Das Greenfield-Festival in Interlaken hat sich über die
vergangenen Jahre hinweg klar zu einem Prestige-trächtigen Event
gemausert. Während das Festival Line Up-Technisch immer mehr in den
grünen Bereich für Metalheads abdriftete, schockten die bisherigen
Bilder des anwesenden Publikums in unseren Kreisen dann doch eher
für Stirnrunzeln: Das Durchschnittsalter schien bei etwa 16 Jahre zu
liegen, die Durchschnittsbekleidung bestand aus Converse-Tretern,
engen schwarzen Jeans, wahlweise einem nett gebügelten Trivium- oder
Bullet For My Valentine-Shirt, und die Augen wurden durch's Band mit
Schwarzer Farbe aufgepeppt - Grundsätzlich also definitiv nicht das
Volk, in das sich Wald-Und-Wiesen-Metaller unserer Sorte gerne
dazwischen mischen. Dementsprechend gut fiel dann aber das Urteil
unsererseits am Ende des diesjährigen Jahrgangs aus: Nicht nur, dass
die Programmation erneut eine ordentliche Ladung an Stromgitarren
verpasst gekriegt hatte, auch das Publikum stellte sich als
erfrischend durchmischt und gut gelaunt heraus - von frühpubertärem
Evil-Getue keine Spur.
Während das Leben auf dem Camping-Platz mit dem üblichen Auswüchsen
wie ordentlich Trinkspiele und dergleichen seinen natürlichen Gang
nahm (Mit Ausnahme des Grill-Verbotes, Pfui!), sorgte das Nachtleben
auf dem Festivalgelände dann doch für den einen oder anderen
verwunderten Blick - In den Elektro-Partyzelten ging oftmals mehr
ab, als in den Metal- und Rock-Spunten. Wem's gefällt… Die Konzerte
hingegen entsprachen voll und ganz den Erwartungen: Nicht nur, dass
viele der Bands wirklich fette Sets hinlegten, es reichte zugleich
noch für den einen oder anderen unvermuteten Höhepunkt. Der einzige
wirkliche Dämpfer am Festival war klar der überraschende
Unwetteraufzug am letzten Abend während des Korn-Gigs, aber am
letzten Tag eines dreitätigen Events kommt Frischwasser oft gar
nicht mal so ungelegen…
Freitag 12.06.2009, Hauptbühne:
Bevor Caliban gegen um 16h30 den metallischen Reigen
eröffneten, erlaubte sich ein Festival-Moderator noch den Gag des
Jahrhunderts, und kündete auf der Hauptbühne Greenfield als das 'heavyeste'
Festival der Schweiz an… Einmal Gratisticket für's Mountains Of
Death inkl. Bruchteilzerlegung im Pit, kommt sofort! Jetzt sind ja
Caliban schon grundsätzlich nicht zwingend meine Kragenweite, aber
ihr Gig brachte sogar eine grosse Anzahl an anwesenden Fans zum
Kopfschütteln - Nicht nur, dass Sänger Andreas Dörner fehlende
Heavyness mit zwei fetten Tupfen Augenschminke wieder wettmachen zu
versuchte - Nein, die Band nahm sich auch noch geschlagene zehn
Minuten Zeit, um dem Publikum eine Wall Of Death aufzuzwingen… Bei
45 Minuten Spiezeite bei Weitem vermessen, aber eben… Caliban halt.
Tatsächlich rannte das Caliban-Publikum auch gleich bereits im Intro
los, und die Band begann noch mal von vorne mit dem ganzen
Kinderkram. Nix für ungut, aber da hätten locker zwei Songs mehr
reingepasst. Positiv zu vermelden war allderdings der bereits sehr
gute Aufmarsch an Rock-Jüngern, das lob' ich mir. (elm)
Weiter gings kurz darauf mit Monster Mag… Ach ne, Shinedown.
Hab' ich nicht viel von mitgekriegt, aber auf Distanz wäre ihr
Fronter glatt als Ex-Junkie Dave Wyndorf durchgegangen - Scheinen
auf jeden Fall beide früher das gleiche Zeug eingeworfen zu haben.
