Livereview: Grave Digger - Majesty - Wizard - Gun Barrel

20. Januar 2013, Pratteln – Z7
By Rockslave (rsl) & Tinu (tin) - All Pics by Rockslave & Tinu (Grave Digger)
An sich hätte meine livehaftige Premiere des noch jungfräulichen neuen Konzertjahres auch früher ausfallen können, aber irgendwie juckte es mich einfach noch zu wenig bezüglich des Angebotes. Das Datum des Auftrittes von Grave Digger war freilich schon letztes Jahr bekannt und bekam darum den Zuschlag meiner Wenigkeit schon vorzeitig. Um die Vorbands kümmerte ich mich zunächst gar nicht und hatte längst vergessen, wer das alles war. Das Update haute mich dann nicht wirklich aus den Socken und ein prüfender Blick in mein Tonträgerreich förderte dann genau das zu Tage, was ich gedacht hatte, nämlich dass ich von den drei Support-Acts rein gar nichts rum stehen hatte. Von Gun Barrel entdeckte ich dann allerdings bei iTunes dessen vierte Scheibe «Outlaw Invasion» von 2008, die ich jedoch schon länger nicht mehr am Ohr hatte. Wie dem auch sei, denn das Hauptinteresse galt eh Chris Boltendahl und seinen Jungs, die nun mit «Clash Of The Gods» ihr mittlerweile siebzehntes Studio-Album am Start haben. Von Rezensent Tinu vor einigen Jahren her entsprechend „auf den richtigen Weg“ gebracht, erfreut sich der Rockslave nun seit 2001 am urigen Sound der Totengräber. (rsl)

Gun Barrel

Bei insgesamt vier Bands muss die Running Order jeweils entsprechend eingehalten werden, und so enterten Gun Barrel als Opener des Abends die Bühne pünktlich um 19.00 Uhr. Dies vor einer erfahrungsgemäss noch ziemlich spärlichen Kulisse. Davon zeigten sich Patrick Sühl (v), Rolf Tanzius (g), Toni Pinciroli (d) und Tomcat Kintgen (b) jedoch ziemlich unbeeindruckt und powerten von Anfang an wacker drauf los. Der mitunter metallisch anmutende und räudige Sound gefiel mir von Anfang an und liess unmittelbar ein echtes Interesse an den Kölnern aufkommen. Das, was Gun Barrel während der knappen halben Stunde zeigten, hatte echt Hand und Fuss. Der riffbetonte Sound kam bei den anwesenden Fans immer besser an und diese tauten zunehmend auf. Der Fokus lag dann aber eher bei den neueren Songs, die Frontmann Sühl auch selbst eingesungen hat, denn er ist seit der Gründung der Gruppe vor zwölf Jahren als vierter Frontmann (!) am Start. Diese Konstellation, respektive dieses Lineup, scheint sich offensichtlich gefunden zu haben und so mündete das Ganze schliesslich in einer überaus tight gespielten Show. Darüber hinaus trug ich gar ein Exemplar von «Brace For Impact» mit nach Hause! Mehr braucht man dazu nicht mehr zu erzählen. (rsl)

Wizard
Nach einer relativ kurzen Umbaupause standen bereits die Kollegen von Wizard auf der Bühne des Z7, und nun war True Metal angesagt, der mich in der Regel meist rasch zu verscheuchen mag. Frontmann Sven D’Anna hatte aber neben einer stattlichen Wampe auch eine amtliche Stimme anzubieten, die bestens zu den Songs passte und durch Abwechslung glänzen konnte. Der lupenreine Heavy Metal der Marke NWOBHM versprühte danach untrügliche Vibes von Judas Priest, Manowar oder auch Saxon. Bassist Volker Leson lief derweil sprichwörtlich im roten Bereich, denn er gab Kund, dass er Fieber habe und eigentlich ziemlich im Eimer sei. Er biss sich aber durch, was man von einem Profi entsprechend auch erwarten kann. Besser erging es seinem Rhythmus-Kumpel und Bandgründer Sören van Heek, der seine Kessel mit ordentlicher Power bearbeitete. Optisch wirkte sein geschorener Kopf zwar etwas eigen, aber Gitarrist Michael Maass sah dann wirklich viel zu bünzlig, respektive zu brav aus. Als Kollektiv funktionierte die Band aber bestens und vermochte die spürbar angewachsene Meute locker abzuholen. Die Mitsing-Parts mit Manowar-Flair klappten auf jeden Fall gut und das trug letztlich zu mehr als einer nur ansprechenden Stimmung bei. Mir selber mundete die Chose nicht so, da mir die Songs bald zu eingleisig wurden und ich davon eh nichts kannte. Nichtsdestotrotz merkte man Wizard die mehrjährig gestählte Live-Erfahrung deutlich an, was unter dem Strich für ein soweit positives Fazit sorgte. Mehr aber auch nicht. (rsl)

