Nach dem ganzen Aufwand im Studio gehört dies eigentlich
stets zum Höhepunkt einer Band, sprich wenn das neue Album entweder
gerade erst neu erschienen ist oder dies gar am gleichen Tag wie die
CD-Taufe stattfindet. Bei Gonoreas und ihrem mittlerweile fünften
Langeisen «Destructive Ways» war es allerdings so, dass der
offizielle Release erst am 06. November 2015 war. Somit konnten die
Fans die neue CD bereits einige Zeit früher beim Merchandise-Stand
krallen. Dazu musste man aber am heutigen Abend im Komplex 457 in
Zürich mit dabei sein. Somit verliess die Aargauer Band quasi ihre
gewohnte Umgebung, denn die letzte CD-Taufe zu «The Mask of Shame»
fand bekanntlich im Badener „Nordportal“ statt. Für den heutigen
Abend lud der Headliner drei Gastbands als Support ein, zu denen
ursprünglich auch Excruciation gehörten. Die Zürcher Doomster sagten
jedoch kurzfristig ab, wurden aber durch The Burden Remains würdig
ersetzt. Die jungen Aarauer Thrasher von Comaniac durften eigentlich
fast etwas als Geheimtipp gewertet werden und die Verpflichtung von
Underskin als nicht ultraharte Band überraschte auf dem Papier wie
danach auch positiv auf der Bühne!
The Burden Remains Die junge Band aus dem Kanton
Freiburg verschreibt sich seit der Gründung vor über eine Dekade
einer interessanten Stilrichtung im Metal-Genre: Progressive Thrash
Metal. Während dieses Etikett international vor allem auf die
inzwischen immer stärker verbleichenden Nevermore oder auch Communic
aus Norwegen zutrifft, gibt es der Heimat hierzu höchstens Coroner
zu nennen, die es jedoch eine Spur düsterer angehen. Unser Christoph
„El Muerte“ Noth fungiert schon einige Zeit als Produzent und ist
auch im Bereich der Arrangements für seine Schützlinge tätig. Ich
sah die Band aus Wünnewil (FR) freilich das erste Mal überhaupt und
hatte bisher trotz den regelmässigen Einträgen im Metal Factory Poll
kaum bis gar nicht Notiz von Tommy Schweizer (v/b), Thomas Jenny
(g/v), Philippe Aebischer (g/v) und Silvan Mangold (d) genommen.
Deshalb wurde ich heute Abend durch die äussert agile Performance
und die technische Versiertheit überrascht. Vor allem Leadsänger und
Bassist Tommy legte sich enorm ins Zeug und verwandelte sich einen
elektrisierenden
Unruhepol auf der Bühne. Auch wenn der Sound mitunter etwas sperrig
wirkte, so kamen doch viele der Riffs tonnenschwer bis thrashig flink daher
und konnten klar punkten. Auch wenn sich vor der Bühne im vergleichsweise
grossen Komplex noch nicht so viele Leute tummelten,
zeigten deren Reaktion und Zustimmung deutlich, dass man von diesen
35 Minuten Musik echt angetan war. Die ersten vier Songs stammten
vom aktuellen Album «Fragments» (2014), gefolgt von je einem Track
von den 2012er «The Bikini Blues-Sessions» («A Martyr’s Lament») und
dem bärenstarken wie riffgewaltigen full lenght Debüt «A Downfall Of
Man» (2013, «Ashes From The Skies»). Das neue Material ist spürbar
progressiver ausgefallen, was etwas auf die Kosten der Eingängigkeit
geht. Nichtsdestotrotz empfahlen sich The Burden Remains, die 2013
in ihrem Heimatkanton auch schon für Megadeth eröffneten, für
weitere musikalische Grosstaten. Interessant ist zudem die Tatsache,
dass die aktuelle Scheibe nur als Vinyl oder Download erhältlich
ist!
Setliste: «…And I Beheld The Strings» - «Among The
Shards» - «Keep To The Script» - «A Martyr’s Lament» - «Ashes From
The Skies».
