Wer dachte, dass es im neuen Jahr vielleicht etwas ruhiger
in Sachen Konzerte zu und her gehen würde, irrt gewaltig, denn was
schon nur wieder im Januar über Schweizer Bühnen fegte, ist
beachtlich. Stilistisch ebenso, wenn man hierzu zum Beispiel
Threshold (Progressive Metal), Tyketto (Hardrock) oder HammerFall
(True Metal) erwähnen will, die der Schweiz ihren Besuch schon
abgestattet haben und die erstgenannte Band im Dezember nochmals
aufkreuzen wird. In diesen Reigen der nennenswerten Aufzählungen
gehörte auch das feine Metal-Package dieses Abends. Die deutsche
Metal-Ikone Grave Digger brachte dabei vor genau zwei Wochen ihre
neue Scheibe «Healed By Metal» an den Start und wird auf der
aktuellen Tour begleitet von Mystic Prophecy, wo ja „unsere“ Joey
Roxx seit einer Weile den Tieftöner bedient. Deren neuer, respektive
neunter Dreher heisst «War Brigade» und sorgte für mehr als nur
positives Feedback in der Szene. Dritte im Bunde sind die Youngsters
Victorius aus Leipzig, und auf die war ich echt gespannt, denn die
bisherigen zwei Auftritte, denen ich beiwohnte, hatten klar Luft
nach oben. Die Antwort aus dem Studio trägt derweil den Titel «Heart Of The
Phoenix».
Victorius
Wie der Einleitung zu entnehmen ist, haben somit alle Bands dieses
Tour-Packages kürzlich neues Material veröffentlicht und waren somit
natürlich sehr erpicht darauf, ihren Fans einiges davon live
vorzustellen. Dass der Sound und Stil von Victorius, den zum
Beispiel Edguy, wenn man von einer „jüngeren Band“ sprechen will,
vor über zwei Dekaden sehr erfolgreich losgetreten haben, mitunter
wieder voll angesagt ist, zeigt auch die Rückkehr der Altmeister
HammerFall, die unlängst erneut für eine volle Hütte im Z7 sorgten.
Die ostdeutsche Truppe um David Bassin (v), Dirk Scharsich (g),
Steven Lawrenz (g), Andreas Dockhorn (b) und Rustam Guseinov (d)
wurde jedoch erst 2004 gegründet und hat neben vier full lenght
Alben schon einige „past members“ aufzuweisen. Vor allem der Posten
hinter den Kesseln verschliss bisher nicht weniger als vier Drummer!
Mit dem aktuellen Line-Up scheinen sich aber nun die richtigen fünf
Musiker gefunden zu haben. Zum einen wird das durch das bärenstarke
neue Album «Heart Of The Phoenix» unterstrichen, und zum anderen
wirken die Jungs auf der Bühne deutlich gereift. Das sah und hörte
man auch heute Abend. Meine bisherige Skepsis verflog, je länger die
Band vor ihrem fetten Backdrop abrockte. Frontmann David überzeugte
dabei mit tollem Gesang und Entertainer-Qualitäten. Des Weiteren
stach mir vor allem das kongeniale Axt-Duo mit Dirk und
Steven
ins Auge und Ohr. Dabei wurden natürlich Erinnerungen an Dirk Sauer
und Jens Ludwig von Edguy geweckt. Trotz der agilen Performance war
das für einen Freitagabend eher spärlich aufmarschierte Publikum
einmal mehr ziemlich träge, und so konnte im Rahmen der ersten
halben Stunde leider keine überbordende Stimmung erzeugt werden.
Nichtsdestotrotz hinterliessen Victorius einen gefestigten Eindruck,
und obwohl ich mir nicht endlos True und Power Metal aus dieser Ecke
um die Lauscher haue, gehören meine persönlichen Vorbehalte ab
sofort der Vergangenheit an.
Setliste: «Hero» - «Under
Burning Skies» - «Empire Of The Dragonking» - «Blood Alliance» -
«End Of The Rainbow» - «Lake Of Hope» - «Metalheart».