Die Band schmiss gut 45 Minuten mit aktuellem Ami-Rock um sich, war
sich aber offensichtlich zu Faul, selber für Höhepunkte zu sorgen. (elm)
Trivium sollten da schon ganz anders rüber kommen - Und sogar
ich muss eingestehen, dass die Jungs mittlerweile ein paar
Schrittchen vorwärts gekommen sind. Ich attestiere ihnen zwar immer
noch keine Headliner-Qualitäten, aber das Ganze nimmt langsam
grundsolide Züge an. Fronter Matt Heafy schien endlich wieder die
Lust am Schreien zu verspüren, und im Allgemeinen zeigte sich die
Mannschaft auch extremst bewegungsfreudig. Zwar wurde auch hier auf
breitgetretene Floskeln zurückgegriffen (O-Ton: 'Ihr seid das beste
Publikum, das wir je hatten!'), aber ansonsten war die Show im Lot.
Und zwar sehr. (elm) >>>
Social Distortion setzten dem ganzen Gepose dann die nötige
prise Rotz entgegen - Schon irritierend, Fronter
Mike Ness und seine
Mannen zwischen Poser-Bands präsentiert zu kriegen, aber die Jungs
hatten klar ihren Spass daran. Gefühlte hundert Jahre wird jetzt
schon rebelliert, und offensichtlich weiss Mr. Ness immer noch
ordentlich in den Arsch zu treten. Das mittlerweile ordentlich
angewachsene Publikum schien es ihm zu danken - Auch wenn der
Aktionsradius vor der Bühne wieder etwas eingeschränkter als auch
schon schien, so war die Stimmung doch um einiges gelassener. (elm)
<<<
Mit Nightwish stieg dann um 22h30 Uhr der Publikumsmagnet des
ersten Abends auf die Bretter - Die Band ballerte während den
folgenden 90 Minuten Hit um Hit ins Publikum, und geizte auch sonst
nicht mit allerhand Einlagen: Pyro und Lichtshow waren schon nach
dem ersten Song im Dauereinsatz. Songs wie 'Nemo' oder 'Amaranth'
kriegten dabei klar die grösste Zustimmung des Publikums, aber auch
sämtliche weiteren dargebotenen Stücke wurden entsprechend belohnt.
Mir persönlich schien die Band etwas ausgebrannt zu sein, und
Annettes Ansagen wirkten auf mich ganz einfach zu aufgesetzt, aber
ich würde mal spontan behaupten, dass ewiges Touren durchaus an der
Stamina nagt. Solider Gig, aber da hätte klar mehr drin gelegen. (elm)
Freitag 12.06.2009, Zeltbühne:
Der Opener der Zeltbühne hätte wohl nicht querer Ausfallen können -
Horse The Band aus Kalifornien brachten eine ordentliche
Ladung Durchgeknalltheit mit an die Startlinie: Das Quintett
vermischte nicht nur extrem gegensätzliche Stilrichtungen wie Techno
und Deathcore zu einem schwerverdaulichen Brocken, sondern tobte
dazu auch noch in den bescheuersten Klamotten über die Bühne – Hab'
wohl das Memo verpasst, enge abgeschnittene Jeans scheinen wieder
'in' zu sein. Aber gerade weil die Band so wirr wirkte, fand sie
beim Publikum überraschend guten Zuspruch, und dem entsprechend
explodierte die Stimmung ziemlich schnell. Auch geil war der
Techniker, der für den Gig den Triangel (!) bediente - Kein Plan, wo
der im ganzen grossen Konzept der Band seine Rolle verstand, aber
dem auch so bereits denkwürdigen Gig setzte er klar das I-Tüpfchen
auf. (elm)
Zwei Bands weiter waren dann die Engländer von Gallows am
Start, die bereis zu Beginn unmissverständlich bereits mal die
Klöten aufs Parkett knallten. Hardcore-Punk hiess die Devise,
Hardcore-Punk sollte es werden - Mit breitestem Südengland-Akzent
verkündete Fronter Frank Carter seine Thesen, animierte das Publikum
zum Durchdrehen, und hielt dazwischen noch eine wunderbare Ansage an
all die religiösen Leutchen da draussen ('Any Catholics here?