Underskin
Nach dem energetischen Opener standen nun im Vergleich deutlich
weichere, aber immer noch rockige Töne auf dem Speisezettel. Mich
nahm nun echt wunder, ob die zweifellos talentierte Band aus Zürich
mit ihrem Material vor diesem (Metal-) Publikum bestehen würde! Um
es gleich vorweg zu nehmen…, sie tat es, wenn auch nicht
flächendeckend. Frontfrau Andrina schaffte es aber, dass ihre
Performance zwischen lieblich und rockend dennoch etwas hergab. Als
zusätzlicher kleiner Bonus sorgte die Herkunft der Band, die somit
lokal so zu sagen ein Heimspiel verbuchen konnte. Der Album-Opener
«Spit On You» hörte sich dann schon mal ganz ordentlich an und litt
höchstens darunter, dass der Sound, sprich die Lautstärke eher
bescheiden ausfiel und dadurch einiges an Druck fehlte. Etwas, das
auf der starken Debüt-CD durchaus vorzufinden ist. Dennoch legten
sich Underskin voll ins Zeug rein und spielten einen Grossteil der
Songs vom neuen Album «Collective Confusion». Gitarrist Roman Walker
wirkte dabei
optisch
etwas älter als der Rest der Band, dürfte es auch sein und gab
alles, was der halt bescheidene Mix an diesem Abend hergab. Die
Rhythm-Section mit Chris Blum (g), Roy Sonderegger (b) und Andrea
Tinner (d) präsentierte sich derweil recht tight, litt aber
insgesamt ebenso am zu mageren Sound im Komplex. Zudem hatte ich das
Gefühl, dass sich die Musiker auf der für ihre Verhältnisse grossen
Bühne fast etwas verloren. Dieser Umstand machte auch vor der
stimmgewaltigen Frontfrau nicht Halt, aber Andrinas Bewegungsradius
war eh überschaubar und zentral ausgerichtet. Dort spielte sie
locker ihr Können aus und verlieh dem kompositorisch überzeugend
dargebotenen Alternative Rock stets die treffende Note. Der Range
zwischen tiefer Stimmlage, cleanem Gesang und kräftigen Obertönen
wurde zu jeder Zeit mit professioneller Leichtigkeit zelebriert. Das
bemerkte das zu diesem Zeitpunkt noch nicht so zahlreiche Publikum
mit zunehmender Dauer des Konzertes und spendierte hierzu den
absolut verdienten Applaus. Wohlweislich wurden die beiden an sich
schönen Balladen «Loner» und «Fallen» an diesem metallisch
ausgerichteten Abend nicht gespielt. Dadurch entging man allerdings
einer weiteren Gesangs-Facette von Andrina, die, zusammen mit ihren
Jungs, Underskin zu einer Schweizer Band der Oberklasse vereint, der
noch eine rosige Zukunft in Aussicht steht. Beim letzten Song konnte
ich mir dann ob der titelmässigen Ehrung meines Alter-Egos ein
herzhaftes Schmunzeln nicht verkneifen.
Setliste: «Spit On
You» - «Don’t Try» - «Lies For Sex» - «She Did It Right» - «Hit Me
Like A Man» - «Starving Animal» - «Thunderhead» - «Heal Me» -
«Slave».
