Wer vielleicht gedacht hatte, dass sich
Gotthard nach der "Lipservice-Tour" etwas ausruhen würden, bekam die
Antwort Ende April in Form eines neuen Tonträgers mit dem Titel
"Domino Effect", der ganz auf der Linie des Vorgängers war,
respektive einen weiteren, klaren Schritt nach vorne bedeutet.
Weiter haben es Gotthard verstanden, einen Weg zu beschreiten, der
ihren aktuellen musikalischen Vorstellungen Rechnung trägt, das
heisst also in erster Linie hart zu rocken und gleichwohl das in den
letzten Jahren erarbeitete Mainstream-Publikum nicht vor den Kopf zu
stossen. Diesen Eindruck hatte ich auch, als ich mich der
Winterthurer Eishalle Deutweg eingefunden hatte, denn optisch
überwiegten "Normalos" eher mittleren Alters. Dazu kam aber auch die
ganze Bandbreite von drüber wie drunter. Ebenso zeigten sich ein
paar schwere Biker-Jungs und junge Metal-Shirt wie Kuttenträger.
Somit stand einer zünftigen Party eigentlich nichts mehr im Weg.
Einzig die Architektur der Halle liess mich (richtig) vermuten, dass
man heute Abend bezüglich der Soundqualität Abstriche machen musste.
Bis Ende Jahr werden Gotthard noch einige Auftritte wie Open Air's
absolvieren. Dazu gehören vor allem auch eine ausgedehnte
Germany-Tour und weitere Euro-Dates. Speziell werden sicher die
beiden Japan-Gigs im September werden. Nach dem eben gewesenen "Rock
Sound Festival" stehen mit Brienz (2.8.07) und Disentis (3.11.07)
zur Zeit nur noch zwei CH-Dates auf dem Programm. Nächstes Jahr wird
die Tour aber bestimmt fortgesetzt und allen Fans sei empfohlen,
sich mindestens eines der "Domino Effect" Konzerte anzusehen.
Sunrise Avenue
Die finnischen Chart-Breaker, die mit ihrem letztjährigen Smasher "Fairytale
Gone Bad" für zwei Wochen den Platz 2 der einheimischen Charts
pachteten, durften Gotthard in Bern (16.5.07), Winterthur (heute)
und Luzern (19.5.07) als Support, das heisst als Special Guest
begleiten. Das erklärte dann wohl auch, dass nebst dem oben
beschriebenen Stamm-Publikum auch ziemlich viele Girlies im
Teenager-Alter ausgemacht werden konnten. Darum erstaunte es
schliesslich nicht, dass die Stimmung in der Halle schon bald ganz
ordentlich war. Gefälliger, nicht zu harter Rocksound mit guten
Hooks vermochte das Publikum in gute Laune zu versetzen. Sänger Samu
Haber entpuppte sich dabei als lockerer Frontmann und gewiefter
Kommunikator. So war es ein Leichtes, die ohrwurmlastigen Songs
anzusagen, da die Resonanz darauf immer besser wurde. Auch der Rest
der Band zeigte sich agil und selbst wenn leisere Töne mit der
Akustik-Gitarre angeschlagen wurden, blieb lautstarkes Mitklatschen
nicht aus. Die Stimme von Samu konnte ich in der Nähe von The Church
oder auch Crowded House als Vergleich orten. Wie befürchtet, kam der
Sound in der gewölbten Eishalle nicht über leidliches Mittelmass
hinaus. Oftmals herrschte ein undifferenziertes und bassbetontes
Einerlei, das aber von der professionellen Performance von Sunrise
Avenue locker wett gemacht werden konnte. Dazu gehörten neben dem
teils voll abbangenden Keyboarder Jukka Backlund auch die
überzeugenden Backing-Vocals, die einiges zum Gesamtsound beitrugen.
Wie es sich für einen Special Guest gehört, räumte man den Finnen
eine gute Stunde Spielzeit ein, die sie optimal zu nutzen wussten.
Solche Konstellationen sollte es vermehrt geben, anstatt einfach
irgend einen Local-Act zu buchen. Bei den heutigen Ticket-Preisen
darf einfach erwartet werden, dass das Verhältnis Value zu Money
stimmt..., wie heute Abend in Winterthur! Der Höhepunkt der Show
wurde natürlich mit der Chart-Single "Fairytale Gone Bad" erreicht,
obwohl der Auftritt auch als Ganzes sehr überzeugend rüber kam.
