Vor rund zwei Jahren fand hier am gleichen Ort die CD-Taufe für
das letzte Album «Apocalypse» statt und diese war mir noch in guter
Erinnerung, zumal die Co-Headliner des Abends auch Battalion
hiessen. Was an sich der Startschuss zu weiteren Grosstaten hätte
sein können, ja müssen, erlebte mit dem Abgang des Frontmannes
Gilberto „Gilbi“ Meléndez einen herben Dämpfer. Diese Vakanz musste
nun zuerst adäquat angegangen werden, ehe der Blick wieder in die
Zukunft gelenkt werden konnte. Gonoreas kriegten die Kurve zum Glück
wieder und fanden in Leandro Pacheco einen mehr als valablen Ersatz
für den bärenstarken Vorgänger. Somit konnte sich Mastermind und
Leadgitarrist Damir Eskic wieder auf das Songwriting konzentrieren
und die Grundlage für das vierte Studioalbum legen. Zusammen mit
seinem weiblichen Sidekick Larissa Ernst und den weiteren
Bandmembers Pat Rafaniello (b) und Stefan Hösli (d) wurde unter der
Obhut der Schweizer Producer-Legende V.O. Pulver das neue Langeisen
mit dem Titel «The Mask Of Shame» aufgenommen. Das Resultat fiel
erfreulich gut aus und meine Wenigkeit als Rezensent freute sich
deshalb ziemlich doll auf diesen Abend!
AnamKara
Zuerst hielt ich die Klänge, die mir, zu der Zeit (knapp nach 20.00
Uhr) und gerade im Backstage-Raum weilend, urplötzlich ans Ohr
gelangten, für den Soundcheck. Das verwirrte mich zunächst, denn auf
dem offiziellen Plakat und der dazugehörenden Anzeige bei
Facebook
stand Türöffnung um 20.00 Uhr und Konzertbeginn um 20.30 Uhr. Ein
kurzer Blick auf die aufgehängte Running Order bestätigte dann aber
ziemlich schnell, dass mit AnamKara bereits die erste Band des
Abends auf der Bühne stand. Da die Netto-Spielzeit aller Vorbands
von heute Abend nur bei rund 25 Minuten lag, dauerte das Ganze
jeweilen nicht so lang. Ich schaffte es dann zum letzten Song «Three
Wise Monkeys» gerade noch rechtzeitig nach unten in die erste Reihe,
um mir ein paar Schnappschüsse des Openers zu sichern. Damit die
Darbietung wirklich möglichst objektiv beurteilt werden kann, hätte
ich klar mehr als nur knappe fünf Minuten zu sehen und hören kriegen
müssen, um mir ein genaues Bild des Quintetts machen zu können. Für
ein paar Bilder, sprich Fotos, gereichte es allerdings schon. Im
Zentrum der heimischen Symphonic Metaller aus Baden stand auf jeden
Fall Frontfrau Lisa Kamber. Das Wenige, dass ich schliesslich von
ihr und der Band hörte, überzeugte mich indes nicht. Die Chose klang
insgesamt viel zu zahm und mitunter etwas holprig. Um zu den
genannten Einflüssen wie Legenda Aurea, Nightwish oder Amorphis
aufschliessen zu können, ist es für die Newcomer von AnamKara vor
allem live noch ein weiter Weg. Immerhin hinterlässt «Wasted» als
Studioversion den aufwertenden Eindruck, dass die technischen
Fähigkeiten durchaus da sind. Der angereiste Tross als
Unterstützung, bestehend aus Freunden, Fans und Familienmitgliedern
machte sich beim Schlussapplaus auf jeden Fall bemerkbar, was sicher
im Sinn aller Beteiligten war.
Setliste: «Vampiric Dance» - «Wasted» - «Firestorm» - «The Dying
Swan» - «Three Wise Monkeys».
