So oder so hätte ich mir kräftig in den Arsch beissen müssen,
wenn ich der CD-Taufe von Gonoreas brandneuem Baby «Apocalypse»
nicht beigewohnt hätte! Die Location oder besser das Nordportal
in Baden nahm mir die Entscheidung eigentlich ab, denn das Ganze lag
keine fünf Minuten von meinem Bürostuhl weg. Zudem ging der Anlass
einher mit dem Beginn meiner Herbstferien und besser geht's nun
nimmer, zumal wir von Metal Factory auch mit einem eigenen Stand vor
Ort vertreten waren. Der Abend lief unter dem Patronat von «Brunner's
Rocknight», die vorher bekanntlich im "Creepers" in Mellingen
beheimatet war und dort inzwischen Geschichte ist. Zum feierlichen Anlass
mit Taufpate V.O. Pulver (GurD) und Gast Gianni Pontillo (The Order)
standen noch drei weitere Lokalbands auf den Brettern, die die Welt
bedeuten und die ich zum Teil (Inishmore) schon lange nicht mehr
oder noch gar nie (Axis & Atlas und Battalion) gesehen hatte. Dem
Auftritt von letztgenannter Thrash-Kapelle sah ich nebst dem
Headliner mit besonderem Interesse entgegen, denn deren Album
«Underdogs» liess aufhorchen.
Inishmore
Es muss schon eine ganze Weile her sein, seit ich diese Aargauer
Band zu Gesicht und Gehör bekommen habe. Die Recherchen brachten es
dann an den Tag, dass es 2007 und anlässlich des Metal Inferno in
Lenzburg war! Doch damals war die Besetzung noch eine andere, sprich
Inishmore hatten mit Ramin Dänzer einen männlichen Frontmann. Das
sieht heuer anders aus, denn nebst dem neuen Gitarristen Jarek
Adamowski steht dem Männer-Ensemble mit Andrea Schmid nun eine
Sängerin vor. Das ist natürlich eine einschneidende Geschichte, da
die Band bisher drei Alben heraus gebracht hat. Das letzte hiess «Three
Colours Black» und hat mittlerweile schon sieben Jahre auf dem
Buckel. Offenbar ist man aber gewillt, einen neuen Anlauf zu nehmen,
der wohl auch bitter nötig ist, denn eigentlich fangen die "neuen" Inishmore wieder ganz von vorne an. Ob das gelingt, wird sich mit
einem kommenden, neuen Album zeigen. Der heutige Auftritt war indes
nicht gerade das Gelbe vom Ei und offenbarte die gegenwärtigen
Schwächen gnadenlos. Auch wenn Andrea's Stimme und ihre positive
Ausstrahlung soweit ok waren, so passte bei der Band nicht viel
zusammen. Der Auftritt hatte den Touch einer noch nicht
eingespielten Schülergruppe und da kommt noch einiges auf die Band zu,
will sie den Anschluss wieder schaffen. Das Publikum war allerdings
fair und spendete den Höflichkeitsapplaus, der allen gebührt, die
auf eine Bühne stehen und mit Sicherheit das jeweils Beste geben
wollen. Und wenn wir schon davon sprechen, dann war Drummer Alex
Ortega (der 2007 noch aushalf) immerhin bemüht, mit seinem kräftigen Drumspiel das Ganze irgendwie zusammen zu halten. Doch viel war da
unter dem Strich nach 30 Minuten (noch) nicht und die momentan
abrufbare Leistung würde als Support eines internationalen Acts klar
nicht ausreichen.
Setliste: «Moonchildren» - «Red Lake» - «Eternal Wanderer» - «Journey»
- «Better Off Dead» - «Memories».
