Wie so oft, wenn das Greenfieldfestival seine Tore öffnet,
verdunkelt sich der Himmel und das Bergpanorama wird von massigen
Wolkengebilden verschluckt. Die Temperaturen sind sommerlich heiss
und der Schweiss wird zwangsweise aus den Poren gepresst. Erste
Regentropfen trommeln auf die Autoscheibe und beim Parkieren des
Wagens ist der Regenschutz in Gedanken bereits fester Bestandteil
für den Festivalbesuch. Dröhnend wummern die Bässe über den Fluss
und das Volk pilgert meist in schwarz gehüllt in alle Richtungen.
Der erste Eindruck: Es scheint massiv weniger Personen als noch 2014
zu haben. Diejenigen die da sind haben aber alle das gleiche Ziel.
40 Bands in drei Tagen zu schaffen. Das ist erst einmal die Aufgabe,
die es zu überstehen gilt. Unter den Bands warten nämlich einige
musikalische Leckerbissen auf die BesucherInnen.
Godsmack
Die Herren von Godsmack betraten pünktlich um 17:30 Uhr die Bretter
der
Hauptbühne.
Die Truppe aus Boston ist seit 1995 aktiv und verfügt daher über ein
breites Liederrepertoire und konnte aus den Vollen schöpfen. Sully
Erna, Sänger und Kopf der Band trat mit viel Freude und Enthusiasmus
auf. Der Sound der Amerikaner ist ein Mix aus Grunge, Metal, Hard
Rock und Progressive Rock. Godsmack bezeichnen sich selbst aber
schlicht als moderne Hard Rock Band. Die doch schon etwas in die
Jahre gekommenen Herren strahlten eine gewisse Selbstzufriedenheit
und Ruhe aus obwohl das auf letzteres nicht ganz zutraf. Godsmack
machten ganz schön krach! Ihre Songs liessen die Leute vor der Bühne
wild zappeln und headbangen. Vom Mischpult aus hatte ich beste Sicht
auf die Bühne, denn das Publikum war zu diesem Zeitpunkt noch nicht
so dicht versammelt. Soundtechnisch war der Aufenthaltsort perfekt.
Gegen Schluss spielten sie noch ein Medley aus Stücken von AC/DC,
Aerosmith und Judas Priest. Bereits nach 45 Minuten war die
Spielzeit abgelaufen und für mich der Zeitpunkt gekommen, eine
kleine Pause einzulegen.
Backyard Babies
In der Abenddämmerung dann der Gig der vier Typen, die
unterschiedlicher nicht sein könnten. Der Normalo und Hobbyfotograf
der Band an den Drums, der Mann am Bass mit blonder Metalmähne, ein
Gitarrist mit Rock, Grossmutterhalskette und viel Schminke im
Gesicht und zu guter Letzt der Sänger und Rhythmusgitarrist im
Lederoutfit. Seine schwarze Jacke ziert das Logo der Backyard Babies
und auch
seine
Tätowierungen würden wohl viele Geschichten erzählen, wenn sie
könnten. Wer die Band aus Schweden schon einmal zuvor live erlebt
hat, war sicherlich gespannt, da sie für ihre Energie bekannt sind.
Zu Beginn wollte dies aber noch nicht so recht gelingen. Die Band
erweckte den Eindruck, als würde sie den Abend mit angezogener
Handbremse durchziehen. Der Funke wollte einfach nicht so richtig
überspringen. Ab dem vierten Song etwa, schien sich aber der Knoten
zu lösen und Nicke Borg und seine Babies legten gewaltig an
Fahrtwind zu. In diesem Zusammenhang ist vielleicht noch kurz zu
erwähnen, dass dies erst der zweite Live-Auftritt seit 2010 war. Von
Song zu Song kam die Band besser in Stimmung und besonders bei den
älteren Songs wie Brand New Hate ging definitiv die Post ab. Fans
der Schweden dürfen sich im August 2015 über ein neues Album freuen.
Dies verkündete Borg seinen Anhängern voller Enthusiasmus. Danach
rockten sie heftig und dreckig weiter mit einer richtig guten Show.