Setlist: "Choose To Be Me" - "Forever Yours" - "Romeo" - "Sunny Day"
- "Heal Me" - "Only" - "Make It Go Away" - "Destiny" - "Diamonds" -
"Fairytale Gone Bad" - "All Because Of You" - "Wonderland".
Gotthard
Nun musste der Headliner zeigen, ob er das gut eingestimmte Publikum
ebenso in seinen Bann ziehen konnte. Mich nahm es dabei Wunder, wie
die Bühne aussieht und welche Show aufgefahren wird, da ich sehr
gute Erinnerungen an die "Human Zoo"-Tour hatte. Mein erster
Eindruck zu Beginn
war, dass der neue Aufbau nicht so breit wie
damals zum Beispiel in der Bieler Eishalle war. Das hatte aber wohl
eher was mit der Location vor Ort zu tun und dem Umstand, dass dies
ein Warmup-Gig war. Zu den augenfälligen Elementen gehörten die
beweglichen Gerüstbögen, die von hinten nach vorne ragten und mit
schmalen, rechteckigen Lichtquellen bestückt waren. Ansonsten gab es
nicht viel zu sehen, das heisst der Fokus lag ganz bei den Akteuren,
die als Opener gleich einen neuen Song brachten, nämlich "Master Of
Illusion". Das krachte schon ordentlich und hinterliess auch beim
folgenden ebenso frischen "Gone Too Far" einen mehr als guten
Eindruck! "Anytime Anywhere" animierte darauf zum flächendeckenden
Mitsingen und spätestens jetzt war der Zapfen ab. Steve schien gut
bei Stimme zu sein und der Rest der Truppe kam frisch und agil
rüber. Nicht zu übersehen war auch der Gastmusiker Nicolo Fragile,
dessen Keyboard-Sounds (Hammond) ausserdem deutlich zu vernehmen
waren. Nach "The Call" als weitere und gute Frischware, vermochte
auch "Top Of The World" zu überzeugen. Nach dem rockigen Auftakt
setzten Gotthard dann zur ersten Verschnaufpause an und packten eine
ruhige Triplette aus. Der letzte Song dieser drei ("Letter To A
Friend") war wiederum eine weitere Empfehlung für "Domino Effect".
Leo Leoni spielte dazu eine auffällige Doppelhals-Gitarre, die sehr
edel aussah. Der (Gitarren-) Sound war (zumindest vorne) zwar nicht
gerade das Gelbe vom Ei und wurde von einem mitunter stark
rumpelnden Bass schon etwas beeinträchtigt. Nichtsdestotrotz feierte
das Publikum Gotthard nach allen Regeln der Kunst ab..., wenn auch
nicht überschwenglich. Mit "All We Are" und "Dream On" wurden die
zuvor angezündeten und geschwenkten X-Mas Brennstäbchen jedoch
definitiv wieder ausgepustet. Die Bude wurde gerockt und zwar
heftig! Abermals etwas Ruhe brachte nur noch "Heaven", das zum Glück
nicht zu klebrig dargeboten wurde. Danach verliessen Gotthard die
Bühne zum ersten Mal. Der erste Zugaben-Block enthielt nebst der
neuen Live-Granate "The Oscar Goes To" den Kommerz-Smasher "Lift U
Up", der die Eishalle Deutweg natürlich in jumpende Ekstase
versetzte und wohl für immer gespielt werden wird. Dass die letzten
zwei Songs des Abends insgesamt schliesslich Nummer sieben und acht
des neuen Albums (!) waren, spricht für die Qualität der Songs und
das Selbstvertrauen, mit welchem die Schweizer Vorzeige-Rocker im
Herbst die Tour fortsetzen werden. Der heutige Abend setzte bis auf
den mittelmässigen Sound die ersten positiven Akzente, auf dass die
"Domino Effect"-Tour von weiter anhaltendem Erfolg gekrönt sein
möge!
Setlist: "Master Odf Illusion" - "Gone Too Far" - "Anytime Anywhere"
- "Intro/The Call" - "Top Of the World" - "I Wonder" - "One Life One
Soul" - "Letter To A Friend" - "All We Are" - "Dream On" - "Sister
Moon" - "Come Alive" - "Hush" - "Heaven" - "The Oscar Goes To" -
"Lift U Up" - "Falling" - "Domino Effect".
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