Erst auf Nachdruck eines werten Kollegen (you know who you are
man...) hatte ich mich vor erst ein paar Jahren überhaupt mal mit
Grave Digger grundsätzlich auseinander gesetzt. Und siehe da, es
erschloss sich mir tatsächlich eine weitere deutsche Metal Band
neben Kreator, Destruction oder den übermächtigen Scorpions, die
auch einiges zu bieten hatte, was ich lange Zeit despektierlich als
simplen True Metal abtat. Spätestens ab «The Grave Digger» (2001)
war der Zapfen ab und sämtliche Zweifel ausgeräumt. Auch die
folgenden Alben, als da wären «Rheingold» (2003), «The Last Supper»
(2005), «Liberty Of Death» (2006) und das brandneue Werk «Ballads Of
A Hangman» bieten hymnischen Heavy Metal in Reinkultur. Sänger Chris
Boltendahl ist überdies ein sehr bodenständiger und sympathischer
Musiker, der seine Haut immer ehrlich verkauft hat. Da hat nix einen
doppelten Boden und alles kommt stets aus der Überzeugung heraus,
den treuen Fans nichts vorzumachen. Deshalb sind die Grabschaufler
auch anno 2009 immer noch voll auf der Höhe und wer die Truppe schon
mal live gesehen hat, weiss, welche positiven Energien da
freigesetzt werden. Im Z7 gehört man durch die regelmässigen
Tour-Besuche schon längst zu den Stammgästen. Dieses Jahr
präsentierte man ein neues Line-Up mit dem zusätzlichen Gitarristen
Thilo Herrmann, das kurioserweise bereits wieder Geschichte ist! Mit
im Schlepptau waren die schottischen Piraten-Metaller Alestorm, die
als Stimmungsmacher bestens bekannt sind und Taletellers, die
überraschend frischen Thrash Metal am Start hatten.
Taletellers
Es waren beileibe keine Märchen, die die Saarbrückener Band da
vortrug. Kräftig vorgetragenen Thrash Metal mit mächtiger
Rock'n'Roll Attitüde bekamen die etwa 100 Nasen vor den Latz
geknallt. Sänger/Gitarrist Alan Costa klang dabei immer wieder mal
nach Ricky Warwick, respektive der Sound nach den guten, alten The
Almighty. Hach, waren das noch Zeiten! Durch den Einsatz von zwei
Gitarren, an der zweiten Klampfe war Stefan Kuhn, entstand eine
ordentlich fette Riffwand, die auch von den doppelten, respektive
zweifachen Soli profitieren konnte. Die Chose ging stets geradlinig
nach vorne los und das Posing genügte vollends den Ansprüchen, die
an solche Mucke gestellt werden. Stimmlich war es allerdings nicht
wirklich hochklassig, aber die Performance passte gut zum
Gesamtbild. Beim Stück «Bad Motherfucker» schlugen ein paar
W.A.S.P.-Vibes durch und «Kings Of Death» offenbarte die ohnehin
eher rockige denn metallische Attitüde. Die fortwährend aktiv
gehaltene Darbietung wurde mit zunehmendem Applaus bedacht und es
fanden sich dann in den vorderen Reihen doch ein paar langhaarige
Banger, die ihre Matten stilgerecht kreisen liessen. Den Vogel
schossen Taletellers mit ihrem Auftritt nicht wirklich ab, doch man
merkte bereits nach diesen meist zu kurzen 30 Minuten als erster
Support des Abends, dass entsprechendes Potenzial da wäre. Wie so
oft, kann man hier die klassische Message weiter geben: Die
Grundausstattung stimmt, jetzt braucht es nur noch die (wirklich)
guten Songs dazu! Wer sich die auf der MySpace-Site abspielbaren
Tracks anhört, wird allerdings feststellen, dass die Jungs ab
Tonträger durchaus in der Lage sind, Qualität abzuliefern.
Alestorm
Ich hatte die schottischen Pirate-Metaller wohl schon irgendwo mal
gesehen (oder auch nicht), aber viel an Erinnerung ist auf jeden
Fall nicht mehr vorhanden. Das war auch nicht nötig, denn kaum waren
Christopher Bowes (v/keys), Dani Evans (g), Ian Wilson (d) und
Gareth Murdock (b) auf der Bühne,
wurde das Freibeuter-Gelage mit
ordentlich Getöse gezündet! Meine persönliche Stil-Ecke ist das
nicht wirklich, also die ganzen Folk Metal Geschichten, wie sie ja
auch zum Beispiel Korpiklaani, Turisas oder "unsere" Eluveitie,
Excelsis und so weiter spielen. Meine dazu selbst geschaffene
Stil-Schublade «Flöten-Metal» hat schon für manchen internen
Kommentar gesorgt. Wie dem auch sei, etwas haben all diese Bands
jedoch eindeutig gemeinsam, denn sie vermögen innert kurzer Zeit für
mächtig Stimmung zu sorgen und verbreiten immer gute Laune. Das war
bei Alestorm nicht anders, wo vor allem Sänger und Keyboarder
Christopher laufend für Action sorgte. Sobald ein Quetschbalken
elektronisch oder einfach verstärkt den Sound anreichert, ist die
Party angezettelt. Für dass Alestorm nur zu viert auf der Bühne
stehen, ist das klingende Ergebnis opulent und raumausfüllend.