Wer es aber deftiger und härter mag, kehrte den Backyard Babies
schon frühzeitig den Rücken und verschob zur Mainstage, auf der als
nächstes Lamb of God in den Startlöchern stand.
Lamb
of God
Beim Lamm Gottes, wie es so schön übersetzt heisst, ist der Name
Programm. Die Band beschäftigt sich zum grossen Teil mit
religionskritischen Themen. Sozialkritische sowie Antikriegs Texte
fanden in den letzten Jahren aber auch immer mehr Zuspruch. Randy
Blythe hatte von Anfang an die Menge voll im Griff und schrie sich
die Kehle aus dem Hals. Energiegeladen rannte er die Bühne auf und
ab. Zum Stillstand kam er nur, um sich über die Monitore zu beugen
und das Publikum mit wütenden Growls einzudecken. Für Lamb of God
war dies der erste Auftritt am Greenfieldfestival. Am Pegel des
Publikums gemessen war diese Premiere auch mehr als geglückt. Was
den Musikstil von Lamb of God angeht, ist sich die Musikwelt
uneinig. Metalcore mit Death und Thrash Einflüssen oder doch eher
New Wave of American Heavy Metal? Egal! Richtig ist nur, dass sich
die Mischung aus der Brutalität des Death Metal, der rauhen
Intensität des Thrash Metal und der mathematischen Präzision des
Progressive Metal, diskussionslos hören lassen kann. Die Stimmung im
Publikum und auf der Bühne war angeheizt. Die Show wurde während
einer Stunde fast nur in blauem und grünem Licht gehalten, was die
Arbeit im Fotograben doch ziemlich erschwerte. Obwohl nicht viel an
Unterhaltung geboten wurde, war das Konzert zu keiner Zeit
langweilig. Eindrücklich waren die massiven MESA-Verstärkertürme,
die nebst Banner als schlichte Bühnendeko herhalten mussten. Das
Schlagzeug wirkte dazwischen verschwindend klein. Lamb of God haben
ihre Live-Qualitäten unter Beweis gestellt. Das Quintett aus
Richmond überzeugte auf ganzer Linie mit Druck und Perfektion.
Slipknot Der Donnerstagabend stand ganz im
Zeichen der Maskenmänner aus Des Moines, Iowa! Bereits beim Intro
XIX vom neuen Album 5: Grey Chapter sangen die ersten Reihen,
teilweise auch in Slipknot-Masken lauthals mit. Die Bühne war noch
in mattes Licht getaucht, nur die Augen des übergrossen
Teufel-Ziegenbocks leuchteten grell von der Rückwand. Als dann die
neun Herren in ihren Overalls die
Bühne
betraten wurde es richtig laut im Publikum. Eine unbändige Energie
ging von der Hauptbühne auf das Publikum über und die Security in
den ersten Reihen hatte alle Hände voll zu tun. Frontmann und
Mastermind Corey Taylor übernahm die Führung und beeindruckte durch
wildes Herumspringen und andere akrobatische Einlagen. Die neuen
Masken der Musiker sahen von Nahem weitaus beeindruckender und
furchteinflössender aus als noch auf den ersten Promobildern. Die
Hitze darunter muss schwer zu ertragen sein, denn zur Mitte des
Konzerts lief bereits der Schweiss teilweise in Bächen unten aus den
Masken. Kein Wunder! Zu den Scheinwerfern gesellten sich bei
mehreren Songs Feuersäulen, die in die Höhe schossen oder im
Hintergrund kontinuierlich brannten. Erstere waren bis in die
hintersten Zuschauerränge spürbar. Duality sowie Psychosocial oder
Before I Forget, um nur einige zu nennen, trafen den Nerv des
Publikums. Die zwei Perkussionisten am linken und rechten Bühnenrand
trommelten auf ihren Ölfässern und Gasflaschen herum und dazu hob,
senkte und drehte sich die ganze Konstruktion im Kreis. Taylor jagte
die Treppe rauf und runter und brüllte dazu den Text von Heretic
Anthem oder People=Shit ins Mikrofon. Es war ein wirklich
gelungener, um nicht zu sagen ein brillanter Auftritt. Einzig und
allein die Lichterketten, die sporadisch die Farbe wechselten,
erinnerten zeitweise mehr an Weihnachtsdekoration als an Metal-Party
Stimmung. Dies ist aber Kritik auf hohem Niveau, denn alles in allem
haben die Amis eine unterhaltsame und energiegeladene Show der
Extraklasse abgeliefert.