Creeon
Für die zweite Band des heutigen Abends war ich nun auf zack und
verpasste nichts. Auch diese stammt aus der Region, nämlich aus
Brugg. Viel mehr, als dass Creeon 2011 gegründet wurden, lässt sich
über die Band-Homepage, MySpace und Facebook nicht in Erfahrung
bringen. Leider muss man sagen, und darum lassen sich zum Beispiel
die musikalischen Einflüsse nur halbwegs über die MySpace
Connections erahnen. Im Nachhinein liessen sich etwas Iced Earth und
mehr oder weniger auch US-Metal Anleihen ausmachen, die mitunter
aber noch recht vertrackt daher kamen. Das gebührte vor allem dem
aktiven Drum-Spiel von Schlagzeuger Oli, der mit dem barfuss
spielenden und eher wie ein Rasta-Mann aussehenden Bassisten Gabi
(der nennt sich wirklich so!) das Rhythmus-Gerüst bildete. Was es
damit auf sich hatte, brachte der Opener «Doom» bereits hervor. Was
sich ebenso bald zeigte, waren die technischen Fertigkeiten von Lead-Gitarrist Benj, der seine Klasse mehrmals aufblitzen liess.
Sein Gegenspieler Felix an der Rhythmus-Klampfe hingegen hatte sich
primär und schon fast etwas aufgesetzt dem Posing verschrieben. Dass
dieser im Verlauf des Konzertes einmal seinen Einsatz zu Beginn voll versemmelte und der Song nochmals angespielt werden musste, zeugte
zumindest von einer gewissen Nervosität, die aber vom wohl gesinnten
Publikum kommentarlos verziehen wurde. Überhaupt waren die
Reaktionen bei
Creeon überaus gut, was ich persönlich aus der
qualitativen Brille des Gesamtpaketes heraus betrachtet überhaupt
nicht nachvollziehen konnte. Das lag in erster Linie an Frontmann
Bill, der mich zumindest live zu keinem Zeitpunkt flashte und
mehrmals ziemlich schräg klang. Was studiomässig beim ebenfalls
gespielten «Murderer’s Alley» recht ansprechend klingt, konnte in
der Live-Version bei mir ebenso wenig punkten. Nichtsdestotrotz
schien die verbesserungsfähige Darbietung den Fans aufgrund der
Reaktionen offensichtlich zu gefallen.
Setliste: «Doom» - «Get Lost» - «Charge» - «Murderer’s Alley» - «Our
Time».
Emerald
Das pure Gegenteil in Sachen Biographie sind die True Metaller aus
Düdingen, was aber nicht erstaunt, denn deren Anfänge reichen bis
ins Jahr 1995 zurück. In dieser Zeitspanne bis heute, also
mittlerweile satten 18 Jahren, kamen bisher sechs Studio-Alben
heraus. Der letzte Release «Unleashed» datierte vom letzten Jahr.
Obwohl der Leistungsausweis der Schweizer inzwischen beträchtlich
ist und die Album-Bewertungen der jüngeren Vergangenheit ziemlich
stark ausfielen, gehören Emerald gefühlt immer noch „nur“ dem
Underground an. Wenn man bedenkt, wie „lange“ zum Beispiel Sabaton
erst zu Werke gehen, respektive wie erfolgreich diese mittlerweile
geworden sind, ist die Frage an dieser Stelle berechtigt, ob
Emerald, trotz unbestreitbaren Höhepunkten auf mehreren Tourneen,
jemals entscheidend zulegen können. Klar kann man sich damit,
wissend, wo die Qualitäten liegen, zufrieden geben, aber ein
bisschen mehr darf es bekanntlich immer sein. Was ich aktuell nicht
wusste, ist die Tatsache, dass Ende Juli der Abgang von Sänger
Thomas L. Winkler bekannt gegeben wurde. Er wird sich einem neuen
Job zuwenden, sobald die noch anstehenden und zugesicherten
Live-Verpflichtungen vorüber sind. Obwohl ich ja dem True Metal
Genre (inklusive Keyboards) bekanntlich nicht so zugetan bin und die
Düdinger (mit Vorgänger Jvo Julmy am Gesang) eh nicht zu meinen Faves
zählen, fand ich eben diesen Typ, den Winkler, dennoch als
ideale Ergänzung für diese Band. Das Konzert im Zürcher Dynamo im
Frühling 2010 als Support von Savage Grace und Omen zeigte dies
eindrücklich. Während dem heutigen Konzert hatte ich jedoch stets
das Gefühl, dass die bemüht aufspielende Truppe irgendwie mit
angezogener Handbremse spielte, was aber auch am eher drucklosen
Sound und der zu kurzen Auftrittszeit gelegen haben mag. Die Songs
selber waren allerdings nicht dafür verantwortlich, denn deren
Qualität wäre eigentlich undiskutabel die bisher beste gewesen.