Comaniac
Nachdem The Burden Remains als erste Band des Abends bereits einen
fetten Pflock eingeschlagen hatten, mussten die Wände nach der
Alternative Rock Zwischenrunde mit Underskin wieder zum Wackeln
gebracht werden. Wie konnte man das besser als mit den jungen
Aarauer Thrashern von Comaniac tun?! Spätestens seit dem Release der
bärenstarken Debüt-CD «Return To The Wasteland» pinkeln die Boys
unablässig an die Wände der Übungsräume von Schweizer Kollegen wie
Battalion oder Contorsion. Das, was auf dem Tonträger bereits
überzeugen kann, wird mittlerweile mit der gleichen Brachialität auf
die Bühne übertragen. Die Axtfront mit Fronter Jonas Schmid und
Leadgitarrist Dominic Blum präsentiert sich immer eingespielter und
kriegt von der Abteilung Rhythmus mit Bassist Raymond Weibel (der
bekanntlich auch noch für Suborned in die dicken Saiten haut) und
dem Solothurner (hell yeah!) Drummer Cédric Iseli stetst einen
ordentlichen Tritt in den Arsch verpasst. Somit war alles gegeben,
um die immerhin etwas angestiegene Anzahl Fans wieder aus der
Lethargie heraus zu holen. «The Rake» fungierte als flinker Opener,
dicht gefolgt vom Groover «Secret Seed». Soweit alles paletti und im
grünen Bereich, aber auch hier machte sich der insgesamt viel zu
leise und letztlich total drucklose Sound dem erwarteten
Thrash-Orkan einen fetten Strich durch die Rechnung. Wer seine
Lauschklappen allerdings nicht mit Ohropax versah, kriegte dennoch
ordentlich Krach auf
seine
Trommelfelle spendiert. Comaniac liessen sich von diesen technischen
Widrigkeiten so oder so zu keinem Zeitpunkt aus dem Konzept bringen
und rotzten ihren Set in der gewohnt agilen Art herunter. Dabei
offenbarte Jonas einmal mehr seine unbestrittenen Qualitäten als
Frontmann und (Rhythmus-) Gitarrist. Die stimmlichen Ähnlichkeiten
zum jungen James Hetfield sind, wie mitunter auch der Sound von
Metallica zu «Kill 'Em All»-Zeiten, nicht von der Hand zu weisen. Da
dies aber mit der nötigen Prise Eigenständigkeit und „genug Eiern“
versehen ist, gehören sämtliche Rip-Off Vorwürfe, sofern solche
überhaupt von jemandem ins Feld geführt werden, klar und eindeutig
ins musikalische Pfefferland gesetzt. So sorgte der töfte
Album-Opener «1, 2, Rage» für die entsprechenden Reaktionen in den
ersten Reihen des Komplex. Wie es sich gehört, wurden dabei
zahlreiche Haarmatten im Windmühlenstil geschwungen, Fäuste in die
Höhe gereckt und laufend Bierbecherinhalte vernichtet. Die Party war
somit definitiv losgetreten und letztlich spielten Comaniac
überraschend nur fünf Songs und brachten es so auf gerade mal etwa
25 Minuten Spielzeit. Da hätte also noch locker ein Song mehr in der
Setliste auftauchen können. Doch auch so empfahl sich das lärmige
Quartett für kommende Grosstaten und es bleibt schwer zu hoffen,
dass die bisherige Erfolgsgeschichte aus dem Kanton Aargau erst in
den Anfangszügen liegt und die künftigen Alben das erfreulich hohe
Level halten können.
Setliste: «The Rake» - «Secret Seed» -
«1, 2, Rage» - «Killing Tendency» - «Cut Throat».
Gonoreas
Pünktlich wie die Feuerwehr stieg der Headliner um 22.20 Uhr, also
genau gemäss der vorhandenen Running-Order, auf die Bühne, wo es
nach dem Intro gleich mit «Destructive Ways», dem Titeltrack des
neuen Albums, los ging. Gonoreas waren nach der letzten
Release-Sause im Badener „Nordportal“ (2013) diesmal nach Zürich
gekommen, um die CD-Release Party für ihr fünftes Studioalbum zu
zelebrieren. Diesem Aufruf folgte die seit Jahren treue Fanbase und
noch einige mehr. Dennoch erwies sich die Grösse des Komplex
bezüglich dem Interesse an den Aargauer als überdimensioniert.
Diejenigen Leute, die aber den Weg nach Zürich gefunden hatten,
waren bestens bei Laune und spätestens jetzt, nachdem Comaniac davor
schon mal ordentlich vorgelegt hatten, ging die Party richtig los.