Mystic Prophecy
Musik, respektive der jeweils persönliche “taste of music” ist
bekanntlich vielfältig, und wenn da die jeweiligen Die-Hard Fans
ihren Lieblingen huldigen, heisst das noch lange nicht, dass dies
mitunter auch auf meine Wenigkeit zutreffen muss. Obwohl in den
ersten fünf Jahren der Bandgeschichte ab 2000 ein gewisser Gus G.
(Firewind, Ozzy Osbourne) in die Saiten griff, findet sich in meiner
privaten Tonträgersammlung bis heute kein einziges der mittlerweile
neun full lenght Alben von Mystic Prophecy! Woran das liegen mag?!
Ein rückblickender Streifzug durch die Spotify-Welt offenbart vor
allem zwei Dinge. Einerseits sind die Songs überwiegend temporeich
wie somit geprägt von fast durchgehendem Doublebass-Drumming und
andererseits ist Roberto Dimitri Liapakis zwar kein schlechter
Sänger, aber es gibt Bessere, respektive da wäre er dann wieder, der
eingangs erwähnte „personal taste of music“. Fakt ist aber auch,
dass die Band nach dem Abgang von Gus nicht mehr zulegen konnte und
sich somit keine grösseren Erfolge erzielen liessen. Lassen wir nun
aber die Vergangenheit abrupt ruhen und wenden wir uns der Gegenwart
zu. Wenn ich mir den Opener «Follow The Blind» vom aktuellen Album
«War Brigade» anhöre, dann ist vorerst kein Unterschied zu früher
auszumachen. Der groovige
Opener
«Savage Souls» vom gleichnamigen Album aus dem Jahre 2006 nahm mich
jedoch in Sekundenschnelle in Beschlag! Vor allem das aktive
Gitarren-Duo mit Markus Pohl (Ex-Symphorce) und Laki Ragazas
lieferte amtlich ab und Bassistin Joey Roxx brachte sich ebenso agil
ein. Den gleichen „Aha“-Effekt erzeugte anschliessend «The Cruzifix»
als erster neuer Song, der durch das gedrosselte Tempo umgehend mehr
Heaviness erzeugte. Spätestens beim ebenso geilen
Midtempo-Abschädler «Killhammer» (Titelsong der 2013er Langrille)
musste ich mich ernsthaft fragen, wieso ich diese Truppe bisher
konsequent ignoriert habe. «Evil Empires» als typischer Speedster
vermochte jedoch durch Tempiwechsel und grandioser Gitarrenarbeit
genauso zu fesseln wie der halbballadeske Anstrich von «To Hell And
Back» meine Miene laufend weiter erhellte. Je länger das Konzert
dauerte, desto mehr entfernte sich das frühere zu dröge Geballer aus
meinem Gedächtnis und machte Platz für mehr Abwechslung wie Power!
Warum man dann ganz zum Schluss allerdings den Black Sabbath Classic
«Paranoid» einem eigenen Song vorzog, erschloss sich mir nicht.
Unter dem Strich blieb aber bezüglich Mystic Prophecy Anno 2017 ein
überaus positives Fazit übrig und «War Brigade» wird ziemlich sicher
seinen nun verdienten Platz in meinem Regal erhalten.
Setliste: «Savage Souls» - «The Cruzifix» - «Killhammer» - «Evil
Empires» - «To Hell And Back» - «Metal Brigade» - «Burning Out» -
«Ravenlord» - «War Panzer» - «Paranoid».
