Einer meiner absoluten Lieblingsmusiker und das erst noch
vor der Haustüre? Besser gehts gar nicht und deshalb war die Freude
riesengross, als der ehemalige Deep Purple Bassist aus der Ära Mk
III und Mk IV satte vier Dekaden danach (!!) seine Aufwartung im
Kofmehl zu Solothurn machte. Nach den bandmässigen Ausflügen von
Black Country Communion und California Breed in der jüngeren
Vergangenheit steht offenbar wieder eine Solo-Live-Phase an. Dazu
holte er sich keinen Geringeren als den ehemaligen
Whitesnake-Klampfer Doug Aldrich und nach 2010 erneut den
spitzenmässigen Live-Drummer Pontus Engborg an Bord. Dieses Trio und
demnach ohne Keyboarder reichte vollends, um einen gediegenen
Konzertabend mit einem ordentlichen Querschnitt der Karriere von
Glenn geniessen zu können. Da das letzte offizielle Studio-Album
«First Underground Nuclear Kitchen», auch bekannt unter «F.U.N.K»,
2008 erschien, stand die diesjährige Tour unter keinem Motto. Das
bedeutete Spass pur, und den verbreitete auch der unerwartet starke,
um nicht zu sagen sackstarke Support-Act um den amerikanischen
Gitarristen James Jared Nichols, verstärkt durch zwei Kumpels.
Jared James Nichols
Da mich der Hafer zugegebenermassen noch zu Hause, respektive kurz
vor der Abfahrt nach Solothurn stach, schaute ich mir also kurz
vorher ein Video von Jared auf Youtube an, und was ich da sah und
hörte, machte mich extrem hellhörig. Ich wurde von diesem dreckigen
wie bluesgetränkten Gitarrensound umgehend elektrisiert und ein
Blick auf die Uhr zeigte mir an, dass ich langsam aber sicher
abzischen musste, wollte ich womöglich nicht noch den Anfang der
höchst interessant scheinenden Vorgruppe verpassen. Vor Ort und zum
Glück rechtzeitig angekommen, war im Innenraum des Kofmehl,
respektive vor der Bühne, noch kein Gedränge auszumachen. Das
änderte sich dann jedoch relativ zackig, als ein junger,
hochstämmiger und gut gebauter Mann auf die Bühne kam, der wie ein
Klon von Ted Nugent und John Sykes aussah. Ihm folgten noch Bassist
Erik Sandin und Drummer Dennis Holm auf dem Fusse. Mit ihren langen
Haaren passten die drei Musiker auch optisch bestens zueinander,
und als sie kurz darauf anfingen zu spielen, war der Zapfen gleich
von Beginn weg ab.
In einer selten so, wenn überhaupt je
gesehenen ungestümen Art legte Jared los, wie Nugent in seinen
allerbesten Tagen! Es groovte und schrammelte dabei vom Feinsten,
ergänzt mit mehr als nur guten Leadvocals von Herrn Nichols.
Angetrieben von der tighten Rhythm-Section im Rücken steigerte sich
Jared merklich von Song zu Song und liess dabei die Abwechslung
nicht missen. Das beinhaltete mit dem Robert Johnson Cover «Come On
In My Kitchen» mitunter auch eine geile
bluesy
Slide-Nummer, wo der agile Lockenkopf eindrücklich bewies, dass er
und seine Jungs es echt drauf haben. Die Eingangstriplette mit
eigenen Songs ab dem ersten Langeisen «Old Glory And The Wild
Revival» setzte zuvor jedoch schon die ersten Meilensteine, die
einfach nur schweinegeil waren. Dazu kam ein höchst agiles Posing,
das wiederum an „The Nuge“ erinnerte und dem Ganzen den richtigen
Anstrich verpasste. Dem Publikum gefiel das Dargebotene offenbar
auch, denn der Applaus nahm stetig zu und flachte bis zum Schluss
nicht mehr ab. Das absolute Highlight war jedoch der Album-Opener
«Playing For Keep», der sowas von oberfett rein fräste, dass es eine
wahre Freude war. Den Schlusspunkt setzte eine gelungene Version des
Mountain-Classic «Mississippi Queen», den zum Beispiel auch schon
W.A.S.P. vor vielen Jahren mal als B-Seiten-Goodie interpretiert
hatten. Nach etwas über 45 Minuten war das zweite CH-Spektakel
(Jared spielte nämlich im Mai bereits einmal in der Schweiz) leider
schon wieder vorbei. Das lärmige Trio aus East Troy (Wisconsin)
hätte heute Abend locker auch als Headliner reüssiert. Als
Zückerchen trug ich schliesslich neben den beiden erhältlichen CDs
auch gleich eine limitierte rote LP von «Old Glory…» mit nach Hause.
Genau so und nicht anders muss das sein Leute, herrlich!
Setliste: «Blackfoot» - «Get Down» - «Crazy» - «Haywire» - «Rock &
Roll Hoochie Koo (Rick Derringer Cover)» - «Can You Feel It?» -
«Come On In My Kitchen (Robert Johnson Cover)» - «Playing For Keeps»
- «Mississippi Queen (Mountain Cover)».