Interessanterweise war der Zuspruch der Fans im Gegensatz zu Creeon
vorher klar schwächer. Man wird nun sehen, wie schwerwiegend sich
die bald anbahnende Vakanz auf den weiteren Karriereverlauf
auswirken wird.
Setliste: «Face Of Evil» - «Revenge» - «The Last Legion» - «Tears Of
A Warrior» - «Blessed» - «F.T.M.»
Battalion
Obwohl die Umbaupausen im Nordportal verhältnismässig straff
gehalten wurden, schlich sich von Band zu Band eine anwachsende
Verspätung auf die Running Order ein. Ausser den Veranstalter in
Sachen Curfew und Gonoreas als Headliner in den Startlöchern dürfte
dies aber kaum jemand gestört haben. Nun war ich gespannt, ob
Battalion den bisher eher unspektakulären Konzertabend noch herum zu
reissen vermochten. Kürzlich stand man ja als Support für Slayer im
proppenvollen Komplex 457 auf der Bühne und dem Vernehmen nach soll
es dort abgegangen sein wie Schmidt’s Katze. Die Vollblut-Thrasher
um die beiden Ur-Mitglieder Silvan Etzensperger (v/g) und Samuel
Riedener (d) hatten übrigens vor rund drei Jahren umständehalber
einen Live-Gitarristen im Line-Up stehen. Sein Name war…, Leandro
Pacheco! Ja…, genau der…, der nun der neue Leadsänger von Gonoreas
ist! Tja, so klein kann die Welt plötzlich sein. Vervollständigt
wird die aktuelle Besetzung von Battalion durch Claudio „Clode“
Hürlimann (g) und Alexander Gubler (b). Ausgestattet mit diversen
exzellenten Thrash-Keulen der letzten beiden Alben «Underdogs»
(2010) und «Set The Phantom Afire» (2012) brachte man an sich genug
Power nach Baden. Doch auch die Zürcher mussten im Aargau Haare
lassen, sprich der Auftritt erlaubte gerade mal fünf Songs und schon
bald hatte ich das Gefühl, dass die Chose grundsätzlich schon ok
war, aber dem Vergleich zu früheren Auftritten, notabene auf der
gleichen Bühne, nicht standhalten konnte. Es fehlte auch hier
einiges an Druck und obwohl die Stimmung ansprechend war, fehlte der
berühmte Funke, der auf das Publikum über springt. Die Band bemühte
sich allerdings redlich, war aktiv und bewegte sich unablässig.
Allen voran die beiden Gitarristen, die es im Rahmen der
zugelassenen Möglichkeiten ordentlich krachen liessen. Trotzdem
hatte ich nach dem viel zu kurzen Auftritt eigentlich mehr, ja viel
mehr erwartet! Augenscheinlich hatte es im Vergleich zur letzten
CD-Taufe von Gonoreas zudem deutlich weniger Leute und ich bin mir
nicht ganz sicher, ob vor dem Headliner nicht schon einige Leute die
Halle bereits vorzeitig verlassen hatten. Fakt ist, dass Battalion
ihrer zugedachten Rolle nicht ganz gerecht werden konnten. Dazu
hätte ich am 4. August 2013 eben in Zürich mit dabei sein müssen.
Setliste: «Dead Man Tell No Tales» - «Headbangers» - «Thrash Maniacs»
- «Bomber» - «Bullets & Death».