Motörhead Tag
zwei des Greenfieldfestivals! Für diesen Tag habe ich mir nur zwei
Rosinen rausgepickt, wovon sich die eine aber ziemlich schnell als
faules Ei herausgestellt hat. Meine persönlich grösste Vorfreude für
dieses Festival galt unter anderem Motörhead. Erst einmal gesehen
und von diesem Konzert noch immer geflasht, war meine Erwartung und
auch die Vorschusslorbeeren an diesen Gig relativ hoch. Dies
dauerte aber gerade Mal so lange, wie sie anfingen zu spielen.
Motörhead! Waren diese drei Typen da auf der Hauptbühne wirklich
Motörhead? Lemmy Kilmister hat die Band zwar zu Beginn so
angekündigt und das eher klein geratene Banner mit dem Bandlogo
liess keinen Zweifel zu. Aber dennoch stimmte irgendetwas nicht.
Warum kann ich meinen Nachbarn reden hören, während die Briten
aufspielen? Wer das auch immer zu verantworten hat: shame on you! Es
war eindeutig zu leise! Auch die Songauswahl kam mir untypisch und
wenig rockig vor. Ich hatte bis anhin gedacht, dass ich Motörhead
ein wenig kenne aber bis auf Ace of Spades ziemlich zu Beginn, waren
mir die meisten Songs eher unbekannt. Schleppend und zäh drangen die
Tracks durch die Boxen aber nicht in meine Gehörgänge. Geplagt durch
mein ungutes Gefühl und mein Unwissen habe ich mich mit anderen
Festivalbesuchern unterhalten, ausgetauscht und ihr Wissen über das
aktuelle Line-Up abgefragt. Die wenigsten konnten mir eine
schlüssige Antwort geben. Im Gegenteil. Mein Verdacht schien sich zu
erhärten. Es war wohl ein Motörhead-Gig, der nicht als einer der
Besten in die Geschichte eingehen wird. Erst gegen Schluss, als dann
doch noch Titel wie Bomber und Overkill über die Lautsprecher
dröhnten, hatte man als Zuhörer das Gefühl auf einer Metalparty zu
sein. Einzig und allein Mikkey Dee konnte mit seiner Form und seinem
echt geilen Schlagzeugsolo so richtig überzeugen. Bei den beiden
anderen Mitstreitern war eine gewisse Resignation oder einfach das
fortgeschrittene Alter bemerkbar. Schade, denn ich hatte mir von
diesem Auftritt wirklich mehr erhofft.
In Flames
Die Melodic (Death) Metal Combo aus Göteborg war in guter Stimmung
das Greenfieldfestival in Grund und Boden zu rocken. Nach dem
Auftritt von Motörhead war dies sicher keine Kunst mehr aber für den
einen oder anderen Metalfan, eingeschlossen mich selbst, sicher von
unermesslichem Wert. Anders Fridén und seine In Flames waren von der
ersten Minute an voll da. Stampfende Gitarren und ein Bass, der die
Mägen in den ersten Reihen tüchtig durchschüttelte. Gut gelaunt
fragte
der Frontmann nach den ersten zwei Songs die Menge, wie es in der
Schweiz mit dem Crowd-Surfing gesetzlich so aussieht. Als das
Publikum den Freipass erteilte, wurden massig Leute in die Höhe
gehoben und zur Bühne durchgegeben. Die Security kam teilweise an
ihre körperlichen Grenzen, wogegen sie sich gegenseitig die
Schultern massierten, wenn sie gerade mal eine kleinere Pause
hatten. Björn Gelotte bearbeitete seine Gitarre als gäbe es kein
Morgen und die Spielfreude war allen Bandmitgliedern wirklich ins
Gesicht geschrieben. Auffällig waren und dies gilt nicht nur für die
Bandmember von In Flames, sondern fürs ganze Festival, die gut
gepflegten, langen Bärte unzähliger Herren. Es scheint ein neuer
Trend zu sein, der sich auch im Metalbusiness durchsetzt. Zum Glück
mussten sich die Musiker zu keiner Zeit hinter ihrer
Gesichtsbehaarung verstecken, denn ihr Sound steckte die Massen
vollends an! Elektrisierend war auch ihre Lichtshow. Präzise auf die
einzelnen Songs abgestimmt wechselte das Licht im Rhythmus die
Farben und die Geschwindigkeit. Der Abend endete mit einem
gewaltigen Feuerwerk, das von der Hauptbühne aus abgegeben wurde.