Müssig zu erwähnen, dass zu solcher Musik die Resonanz auf
Mitsing-Aufrufe stets sehr hoch und kaum zu überbieten ist. Das
Problem, das sich allerdings mit der Zeit ergibt, ist die
zwangsläufige Gleichförmigkeit der zumeist recht schnell gespielten
Songs. Es wird zuweilen schwer, da noch grosse Unterschiede
feststellen zu können. Die Performance als Solche war aber stets
antreibend und mit viel Druck nach vorne. Bei dem Gebretter war
jedoch trotzdem Platz für einprägende Melody-Lines, die vorab vom
Keyboard-Spiel her kamen. Gitarrist Dani Evans, mit einer Art
Schottenrock gekleidet, steuerte derweil einige gekonnte Soli bei.
Selbst die Sing-Spielchen während der Vorstellung der Musiker
liessen keinen peinlichen Moment zu. Kapitän Bowes hatte die Meute
stets an der Leine und dirigierte diese nach Belieben. Umrahmt von
der hauseigenen Z7-Lightshow stimmte letztlich das 45-minütige Paket
und wenn es den Fans offensichtlich gefallen hat, dann haben
Alestorm alles richtig gemacht.
Grave Digger
Kurz vor 22.00 Uhr war der Headliner an der Reihe. Hinten prangte
eine geiler Schädel mit Engelsflügeln auf dem grossen Backdrop und
verlieh so dem Ganzen eine etwas bedrohliche Note. Nach dem langen
Intro folgte gleich der Titeltrack «Ballad Of A Hangman», wobei der
Album-Titel alle Songs einschliesst und deshalb «Ballads Of A
Hangman» heisst. Diese Ouvertüre war ein Einstieg
nach Mass mit
hymnischer Einleitung à la Accept, bevor das erste Riff-Gewitter zu
donnerndem Drumming losbrach. Ein Hammer-Sound wehte da von der
Bühne runter, dass es eine wahre Freude war. Nach der Kurzvisite bei
«Tunes Of War» (1996) mit «The Dark Of The Sun» folgte mit «Hell Of
Disillusion» bereits einer meiner Favoriten vom neuen Album, ein
gnadenlos nach vorne abgehender Rocker mit einem vorzüglichen
Mitsing-Refrain und spritzigen Guitar-Soli. Vor dem Konzert wurde
mir noch von berufener Quelle mitgeteilt, dass die Setliste noch
einige Überraschungen bereit halte. Dazu gehörten unter anderem der
Oldie «Witch Hunter» von 1985 und «Headbanging Man» vom 84er-Debüt
«Heavy Metal Breakdown». Ob die Fans (ausser der Abteilung Die-Hard)
das wirklich realisierten, sei mal dahin gestellt. Die Stimmung war
auf jeden Fall gut und Grave Digger zelebrierten zusammen mit
vollgeilem Licht, viel Nebel und ein paar Pyros die ultimative
Metal-Party. Wie erwartet entpuppten sich weitere persönliche
Präferenzen der gemässigten Tempi wie «Silent Revolution», «The Last
Supper» und «The House» als Höhepunkte der ohnehin oberklassigen
Show. Besonders hier kam die eigentümliche Stimme von Chris
Boltendahl voll zum Tragen. Der Mann singt ja bekanntlich nicht wie
Ronnie James Dio, sondern eher wie Lemmy! Doch genau das ist unter
anderem das untrügliche Markenzeichen des deutschen Metal
Urgesteins, das 1980 gegründet wurde. Des Weiteren ist es der
geniale Mix zwischen schnellen Songs und zentnerschweren
Riff-Monstern, veredelt durch einzelne Balladen, den Grave Digger
perfekt beherrschen. Mit auf der Bühne stand heute Abend auch der
zweite Gitarrist Thilo Herrmann, der auch Credits auf dem neuen
Album hat. Durch ihn war die Gitarrenwand noch mächtiger als dies
sonst Manni Schmidt bewerkstelligt. Knapp einen Monat nach dieser
Show trennte man sich überraschend wie einvernehmlich wieder von
ihm, weil sich der sechste Mann nicht in der Art integrieren liess,
wie sich das die restlichen Bandmitglieder vorgestellt hatten. So
gesehen erlebte das heutige Publikum also eine so oder so spezielle
Show, die es in dieser Konstellation nie mehr geben wird. Nach «Excalibur»
unterbrach Chris kurz das Konzert und ein ziemlich verduzter wie
gerührter Martin Fust (Fanclub-Leiter) musste kurzerhand auf die
Bühne, um dort vor allen Leuten die Gratulationen zu seinem heutigen
Geburtstag entgegen nehmen zu dürfen. Dem schloss sich auch der Dank
der ganzen Band für die geleistete Arbeit der letzten Jahre an. Das
war aber noch nicht alles, denn extra für "El Tino" wurde «Yesterday»
gespielt. Dieser Track befindet sich auf der Debüt-Scheibe, wurde
aber 2006 neu aufgenommen und als EP veröffentlicht. Den
Schlusspunkt einer hammergeilen Show, die mit satten 110 Minuten zu
Buche schlug, setzte wie gewohnt der unzerstörbare Klassiker «Heavy
Metal Breakdown», der somit die 25-jährige Brücke zum Opener
würdevoll schloss.
Setlist: «Intro» - «Ballad Of A Hangman» - «The Dark Of The Sun» -
«Hell Of Disillusion» - «Wedding Day» - «Witch Hunter» - «Lionheart»
- «Silent Revolution» - «Stormrider» - «The Last Supper» - «Headbanging
Man» - «The House» - «Knights Of The Cross» - «My Blood Will Live
Forever» - «Valhalla» - «Excalibur» - (Ehrung Martin Fust) - «Yesterday»
- «Rebellion» -- «The Reaper» -- «Pray» -- «Heavy Metal Breakdown».
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