Gonoreas
Der vergleichende Blick zwischen Uhr und Running Order war
eindeutig…, die ganze Sache hing mindestens dreissig Minuten nach,
doch kurz vor 23.00 Uhr gingen die Lichter definitiv zum fünften und
letzten Mal aus! Gonoreas waren ready für die Release-Party ihres
neuen Meisterwerks «The Mask Of Shame», das mir mit jeder Umdrehung
mehr noch ein Stückchen besser gefällt. Vor allem der neue Frontmann
Leandro Pachecho hat seine Reifeprüfung abgelegt und ich war mir
sicher, dass die kleinen Unsicherheiten vom letzten Winter
(Wettingen, 24.11.12) inzwischen ausgemerzt werden konnten. Nach dem
Intro «The Dephts Of The Barents Sea» folgten gleich zwei neue Songs
in der Reihenfolge wie auf dem Album. Spätestens beim gnadenlos nach
vorne galoppierenden «Veins» sass die ganze Band bereits felsenfest
im Sattel der imaginären Büffelherde, die donnernd über die Köpfe
der Besucher des Nordportals hinweg trampelte. Bassist Pat
Rafaniello fegte wiederum wie von der Tarantel gestochen über die
Bühne, liess seine Mähne durch den Stage-Ventilator stilgerecht
herum wirbeln und riss abermals
die geilsten Posen ohne Ende.
Während die Finger von Damir Eskic und Larissa Ernst längst auf
Betriebstemperatur gespielt waren und Master „Killdrum“ Hösli
derweil die Wände erzittern liess, vermittelte der Frontmann genau
das, was man von ihm nun erwartete. Schon nur von der Körpersprache
her gehörten die ersten Gehversuche klar der Vergangenheit an und
was einen von der CD her stimmlich schon schwer beeindruckte, fand
nun auf der Bühne seine entsprechende Umsetzung. Dass Leandro dann
zu unserer grossen Freude noch ein offizielles Metal Factory Shirt
trug, rundete das Ganze natürlich perfekt ab!
Da noch am Fotos
schiessen, verpasste ich so zu sagen meinen Lieblingssong «Devil At
The Crossroad», was ich aber erst etwas später richtig realisierte.
Doch «The Mask Of Shame» bot noch einige geile Songs mehr wie «Breathe
Again» oder «Soulstealer», wo, wie schon in der Rezi beschrieben,
auf harten Hardrock getrimmter Gitarrensound die kreativbereichernde
Abwechslung bewerkstelligt. Für die Gänsehaut-Ballade «Still In My
Heart» wurden Barhocker und Akustikgitarren auf die Bühne gebracht.
Kurz darauf war dann klar, wer bei der Studio-Version die zweite
Leadstimme eingesungen hatte: Pat Rafaniello! Und dies tat er sowas
von gut, dass man sich für die Zukunft noch weitere Duette mit
Master Pachecho vorstellen kann, einfach klasse! Nach «Serpents»,
der ersten ausgekoppelten Single, war der Moment der CD-Taufe
gekommen. Dazu wurden Producer V.O. Pulver und unser aller Scheffe
Roxx auf die Bühne gebeten. Nach einer kurzen Ansprache von Damir
flogen auch schon einige Korken der mitgebrachten Schampusflaschen,
und nach der noch in Windeseile besorgten CD reduzierte sich der
Taufakt auf wenige Augenblicke und kaum angefangen, war das Baby
ersäuft, äh getauft. Der anschliessend gespielte Titeltrack
bedeutete schliesslich, dass das sehr gut antizipierende Publikum
soeben jeden Song (!) in der Livefassung zu Gehör bekommen hatte.
Der Rest des Sets gehörte abschliessend einigen Altklassikern wie «Breaking
The Chains» und «Chasing The Dragon». Mit der obligaten
Mitsing-Hymne «Bang Your Head» untermauerten Gonoreas nach knappen
100 Minuten einmal mehr ihr klar internationales Niveau und es ist
der sympathischen Truppe echt zu gönnen, dass sie im kommenden
Sommer auf möglichst vielen Festivals ihr Potenzial auch einer
grösseren Zuhörerschaft unter Beweis stellen können. In diesem Sinne
„bang that head, that doesn‘t bang”!
Setliste: «Intro» - «Kursk» - «Veins» - «Devil At The Crossroads» -
«Breathe Again» - «Soulstealer» - «The Red Horizon» - «Still In My
Heart» - «Serpents» - «CD-Taufe mit V.O. Pulver und Roxx» - «The
Mask Of Shame» - «Breakout» - «Breaking The Chains» - «Plead Not
Guilty» - «Chasing The Dragon» - «Deadly Scroll» - «Bang Your Head».
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