Muslims? Protestants? Folks, you got it wrong! We all eventually end
up in the same grounds!). Sehr feine Sache, zumal bei der aktuellen
Scheibe 'Grey Britain' Überproduzent Garth Richardson (Testament,
Rage Against The Machine, Sick Of It All) seine Finger mit im Spiel
hatte. (elm)
Gleich darauf folgte mit …And You Will Know Us By The Trail Of
Dead das pure Gegenteil - Simple Strukturen wichen minutenlangen
mühselig aufgehäuften Schichten an instrumentaler Wucht, pure
Energie wich kalkulierten Ausbrüchen. Fakt ist, dass beim
Instrumentarium von …Trail Of Dead eigentlich nur ein kompletter
Soundcheck ausreichen dürfte, um der Band ordentlich Gehör zu
verschaffen - Dementsprechend ging das Ganze dann leider im Chaos
auch etwas unter. Was auf Platte und in einfach strukturierten
Events wirklich sensationell funktioniert, war am Greenfield nicht
viel mehr als ein Sturm im Wasserglas. Aber war soll's, die Band
kommt eh zurück. Und wieder. Und wieder. (elm) >>>
Samstag 13.06.2009, Hauptbühne
Metal um 13h15 Uhr? Aber gerne doch! Zwar machte mir die penetrante
Sonne bereits ordentlich zu schaffen, aber den Spass an Parkway
Drive's Gig vermochte das nicht zu mindern: Die Band hatte
offensichtlich einfach eine riesen Freude, hier auf der Bühne stehen
zu dürfen. Ihr unterm Strich doch etwas durchschnittlicher Metalcore
kam durch die positive Attitüde noch eine Runde wuchtvoller rüber,
die Jungs hatten offensichtlich einfach Bock den Laden auseinander
zu nehmen. Auch sehr fein: Das junge Publikum war auch hier bereits
zahlreich vor Ort, und gab' im ersten Pit des Tages bereits die
Devise durch. (elm)
A Day To Remember schafften es dann auch, dem Beispiel von
Parkway Drive zu folgen, und konnten mit der punkigen Schlagseite
die Stimmung noch einmal steigern. Auch hier schien die Spielfreude
der Band beinahe Überhand zu nehmen, gepaart mit dem groovigen
Material konnten hier bereits erste Höhepunkte des Tages verbucht
werden. (elm)
<<<
Mit Dredg mitten im Programm wurde den Teenies ein weitaus
schwerlicher verdaubarer Act vor die Nasen geknallt, und viele der
anwesenden Mosher legten noch während dem ersten Song den
Rückwärtsgang ein - Was Dredg aber nicht davon abhielt, den meiner
Meinung nach zweitbesten Gig des ganzen Festivals hinzulegen. Die
Band spielt einfach so verdammt tight, dass ihr progressiver
Indierock live schon eine beinahe metallische Färbung an den Tag
legt. Das Quartett zockte sich durch Songs sämtlicher vier Alben,
aber der Fokus war klar auf die neue Scheibe gerichtet - ganze vier
Songs des 45-Minütigen Sets stammten davon ab. Drummer Dino hätte am
Ende wahrscheinlich die Trophäe für den durchgeknalltesten
Schlagwerker abholen können - Der Mann spielt nicht nur mit der
linken Hand gleichzeitig noch E-Piano, sondern trommelt auch gerne
Mal auf den Monitor-Boxen rum. Wunderbare Musik, und vor allem
passend zum mittlerweile blendenden Wetter. (elm)
Anders als Dredg war es für Soulfly das erste Gastspiel am
Greenfield, doch wie alte Bekannten wurden Max Cavalera und seine
Mannen mit einem überraschenden Besucheransturm begrüsst. Das erste
Mal kam dabei auch so etwas wie Bewegung im Publikum auf, soll
heissen, Moshpit, Crowdsurfen und Headbangen waren plötzlich keine
Fremdwörter mehr und Songs wie 'Blood Fire War Hate', 'Eye For An
Eye' oder 'Unleash' mit Cavalera jun. Als Gastsänger wurden trotz
eher unspektakulärer Show und unterirdisch matschigem Sound
abgefeiert. (kss)
Will man über die Metalszene der letzten Jahre sprechen, so kommt
man um eine Band nicht herum: Volbeat. Die Elvis-Rocker um
Front-Tolle Michael Poulsen legten in der jüngeren Vergangenheit
einen kometenhaften Aufstieg hin wie keine andere Band dieses
Härtegrads, wobei man in Interlaken an Zugkraft im Vergleich mit
Soulfly noch etwas hinterherlag, denn deutlich weniger Leute
stritten sich nun um gute Plätze möglichst nahe bei der Bühne. In
Sachen Performance und Power zeigten sich die Dänen aber mehr als
würdig für diesen Posten und rockten eine Stunde lang ohne
Wenn-und-Aber, dafür mit reichlich Humor (Poulsen: 'We are Cannibal
Corpse!', worauf ein 60-Sekunden-Geprügel folgte) und einem
anständig druckvollen Sound. Wenn das Quartett nach diesem Auftritt
nicht einige Shirts und Kopien ihres aktuellen Outputs 'Guitar
Gangsters & Cadillac Blood' an den Mann/die Frau bringen konnten,
sehe ich für die Schweiz also wirklich keine Hoffnung mehr. (kss)
Guano Apes stellten für viele Besucher sowas wie das
Fragezeichen im heutigen Programm dar. Hatte eine Band, die vor fünf
Jahren mit Boarder-Hymnen punktete, nicht irgendwie ausgespielt?
