Livereview: Gonoreas - Battalion - Emerald - Creeon - AnamKara

21. September 2013, Baden – Nordportal
By Rockslave
Vor rund zwei Jahren fand hier am gleichen Ort die CD-Taufe für das letzte Album «Apocalypse» statt und diese war mir noch in guter Erinnerung, zumal die Co-Headliner des Abends auch Battalion hiessen. Was an sich der Startschuss zu weiteren Grosstaten hätte sein können, ja müssen, erlebte mit dem Abgang des Frontmannes Gilberto „Gilbi“ Meléndez einen herben Dämpfer. Diese Vakanz musste nun zuerst adäquat angegangen werden, ehe der Blick wieder in die Zukunft gelenkt werden konnte. Gonoreas kriegten die Kurve zum Glück wieder und fanden in Leandro Pacheco einen mehr als valablen Ersatz für den bärenstarken Vorgänger. Somit konnte sich Mastermind und Leadgitarrist Damir Eskic wieder auf das Songwriting konzentrieren und die Grundlage für das vierte Studioalbum legen. Zusammen mit seinem weiblichen Sidekick Larissa Ernst und den weiteren Bandmembers Pat Rafaniello (b) und Stefan Hösli (d) wurde unter der Obhut der Schweizer Producer-Legende V.O. Pulver das neue Langeisen mit dem Titel «The Mask Of Shame» aufgenommen. Das Resultat fiel erfreulich gut aus und meine Wenigkeit als Rezensent freute sich deshalb ziemlich doll auf diesen Abend!

AnamKara

Zuerst hielt ich die Klänge, die mir, zu der Zeit (knapp nach 20.00 Uhr) und gerade im Backstage-Raum weilend, urplötzlich ans Ohr gelangten, für den Soundcheck. Das verwirrte mich zunächst, denn auf dem offiziellen Plakat und der dazugehörenden Anzeige bei Facebook stand Türöffnung um 20.00 Uhr und Konzertbeginn um 20.30 Uhr. Ein kurzer Blick auf die aufgehängte Running Order bestätigte dann aber ziemlich schnell, dass mit AnamKara bereits die erste Band des Abends auf der Bühne stand. Da die Netto-Spielzeit aller Vorbands von heute Abend nur bei rund 25 Minuten lag, dauerte das Ganze jeweilen nicht so lang. Ich schaffte es dann zum letzten Song «Three Wise Monkeys» gerade noch rechtzeitig nach unten in die erste Reihe, um mir ein paar Schnappschüsse des Openers zu sichern. Damit die Darbietung wirklich möglichst objektiv beurteilt werden kann, hätte ich klar mehr als nur knappe fünf Minuten zu sehen und hören kriegen müssen, um mir ein genaues Bild des Quintetts machen zu können. Für ein paar Bilder, sprich Fotos, gereichte es allerdings schon. Im Zentrum der heimischen Symphonic Metaller aus Baden stand auf jeden Fall Frontfrau Lisa Kamber. Das Wenige, dass ich schliesslich von ihr und der Band hörte, überzeugte mich indes nicht. Die Chose klang insgesamt viel zu zahm und mitunter etwas holprig. Um zu den genannten Einflüssen wie Legenda Aurea, Nightwish oder Amorphis aufschliessen zu können, ist es für die Newcomer von AnamKara vor allem live noch ein weiter Weg. Immerhin hinterlässt «Wasted» als Studioversion den aufwertenden Eindruck, dass die technischen Fähigkeiten durchaus da sind. Der angereiste Tross als Unterstützung, bestehend aus Freunden, Fans und Familienmitgliedern machte sich beim Schlussapplaus auf jeden Fall bemerkbar, was sicher im Sinn aller Beteiligten war.

Setliste: «Vampiric Dance» - «Wasted» - «Firestorm» - «The Dying Swan» - «Three Wise Monkeys».