Grave Digger
Zum ganz grossen Erfolg gereichte es Chris Boltendahl und seinen
Jungs in heimischen Gefilden bisher nicht, aber was die deutschen
Kult-Metaller bisher in der Summe und letztlich Konstanz seit 1980
abgeliefert haben, braucht sich hinter niemandem zu verstecken. Mit
dem namentlichen „Wiederbeginn“ als Grave Digger ab 1991 wurden
einige Genre-Alben für die Ewigkeit geschaffen, die sich einen Furz
um den ganzen Grunge-Müll der 90er scherten. Ich als Spätberufener
(better late than never, gell Martin Fust!) kam dann in den 2000ern
definitiv auch auf den Geschmack, und allerspätestens seit «The
Grave Digger» (2001) und «The Last Supper» (2005) sind sie nicht
mehr aus dem metallischen Alltag weg zu denken. Wer sich zudem den
Live-Hammer «25 To Live» aus dem gleichen Jahr (zum damaligen 25.
Bandjubiläum) schon mal zu Gemüte geführt hat und sieht, wie die
brasilianischen Fans in Sao Paulo total abdrehen, wird sich
womöglich fragen, warum sich heute Abend nur gerade etwa 500 Nasen
im Z7 „verlieren“. Doch auch so liess sich Heavy Metal in Reinkultur
vorzüglich zelebrieren, und genau das taten Grave Digger dann auch.
Die Tour zum neuen Album «Healed By Metal» hätte nicht besser
benamst werden können…, „Geheilt durch Metal“…, wie geil ist das
denn?! Ein (wie immer) gut gelaunter Chris Boltendahl, flankiert von
seinen Bandmates Axel Ritt (g), Jens Becker (b), Stefan Arnold (d)
und Marcus Kniep (keyb), performte Songs aus insgesamt zehn (!)
Alben, wobei mit fünf Songs natürlich die neue Pladde im Vordergrund
stand.
Beeindruckend war dabei der Umstand, dass zwischen dem Song «Witch
Hunter» und dem voran gespielten «Lawbreaker» satte 32 Jahre (!!)
dazwischen liegen. Eigentlich spielte es aber keine Rolle, aus
welcher Zeit das Material stammte, da alles einen roten Faden
besitzt und wunderbar ineinander überging. Auch wenn sich der
gutmütige Frontmann anstrengen musste, entstand doch eine soweit
gute Stimmung, die jedoch meilenweit hinter der erwähnten „Night in
Sao Paolo“ abfiel. Nichtsdestotrotz lieferten Grave Digger einen
beherzten Gig ab, der wiederum durch Axels Riffs und Licks glänzte.
Der Reaper in Person von Meister Kniep kriegte nebst seinen
gelegentlichen Einsätzen auch die Gelegenheit, sich solistisch zu
betätigen. Ebenso nichts anbrennen liess die solide wie tighte
Rhythmus-Maschine der Marke Becker und Arnold. Bei «Free Forever»
konnte ich mich beim Eingangs-Riff und dem Refrain nicht zurück
halten und musste aufgrund der Ähnlichkeit zu Saxon ein paar Mal
laut «Solid Ball Of Rock» in die Halle brüllen. Weniger zum Brüllen
war diesmal allerdings das Bühnenbild. Die hingestellten Statuen
hätten besser zu „Star Wars“ gepasst, da sie mehr nach Yoda als
Skull aussahen. Da sahen die aufgestellten Särge der letzten Tour
viel geiler aus, seis drum. Nach der ersten Zugabe mit «Highland
Farewell» bewies der obligate Schlusssong «Heavy Metal Breakdown»,
dass dieser vermeintlich ausgelutschte Bandklassiker wahres
Hitpotenzial aufweist, und all die Schnarchnasen, die heute Abend
fehlten, haben den optimalen Einstieg ins Wochenende fahrlässig in
den Wind geschossen.
Setliste: «Healed By Metal» - «Lawbreaker» -
«Witch Hunter» - «Killing Time» - «Ballad Of A Hangman» - «Season Of
The Witch» - «Lionheart» - «Free Forever» - «Tattooed Rider» - «The
Dark Of The Sun» - «Hallelujah» - «Morgane Le Fey» - «Excalibur» -
«Rebellion (The Clans Are Marching) » -- «The Last Supper» - «Call
For War » --- «Highland Farewell» - «Heavy Metal Breakdown».
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