Atlas & Axis
Nun stand nach eigener Bezeichnung klassischer Heavy Metal mit Power
und Melodie auf dem Programm. Die Band aus dem Raum Spreitenbach/Brugg
gibt es seit 2009 und entstand eigentlich durch Gonoreas Gitarrist
Damir Eskic, der sein Wissen und Können an seinem Instrument unter
anderem an Romana Kalkuhl und Kevin Schaffer weiter gab. Da entstand
die spontane Idee zu einer eigenen Band, zu der dann Kevin's
langjährige Kollegen Nico Ardüser (b) und Roman Zeindler (d) dazu
stiessen. Schliesslich fehlte noch ein Sänger, der in der Person von
Jonas Ambühl gefunden werden konnte. Nach dem Covern von ein paar
Iced Earth Songs gingen Atlas & Axis im Spätsommer 2009 dazu über,
eigenes Material zu komponieren und erste Konzerte zu spielen.
Unlängst fand in Zürich (im Dynamo, Werk 21) die CD-Taufe des Debüts
«March Of The Night» statt. Somit war man gut gerüstet, um die Welt
"erobern" zu können. Einige Lokal-Konzerte, zu dem auch das
letztjährige "Winter-Rock"-Festival in Brugg gehörte, festigten das
Bandgefüge weiter. Somit spielten Atlas
& Axis heute Abend schon mal
locker auf und eröffneten ihr Konzert mit «Help Me», gefolgt von «Choice
Of Life». Geboten wird grundsolider Power Metal mit etwas an
Metalcore angelehntem Gesang, dazu gewisse Zitate von Iron Maiden
und alte Savatage Fetzen lassen sich, wie beim Titeltrack, ebenso
ausmachen. Hierbei merkt man aber auch, dass das Riffing zwar recht
gut daher kommt, die Guitar-Soli dann aber schon noch einen
gehörigen Zahn zulegen könnten. Dies gilt auch in Sachen
Stage-Acting für die rassige Rhythmus-Gitarristin Romana Kalkuhl,
die mit ihren lockigen, blonden Haaren natürlich der Eyecatcher der
Band ist. Sie allerdings nur auf ihr Aussehen zu reduzieren, läuft
jedoch voll ins Leere, denn ihr unterstützendes Spiel lässt die
Gitarrenwand spürbar fetter klingen. Das zumeist jugendliche
Publikum ging vor allem in der vordersten Reihe anständig mit und
brachte so die Nackenwirbel für die kommenden Bands auf die nötige
Betriebstemperatur. Die zweite halbe Stunde Musik auf der Bühne war
deutlich besser als zuvor, wobei mir der Gesang zu dieser Musik
persönlich nicht wirklich mundete.
Setliste: «Help Me» - «Choice Of Life» - «March Of The Night» - «At
Your Mercy» - «These Words» - «Cycle Of Life» - «Winter» - «Power
And Might».
Battalion
Jetzt war ich gespannt wie ein Flitzebogen, denn gehört, respektive
eher gelesen hatte ich schon einigen Stoff über die jungen Thrasher
aus Zürich. Bislang gereichte es mir aber nicht, Battalion mal auf
der Bühne abrocken zu sehen. Das überrascht insofern etwas, als dass
es die Band schon ein paar Jahre gibt und der Erstling «The Fight
For Metal» bereits 2006, also vor fünf Jahren das Licht der
Metal-Welt erblickte. Damals fischte man allerdings noch in
powermetallischen Gewässern, während man die vergangenen Jahre
offenbar dazu genutzt hat, auf den Schnellzug des eindrücklichen
Thrash-Revivals aufspringen zu können. In Zeiten, wo andere
Youngsters wie Skull Fist, Enforcer oder Striker mit überaus töftem
Material ankommen, gibt es nur eines, nämlich selber gute Songs zu
schreiben und Vollgas zu geben. Das haben Silvan Etzensperger (v/g),
Clode Hürlimann (g), Lukas Marti (b) und Samuel Riedener (d) ohne
Zweifel drauf und das bewiesen sie von der ersten Sekunde an! Als
Opener donnerte «Running Alone» in bester Manier von «Kill 'Em All»,
der ersten Metallica Scheibe und der Wucht der frühen Metal Church
durch das Nordportal zu Baden. «Headbangers» stand danach der
Vorlage in Nichts nach und verneigte sich abermals vor Metallica zu
Cliff Burton's (R.I.P.) Zeiten und obwohl hier «Seek And Destroy»
zumindest etwas durchschimmert, legen Battalion hier genug
Eigenständigkeit an den Tag oder besser die Nacht. Nach getragenem
Beginn, walzte danach «Defenders» abermals alles
nieder und
spätestens jetzt bemerkte wohl jeder, dass die Jungs auch technisch
ziemlich fix und tight wie Sau sind. Die fette Produktion der
aktuellen CD «Underdogs» (2010) konnte weitgehend auf der Bühne
umgesetzt werden, was trotz abgeriegelter CH-Lautstärke für
ordentlich Druck sorgte. Den spürten wohl auch die anwesenden Metalheads, die nun richtig wach wurden und mächtig Spass hatten.