Darauf gefreut hatten sich natürlich auch Chef-Indianer und
Flitzfinger Damir Eskic, Fronthüne Leandro Pacheco, Bass-Derwisch
Pat Rafaniello und Kesselmeister Stefan Hösli. Nicht fehlen durfte
dabei auch die ehemalige Rhythmus-Gitarristin Larissa „Larry“ Ernst,
die sich ebenso unter dem Publikum befand. Sie und der Rest der
Komplex-Besucher sahen und
hörten
gleich das, was Gonoreas als Ganzes ausmacht: Tonnenschwere Riffs,
schneidende Vocals, Mitsing-Parts, Tempiwechsel, pumpender Bass und
tightes Drum-Spiel. Der Album-Opener «Rebellion Against The
Obsessor» zeigte danach auf, dass sich die Aargauer Power Metaller
auch im Speedbereich keine Blösse geben, aber auch hier durch
Abwechslung glänzen. Das pure Gegenteil kam dann beim ordentlich
zähen «Viking» zu tragen, das mit dem „Hu-Ha-Mitsingpart wohl auch
den letzten Metalhead im Komplex zur in die Höhe gereckten Faust
animierte. Während dem Solopart von Damir fehlte dann allerdings
das, was „Larry“ früher an Rhythm-Power auf der Bühne abgeliefert
hatte.
Derweil glänzte Leandro mit geilen Vocals, die oben weg beim an
Brainstorm erinnernden «Parallel Universe» nicht selten
Manowar-Shouter Eric Adams alle Ehre machten. Überhaupt
präsentierten sich Gonoreas als schlagkräftige Truppe und gehören
derzeit klar zur Schweizer Speerspitze in diesem Genre. Der Akt der
Taufe wurde nach «Wizards», auch einem neuen Song, durch CD Taufpate
V.O. Pulver (GurD, Poltergeist), begleitet von unserem Cheffe Roxx,
vorgenommen. Die ganze Sache gestaltete sich dann eher kurz, dafür
war die Sauerei durch den massig verspritzten Schaumwein vor und auf
der Bühne nicht zu übersehen. Nachdem der mittels Taufe genässte und
so zu sagen bemitleidenswerte Tonträger kurz durch die Luft in
Richtung Publikum flog und dabei, zumindest so wie ich es
mitbekommen hatte, hart auf dem Boden aufschlug, aber nicht lange
dort verblieb, setzten Damir und seine Jungs zur zweiten Hälfte des
regulären Sets an, dies mit dem Doppelschlag
«Empire»
und «Dark Triad». Wer sich die eigentlich erst am 06.11.2015
offiziell erhältliche CD bereits am Merchstand gekrallt und
mitgezählt hatte, kam ohne das Intro auf acht neue Songs, ehe «The
Mask Of Shame» vom gleichnamigen Vorgänger von 2013 folgte. Somit
wurden bis auf die Akustik-Ballade «The Offering» alle lärmigen
Tracks von «Destructive Ways» am heutigen Abend durchgespielt. Der
Eindruck, der damit hinterlassen wurde, war einmal mehr überaus
positiv und wurde nur durch den etwas dürftigen Fanaufmarsch und den
eigentlich durchgehend ungenügenden und zu drucklosen Sound getrübt.
Das lässt sich an anderer Stelle jedoch locker ausbügeln, und es
wäre nun der tollen Truppe aufrichtig gegönnt, dass sich der Erfolg
ab dem nächsten Jahr hoffentlich weiter manifestieren wird. Dazu
bräuchte man unter anderem mal einen guten Euro-Tour Support-Slot
bei einem zugkräftigen Headliner, um ihm dann jeden Abend mächtig in
die Eier treten zu können!
Setliste: «Intro» - «Destructive
Ways» - «Rebellion Against The Obsessor» - «Viking» - «Parallel
Universe» - «When Nobody» - «Wizards» - «CD-Taufe mit V.O. Pulver &
Roxx» - «Breaking The Chains» - «Breakout» - «The Kursk» --
«Serpents» - «Devil At The Crossroads».
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