Creeon
Für die zweite Band des heutigen Abends war ich nun auf zack und verpasste nichts. Auch diese stammt aus der Region, nämlich aus Brugg. Viel mehr, als dass Creeon 2011 gegründet wurden, lässt sich über die Band-Homepage, MySpace und Facebook nicht in Erfahrung bringen. Leider muss man sagen, und darum lassen sich zum Beispiel die musikalischen Einflüsse nur halbwegs über die MySpace Connections erahnen. Im Nachhinein liessen sich etwas Iced Earth und mehr oder weniger auch US-Metal Anleihen ausmachen, die mitunter aber noch recht vertrackt daher kamen. Das gebührte vor allem dem aktiven Drum-Spiel von Schlagzeuger Oli, der mit dem barfuss spielenden und eher wie ein Rasta-Mann aussehenden Bassisten Gabi (der nennt sich wirklich so!) das Rhythmus-Gerüst bildete. Was es damit auf sich hatte, brachte der Opener «Doom» bereits hervor. Was sich ebenso bald zeigte, waren die technischen Fertigkeiten von Lead-Gitarrist Benj, der seine Klasse mehrmals aufblitzen liess. Sein Gegenspieler Felix an der Rhythmus-Klampfe hingegen hatte sich primär und schon fast etwas aufgesetzt dem Posing verschrieben. Dass dieser im Verlauf des Konzertes einmal seinen Einsatz zu Beginn voll versemmelte und der Song nochmals angespielt werden musste, zeugte zumindest von einer gewissen Nervosität, die aber vom wohl gesinnten Publikum kommentarlos verziehen wurde. Überhaupt waren die Reaktionen bei Creeon überaus gut, was ich persönlich aus der qualitativen Brille des Gesamtpaketes heraus betrachtet überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Das lag in erster Linie an Frontmann Bill, der mich zumindest live zu keinem Zeitpunkt flashte und mehrmals ziemlich schräg klang. Was studiomässig beim ebenfalls gespielten «Murderer’s Alley» recht ansprechend klingt, konnte in der Live-Version bei mir ebenso wenig punkten. Nichtsdestotrotz schien die verbesserungsfähige Darbietung den Fans aufgrund der Reaktionen offensichtlich zu gefallen.

Setliste: «Doom» - «Get Lost» - «Charge» - «Murderer’s Alley» - «Our Time».


Emerald
Das pure Gegenteil in Sachen Biographie sind die True Metaller aus Düdingen, was aber nicht erstaunt, denn deren Anfänge reichen bis ins Jahr 1995 zurück. In dieser Zeitspanne bis heute, also mittlerweile satten 18 Jahren, kamen bisher sechs Studio-Alben heraus. Der letzte Release «Unleashed» datierte vom letzten Jahr. Obwohl der Leistungsausweis der Schweizer inzwischen beträchtlich ist und die Album-Bewertungen der jüngeren Vergangenheit ziemlich stark ausfielen, gehören Emerald gefühlt immer noch „nur“ dem Underground an. Wenn man bedenkt, wie „lange“ zum Beispiel Sabaton erst zu Werke gehen, respektive wie erfolgreich diese mittlerweile geworden sind, ist die Frage an dieser Stelle berechtigt, ob Emerald, trotz unbestreitbaren Höhepunkten auf mehreren Tourneen, jemals entscheidend zulegen können. Klar kann man sich damit, wissend, wo die Qualitäten liegen, zufrieden geben, aber ein bisschen mehr darf es bekanntlich immer sein. Was ich aktuell nicht wusste, ist die Tatsache, dass Ende Juli der Abgang von Sänger Thomas L. Winkler bekannt gegeben wurde. Er wird sich einem neuen Job zuwenden, sobald die noch anstehenden und zugesicherten Live-Verpflichtungen vorüber sind. Obwohl ich ja dem True Metal Genre (inklusive Keyboards) bekanntlich nicht so zugetan bin und die Düdinger (mit Vorgänger Jvo Julmy am Gesang) eh nicht zu meinen Faves zählen, fand ich eben diesen Typ, den Winkler, dennoch als ideale Ergänzung für diese Band. Das Konzert im Zürcher Dynamo im Frühling 2010 als Support von Savage Grace und Omen zeigte dies eindrücklich. Während dem heutigen Konzert hatte ich jedoch stets das Gefühl, dass die bemüht aufspielende Truppe irgendwie mit angezogener Handbremse spielte, was aber auch am eher drucklosen Sound und der zu kurzen Auftrittszeit gelegen haben mag. Die Songs selber waren allerdings nicht dafür verantwortlich, denn deren Qualität wäre eigentlich undiskutabel die bisher beste gewesen. Interessanterweise war der Zuspruch der Fans im Gegensatz zu Creeon vorher klar schwächer. Man wird nun sehen, wie schwerwiegend sich die bald anbahnende Vakanz auf den weiteren Karriereverlauf auswirken wird.

