Livereview: Gotthard - Sunrise Avenue
18. Mai 2007, Winterthur Eishalle Deutweg
By Rockslave
Wer vielleicht gedacht hatte, dass sich Gotthard nach der "Lipservice-Tour" etwas ausruhen würden, bekam die Antwort Ende April in Form eines neuen Tonträgers mit dem Titel "Domino Effect", der ganz auf der Linie des Vorgängers war, respektive einen weiteren, klaren Schritt nach vorne bedeutet. Weiter haben es Gotthard verstanden, einen Weg zu beschreiten, der ihren aktuellen musikalischen Vorstellungen Rechnung trägt, das heisst also in erster Linie hart zu rocken und gleichwohl das in den letzten Jahren erarbeitete Mainstream-Publikum nicht vor den Kopf zu stossen. Diesen Eindruck hatte ich auch, als ich mich der Winterthurer Eishalle Deutweg eingefunden hatte, denn optisch überwiegten "Normalos" eher mittleren Alters. Dazu kam aber auch die ganze Bandbreite von drüber wie drunter. Ebenso zeigten sich ein paar schwere Biker-Jungs und junge Metal-Shirt wie Kuttenträger. Somit stand einer zünftigen Party eigentlich nichts mehr im Weg. Einzig die Architektur der Halle liess mich (richtig) vermuten, dass man heute Abend bezüglich der Soundqualität Abstriche machen musste. Bis Ende Jahr werden Gotthard noch einige Auftritte wie Open Air's absolvieren. Dazu gehören vor allem auch eine ausgedehnte Germany-Tour und weitere Euro-Dates. Speziell werden sicher die beiden Japan-Gigs im September werden. Nach dem eben gewesenen "Rock Sound Festival" stehen mit Brienz (2.8.07) und Disentis (3.11.07) zur Zeit nur noch zwei CH-Dates auf dem Programm. Nächstes Jahr wird die Tour aber bestimmt fortgesetzt und allen Fans sei empfohlen, sich mindestens eines der "Domino Effect" Konzerte anzusehen.

Sunrise Avenue
Die finnischen Chart-Breaker, die mit ihrem letztjährigen Smasher "Fairytale Gone Bad" für zwei Wochen den Platz 2 der einheimischen Charts pachteten, durften Gotthard in Bern (16.5.07), Winterthur (heute) und Luzern (19.5.07) als Support, das heisst als Special Guest begleiten. Das erklärte dann wohl auch, dass nebst dem oben beschriebenen Stamm-Publikum auch ziemlich viele Girlies im Teenager-Alter ausgemacht werden konnten. Darum erstaunte es schliesslich nicht, dass die Stimmung in der Halle schon bald ganz ordentlich war. Gefälliger, nicht zu harter Rocksound mit guten Hooks vermochte das Publikum in gute Laune zu versetzen. Sänger Samu Haber entpuppte sich dabei als lockerer Frontmann und gewiefter Kommunikator. So war es ein Leichtes, die ohrwurmlastigen Songs anzusagen, da die Resonanz darauf immer besser wurde. Auch der Rest der Band zeigte sich agil und selbst wenn leisere Töne mit der Akustik-Gitarre angeschlagen wurden, blieb lautstarkes Mitklatschen nicht aus. Die Stimme von Samu konnte ich in der Nähe von The Church oder auch Crowded House als Vergleich orten. Wie befürchtet, kam der Sound in der gewölbten Eishalle nicht über leidliches Mittelmass hinaus. Oftmals herrschte ein undifferenziertes und bassbetontes Einerlei, das aber von der professionellen Performance von Sunrise Avenue locker wett gemacht werden konnte. Dazu gehörten neben dem teils voll abbangenden Keyboarder Jukka Backlund auch die überzeugenden Backing-Vocals, die einiges zum Gesamtsound beitrugen. Wie es sich für einen Special Guest gehört, räumte man den Finnen eine gute Stunde Spielzeit ein, die sie optimal zu nutzen wussten. Solche Konstellationen sollte es vermehrt geben, anstatt einfach irgend einen Local-Act zu buchen. Bei den heutigen Ticket-Preisen darf einfach erwartet werden, dass das Verhältnis Value zu Money stimmt..., wie heute Abend in Winterthur! Der Höhepunkt der Show wurde natürlich mit der Chart-Single "Fairytale Gone Bad" erreicht, obwohl der Auftritt auch als Ganzes sehr überzeugend rüber kam.