Der Nachthimmel war zwischenzeitlich taghell erleuchtet. Danach war
endgültig Schluss. Vereinzelte Partysüchtige suchten sich noch den
Weg in ein Festzelt, doch die meisten machten sich auf in ihre Zelte
auf dem Campingplatz. Tag zwei hat doch noch ein versöhnliches Ende
gefunden.
Powerwolf Der dritte und letzte
Tag des Greenfieldfestivals startete relativ früh am Nachmittag mit
den Power Metallern aus Saarbrücken. Powerwolf, wie sich die 2003
gegründete Truppe nennt, besingt auf satirische Art und Weise die
Geschichte des Christentums und althergebrachte rumänische Sagen.
Dass es sich aber dabei nicht um eine religiöse Band handelt, wurde
dem Zuschauer spätestens beim Einmarsch von Attila
Dorn & Co. klar. Im Priestergewand, den Weihrauchkelch schwingend
trat der Sänger ans Mikrofon, das mit einem grossen silbernen Kreuz
geschmückt war. Der Rest der Band war ebenfalls auffällig in dunkel
gekleidet und im Gesicht und an den Armen schwarzweiss bemalt.
Charles und Matthew Greywolf lieferten sich bereits beim Opener ein
Gitarrenduell, das einem die Mundwinkel nach oben zog. Diese Jungs
hatten wirklich Bock zu spielen, auch wenn der Tag noch früh war.
Dorn bat wenig später ganz offiziell, doch in einem weiteren Jahr
nochmals auftreten zu dürfen, allerdings wenn es ein wenig dunkler
sei. Vor der Bühne hatte sich mittlerweile eine ganz schöne Schar an
Powerwolf-Jüngern versammelt, die einen Circle-Pit nach dem anderen
veranstalteten. Dies gefiel dem Frontmann Dorn dermassen gut, dass
er immer wieder fragend ins Mikrofon brüllte: Seid ihr besessen?
Erst als ein wirklich lautes Jaaa! aus dem Publikum zurück kam, war
er zufrieden und stimmte den nächsten Song an. Neben den klassischen
Metalinstrumenten, dürfen bei Powerwolf keinesfalls die Orgelklänge
fehlen. Dafür zuständig ist Falk Maria Schlegel. Er hat ebenfalls,
wenn immer möglich, ins Geschehen eingegriffen und der Gemeinde
seinen Segen erteilt. Ansonsten hat er seine Orgel, bewacht von
Adler oder Krähe (man möge mir meine Unkenntnis in Ornithologie
verzeihen) zum Singen gebracht. Nach einer Stunde war aber auch
diese Messe vorüber und man konnte zum nächsten Punkt im Programm
voranschreiten.
