Vor der Veröffentlichung
des achten Gotthard Studio-Albums "Lipservice" am 6.6.05 hatte man sich dazu
entschlossen, vier exklusive Pre-Release Shows in kleineren Locations abzuhalten. Von den
vier Daten zwischen Montag und Donnerstag kristallisierte sich der Montag, also der erste
Auftritt, als am passendsten für den Rezensenten heraus. Die weiteren Orte waren (schön
der Reihe nach): Zürich (Mascotte), Vevey (Rockin' Chair) und Bern (Bierhübeli). Wer
hier dabei sein wollte, musste sich wegen der Tickets ziemlich sputen, da das Interesse
überall sehr gross war. In der Tat wollten natürlich viele Fans wissen, wie die
Bandgeschichte von Gotthard nun weiter geht. Dabei stand natürlich eine Frage im
Vordergrund: "Rockt es jetzt (wieder) härter oder nicht?". Diesen Punkt bekam
ich im Interview mit Marc Lynn bereits beantwortet, noch bevor überhaupt ein Ton gespielt
war. Das Album selber hatte ich gerade noch rechtzeitig erhalten und kam somit
"vorbereitet" auf Luzern. Der erste Eindruck von "Lipservice" war
erfreulich (siehe auch CD-Review!) und im Wissen darum, dass es live meist noch einen
Zacken heftiger zu und her geht, stieg die Spannung merklich an!
Konzert
Von der Empore des ABCMixx (VIP-Bereich) hatte ich freien Blick auf die unter mir auf dem
Mischpult liegende Set-Liste und wusste deshalb schon zum Voraus, was bald auf der Bühne
abgehen würde. Von den total vierzehn neuen Songs standen nicht weniger als deren zehn
(!) auf dem Programm. Im Zugabenteil sollten dann noch drei ältere Klassiker den Abend
bereichern. Als das Licht im proppenvollen Saal ausging, war der Aufschrei des Publikums
schon ordentlich laut! Nach einer kurzen Begrüssung von Sänger Steve Lee liessen sich
Gotthard nicht mehr länger bitten und gaben gleich mal den "Lipservice"-Opener
"All we are" zum Besten. Tja..., und schon nach wenigen Takten war die
Gewissheit da, dass es heute Abend wieder mal so richtig "tätschen" wird.
Gleiches galt für "Dream on", einem meiner Favoriten, der bereits jetzt das
Zeug zum Live-Kracher schlechthin aufwies. Der Sound kam, wie üblich im ABCMixx,
transparent und fett zugleich rüber. Kein Wunder also mutierte danach die erste
ausgekoppelte Single "Lift u up" zum Groove- und Mitsing-Monster. Auch wenn der
Song in den hiesigen Mainstream-Radios für mein Empfinden eindeutig zu oft gespielt wird
und wohl bald nervt, ging das begeisterte Publikum ab wie ein Zäpfchen. Die musikalische
Beruhigungspille liess dann mit der schönen und für Gotthard typischen Ballade
"I've seen an angel cry" allerdings nicht lange auf sich warten. Aber schon kurz
darauf setzte auch "Cupid arrow" einen soundmässigen Markstein. Gleiches galt
zudem für Neuzugang Freddy Scherer (Ex-China), der dem etatmässigen 6-Saiten Zampano Leo
Leoni durch sein brillantes Spiel auf der zweiten Klampfe mehr als nur einmal die Show
stahl und den Gesamtsound wesentlich mitprägte! Die ganze Band präsentierte sich
derweil, begleitet von einem italienischen Gast-Keyboarder, in bestechender Top-Form und
legte einen überzeugenden Auftritt hin, den die Anwesenden mit frenetischem Applaus
quittierten. Da wiegesagt nur eine der neuen Balladen gespielt wurde, bekamen die
Anhänger der gemässigteren Töne noch "One life one soul" und
"Heaven" als Zückerchen oben drauf serviert, ehe eine Extended-Version des
Purple-Covers "Hush" nochmals für Schweissperlen sorgte und die prognostizierte
Stunde Spielzeit auf fast 85 Minuten ausdehnte. Unter dem Strich konnte man getrost
resümieren: They really rock! Ob das allerdings reicht, um bald einmal mit der ganz
grossen (Erfolgs-) Kelle anrühren zu können, wird sich spätestens am 8.12.05 zeigen,
wenn der erste Headliner-Gig im "neuen" Hallenstadion in Zürich ansteht. Bis
dahin sollte man den Sommer (und Herbst) in vollen Zügen geniessen und sich zwischendurch
immer wieder mal einen "Lippenservice" genehmigen, es lohnt sich!
Set-Liste: "All we are", "Dream on", "Lift u up", "I've
seen an angel cry", "Cupid arrow", "Said & done", "I
wonder", "I'm alive", "The other side of me", "Anytime,
anywhere". - Zugaben: "One life one soul", "Heaven",
"Hush".
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