Woran kann sich eine solche Formation heute noch festhalten? Die
Antwort darauf wurde bereits mit dem ersten Song klar und deutlich
herausgeschrien: Guano Apes wollen einfach rocken, und das taten sie
dann auch - Und zwar überraschend fett. Fronterin Sandra Nasic
verfügt nach wie vor über eine starke Bühnenpräsenz, gepaart mit
einer sensationellen Stimme. Die Band hatte offensichtlich Feuer
gefangen, Drummer Dennis hieb auf jeden Fall wie bescheuert auf sein
kleines Kit ein. Ich werde wohl nie ein Fan von typischen
Crossover-Hymnen sein, aber progressivere Nummern wie 'Quietly'
konnten auch mich begeistern - Greenfield dankte der Band mit einer
Hüpforgie. (elm)
Die letzten Sonnenstrahlen tauchten die Bergwelt in stimmiges Licht,
als die
Megaseller von Billy Talent auf die Bühne spurteten.
Man mag von dem Kreischgesang Benjamin Krowalewicz' und der Mischung
aus traditionellem Metal und Punk halten, was man will, doch wie
sich die vier Kanadier an diesem Abend als Co-Headliner gebaren,
kann gut und gerne als Lehrstück in Sachen Live-Darbietung
betrachtet werden. Unermüdlich permanent in Bewegung und unglaublich
tight liess das Quartett einen Bandhit nach dem anderen auf das
ihnen zugetane Publikum hinunterrasseln, während die Lightshow zum
ersten Mal an diesem Tag zur Geltung kam und die Truppe mal in
passend zum Backdrop gelbes, dann wieder feuerrotes Licht tauchte.
Von 'Devil In Midnight Mass', über 'Fallen Leaves' und 'Devil On My
Shoulder' bis zur aktuellen Single 'Rusted From Rain', jeder Song
wurde abgefeiert, als wäre es der letzte Song 'Red Flag'. Die
Billies indes zeigten sich bescheiden, bezeichneten das Greenfield
als ihre zweite Heimat ausserhalb Kanadas (räumten schon 2008 ab)
und bedankten sich wieder und wieder für die Gelegenheit, vor
Legenden wie Faith No More auftreten zu dürfen. (kss)
Gegen 22h30 Uhr war es dann Zeit für Faith No More. Jetzt
legen Bands mit Reunion-Gigs ja meistens das mehr oder weniger selbe
Verhalten an den Tag: Riesen Showintro, Monster-Backdrop, Tata, wir
sind wieder da, auf die Knie mit euch. Faith No More taten nix
dergleichen. Licht aus, warten. Der Anfangs-Applaus verebbte bald,
erste Buhrufe wurden laut. Die Scheinwerfer wurden irgendwann darauf
gemütlich etwas hochgefahren, und da standen die fünf Mucker dann -
ganz unspektakulär und beiläufig. Und anstatt das Set mit 'nem Knall
zu beginnen, legte das Quintett mit einem jazzigen Cover los.
