Die Meinungen gehen seit Mitte der 90er Jahre ziemlich
auseinander. Sind es noch Guns n' Roses oder sind sie nur noch Axl
Rose und Band? Tja, vom Namen her ist der Fall ja klar. Von der
Musik aus gesehen auch. Nach 15 Jahren wurde der "Running Gag" des
letzten Jahrhunderts, sprich das Album «Chinese Democracy», dann im
Jahre 2008 veröffentlicht. Fans der Band haben es lange ersehnt und
man durfte gespannt sein. Ein so teures und in jahrelanger Arbeit
kreiertes Werk sollte doch den höchsten Ansprüchen mehr als gerecht
werden?!
Na ja, meiner Meinung nach wurde doch ein paar Jahre zuviel daran
gefeilt, aber das ist Geschmackssache. Mir fehlen bei den neueren
Tracks einfach die Spontaneität und das Unbekümmerte. Auch die
Ohrwürmer fehlen meiner unbedeutenden Meinung nach gänzlich. Aber es
geht ja hier auch nicht um das Album, sondern die 8 Mann starke Band
beehrte die Schweiz erneut mit einem Gig im Hallenstadion. Darauf
freute ich mich und war echt gespannt, was da so laufen würde. Vor
einem Konzert der Mannen um Axl kreisen einem viele Fragen durch den
Schädel. Kommen sie wirklich? Beginnen sie einigermassen pünktlich?
Spielen sie das Set zu Ende? Als ich sie zum letzten Mal sah, das
war im Jahr 2006 auf dem "Rock am Ring" Festival. Da mussten wir 2
Std. bei wenigen Plusgraden auf die Band warten, das war hart. Also
abwarten, Tee oder Bier trinken war die Devise und einfach schauen
sowie der Dinge harren, die da kommen sollten.
Murderdolls
Nach 2 ¼ Std. Fahrzeit für die gut 100 km kam ich ziemlich entnervt
beim Hallenstadion an. Als ich mein Ticket geholt hatte und die
Eingangskontrolle passiert war merkte ich, ui da klingen ja schon
Gitarren in der Halle. So habe ich mich ohne durstlöschendes
Bierchen in meinen Sektor begeben. Und siehe da, die Mörderpuppen
rockten bereits die Bühne. Sie hatten pünktlich begonnen und fetzten
gleich amtlich mit viel guter Laune los. Man merkte ihnen gut an,
dass sie voll motiviert waren nach so langer Abstinenz auf so
grossen Bühnen zu spielen. Das Projekt oder die Band? Slipknot
Fellverprügler Joey Jordison und sein "Brother in Crime" Wednesday
13 haben zu Beginn diesen Jahres ihren zweiten Longplayer
veröffentlicht und mischten Tracks des Selbigen in einer guten
Mischung mit Stücken des Erstlings aus dem Jahre 2002. In voller
Glam Sleaze Montur und viel Schminke auf den Gesichtern rockten sie
auf der ganzen Bühnenbreite. Sie waren ständig in Bewegung und
spielten mit dem Publikum und versuchten dieses auf ihre Seite zu
ziehen. Das gelang ihnen aber nur bedingt. Man sah zwar, dass die
Besucher erfreut waren, doch die Reaktionen kamen nur mässig zur
Bühne zurück. Dies wurde im letzten Drittel der Show jedoch
zusehends besser und die ganzen Mitsing- und Frage/Antwort-Spielchen
wurden immer besser antizipiert. Musikalisch war der
Sound der Amis
ziemlich basslastig. Auch das Schlagzeug drückte richtig fett und
wuchtig daher. Die Bassgitarre war leider etwas zu dominant und
somit kam es immer mal wieder zu einem dröhnenden Übertönen der
restlichen Musik. Im Gegenzug fehlten in der ersten Hälfte die
Gitarren fast komplett. Was bei dem von ihnen zelebrierten Glam
Horror Punk schon sehr hinderlich ist, um Stimmung aufzubauen. Die
Songs der Murderdolls gefielen mir zwar eigentlich gut, aber auf
Dauer ermüdeten sie etwas, da alles ziemlich ähnlich und gleich
klang. Wednesday 13 gab alles am Mikro. Im ersten Teil sang er auch
gut und kraftvoll, aber im hinteren Drittel wurden die Taucher immer
zahlreicher. Es ging ihm wohl etwas die Puste aus oder das Mikro gab
den Geist auf; das weiss man natürlich nicht genau. Könnte auch
sein, dass der Mischer da etwas manipuliert hatte, wie es früher
öfter der Fall war, dass die Opener jeweils einen eher bescheidenen
Sound bekamen. Das ist aber nur eine Mutmassung von meiner Seite,
denn auch mit dem Licht, respektive dem Verfolgerscheinwerfer
klappte das nicht so wirklich immer. Die Musiker spielten öfters mal
vom Dunkel umhüllt. Aber alles in allem war es ein guter Gig mit
viel Spielfreude. Und anders als auf dem Programm beschrieben,
durften sie sogar fast eine Stunde ranbolzen. Aber was sagt dem
gewieften Rechner die Tatsache, dass sie erst um 20.40 Uhr fertig
waren? Genau, nämlich dass das mit den Gunners um 21 Uhr wohl nichts
wird!
