Vor etwas mehr
als einem Jahr spielten Grand Magus schon mal hier im Kiff auf und
hatten dabei mit Bullet, Steelwing, Vanderbuyst und Skull Fist wohl
einen der stärksten Support-Slots der Neuzeit ever aufgefahren und ich
Dödel liess mir das entgehen! Tja…, falsche
Entscheidung Slave und unumkehrbar! Fakt ist, dass der Tempel
lichterloh gebrannt hat und viele Besucher bereits das
Konzert-Highlight des noch jungen Jahres 2012 gesehen hatten. Soweit so
gut, aber nun kam der schwedische Headliner gar mit der Metal-Legende
Angel Witch daher, die dem Vernehmen nach mehr als drei Dekaden keinen
Fuss mehr auf Schweizer Boden gesetzt hatte. Des Weiteren befanden sich
noch die jungen Wilden von Enforcer mit im Gepäck und somit gab es
diesmal keine Ausreden mehr! Diese Metal-Triplette musste nun zwingend
auch mit meiner Anwesenheit beehrt werden und ich sollte es nicht
bereuen! Obwohl Grand Magus mit ihrem abrupten Stilwechsel ihre Altfans
bestimmt nachhaltig irritiert haben dürften, wussten die älteren
Semester schon zu Voraus, was sie mit Angel Witch erwartete, nämlich
eine musikalische Zeitreise zurück zu den Wurzeln des Heavy Metal! Dies
haben sich Enforcer ja ebenso auf die Stirne geschrieben und das
spannte letztlich den zeitgeschichtlichen Bogen bis zum Anschlag.
Enforcer
Die schwedischen Oldschool Metaller traten bei uns eigentlich erst mit
ihrem sackstarken Zweitling «Diamonds» von 2010 wesentlich in
Erscheinung, dafür aber richtig. Das Debüt «Into The Night» kam bereits
2008 heraus. Die Kombination zwischen jugendlicher Ungestümheit und
steinaltem Sound, so zu sagen alter schwerer Wein in neuen Schläuchen,
traf den Nerv der Zeit. Zudem stellen heutige Teenager, die in Iron
Maiden Shirts rum rennen, plötzlich fest, dass ihre Lieblinge mitunter
eine sehr gewichtigen Anteil an dieser Entwicklung tragen. Mein erstes
Zusammentreffen mit Enforcer war in Basel, als die Schweden Ende 2010
den Support-Job von Airbourne bestritten. Das, was ich dort sah, war
allerdings von Licht und Schatten begleitet. Im Wesentlichen wurde aber
kräftig Gas gegeben und Sänger Olof Wikstrand, die treibende
Gründer-Kraft in der Band, hatte alle Freiheiten eines Frontmanns, der
von vier Kollegen begleitet wird. Heuer sieht das allerdings etwas
anders aus, denn im Frühling 2011 machte sich Gitarrist Adam Zaars vom
Acker. Dieser Abgang konnte den Rest der Truppe zwar nicht voll ausbremsen, aber seit
Olof sich die zweite Klampfe umhängen musste, ist es vorbei mit einem
grossen Teil der bisherigen Agilität, die diese Band früher
auszeichnete. Darunter litt auch der Auftritt in Aarau, denn obwohl die
ganze Chose mit mächtig Drive dargeboten wurde, blieb unter dem Strich
nicht so viel hängen. Obwohl die neue Studio-Langrille «Death By Fire»
ganz ordentlich ausgefallen ist, fehlt nun einfach der letzte Kick. Das
insgesamt eher erstaunlich junge und mit vielen Kutten bekleidete
Publikum hatte allerdings mächtig Spass am Opener des Abends und die
auffällig vielen Headbanger, darunter auch einige Mädels (!) liessen
ihre Matten heftig kreisen. Meine Bilanz fiel am Schluss aber klar
zwiespältig aus und ich denke, dass hier ziemlich rasch wieder ein
zweiter Gitarrist gefunden werden muss. Falls nicht, wird der hoch
dekorierte Nuclear Blast-Deal bald einmal Geschichte sein!
Angel Witch
Ich will gar nicht um den heissen Brei herum reden und gebe es (besser)
gleich offen zu, dass mir der Bandname zwar schon immer mal unter die
Augen kam und ich die Band nach der Jahrtausend-Wende, das heisst 2003
in Balingen (D) beim BYH!!-Festival sogar live gesehen hatte. Mehr aber
nicht, will sagen dass ich das legendäre erste selbstbetitelte Album
bislang, das heisst bis heute, nicht im Regal stehen habe, immer noch nicht! Vom neuen
letztjährigen Silberling «As Above So Below» ganz zu schweigen. Damals
kam Bandleader und Sänger Kevin Heybourne mit Gastmusikern, darunter
Lee Altus (Heathen/Exodus) und Darren Minter (ebenfalls von Heathen)
nach Deutschland in die Schwäbische Alb. Heuer hatte er aber eine neue
Truppe mit dabei, nämlich Bill Steer (g), Will Palmer (b) und Andy
Prestidge (d). Dieses Quartett harmonierte von Anfang an bestens und
was dann während gut einer Stunde Spielzeit folgte, ist kaum in Worte
zu fassen! Stilistisch, aufgrund der variabel gestalteten Musik,
konnten die überwiegend in NWOBHM getränkten Soundhappen dennoch nicht
immer eindeutig zugeordnet werden. Mal klang es schleppend und zäh wie
die alten Black Sabbath oder peppig groovig mit spürbarer
Hardrock-Schlagseite. Im Vordergrund stand natürlich die kultige
Debütplatte, deren Songs vor allem von den jungen Fans erstaunlich
textsicher erwidert wurden. Das gab mir dann im positiven Sinne schon
etwas zu denken, und die Freude über das Antizipieren der
augenscheinlich mehrheitlich jungen Fans war mir anzusehen. Nebst
seiner eigenwilligen Stimme brillierte Kevin auch an seiner Gitarre.