Glenn
Hughes
Im Vorfeld der Tour war ich mir nicht sicher, ob Axeman Doug Alridch
mit seinem Stil zu Glenn Hughes, respektive dessen breitem
Musik-spektrum, wirklich passt. Studio-Gitarrist JJ Marsh, der auch
schon auf diversen Tourneen mit dabei war, spielt nämlich nicht
wirklich gleich wie Doug. Das war aber überhaupt kein Nachteil, wie
sich schon bald heraus stellen sollte. Nach dem etwas schrägen
Disco-Intro (wo Glenn 1992 effektiv mit einer Truppe namens The KLF
einen gemeinsamen Song aufnahm!) donnerte der Purple-Rocker
«Stormbringer» sogleich voll nach vorne raus. Mastermind Hughes
setzte dabei gleich zu Beginn zu einer gesanglichen Höchstleistung
an, die erwartungsgemäss nicht lange auf sich warten liess. Es war
einfach unfassbar, über was für eine Kraft diese Stimmbänder nach
all den Jahren immer noch verfügen. Dabei spielte es keine Rolle,
ich welche Zeit man durch die entsprechenden Songs versetzt wurde.
Dabei wurde einem einmal mehr bewusst, wie gut Glenn Hughes schon zu
Trapeze-Zeiten war und diesen Groove vor allem auch bei Purples
Meister-Opus «Come Taste The Band» unterbringen konnte. Dazu kamen
natürlich seine legendären Screams, die David Coverdale steinalt
aussehen liessen. Immerhin war er dieser zu der Zeit und den
ersten
Whitesnake-Jahren noch frisch wie nahezu unverbraucht, was man heute
von ihm leider nicht mehr sagen kann. Solche Probleme kennt Glenn
hingegen bis auf den heutigen Tag nicht und es ist ein Geschenk des
Himmels, das uns diese Hammer-Stimme trotz der vergangenen
Drogeneskapaden des mittlerweile auch schon 64-jährigen
Ausnahmemusikers nicht verloren ging. Das etwas hagere Aussehen
entsprach weitgehend dem Alter, aber es war nicht zu übersehen, dass
der stimmgewaltige Bassist früher kein Kind von Traurigkeit war.
Einer der vielen Höhepunkte markierte unter anderem der
Purple-Song «Sail Away» von der 74er-Scheibe „Burn“, den man zu
Ritchie Blackmores Zeiten nie live zu Gehör bekam. Ein Novum in der
Setliste von Glenn war mit Sicherheit «Good To Be Bad», seines
Zeichens ja ein Whitesnake-Song und der ging natürlich auf die Kappe
von Doug. Sein Guitar-Solo mag einen Tick zu lang ausgefallen sein,
aber die Überleitung zu «Mistreated» war genial und die darauf
folgende Performance davon ebenso. Das sah das zahlreich
aufmarschierte Publikum gleichermassen und der stets laut
aufbrandende Applaus liess keinen Zweifel darüber aufkommen, wie gut
das Headliner-Trio im Kofmehl ankam. Drummer Pontus lieferte nebst
seinem grundsätzlich tighten Spiel ein unterhaltsames Drum-Solo der
alten Schule ab, will heissen es dauerte angenehmerweise nicht zu
lange. Nicht fehlen durfte zudem der eine oder andere Kracher aus
der Zeit von Black Country Communion. Der erste Vertreter war «One
Last Soul», eine toller Groover, bevor es mit «Soul Mover» nochmals
eine Schippe Funk-Rock mit Jimi Hendrix Vibes absetzte und die
Band damit den Hauptteil des Konzertes beendete. Dank dem grossem
Jubel wurden die drei Musiker zu den Zugaben animiert und kamen
nochmals auf die Bühne zurück. Dass der Purple-Klassiker «Burn» die
letzte Zugabe sein würde, war ziemlich sicher, aber was kam noch?
Leider nichts von California Breed, dem jüngsten (und bereits wieder
abgehakten?) Bandbaby von Glenn Hughes. Ein ziemlich schmissige
Version von «Black Country» liess dann dieses kleine Manko wie eine
Seifenblase platzen. Nachdem das Licht in der Halle wieder anging,
fühlte man sich einfach nur gut und wusste, das gerade etwas
ziemlich Kultiges stattgefunden hatte. Bleibt zu hoffen, dass uns
Glenn Hughes noch möglichst lange erhalten bleibt und mit welchen
Mitmusikern auch immer!
Setliste: «Intro: What Time Is Love?
(The KLF)» - «Stormbringer» - «(Deep Purple)» - «Orion» - «Way Back
To The Bone (Trapeze)» - «First Step Of Love (Hughes/Thrall)» -
«Touch My Life (Trapeze)» - «Sail Away (Deep Purple)» - «Good To Be
Bad (Whitesnake)» - «Guitar Solo Doug Aldrich» - «Mistreated (Deep
Purple)» - «Can't Stop The Flood» - «Jam (Guitar & Drum Solo)» -
«Drum Solo Pontus Engborg» - «One Last Soul (Black Country
Communion)» - «Soul Mover» -- «Black Country (Black Country
Communion)» - «Burn (Deep Purple)».
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