Der Höhepunkt der kollektiven Raserei wurde schliesslich bei der
geilen Mitgröhl-Hymne «Thrash Maniacs» erreicht, die teilweise an
Slayer erinnert und durch die Tempi-Wechsel unterstreicht, was einen
Song insgesamt eben interessant macht, Killer! Als nicht minder
mitsingkompatibel erwies sich darauf das Groove-Monster «Wings Of A Demon»,
wo Clode und Lukas als Langhaar-Träger abermals wie die Irren rum
posten. Als «T.F.F.M.» die in diesem Fall leider viel zu kurzen 30
Minuten abschloss, war ich erst mal platt und hatte gerade das
bisherige Highlight des Abends gesehen. Nun freue ich mich auf die
erste Headliner-Show und hoffe schwer, dass noch viele dieser
songwriterischen Schädelspalter folgen werden..., thrash 'til death!
Setliste: «Running» - «Alone» - «Headbangers» - «Defenders» - «Thrash
Maniacs» - «Wings Of A Demon» - «Bullets & Death» - «T.F.F.M.»
Gonoreas
Nun war der Headliner des Abends gefordert, hierauf eine klare
Antwort abzugeben! Dafür hatte er in Form des neuen, dritten Albums
«Apocalypse» auch genug Munition mit dabei. Gleiches galt für das
Lineup, das seit der Live-Scheibe (DVD/CD) von 2009 («Guilty On The
Road») mit nicht weniger als drei Neuzugängen aufwartete. Zum einen
löste Larissa Ernst ihre Vorgängerin Miriam Zehnder an der
Rhythmus-Gitarre ab, Drummer Stefan Hösli übernahm die Sticks von
Jonas Lotar und für die tiefen Töne sorgt nun Pat Rafaniello
anstelle von Daniel Jerosch. Rückblickend auf die gesamte
Bandgeschichte ist Pat mittlerweile der vierte (!) Bassist und ich
bin mir sicher, dass dieser die bisher beste Wahl für diesen Posten
ist. Warum das so ist, bekamen die rund 450 Fans schon bald zu hören
und sehen. Im Vorspann des Konzertes wurde auf einer Leinwand aber
erst mal das aktuelle Video von «Kiss The Sword» gezeigt, bevor es
nach dem Intro mit dem Album-Opener «Devil's Eyes» sogleich heftigst
im Gemäuer des Nordportal los donnerte. Mit geschlossenen Augen und
nicht wissend, wer auf der Bühne steht, hätten wohl viele gesagt,
dass Iced Earth da oben stehen. Die Parallelen sind nicht von der
Hand zu weisen, aber die Art und Weise, wie Gonoreas ihre Vision,
respektive Vorstellung von Heavy Metal umsetzen, ist schlicht
atemberaubend und weit weg von einem Klon der Amis. Vor allen der
zuvor zitierte Pat Rafaniello kann mit seinem ungestümen und wilden
Bass-Spiel als glatter Sechser im Lotto bezeichnet werden. Einen
besseren Partner hätte sich der
ebenfalls sehr aktive Damir Eskic
(g) nicht wünschen können. Dies sollte die engelhafte Rhythmusfrau
Larissa Ernst in Zukunft noch etwas mehr beherzigen, denn die
beigesteuerte Mucke inklusive der gepflegten Soli ergänzte den
wuchtigen Gonoreas-Sound nachhaltig. Frontmann Gilberto Meléndez
konnte sich mit dieser gnadenlos agierenden Hintermannschaft derweil
voll entfalten und liess nichts anbrennen. Wie hoch das
Selbstvertrauen bei der Band aus dem Raum Brugg ist, zeigte sich
darin, dass im Verlauf des Konzertes gleich das ganze Album runter
gezockt wurde! Bei der Abrissbirne «Chasing The Dragon» gesellte
sich dann Gianni Pontillo von The Order auf die Bühne und gab das
auch auf der CD verewigte Duett zusammen mit Gilberto noch einen
Zacken heftiger zum Besten.
