kannte der
Jubel keine Grenzen. Etwas, das in den letzten Zeit eher seltener
geworden ist und deshalb, wenn es geschieht, umso intensiver
genossen werden sollte.
Den nachfolgenden Doppelschlag mit «Rats» und «Absolution» hätte ich
eigentlich lieber nicht im Fotograben miterleben wollen, aber da das
Licht nun endlich richtig geil für die Zunft der Fotographen war,
musste ich da wohl oder übel zuerst durch. Nach dem leider
zeitraubenden Abgeben der Kamera ging es sofort zurück in die Halle,
wo die Band zu einer ziemlich geilen Setliste alle Register zog. Das
mehrfach wechselnde Bühnenbild sorgte dabei für die perfekte
optische Kulisse zum typischen Ghost-Sound. Die Stimmung war
schlicht grandios und beflügelte die Musiker. Einzig das
Gitarren-Battle der beiden Ghouls an den Klampfen fiel zu lang aus,
und spätestens hier war erkennbar, dass die Schweden showmässig
einen spürbaren Zacken zugelegt haben. Das ging allerdings auf
Kosten eines weiteren Songs und Puristen (wozu ich mich auch zähle)
dürfte diese Entwicklung allerdings keine Freude für die Zukunft
bereiten. Nichtsdestotrotz hatte Tobias Forge die Meute voll im
Griff und zog voll vom Leder. Die Begeisterung war echt
beeindruckend und erfasste die ganze Halle. So und nicht anders muss
ein Konzert daher kommen, individuelle Präferenzen hin oder her!
Einziger Wermutstropfen war das Ausbleiben von «Monstrance Clock»
als letzte Zugabe, da das hierzu jeweils stets aktiv mitsingende
Publikum (dem) Lucifer (…"Come together, together as one - Come
together for Lucifer's son…") nicht mehr huldigen konnte. Wenn man
es sich allerdings leisten kann, so einen Megasong kurzerhand aus
dem Set zu kippen, ist man fraglos zu Höherem berufen.
Setliste: «Klara Stjärnor/Miserere Mei (Intros)» - «Ashes» - «Rats»
- «Absolution» - «Faith» - «Mary On A Cross» - «Devil Church» -
«Cirice» - «Miasma» - «Ghuleh/Zombie Queen» - «Helvetesfönster» -
«Spirit» - «From The Pinnacle To The Pit» - «Ritual» - «Satan
Prayer» - «Year Zero» - «Spöksonat (Intro)» - «Mummy Dust» - «Kiss
The Go-Goat» - «Dance Macabre» - «Square Hammer» - «Sorrow In The
Wind».
|
|