Danko Jones Von null auf
Vollgas peitschte der Danko Jones Express über den Interlakner
Flugplatz. Eine Mischung aus Garage Rock, Bluesrock, Hard Rock,
Heavy Metal und Punkrock. Dafür steht Danko Jones aus Kanada. Seit
bald zwanzig Jahren macht das Trio die Welt unsicher, immer
begleitet von der Frage, ob Jimmy Hendrix doch nicht sein Vater sein
könnte. Diese Frage konnte aber auch das Greenfield 2015
nicht
beantworten! Klar ist aber, dass dieser Auftritt energiegeladener
nicht hätte sein können und ich das erste Mal in drei Tagen, die
Ohrstöpsel freiwillig montiert hatte. Danko Jones Liveauftritte sind
vor allem von der selbstironischen wie vulgären Art des Frontmanns
geprägt. Dazu gehört etwa der regelmässige Griff in den Schritt,
obszönes Anmachen von Zuschauern oder wildes Zungenspiel. Dies war
auch bei diesem Auftritt nicht anders. Dabei war der ironische und
satirische Charakter von Jones Bühnen-Alter-Ego immer wieder
erkennbar. Witzig war die Anekdote, dass er bei einem früheren
Greenfield-Aufritt sehr nervös war, als er hörte, dass Celtic Frost
Gründer Tom G. Warrior im Publikum sei dieser kam allerdings nicht.
Dieses Jahr war er aber vor Ort und am Abend auch beim Karaoke From
Hell anzutreffen. Bei den bekannten Songs wie Cadillac, Bounce oder
Soul on Ice ging so richtig die Post ab und auch der letzte
Tanzmuffel bewegte zumindest einen Fuss im Takt. Ausserdem ist die
Band bekannt für ihre Spoken Word Performances, bei denen Danko
Jones etwas erzählt, während Atom Willard und John Calabrese einen
einfachen Grundrhythmus spielen. So geschehen auch an diesem
Festival. In der Mitte eines Songs wurde es immer ruhiger und Danko
Jones huldigte allen verstorbenen Rocklegenden. Gerade zu dieser
Zeit war der Himmel ziemlich verdunkelt und nur ein Sonnenstrahl
durchbrach die Wolkendecke zum Festivalgelände hin. Es war gerade
so, als wollten die Legenden im Jenseits ein Zeichen senden. In
diesem Sinne: Rock on, Man!
Airbourne
Airbourne muss ich an dieser Stelle bestimmt nicht gross vorstellen,
denn um die Australier kommt man im Moment kaum drum herum. Die Hard
Rock Band um Joel OKeeffe (Gesang und Gitarre) und dessen Bruder
Ryan OKeeffe (Drums) ist zurzeit ein Erfolgsgarant auf allen
Festivals weltweit. Das Quartett strotzt vor Energie und Schongang
sowie Weichspüler sind Worte, die es in der Gebrauchsanweisung für
Airbourne nicht gibt. Ist der Schalter erst einmal umgelegt hilft
zum Beenden nur noch Stecker ziehen! Ready to Rock war somit der
passendste Song um ihr Konzert zu eröffnen. OKeeffe rannte wie ein
Berserker über die Bühne, den Oberkörper wie
üblich nackt und die regulären zerschlissenen schwarzen Hosen waren
auch Pflicht. Der Kameramann im Übertragungsturm war bereits nach
ein paar Minuten nicht mehr sicher, da sich der Frontmann so den Weg
zur tobenden Menge bahnte. David Roads (Gitarre) und Justin Street
(Bass) hielten auf der Bühne die Stellung während sich Joel O Keeffe
den Weg zur ersten Fanreihe freikämpfte. Für die Zuschauer natürlich
ein gefundenes Fressen, sich ihren Star einmal ganz aus der Nähe
anschauen, geschweige denn anfassen zu können. Nach einem eher
schweren Aufstieg zurück auf die Bretter, die die Welt bedeuten,
folgten Kracher wie Blond, Bad and Beautiful oder Chewin the Fat.