Guns n' Roses
Die Anwesenden konnten nur hoffen, dass sich das Debakel von Dublin
nicht wiederholt! Aber es kam so, wie es kommen musste. Axl liess
die Zuschauer warten. Man hatte genug Zeit um auszutreten oder sich
ein kühles Getränk zu ergattern. Axl braucht das, braucht das der
Fan auch? Das muss jeder für sich selber entscheiden. Aber siehe da,
40 Minuten nach dem offiziellen Zeittermin gingen die Hallenlichter
aus. Mit grossen LEDs und Videoscreens wurde die Bühne bildlich
umrahmt. Mit Pyros und fetten Gitarren starteten die zur 8-köpfigen
Mannschaft angewachsenen Gunners ihr Set mit dem Titelsong ihres
Comeback Albums «Chinese Democracy». Axl erschien in schlichten
Jeans, Lederjacket, Sonnenbrille (diese nahm er nach dem dritten
Song dann doch ab) und Hut. Mit seinen 48 Lebensjahren auf dem
Buckel ist er sicher auch nicht mehr der Jüngste, aber auch er
rannte ziemlich viel auf den Brettern umher. Was mir auffiel, er hat
einige Kilos zugelegt. Ist aber sonst doch noch ziemlich fit. Die
Mannen zündeten ein Hitfeuerwerk, bei dem Jede(r) auf seine (ihre)
Kosten kam. Schon an zweiter Stelle rockten sie ihren Megahit «Welcome
To The Jungle». Das mit 9400 Besuchern nicht ausverkaufte
Hallenstadion tobte und feierte lauthals mit. Die Begeisterung war
auch bei den weiblichen Fans gross und es wurden sogar BH's in
Richtung der Band geworfen. Axl's Stimme war zu Beginn etwas
befremdlich und nicht besonders stark, aber das besserte sich sehr
schnell. Schade ist einfach, dass er nicht mehr wirklich
sehr deutlich singt. Aber sonst empfand ich den Herrn Rose als erfreut
und gut gelaunt, auch wenn er nur das Nötigste mit dem Publikum
kommunizierte. Er wirbelte seinen Mikroständer durch die Luft, warf
ihn rückwärts unter das Drumpodest. Er rannte über die Bühne,
enterte via Treppe das Drumpodest, und was er immer noch super drauf
hat, sind seine ihm eigenen Tanzmoves. Das Ganze wurde immer mit
Lichtshow, Bildschirmen und Pyros unterstützt. Die Jungs, die zum
Teil seit mehreren Jahren auf der Lohnliste von Axl stehen, gaben
auch alles. Die Musiker waren super eingespielt aufeinander, sie
versprühten auch die total gute Laune. Sie benutzen jeden Zentimeter
der doch recht grossen Stage, rockten zusammen und gegeneinander.
Insbesondere fiel mir der arschcoole Neuzugang DJ Ashba auf. Er
versuchte vielleicht optisch etwas "Slash-Feeling" zu verbreiten,
aber ich denke, das ist nicht wirklich bewusst, sondern einfach sein
Style. Er hat es nicht nötig, sich hinter dem Vorgänger zu
verstecken. Sein Gitarrenspiel gefiel mir auf jedenfall sehr. Was
ich mich gefragt habe war, wie sieht das mit dem strikten
Rauchverbot im Hallenstadion aus? Ashba hatte nämlich immer wieder
einen Glimmstängel zwischen den Kiemen. Nach jedem zweiten oder
dritten Track gab es ein Solo und Axl verschwand hinter der Bühne.
Das ist einerseits klasse für die Musiker, denn so stehen sie voll
und ganz im Rampenlicht, aber insgesamt wurden einfach zu viele Soli
geboten. Von meiner Sicht her gesehen hätten sie lieber noch ein,
zwei Songs mehr spielen können. Obwohl, gegen die Songauswahl kann
ich nichts sagen, ein Hit jagte den nächsten. Von besagtem «Welcome
To The Jungle» bis hin zu «November Rain», genial dargeboten mit Axl
am schwarzen Flügel, ganz an der Bühnenfront, und von «Chinese
Democracy» bis hin zu «Patience» kam die ganze Bandbreite des
gunnerschen Schaffens zum Zug. Gerade erwähntes «Patience» bildete
nach dem Break den ersten Schritt zum "grande Finale" und das kam
(wie man es ja kennt), mit dem Track, auf den alle den ganzen Abend
gewartet hatten: «Paradise City» wurde durch DJ Ashba angespielt und
das Hallenstadion stand Kopf! Ein Song, der das Konzert schliesslich
würdig zu Ende brachte. Die Fans, wie auch die Band konnten sich
nach 135 Minuten Guns n' Roses Vollbedienung zufrieden auf den
Heimweg machen. Das Fazit: Ich stellte fest, dass Guns n' Roses
durchaus ohne Slash und Konsorten funktionieren, obschon ich die
Band gerne mal im Original gesehen hätte.
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