Eigentlich musste ich zuerst meinen inneren Schweinehund zumindest
etwas überwinden, bevor ich mich definitiv entschied, nach Basel ans
Konzert der Gunners zu gehen. Nicht dass mir das Konzert im
September 2010 in Zürich missfallen hätte, im Gegenteil! Musikalisch
gesehen war ich sogar positiv überrascht, aber letztlich sollte das
Ganze eigentlich nicht (mehr) unter der alten Fahne weiter verfolgt
werden. Guns n' Roses auf ihrem Zenit waren (körperlich) primär mal
am Arsch, aber die Wirkung auf ihre Fans und die Umwelt phänomenal.
Die Energie, die von der Band ausging, war nicht zu bändigen und
ihre Konzerte gehörten klar zur Champions League der gesamten Szene.
Nach dem Split blieb allerdings nicht mehr viel bis rein gar nichts
mehr davon übrig und bis die aktuelle Langrille «Chinese Democracy»
2008 dann endlich mal das Licht der Welt erblickte, war eine
gefühlte Ewigkeit vergangen. Slash und Duff McKagan schoben derweil
ihre Solo-Karrieren an, während man von Axl lange Zeit nur Wirres zu
hören bekam. Seit dem Album-Release und zur 8-köpfigen Hydra
angewachsen, ist die Band Guns n' Roses jedoch wieder fleissig und
weltweit unterwegs. Im Vorfeld war zu vernehmen, dass Herr Rose auf
der laufenden Tour einige Top-Shows abgeliefert hatte und das weckte
mein Interesse schliesslich entscheidend. The Quireboys als Support
waren für das mitunter sehr junge Publikum nicht gerade die erste
Wahl, aber wer Spike und seine Mannen mal live gesehen hat, weiss um
die Stärken der Briten.
The Quireboys
Der vorgesehene Zeitplan war an sich eingehalten worden und alle,
sprich die ganze Fotographen-Meute, war vor Ort und bereit. Doch oh
weh..., die Support-Band stieg frühzeitig, das heisst etwa fast
zwanzig Minuten früher auf die Bühne, und so platzte man halt mitten
ins Konzert rein. Immerhin durften wir im Fotograben über die
gesamte Distanz der an sich standardmässigen drei Songs gehen.
Frontmann Spike wirkte erstaunlich frisch und nuckelte mehrfach an
einer Wasserflasche herum! Ob schon vor oder dann sicher danach noch
der sonst übliche Rotwein kredenzt wurde, konnte nicht in Erfahrung
gebracht werden. Das gilt auch für die gespielten Songs, da mir
diese nicht wirklich geläufig sind und setlist.fm für einmal keine
Angaben enthielt. Tatsache ist aber, dass das letzte Studioalbum «Halfpenny
Dancer» schon etwa drei Jahre alt ist und man somit nicht wirklich
was zu promoten hatte. Das britische Quintett kümmerte das jedoch
herzlich wenig und spielte deshalb locker vom Hocker auf. Die Songs
kamen flüssig wie kompakt daher und klangen nie zu hart. Dafür
variierte die Lautstärke je nach Standort und hinterliess die
Empfehlung für das Tragen von Ohrstöpseln. Da The Quireboys heute
Abend in Basel den Status "Special Guest" inne hatten, dürften sie
etwas länger spielen, sprich rund 45 Minuten, was ihnen auf jeden
Fall zustand. Das Publikum applaudierte zwar immer schön am Ende der
Songs, aber man merkte schon, dass sich kaum einer wirklich für die
erste Band des Abends interessierte. Insgesamt war es jedoch ein
blitzsauberer Auftritt und vor dem richtigen Publikum, selbst in
Balingen vor beinharten Metalheads, vermögen The Quireboys noch
alleweil einen fetzigen Gig runter zu reissen.
Guns n' Roses
Die zentrale Frage schwebte schon den ganzen Abend über dem Anlass,
nämlich mit wie viel Verspätung der Herr der Rosen sich wohl diesmal
auf die Bühne bequemen würde! Auf der Tour in Kanada und zwar im
berühmten "Air Canada Center" in Toronto, mussten die Fans
geschlagene zwei Stunden (!) auf den Zampano warten, bis es endlich
los ging. So verschob sich das Ende des Konzertes folglich in einen
Bereich hinein, wo sich ein Grossteil der Halle verkehrsbedingt
längst vom Acker gemacht hatte. Doch oh Wunder, in Basel kam es
anders, denn die Uhr zeigte noch nicht mal ganz 21.00 Uhr, als das Intro gestartet wurde! Man musste wirklich da sein, um es glauben zu
können und tatsächlich, die Show fing überpünktlich mit dem Opener
«Splitting The Atom» an. Liessen einen zuvor The Quireboys im
fototechnisch normalen Rahmen gewähren, so waren die Auflagen für
Guns n' Roses nichts als eine Farce! Das von wegen vom Mischpult aus fotographieren ging ja gerade noch, weil es ja zuvor schon bekannt
war, aber dass wir dann, in zwei Gruppen aufgeteilt, nur für gerade
eineinhalb Songs zugelassen wurden, ist einfach nur lachhaft und
bedarf keines weiteren Kommentars. Die Show entwickelte sich derweil
prächtig, was bei der leckeren Setliste ja auch kein Wunder war. Die
insgesamt drei Gitarristen Ron Thal, DJ Ashba und Richard Fortus
erzeugten ein breite und fette Gitarrenwand, die von der
Rhythmus-Truppe um Tommy Stinson (b) und Frank Ferrer (d) mit noch
mehr Druck versorgt wurde. Den Tastenanteil machten schliesslich
Dizzy Reed (als noch einziger Kumpel von
Axl aus früheren Zeiten)
und Chris Pitman (der unter anderem auch Songs von «Chinese
Democracy» geschrieben hat) unter sich aus. Optisch gab das Ganze
auch ordentlich was her und dank den grossen Leinwänden sahen auch
die sich zuhinterst befindenden Leute, was vorne auf der Bühne los
war. Die Stimmung war gut und hielt sich natürlich vor allem bei den
alten, bekannten Songs auf dem entsprechenden Level.