Teenies fluchten, Emos liefen davon, Faith No More swingten. Aber
Faith No More wären nicht Faith No More, wenn der Arschtritt nicht
bald darauf folgen würde - Und tatsächlich: 'The Real Thing' brach
kurz darauf über die Massen her, Fronter Mike Patton riss sich Jacke
und Krawatte vom Leib, spuckte Gift und Galle, und verschluckte
mehrere Male beinahe das Mikro. Was dann folgte, war ein Lehrstück
in Sachen Rundumschlag. Nicht nur, dass Faith No More total beinahe
zwanzig Songs aus den Instrumenten prügelten, sie taten es auch noch
mit dem für sie so typischen Grinsen auf der Lippe. Egal ob 'From
Out Of Nowhere', 'Evidence', 'Last Cup Of Sorrow', 'Ashes To Ashes',
'We Care A Lot', 'Epic' oder die eingestreuten Covers von Lady
Gaga's 'Pokerface' und der Top-Gun Titelmelodie, Faith No More
spielten in erster Linie für sich selber, das ganze Theater um die
Band schien in ihren Augen bereits überrissen zu sein. Das Publikum
wusste an vielen Stellen ebefalls oft nicht wie zu reagieren,
immerhin war der grösste Teil davon mit vielen Songs einfach nicht
vertraut genug. Das tat dem Gig selber aber keinen Abbruch, Faith No
More spielten sich in den verdienten Rausch, und Patton flippte
kontrolliert aus - Auch an dieser Stelle mal wieder zwei Daumen in
seine Richtung: Was der Kerl alles an Geräuschen nur mit Hilfe
seiner Stimmbänder fabriziert, ist einfach gigantisch. Reunion
geglückt, würde ich mal sagen. (elm)
Samstag 13.06.2009 , Zeltbühne:
Nicht gerade viel Interesse auf sich ziehen konnten die Indie-Rocker
von Lovedrug. Das Quartett um Sänger und Gitarrist Michael
Shepard erfüllte mit ihrem leichten Rock zwischen Coldplay und
Radiohead angesiedelten Rock das gigantische Zelt, welches nur von
wenigen aufgesucht wurde, wobei auch diese wohl eher Flucht vor der
unbarmherzigen Sonne suchten, anstatt sich wirklich für den Sound
der Amis zu begeistern. (kss)
Auch ein Ohr voll Zukunft riskierten darauf bei Future Of The
Left nur wenige. 'Selber schuld!' konnte man da nur denken, denn
mit ihrem etwas sperrigen Synthie-Rock zählten die Waliser zu den
vielleicht spannendsten Acts des ganzen Festivals. Stoner-Riffs
trafen auf Kraftwerk-Beats und die Stimme von Andy 'Falco' Falkous,
welche an einen gewissen Zack de la Roqua von Rage Against The
Machine erinnerte. Ob zu avantgardistisch oder im Vergleich zu Max
Cavalera's Soulfly einfach zu unbekannt, die Herren von der Insel
nahmens locker, spielten souverän und wechselten auch schon mal die
Instrumenten unter einander aus. (kss)
Auf die Frage 'Itchy Who?' schien am Greenfield das Gros der
Festivalbesucher die passende Antwort zu kennen. Zum ersten Mal am
Samstag verwandelte sich die Zeltbühne vom kühlen Rückzugsort zur
Partyzone, als das deutsche Pop-Punk-Trio die Bühne stürmte. Durch
MTV in den letzten Jahren massiv gepusht, lieferten die Green Day
der Bundesrepublik wie schon 2007 eine tadellose Show ab, Emo-Fans
und Song-Einfachheit hin oder her. (kss)
Weniger geschliffen, weniger poppig und weniger mtv-like ging es
darauf bei den Broilers zu und her, was nicht zuletzt wohl
auch Grund für die deutlich kleinere Publikumsgrösse war. Zwischen
traditionellem (Oi-)Punk und Psychobilly angesiedelte Gitarren
sorgten für den nötigen Wumms, während die von jedem Metaller
gefürchteten Off-Beats und Keyboard-Bläser die Ska-Einflüsse
offenlegten. Dass man aus Düsseldorf, der Heimatstadt der Toten
Hosen, stammend weiss, wie man Deutschpunk zu spielen hat, bewies
das Quintett zwar, das spannendste an dieser Performance war aber
letztlich doch nur das Aussehen der toughen Bassistin Ines
Smentkowski, sodass man sich fragen musste, wie um alles in der Welt
eine eher belanglose Punkband einen solchen Slot erhalten konnte. (kss)
<<<
Diese Frage stellte sich bei den Ska-Dauerbrennern Less Than Jake
nicht, hatten sie doch schon zwei Jahre zuvor in Interlaken unter
Beweis gestellt, dass man es locker mit Szenegrössen wie Ska-P
aufzunehmen wusste. Vor vollem Haus bzw. Zelt versetzte das Quintett
um Fronter Chris Demakes die Fans in einen Ska-Dauerrausch und das
bei zwar nicht gerade lupenreinem, die Stimmung scheinbar aber nicht
trübendem Sound. Als dann aber in der Hälfte ihres Sets die Show von
Billy Talent auf der Hauptbühne ihren Anfang nahm, dezitierte sich
das Publikum schlagartig, was Fans der Band wohl eher positiv
betrachteten, fanden diese nun doch umso mehr Platz zum Tanzen bzw.