Die Soli waren einfach klasse, ob alleine oder zusammen mit Bill Steer.
Darüber hinaus war ein stetiger Druck nach vorne fest zu stellen, der von Anfang an da war und nie nachliess. Das
absolute Highlight war dann natürlich der Gassenhauer und namensgebende
Smasher «Angel Witch». Was da vom Publikum zurück kam, lässt sich
schwer in Worte fassen. Und wenn doch, reichen eigentlich wenige
Ausdrücke wie genial, hammermässig oder kultig. Nicht wenige Male wurde
ich wegen den Backing Vocals an die frühen Zeiten von The Sweet
erinnert. Schon nur deswegen erscheint es mir reichlich merkwürdig,
dass ich zuvor noch nie Notiz von Angel Witch genommen hatte.
Andererseits freue ich mich zu sehen und zu hören, dass selbst ich
alternder Rock-Esel in meiner angestammten Stilecke noch was
Aufregendes entdecken kann. Der frenetische Schlussapplaus wird
hoffentlich dazu führen, dass Angel Witch vor ihrem musikalischen
„Ableben“ nochmals einen Abstecher in die Schweiz machen werden und
dann aber als Headliner!
Setliste: «Atlantis» - «Confused» - «Dead Sea Scrolls» - «White Witch»
- «Sorcerers» - «Gorgan» - «Guillotine» - «Dr. Phibes» - «Angel Of
Death» - «Baphomet» - «Angel Witch».
Grand Magus
Krass war es schon nicht, aber wer kurz vor 23:00 Uhr genau hinsah oder
wenn man nachgezählt hätte, würde man festgestellt haben, dass nun
schon weniger Leute als noch kurz vorher da waren und auf den Headliner
warteten. Dennoch war der Begrüssungsapplaus mehr als nur ordentlich,
als Janne „JB“ Christoffersson
(v/g), Mats „Fox“ Heden (b) und Neu-Zugang Ludwig Witt (d, ersetzte
letzten Frühling Sebastian "Seb" Sippola) auf die Bühne kamen und nach
dem Intro mit dem wuchtigen «Kingslayer» gleich den Boden zum Erzittern
brachten. Letzterer Musiker war oder besser ist auch immer noch der
etatmässige Schlagwerker von Spiritual Beggars. Nachdem das Trio
Infernale vor gut zehn Jahren mehrheitlich klassischen Doom Metal
spielte, wandelten sich der Stil und das Tempo kontinuierlich in
Richtung zu schwerem und rumpelndem Heavy Metal hin. Man könnte es
stellenweise auch mit Black Label Society vergleichen, da JBs Stimme
der von Holzfäller Zakk Wylde gleicht und die Musik durchaus ebenso
gewisse Parallelen aufweist. Spätestens mit dem vorletzten Album
«Hammer Of The North» (2010) vollzogen die Schweden ihren Stilwechsel
vollends, was, wie der Erfolg zeigt, die richtige Entscheidung war. Das
sahen die Fans im Kiff ebenso und feierten den Headliner mit zahlreich
wehenden Matten gehörig ab. Dazu gab es eine flutlichartige Lightshow
mit permanenten und üppigen Trockeneis-Schwaden, die für massig 80er
Vibes sorgten. Besorgnis zeichnete sich hingegen, mich
eingeschlossenen, bei der fotographierenden Zunft ab, denn bei diesen
Bedingungen waren gute Bilder kaum möglich. Besonders die Schlagzeuger,
und zwar ausnahmslos alle, verschwanden zwischendurch komplett hinter den
weissen Wolken. Das tat hingegen der generellen Stimmung im Kiff keinen
Abbruch, im Gegenteil! Vor allem der kernige Groove, für so ein
Dreiergespann eigentlich typisch, kam voll durch, auch wenn sich mit
der Zeit die Songs zu ähneln begannen. Der Grossteil der Setliste
bestand aus den letzten zwei Alben, wobei der heutige Konzert-Opener
von 2005 sowas wie die Initialzündung für die spätere Entwicklung von
Grand Magus angesehen werden kann. Folgerichtig fand dann von den
ersten beiden Doomwerken nichts mehr den Weg in die Neuzeit. Trotzdem
waren die alten Wurzeln bei gedrosseltem Tempo (zum Beispiel bei
«Hammer Of The North») mindestens unterschwellig auszumachen. Die
Essenz war jedoch lupenreiner Hartstahl, wie ihn auch Saxon aktuell
immer noch auf die Reihe kriegen, und Angel Witch bewiesen zuvor
eindrücklich, dass der alte Sound von früher auch in der heutigen Zeit
besser denn je funktioniert. Inklusive einem nicht allzu Aufsehen
erregenden Drum-Solo von Master Witt und zwei Zugaben spielte der
Headliner 75 Minuten. Das erscheint womöglich etwas knapp, aber nach
Enforcer (45 Min.) und Angel Witch (60 Min.) schien das niemanden gross
zu stören und obwohl sich Grand Magus eigentlich keine Blösse gaben,
ging meines Erachtens die Engel-Hexe als klarer Sieger aus der
Metal-Schlacht in Aarau hervor.
Setliste: «Intro/Kingslayer» - « Sword Of The Ocean» - «I, The Jury» -
« Ravens Guide Our Way» - «Silver Into Steel» - «Starlight Slaughter» -
«Wolf's Return » - «Åran & Drum Solo» - «The Hunt» - «I Am the
North» - «Shadow Knows » - «Valhalla Rising» -- «Iron Will» - «Hammer
Of The North».
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