Setlist: "Choose To Be Me" - "Forever Yours" - "Romeo" - "Sunny Day" - "Heal Me" - "Only" - "Make It Go Away" - "Destiny" - "Diamonds" - "Fairytale Gone Bad" - "All Because Of You" - "Wonderland".

Gotthard
Nun musste der Headliner zeigen, ob er das gut eingestimmte Publikum ebenso in seinen Bann ziehen konnte. Mich nahm es dabei Wunder, wie die Bühne aussieht und welche Show aufgefahren wird, da ich sehr gute Erinnerungen an die "Human Zoo"-Tour hatte. Mein erster Eindruck zu Beginn war, dass der neue Aufbau nicht so breit wie damals zum Beispiel in der Bieler Eishalle war. Das hatte aber wohl eher was mit der Location vor Ort zu tun und dem Umstand, dass dies ein Warmup-Gig war. Zu den augenfälligen Elementen gehörten die beweglichen Gerüstbögen, die von hinten nach vorne ragten und mit schmalen, rechteckigen Lichtquellen bestückt waren. Ansonsten gab es nicht viel zu sehen, das heisst der Fokus lag ganz bei den Akteuren, die als Opener gleich einen neuen Song brachten, nämlich "Master Of Illusion". Das krachte schon ordentlich und hinterliess auch beim folgenden ebenso frischen "Gone Too Far" einen mehr als guten Eindruck! "Anytime Anywhere" animierte darauf zum flächendeckenden Mitsingen und spätestens jetzt war der Zapfen ab. Steve schien gut bei Stimme zu sein und der Rest der Truppe kam frisch und agil rüber. Nicht zu übersehen war auch der Gastmusiker Nicolo Fragile, dessen Keyboard-Sounds (Hammond) ausserdem deutlich zu vernehmen waren. Nach "The Call" als weitere und gute Frischware, vermochte auch "Top Of The World" zu überzeugen. Nach dem rockigen Auftakt setzten Gotthard dann zur ersten Verschnaufpause an und packten eine ruhige Triplette aus. Der letzte Song dieser drei ("Letter To A Friend") war wiederum eine weitere Empfehlung für "Domino Effect". Leo Leoni spielte dazu eine auffällige Doppelhals-Gitarre, die sehr edel aussah. Der (Gitarren-) Sound war (zumindest vorne) zwar nicht gerade das Gelbe vom Ei und wurde von einem mitunter stark rumpelnden Bass schon etwas beeinträchtigt. Nichtsdestotrotz feierte das Publikum Gotthard nach allen Regeln der Kunst ab..., wenn auch nicht überschwenglich. Mit "All We Are" und "Dream On" wurden die zuvor angezündeten und geschwenkten X-Mas Brennstäbchen jedoch definitiv wieder ausgepustet. Die Bude wurde gerockt und zwar heftig! Abermals etwas Ruhe brachte nur noch "Heaven", das zum Glück nicht zu klebrig dargeboten wurde. Danach verliessen Gotthard die Bühne zum ersten Mal. Der erste Zugaben-Block enthielt nebst der neuen Live-Granate "The Oscar Goes To" den Kommerz-Smasher "Lift U Up", der die Eishalle Deutweg natürlich in jumpende Ekstase versetzte und wohl für immer gespielt werden wird. Dass die letzten zwei Songs des Abends insgesamt schliesslich Nummer sieben und acht des neuen Albums (!) waren, spricht für die Qualität der Songs und das Selbstvertrauen, mit welchem die Schweizer Vorzeige-Rocker im Herbst die Tour fortsetzen werden. Der heutige Abend setzte bis auf den mittelmässigen Sound die ersten positiven Akzente, auf dass die "Domino Effect"-Tour von weiter anhaltendem Erfolg gekrönt sein möge!

Setlist: "Master Odf Illusion" - "Gone Too Far" - "Anytime Anywhere" - "Intro/The Call" - "Top Of the World" - "I Wonder" - "One Life One Soul" - "Letter To A Friend" - "All We Are" - "Dream On" - "Sister Moon" - "Come Alive" - "Hush" - "Heaven" - "The Oscar Goes To" - "Lift U Up" - "Falling" - "Domino Effect".