Setliste: «Face Of Evil» - «Revenge» - «The Last Legion» - «Tears Of A Warrior» - «Blessed» - «F.T.M.»


Battalion
Obwohl die Umbaupausen im Nordportal verhältnismässig straff gehalten wurden, schlich sich von Band zu Band eine anwachsende Verspätung auf die Running Order ein. Ausser den Veranstalter in Sachen Curfew und Gonoreas als Headliner in den Startlöchern dürfte dies aber kaum jemand gestört haben. Nun war ich gespannt, ob Battalion den bisher eher unspektakulären Konzertabend noch herum zu reissen vermochten. Kürzlich stand man ja als Support für Slayer im proppenvollen Komplex 457 auf der Bühne und dem Vernehmen nach soll es dort abgegangen sein wie Schmidt’s Katze. Die Vollblut-Thrasher um die beiden Ur-Mitglieder Silvan Etzensperger (v/g) und Samuel Riedener (d) hatten übrigens vor rund drei Jahren umständehalber einen Live-Gitarristen im Line-Up stehen. Sein Name war…, Leandro Pacheco! Ja…, genau der…, der nun der neue Leadsänger von Gonoreas ist! Tja, so klein kann die Welt plötzlich sein. Vervollständigt wird die aktuelle Besetzung von Battalion durch Claudio „Clode“ Hürlimann (g) und Alexander Gubler (b). Ausgestattet mit diversen exzellenten Thrash-Keulen der letzten beiden Alben «Underdogs» (2010) und «Set The Phantom Afire» (2012) brachte man an sich genug Power nach Baden. Doch auch die Zürcher mussten im Aargau Haare lassen, sprich der Auftritt erlaubte gerade mal fünf Songs und schon bald hatte ich das Gefühl, dass die Chose grundsätzlich schon ok war, aber dem Vergleich zu früheren Auftritten, notabene auf der gleichen Bühne, nicht standhalten konnte. Es fehlte auch hier einiges an Druck und obwohl die Stimmung ansprechend war, fehlte der berühmte Funke, der auf das Publikum über springt. Die Band bemühte sich allerdings redlich, war aktiv und bewegte sich unablässig. Allen voran die beiden Gitarristen, die es im Rahmen der zugelassenen Möglichkeiten ordentlich krachen liessen. Trotzdem hatte ich nach dem viel zu kurzen Auftritt eigentlich mehr, ja viel mehr erwartet! Augenscheinlich hatte es im Vergleich zur letzten CD-Taufe von Gonoreas zudem deutlich weniger Leute und ich bin mir nicht ganz sicher, ob vor dem Headliner nicht schon einige Leute die Halle bereits vorzeitig verlassen hatten. Fakt ist, dass Battalion ihrer zugedachten Rolle nicht ganz gerecht werden konnten. Dazu hätte ich am 4. August 2013 eben in Zürich mit dabei sein müssen.

Setliste: «Dead Man Tell No Tales» - «Headbangers» - «Thrash Maniacs» - «Bomber» - «Bullets & Death».