Setliste: «Intro» - «Midgards Guardian» - «Betrayer» - «The Hall Of Odin» - «Messenger Of Death» - «Bluotwarves» - «Children Of The Night» - «Head Of The Deceiver» - «Defenders Of Metal».

Majesty
Nun fragte ich mich ernsthaft, was denn jetzt noch folgen möge, denn der Co-Headliner gehört ja eigentlich in die gleiche Genre-Ecke wie Wizard. Zu meinem Schrecken ging es dann hier tatsächlich noch mehr in Richtung Manowar, aber da altersmässig etwas jünger, wussten sie diesen Vorteil zu nutzen und rissen eine professionelle Show runter. Den Fans gefiel die Darbietung über weite Strecken und das befügelte die Jungs von Majesty sichtlich. Die Spielfreude war nicht zu übersehen und darum wurden auch einige Songs des neuen Albums «Thunder Rider» zum Besten gegeben. Dieses stieg in der Heimat Deuschland in den Top-100 gar auf Platz 55 vor, was schon bemerkenswert ist. In Skandinavien, zum Beispiel in Schweden oder vor allem in Finnland, würde man darüber nur schnippisch lächeln. Hierzulande bedeutet das schon was und darum wurde das auch entsprechend zelebriert. Sänger Tarek "MS" Maghary beschwor darauf den Zusammenhalt in der Szene damit herauf, dass er Patrick Sühl (Gun Barrel) und Sven D’Anna (Wizard) plus noch ein paar Musikerkumpels auf die Bühne zitierte und man dann gemeinsam für die Sache des Heavy Metals weibelte. Immerhin wurde das Ganze mit deutlich weniger Pathos als bei Manowar begangen, so dass es wirklich noch erträglich war. Musikalisch gesehen waren aber auch Wizard letztlich viel zu schräg für meine Ohren und ich war dann sowas von froh, als das Licht wieder anging. Das sahen einige echte True Metal Fans bestimmt anders und das ist ja auch gut so. Die musikalischen Präferenzen sind nun mal unterschiedlich und schliesslich geht es nur darum, dass man Spass an der Sache hat und gemeinsam abfeiern, respektive abrocken kann. Diesen Auftrag erfüllten alle drei Support-Bands des heutigen Abends mit Bravour und somit war alles für den Headliner angerichtet. (rsl)