Pogen. (kss)
Eigentlich hätte man nach der eindrücklichen Wiederauferstehung von
Faith No More ja getrost ins eigene oder eines der Party-Zelter
wechseln können, um den Abend mit einigen Bierchen ausklingen zu
lassen. Erstaunlich viele aber entschieden sich für die dritte
Variante und trotteten nochmals zurück zur Zeltbühne, um sich dort
ein 'Bettmümpeli' in Form des energetischen Indie-Rocks von The
Wombats einzuverleiben. Das schrille Trio aus Liverpool, welches
zu Beginn seiner Karriere erst mal in Japan Erfolge feierte, bevor
es den Rest der Welt eroberte, überzeugte mit seinen eingängigen
Melodien, die nicht selten nach den Arctic Monkeys klingen, und
exzessivem Herumrennen. Ein würdiger Abschluss für den zweiten
Festivaltag. (kss)
Sonntag 14.06.2009, Hauptbühne:
Myspace sei dank durften am Sonntag morgen die Zürcher Dry
Conditions den Bandreigen des letzten Festivaltages auf der
Hauptbühne eröffnen und dies mit einer Verzögerung von ca. 20
Minuten. Die allesamt in goldene Trainerjacken gehüllten Jungs
fühlten sich sichtlich wohl auf der für sie wohl ungewohnt grossen
Bühne und weckten das noch nicht allzu vielzählige Publikum mit
ihrer Mischung aus Punk und Rotzrock auf vielversprechende Weise. (kss)
Mit Cataract betrat einer der wenigen wirklich bekannten
Schweizer Acts die Greenfield-Bühne bereits zum zweiten Mal - Welche
Gründe die Programm-Chefs dazu bewegten, das Zürcher Quintett
bereits zum zweiten Mal in Folge einzuladen, werden wir wohl nie
erfahren. Tatsache ist allerdings, dass die Schweiz bei weitem noch
andere qualitative Acts aus dem Ärmel schütteln könnte.
Überraschenderweise wirkte die Band beim Gig ziemlich motiviert, was
man so von den letzten Clubshows nicht behaupten kann. Während die
Saiten-Akrobaten ordentlich posten, und der Drummer zum ersten Mal
seit einer Weile auch wieder richtig in die Felle drosch, feuerte
Fronter Fedi das Publikum pausenlos an. Ihre Mucke kam dann auch
wirklich gut an, zumal das Material den bereits anwesenden Besuchern
ziemlich vertraut schien. Cataract bleiben meiner Meinung nach eine
überbewertete Band, aber mit diesem Gig kamen sie ihrem Ruf endlich
wieder näher - Hoffen wir mal, dass die Jungs nun endlich die Kurve
kriegen. (elm)
Ist man im Ami-Land gross (3 Nummer-1-Alben nacheinander, gefolgt
von einem Platz 3), so heisst das nicht immer gleich, dass man auch
auf unsrem alten Kontinent zur Spitze der Musikwelt zählt. Die
Alternativerocker Staind schlugen sich aber dennoch artig,
vermochten das Publikum aber immer noch nicht richtig aus dem Schlaf
zu rocken, auch wenn die Masse vor der Bühne langsam eine
ansehnliche Grösse erreichte. Einzig mit ihren meist etwas
schmalzigeren Hitsingles wie 'It's Been Awhile' oder 'Outside' aus
dem Jahre 2001 dachte dabei wohl der eine oder andere Greenfielder,
das hätte er doch schon einmal gehört. (kss)
Das 'Wort' Jammer kam einem schon fast in den Sinn, betrachtete man
den Platz vor der Bühne, als in gewohnt souveräner Manier die Stoner-Veteranen von Monster Magnet ihre Show begannen. Bis
mitten vor die Bühne zu laufen gestaltete sich nämlich an diesem
Wochenende selten einfacher als in den 45 Minuten, während welchen