Nun schien der Moment ideal, auch gleich die CD-Taufe anzuhängen und
so kam es denn auch. Taufpate V.O. Pulver (GurD) wurde angekündigt
und dieser brachte nebst dem "Tonträger-Baby" auch eine Flasche
Champagner mit. Ich war in den vergangenen Jahren bei einigen
CD-Taufen zugegen gewesen, aber so schnell wie heute Abend ging noch
kaum eine über die Bühne. Der ganze Akt inklusive der eigentlichen
Taufe des Silberlings und dem Abspritzen der ersten Reihe ging
meines Erachtens keine fünf Minuten! Das fand ich persönlich etwas
schade und womöglich hätten ein paar zusätzliche Worte rund um den
Entstehungsprozess des neuen Werkes nicht schaden können. Wie dem
auch sei, the show must go on und deswegen waren die bestens
gelaunten Fans ja auch gekommen. Nun folgte ein Viererblock mit
Songs der vorangegangenen zwei Alben, die aufzeigten, über welches
Potenzial Gonoreas verfügen. Dies gilt insbesondere für das
technisch begeisternde Niveau von Flitzefinger Damir, der einfach
nur grandios aufspielte, sehr komplex wie filigran solierte und
gleichzeitig mit Sidekick Larissa für eine monströse Riffwand
sorgte. Letztere hatte zwar kurzzeitig noch ein Problem mit ihrer
Klampfe, die dann aber ihren Dienst zum Glück wieder ohne weitere
Macken aufnahm. Bei all dem metallenen Gepolter gab es zwischendurch
aber auch mal gemässigtere Klänge wie zu Beginn bei «Core Of Love»
und natürlich immer wieder mal hardrockigere Tunes wie beim geilen
«Love To Rock» als erste Zugabe, wo die Mitsingspielchen nach wie
vor bestens funktionierten. Genau dieser gekonnte Stilmix, den die
hierbei metallischen Guitar-Soli bestens mit den härteren Songs
verbinden, zeichnet
Gonoreas gegenüber der Konkurrenz aus und sorgt
für eine Ausnahmestellung in dieser Stilecke. Mir gefiel das
Gezeigte auf jeden Fall sehr gut und selbst der mit Manowar-Zitaten
versehene Rausschmeisser «Bang Your Head» (neu eingespielt auf «Apocalypse)
brachte es perfekt auf den Punkt, um was es hier geht. Das sah auch
das begeisterte Publikum so und verabschiedete die Lokalmatadoren
nach knappen 90 Minuten deshalb mit lautstarkem Applaus. Der zum
Schluss gemachte Aufruf "kauft viele unserer CDs, damit wir in die
Charts kommen, wo wir hingehören!" scheint zumindest in den
CD-Charts des Online-Portals von CeDe.ch mit Platz 14 bereits
Wirkung zu zeigen!
Setliste: *Video zu «Kiss The Sword»* - «Intro» - «Devil's Eyes» - «Stay
Away» - «Revenge For Blood» - «Facing The Enemy» - «New Era» - «Kiss
The Sword» - «Digital War» - «Chasing The Dragon» - *CD-Taufe* - «Breakout»
- «Core Of Love» - «Breaking The Chains» - «Plead Not Guilty» --
«Love To Rock» - «Bang Your Head».
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