Grave Digger
Mit «Charon (Fährmann des Todes)» stiegen Grave Digger in den Set ein. Der Reaper, in Form von Keyboarder H.P. Katzenburg, schlenderte mit einem Akkordeon unter den Klängen des Intros über die Bühne und heizte das Publikum schon mal auf Betriebstemperatur an. Es bleibt mir ein Rätsel wie der Tastendrücker unter seiner Maske nicht dem Hitzetod erlag, aber er ist und bleibt nicht nur durch seine schauspielerischen Fähigkeiten ein ganz wichtiger Teil in der Show der Grabschaufler. Trommler Stefan Arnold, Bassist Jens Becker und Gitarrist Axel Ritt eröffneten mit dem ersten Song die folgenden Minuten. Der Titeltrack des neuen Albums «Clash Of The Gods» war nicht das einzige frische Lied, welches das Quintett um Sänger Chris Boltendahl zum Besten gab. Ganze vier Songs spielten Grave Digger und neben dem Opener dieses Konzertes fanden mit «Death Angel And The Grave Digger», «Medusa» und «Home At Last» noch drei weitere Albumtracks den Weg in die Setliste. Da die Herren vom vorletzten Werk, das erste zusammen mit Axel Ritt, «Hammer Of The Scots» und «Highland Farewell» intonierten, beweisen Chris und seine Mannen erneut, dass sie vom neuen Material überzeugt waren und sind. Nach einer über 30-jährigen Karriere ist es kein leichtes Unterfangen, eine Setliste zusammen zu stellen, welche alle Fans glücklich machen wird. Zudem werden Grave Digger wohl keine Show mehr spielen können, ohne dabei «Excalibur», «The Dark Of The Sun», «Knights Of The Cross», «The Round Table (Forever)» und natürlich «Rebellion (The Clans Are Marching)» sowie den allabendlichen Rausschmeisser «Heavy Metal Breakdown» gespielt zu haben. Somit ist eine gewisse Präsentationszeit fix verbucht. Die Deutschen machen aber das Beste aus dieser Situation und bauen immer wieder alte Hits ein. So fanden endlich wieder «The House» und «Killing Time» den Weg in die Setliste und wurden durch ein interessantes Medley mit den angespielten Liedern «Twilight Of The Gods», «The Reaper» (endlich wieder!), «Baphomet» (grosse Überraschung) und «We Wanna Rock You» (eine noch viel grössere Überraschung!) ergänzt.

Die Jungs selber boten die Show, welche man von Grave Digger gewöhnt ist. Stefan Arnold gab von Hinten den Rhythmus an. Jens Becker spielte gewohnt souverän seinen Part, blieb aber in meinen Augen oftmals zu weit im Hintergrund. Axel Ritt poste nach dem alten Metal-ABC. Seine langen Haare verhinderten einen Blick in seine Augen, aber alleine das breite Grinsen in seinem Gesicht verriet, dass er das Konzert genoss. Er vereinte sich mit seiner Gitarre, haute die Riffs und die teils leicht abgeänderten Soli in die Menge und ist schon lange ein festes Bindeglied in der Band. – Dass er nach dem Konzert erneut einer behinderten Frau ein Taxi rief und sie zum fahrbaren Untersatz begleitete, zeigt wie bodenständig der Junge geblieben ist! – Tja und Chris Boltendahl..., was soll man über den sympathischen Schreihals noch schreiben? Dass er auf die Bühne geht und seinen Spass hat? Dass er versucht auf sehr authentische Art das Publikum zu begeistern und mitzureissen? Dass seine Ansagen bodenständig und ehrlich sind? Der Sänger nimmt sich auch gerne selber auf den Arm, wie die Ansage zu «Yesterday» bestätigt. «Alte Männer müssen mal Pause machen und darum stehen die Barhocker auf der Bühne, damit wir ein bisschen Luft holen können». Die darauf folgende Version der Ballade des ersten Grave Digger-Albums hätte auch gut zu Joe Cocker gepasst und würde jeder Pianobar gut zu Gesichte stehen. Grave Digger kamen an diesem Sonntagabend, sahen und siegten auf der ganzen Linie. Die Idee mit der «German Metal Attack»-Tour schien aufzugehen. Auch wenn ich denke, dass ein solches Unter-fangen zusammen mit anderen hochkarätigen Truppen wie Helloween oder Running Wild noch mehr Leute angezogen hätte. ABER, die Enttäuschung, welche Chris im Vorfeld mit einer solchen Realisierung einstecken musste, zeigt immer wieder, dass gewisse Dinge heute leider nur sehr schwer umsetzbar sind. (tin)

Setliste: «Charon (Fährmann des Todes)» - «Clash Of The Gods» - «Death Angel And The Grave Digger» - «Hammer Of The Scots» - «Ballad Of A Hangman» - «The House» - «Killing Time» - «Medusa» - «Excalibur» - «Medley (Twilight Of The Gods-The Reaper-Baphomet-We Wanna Rock You-Twilight Of The Gods) » - «Knights Of The Cross» - «The Round Table (Forever) » - «The Dark Of The Sun» - «Home At Last» - «Rebellion (The Clans Are Marching) » - «Yesterday» - «Highland Farewell» - «Heavy Metal Breakdown».