der wieder cleane und stimmlich rehabilitierte Dave Windorf und
seine Mannschaft einen Riffkracher nach dem anderen auf das
scheinbar meist musikalisch ungebildete Publikum hernieder donnern
liessen. Fans der Band störte das wenig, genauso wie die Band
selbst, welche mit vollem Einsatz drogenverseuchte Stoner-Hypnotika
à la 'Dopes To Infinity', 'Zodiac Lung' oder 'Right Stuff'
austeilte, wobei das Highlight 'Space Lord' bis zum Ende auf sich
warten liess. Ob die Kürzung des Auftritts um ca. 10 Minuten dann
doch auf das eher spärliche Publikum zurückzuführen war, kann nicht
beantwortet werden. (kss)
Ganz anders das Bild bei Disturbed. Mit ihrer letzten Scheibe
'Indestructible' bis auf Platz 15 in den Schweizern Charts
vorgerückt, konnten sie die Festivalbesucher einerseits vor die
Bühne locken und andererseits endlich zum Abgehen motivieren lassen,
was endlich auch wieder mal zum einen oder anderen Crowd Surfer
führte. Begonnen mit 'Voices', über 'Just Stop', 'Prayer', 'Inside
The Fire' und bis zum grandiosen Finale bestehend aus 'Ten Thousand
Fists', zu welchem sich natürlich auch tausende Fäuste in die Höhe
reckten, 'Indestructible' und 'Down With The Sickness', das Publikum
schien jede Nummer zu kennen und sang zusammen mit Stimmwunder David
Draiman, welcher live wie immer weniger von den Socken haute als auf
Platte, brav im Chor. Klampfer Dan Donegan zeigte sich indes von
seiner agilsten Seite und weil gleichzeitig auch noch der Sound
druckvoll mitmachte, entpuppten sich Disturbed zu einem der Abräumer
des Festivals und untermauerten ihren Ruf, sowohl Metaller als auch
alternatives Publikum für sich begeistern zu können. (kss)
Als Korn gegen 19h00 die Bühne betraten, hatte sich der
Himmel über Interlaken endgültig verdunkelt, von der Sonne war nicht
mehr viel zu sehen. Nichtsdestotrotz drängte sich eine überraschend
grosse Anhänger-Schar vor die Bühne, Korn schienen auch nach knapp
15-jähriger Existenz nicht an Reiz verloren zu haben. Obwohl ich der
Band nach dem Gig etwas Blassheit attestieren würde, kann wohl
trotzdem mit Fug und Recht behauptet werden, dass sie nach wie vor
ein wahrer Koloss an fetten Grooves darstellen. Egal ob Hits wie 'Somebody,
Someone', 'Here To Stay', 'Freak On A Leash', oder 'Coming Undone',
die Band entwickelt ihre Energie aus der Einfachheit heraus. Nebst
dem übrigbleibenden Trio Jonathan Davies (Vocals), Fieldy (Bass) und
Munky (Gitarre) begleitet die Band nun noch ein weiterer Gitarrist,
ein Keyboarder, und Neuzugang Ray Luzier am Schlagzeug. Der gute hob
die Arbeit seines Vorgängers und Band-Mitgründers David Silvera dank
seines technischen Könnens auf eine neue Stufe, und verpasste so der
Musik eine äusserst passende Fülle an Details.
Irgendwo im Laufe des
Gigs eröffneten dann die Regenwolken den Angriff auf die nach wie
vor doch sehr sommerlich bekleideten Besucher, während ein
überraschend starker Wind die Regentropfen streckenweise beinahe
wagrecht in die Gesichter klatschte - Ein denkbar unwürdiges Omen,
wenn man an das unsägliche Ende der ersten Edition des Greenfield-Festivals denkt - Glücklicherweise hatten aber Swisscom
und Nokia vorausgedacht, und verteilten gratis Regen-Pellerinen.