Gonoreas
Der vergleichende Blick zwischen Uhr und Running Order war eindeutig…, die ganze Sache hing mindestens dreissig Minuten nach, doch kurz vor 23.00 Uhr gingen die Lichter definitiv zum fünften und letzten Mal aus! Gonoreas waren ready für die Release-Party ihres neuen Meisterwerks «The Mask Of Shame», das mir mit jeder Umdrehung mehr noch ein Stückchen besser gefällt. Vor allem der neue Frontmann Leandro Pachecho hat seine Reifeprüfung abgelegt und ich war mir sicher, dass die kleinen Unsicherheiten vom letzten Winter (Wettingen, 24.11.12) inzwischen ausgemerzt werden konnten. Nach dem Intro «The Dephts Of The Barents Sea» folgten gleich zwei neue Songs in der Reihenfolge wie auf dem Album. Spätestens beim gnadenlos nach vorne galoppierenden «Veins» sass die ganze Band bereits felsenfest im Sattel der imaginären Büffelherde, die donnernd über die Köpfe der Besucher des Nordportals hinweg trampelte. Bassist Pat Rafaniello fegte wiederum wie von der Tarantel gestochen über die Bühne, liess seine Mähne durch den Stage-Ventilator stilgerecht herum wirbeln und riss abermals die geilsten Posen ohne Ende. Während die Finger von Damir Eskic und Larissa Ernst längst auf Betriebstemperatur gespielt waren und Master „Killdrum“ Hösli derweil die Wände erzittern liess, vermittelte der Frontmann genau das, was man von ihm nun erwartete. Schon nur von der Körpersprache her gehörten die ersten Gehversuche klar der Vergangenheit an und was einen von der CD her stimmlich schon schwer beeindruckte, fand nun auf der Bühne seine entsprechende Umsetzung. Dass Leandro dann zu unserer grossen Freude noch ein offizielles Metal Factory Shirt trug, rundete das Ganze natürlich perfekt ab!

Da noch am Fotos schiessen, verpasste ich so zu sagen meinen Lieblingssong «Devil At The Crossroad», was ich aber erst etwas später richtig realisierte. Doch «The Mask Of Shame» bot noch einige geile Songs mehr wie «Breathe Again» oder «Soulstealer», wo, wie schon in der Rezi beschrieben, auf harten Hardrock getrimmter Gitarrensound die kreativbereichernde Abwechslung bewerkstelligt. Für die Gänsehaut-Ballade «Still In My Heart» wurden Barhocker und Akustikgitarren auf die Bühne gebracht. Kurz darauf war dann klar, wer bei der Studio-Version die zweite Leadstimme eingesungen hatte: Pat Rafaniello! Und dies tat er sowas von gut, dass man sich für die Zukunft noch weitere Duette mit Master Pachecho vorstellen kann, einfach klasse! Nach «Serpents», der ersten ausgekoppelten Single, war der Moment der CD-Taufe gekommen. Dazu wurden Producer V.O. Pulver und unser aller Scheffe Roxx auf die Bühne gebeten. Nach einer kurzen Ansprache von Damir flogen auch schon einige Korken der mitgebrachten Schampusflaschen, und nach der noch in Windeseile besorgten CD reduzierte sich der Taufakt auf wenige Augenblicke und kaum angefangen, war das Baby ersäuft, äh getauft. Der anschliessend gespielte Titeltrack bedeutete schliesslich, dass das sehr gut antizipierende Publikum soeben jeden Song (!) in der Livefassung zu Gehör bekommen hatte. Der Rest des Sets gehörte abschliessend einigen Altklassikern wie «Breaking The Chains» und «Chasing The Dragon». Mit der obligaten Mitsing-Hymne «Bang Your Head» untermauerten Gonoreas nach knappen 100 Minuten einmal mehr ihr klar internationales Niveau und es ist der sympathischen Truppe echt zu gönnen, dass sie im kommenden Sommer auf möglichst vielen Festivals ihr Potenzial auch einer grösseren Zuhörerschaft unter Beweis stellen können. In diesem Sinne „bang that head, that doesn‘t bang”!

Setliste: «Intro» - «Kursk» - «Veins» - «Devil At The Crossroads» - «Breathe Again» - «Soulstealer» - «The Red Horizon» - «Still In My Heart» - «Serpents» - «CD-Taufe mit V.O. Pulver und Roxx» - «The Mask Of Shame» - «Breakout» - «Breaking The Chains» - «Plead Not Guilty» - «Chasing The Dragon» - «Deadly Scroll» - «Bang Your Head».