Bei Live it Up liess es sich Gitarrist David Roads nicht nehmen, die
Sirene für den Fliegeralarm höchstpersönlich anzukurbeln, was in der
Menge ein lautes Gegröle hervorrief. Mit Cheap Wine & Cheaper Women
und Black Dog Barking kochte der Hexenkessel Interlaken vollends
über. Dies blieb auch dem geübten Auge von Frontmann und Showmaster
OKeeffe nicht verborgen und er setzte noch einen oben drauf. Er gab
den Zuschauern zu trinken! Die erste Büchse Bier öffnete er gekonnt,
indem er sie sich mehrmals im Rhythmus zur Musik auf den Schädel
schlug. Es spritze und schäumte in einem Umkreis, der sich wirklich
sehen lassen konnte. Die weiteren Biere wurden auf herkömmliche
Weise gezapft und nach einem kräftigen Schluck als Degustation in
hohem Bogen in die wartende Menschenmasse geworfen. Unter tosendem
Applaus und Zugabe-Rufen räumte die Band schliesslich, die letzten
Plektrums schnippend, nach knapp anderthalb Stunden schweissgebadet
die Bühne. Tja, das ist Showbusiness!
Heaven Shall
Burn Das allerletzte und mit Abstand heftigste Konzert
des ganzen Greenfieldfestivals lieferten aber vermutlich die Herren
von Heaven Shall Burn ab. Die deutschstämmige Band, gegründet von
den Brüdern Marcus und Eric Bischoff vereinen in ihrem Sound Death-
und Thrashmetal sowie etliche Hardcore Elemente. Zusammen ergibt
dies einen aggressiven Mix, der die Berge erzittern liess. Die Show
begann mit weissem Papierregen, der aus Kanonen vor der Bühne
abgefeuert wurde. Noch
während
die weisse Pracht langsam zu Boden sank, brach auf der Bühne die
Hölle los. Mit ohrenbetäubender Wucht setzten das Schlagzeug und die
Gitarren ein. Die Musik passte perfekt zur Bühnenkulisse, die ein
gewisses Weltuntergangsszenario zeigte. In Buntfaltenhosen und Hemd
liess sich schliesslich auch der Frontmann blicken und ich muss
zugeben, dass mich seine Aufmache zu Beginn doch ganz schön
irritiert hat. Als er aber die ersten paar Zeilen ins Mikro gebrüllt
hatte musste ich feststellen, dass es wohl keinen anderen
Versicherungsvertreter gibt, der so ein beeindruckendes Organ hat.
Hin und weg vom Sound und auch von der Lichtshow, die so nervös,
grell und schnell war, dass ich nicht mehr wusste, wo mir der Kopf
stand. Dazu kam noch der Nebel. Massen von Nebel! Man hätte glauben
können, dass die Vorräte an Nebelfluid noch bis Mittenacht
aufgebraucht werden müssen. Es war geil aber irgendwie auch zu viel.
Der Menge gefiel aber, was sie da zum Schluss geboten bekam. Keine
Spur von Müdigkeit an der Front, im Hintergrund allerdings,
lichteten sich die Reihen langsam und erste Probanden gaben ihrer
Erschöpfung nach. Währenddessen forderten Bischoff & Co. die
HörerInnen zu mehr Mündigkeit auf, um falsche Idole, Führer und
Machverhältnisse sowohl politisch als auch unpolitisch zu
hinterfragen. Eine ganz schöne Herausforderung in Anbetracht dessen,
dass die meisten die letzten drei Tage durchgefeiert haben. Um 01:00
Uhr verstummten dann auch ihre Lautsprecher und es wurde ruhig in
und um Interlaken.
Das waren sie also wieder. Die härtesten
drei Tage im Berner Oberland. Nun heisst es wieder ein Jahr warten,
bis sich das Greenfield erneut für die Fans der Metal-Verrückten
öffnet. Rückwirkend betrachtet war es ein doch sehr gelungenes
Festival mit vielen grossartigen Acts, auch wenn in diesem Jahr die
ganz grossen Namen ausblieben. Jede Einzelne gab aber ihr Bestes für
die Fans und das ist doch ein grosses Dankeschön wert. An dieser
Stelle möchte ich noch die Arbeit der Security erwähnen, die über
drei Tage lang einen wirklich wertvollen und anstrengenden Job
gemacht hat! Well done! Lesen wir in Gedanken doch auch noch ein
paar zerfallene Zelte zusammen und schleppen einige Müllsäcke
gefüllt mit Bierbüchsen zum Sammelcontainer.
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