Obwohl sich kurz darauf auch noch die grosse Blache rechts der
Hauptbühne löste, und sich die Crew gezwungen sah, die seitlichen
Monitorwände zu senken, rockten jedoch Korn unermüdlich weiter, um
auf dem Höhepunkt des Wetterchaos' 'Another Brick In The Wall' von
Pink Floyd zu zocken - Passender hätte die Sache nicht abgeschlossen
werden können, die Kombination an Wetterkondition und Musik war
schlicht gigantisch. Blöderweise zögerte die Band den Schluss noch
mit einer mehr als unpassenden Improvisation aus, aber das will ich
ihnen angesichts des fetten Gigs noch mal verzeihen. (elm)
Slipknot schliesslich als Headliner am Sonntag Abend auf die
Bühne zu schicken, sollte sich im Endeffekt als strategisch schlaue
Entscheidung herausstellen - Die Fans blieben schlicht und einfach
bis zur letzten Minute vor Ort. Ein paar Kaffee-Stände mehr hätten
die Sache ziemlich sicher angenehmer gemacht, aber immerhin hatten
der Regen und der Wind nachgelassen. Slipknot selber spielten sich
über die folgenden 80 Minuten zielsicher durch Wände an Riffs wie 'Duality',
'Psychosocial', 'Left Behind' und ältere Klassiker der Marke 'Wait
And Bleed' und 'Eyeless'. Fronter Corey Taylor schien sich zwar
etwas zurückzuhalten, doch seine Stimmbänder dankten es ihm mit der
üblichen vollen Dosis an Wutausbrüchen. An der Instrumentalen Front
glänzten mal wieder Drummer Joey Jordison und die beiden Klampfer
James Root und Mick Thompson. Ich würde mal spontan sagen, dass sich
die drei mittlerweile optimal ergänzen, sämtliche kleine und grosse
musikalische Ausbrüche werden von ihnen ohne zu zögern aufgefangen
und in strukturiertes Chaos umgesetzt. Zusammen mit den hüpfwilligen
Fanscharen gelang es der Band locker, dem Greenfield-Festival noch
einmal amtlich in den Hintern zu treten. Ich hätte zwar mehr
Moshpit-Action erwartet, aber drei Tage Festival-Luft zerren halt
amtlich an den Energie-Reserven. (elm)
Sonntag 14.06.2009, Zeltbühne:
Es dauerte eine Weile, bis man als Unwissender das Front-Es der
Briten Animal Kingdom als Mann erkannte. Von der Androgynität
her an Placebo's Brian Molko erinnernd, hatte der liebe Gott Richard
Sauberlich mit einer noch feminineren Stimme ausgestattet. Dieser
feminine Indie-Garage-Rock schien aber nur wenigen zu gefallen und
so rackerte sich das Quartett von einer eher enttäuschend leeren
Halle ab. (kss)
Poetische Texte, eingängige und leicht verdauliche Melodien, das
sind die Dinge welche Fans an den deutschen Poprockern Tomte
lieben und blickte man während ihrem zweiten Gastspiel (das Quintett
wurden schon 2007 einmal eingeladen) am Greenfield so durch die
Halle, funktioniert dieses Rezept bei einem ganzen Haufen Menschen.
Insbesondere die jüngeren Blumenkinder sangen aus Leibeskräften die
Lyrics über Welt- und Herzschmerz aus Leibeskräften mit, sodass es
wohl nicht lange bis zum nächsten Greenfield-Tomte-Gig dauern wird.
(kss)
Elektrizität liegt in der Luft, als der
Sozusagen-Zeltbühne-Headliner The Subways einen alles andere
als unterirdischen Gig ablieferten. Mit reichlich Körperspannung
rockten das britische Brüderpaar Billy Lunn (voc/git) und Josh
Morgan (drums) unterstützt von Tiefton-Nixe Charlotte Cooper wie
Derwishe über die Bühne und nahmen so den Sturm vorneweg, welcher
gegen Ende ihres Sets auch das grosse Zelt bedrängen würde. Bis
dahin sprintete aber vor allem Madame Cooper über die Bühne wie von
Hummeln gestochen und Garage-Songs wie 'Oh Yeah' und 'She Sun',
welche beide schon in Werbungen verbrutzelt wurden, motivierte das
Publikum zum Zappeln und Rappeln. Und wenn man dann am Ende seines
Sets auch noch einen echten Rock'n'Roll-Hit für die Ewigkeit,
nämlich 'Rock'n'Roll Queen' aus dem Ärmel schütteln kann, dann
interessiert sich keiner, aber auch wirklich keiner mehr ein
Quäntchen für die sintflutartigen Regenfälle, welche immer mehr
Leute in die Halle trieben. Die Abräumer des Festivals! (kss)
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