Was aber wirklich erstaunlich war und mit der Dauer des Konzertes
nie nachliess, war die Gesangsstimme von Axl W. Rose. War diese ganz
zu Beginn so zu sagen noch nicht ganz warm, legte sie laufend zu und
hielt bis zum Schluss ohne Hänger durch! Obwohl schon von der
laufenden Tour mit solchen Facts konfrontiert, überraschte die
Leistung des exzentrischen Sängers ohne Wenn und Aber. Um dem
zeitlichen Ende der Show an dieser Stelle vorzugreifen..., wir
sprechen hier von über drei Stunden (!) Spielzeit!! Dies muss ja
offensichtlich nicht immer nur Bruce Springsteen vorbehalten sein.
Angesichts dieser Tatsache müsste ja eigentlich alles in Butter
gewesen sein. Dies war freilich für einen guten Teil des ziemlich
jungen Publikums, versetzt mit etlichen Grufties wie mir, schon so.
Dass die Show letztlich mit einer vergleichsweise deutlichen
Überlänge aufwartete, hatte jedoch schon seine Gründe, denn diverse
Solo-Blöcke einzelner Musiker, inklusive Gesang (Fortus, Stinson,
Reed) zogen den Set entsprechend in die Länge. Dies geschah
wenigstens in einer Art und Weise, die gerade noch tolerierbar war,
das Absacken der Stimmung jeweils aber nicht verhindern konnte.
Diese wurde dann aber mit einem Smasher wie «Sweet Child O' Mine»
umgehend wieder aufgebaut. Spätestens da bringe ich jedoch meine
persönliche Kritik dahin gehend an, dass die Song zwar allesamt mit
ordentlich Schmiss und technisch ohne Fehl und Tadel vorgetragen
wurden, aber das was die Gunners früher ausmachte wie der ganze Hype
halt, war nicht zu mehr spüren. Sinnbildlich übermannte mich dann ob
der Konzertlänge eine bleierne Müdigkeit, die meine Augendeckel
zwischenzeitlich auf Halbmast gehen liess. Wie dem auch sei, unter
dem Strich kam die Sache auf jeden Fall besser daher als erwartet,
aber ein drittes Mal (ohne allfällig neues Material) werde ich mir
die aktuellen Guns n' Roses definitiv nicht mehr antun. Slash und
Myles Kennedy vermögen da mehr der alten Vibes zu verströmen und wer
beim Konzert im X-Tra vor zwei Jahren dabei war, weiss, wovon ich
spreche.
Setliste: «Intro/Splitting The Atom, Massive Attack song)» -
«Chinese Democracy» - «Welcome To The Jungle» - «It's So Easy» -
«Mr. Brownstone» - «Sorry» - «Rocket Queen» - «Estranged» - «Better»
- «Guitar Solo Richard Fortus» - «Live And Let Die (Paul McCartney &
Wings cover)» - «This I Love» - «Shackler's Revenge» - «Motivation
(Tommy Stinson Song with Tommy Stinson on lead vocals, with band
introductions)» - «Piano Solo Dizzy Reed (Baba O' Riley)» - «Street
Of Dreams» - «You Could Be Mine» - «Guitar Solo DJ Ashba (Ballad Of
Death)» - «Sweet Child O' Mine» - «Another Brick In The Wall Part 2
(Pink Floyd Cover with Axl on piano)» - «Piano Solo Axl Rose (Goodbye
Yellow Brick Road/… more)» - «November Rain» - «Glad To Be Here (Bumblefoot
Cover, Bumblefoot on lead vocals)» - «Don't Cry» - «Civil War» - «Knockin'
On Heaven's Door (Bob Dylan Cover)» - «Nightrain» - «Encore: Jam» -
«Madagascar» - «Dead Flowers (The Rolling Stones Cover)» - «Used To
Love Her» - «Jam» - «Patience» - «Jam» - «Paradise City» - «My Way (Outro,
Frank Sinatra song)».
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