Es war ein denkwürdiger Abend, dieser 18.
November. Und einer der bewies, dass man auch mit einem mutigen
Billing die Hallen füllen kann. Mit Hordak, Excelsis, Eluveitie und
Haggard standen Bands auf der Bühne, die sich musikalisch nur in
einem Punkt schnitten: Alle benutzen Flöten und verbinden ihren
jeweiligen Metal-Stil mit mittelalterlichen, keltischen oder
Klassik-Elementen. So bunt gemischt wie die Musik war auch das
Publikum, welches aus Death-, Heavy- und Gothic-Metallern bestand.
Da Haggard alleine schon eine Halle wie das Gaswerk füllen können,
war ich auch nicht besonders überrascht, als es hiess, dass das
Konzert ausverkauft sei. So lasst uns also Hören/Lesen die
Geschichten von weit gereisten spanischen Vagabunden (Hordak), von
strammen Volksgesellen (Excelsis), von acht wilden Heiden (Eluveitie)
und von zwölf durch die Zeit gewanderten kleinen Mozarts (Haggard).
(Rog)
Hordak
Mit grosser Spannung stand ich direkt vor der Bühne und wartete auf
die spanische Pagan-Furie Hordak. Ihre Musik wird
ungewöhnlicherweise "Celtiberian Pagan Metal" genannt, was bestimmt
nicht sehr oft zu finden ist in der heidnischen Metal-Szene.
Allgemein sind die spanischen Landsmänner ja nicht sonderlich
"heidnisch" ausgerichtet, dennoch und vielleicht genau aus diesem
Grund, freute ich mich auf die Band. Da Hordak eigentlich nur aus
einem Duo (Autumn & Winter) besteht, haben sie sich für die Tour
extra noch zwei weitere Live-Musiker ausgesucht. Vor der Bühne gab
es immer mehr Zuschauer, zwar traute sich niemand ausser ich selber
ganz nach vorne, aber für eine Band, die ihren ersten Auftritt
ausserhalb ihres Landes hatte, war es bestimmt ein Freudenfest. Als
die Jungs dann endlich ihre Instrumente in Betrieb nahmen und
anfingen, ihre Hits vom neusten Album "The Last European Wolves" wie
auch vom Debüt-Album "War Has Just Begun" zu spielen, konnte ich
mich kaum mehr einkriegen. Zwar hatte die Band etliche Probleme mit
dem Sound (zum Beispiel kein Ton bei der Flöte), aber ihre Art von
Musik, mit den äusserst starken Gitarrenwänden und einer
beachtlichen Dudelsack-Leistung, hat mich sofort mitgerissen. Auch
immer mehr Zuschauer kamen in Fahrt und genossen die erste Band des
Abends, die ja für die Meisten vollkommen unbekannt war. Ich kannte
immerhin ihre beiden Alben und konnte sogar bei bestimmten Songs
mitsingen, was die Stimmung meinerseits noch verbesserte. Alles in
allem ist Hordak eine Band mit überaus viel Potenzial und wenn sie
so weitermachen, weitere Gigs im Ausland spielen können, dann werden
sie im Pagan-Bereich nicht mehr wegzudenken sein. (Yan)
Excelsis
Als zweite Band des Abends stand mit Excelsis die einzige Truppe auf
der Bühne, die keine Death Metal Einflüsse in ihrer Musik vereint.
Da sie aber als verbindendes Element zu Hordak, Eluveitie und
Haggard ebenfalls Flöte, Horn und ausser Englisch noch Berndeutsch
einsetzen, war ihr Platz trotzdem berechtigt. Aber auch so fragte
ich mich im Vorfeld, wie der von Blind Guardian beeinflusste
Power
Metal beim eher Death- und Black Metal lastigen Publikum ankommen
würde. Und siehe da, es funktionierte! Mit "Mer sie Excelsis vor
Bärn" eröffnete Sänger Münggu das Konzert im breitesten Berndeutsch
und erntete dafür bereits grossen Applaus, der in "Hey, hey"-Rufe
überging. War bei Hordak noch bewegungsmässig tote Hose vor der
Bühne, verwandelten sich nun die ersten Reihen in ein kleines
tobendes Menschenmeer, welches zu Liedern wie "House Of Healing", "We
Are Kings" oder "Soldiers" headbangte und zum Teil pogte. Aber auch
die hinteren Reihen genossen die Musik, die zumindest im Saal
ziemlich gut abgemischt war, was auf die Bühne gar nicht zutraf. Die
Band liess sich davon aber nur wenig anmerken und genoss den
Auftritt vor vollen Reihen. Gut war dies immer wieder dann zu sehen,
wenn die drei Gitarristen zusammen mit dem Bassisten in einer Reihe
spielten und dabei um die Wette strahlten, was zudem noch sehr cool
aussah. Mit "I Lost My Soul" des immer noch neuen Albums "Legacy Of
Sempach" folgte schliesslich nach nur vier Liedern bereits der
zweitletzte Song, bevor "Baphomets Oath" des "Kurt Of
Koppigen"-Albums den gelungenen Auftritt abschloss. Excelsis
hinterliessen ein zufriedenes Publikum, welches höchstens noch das
eigentlich geplante, aber wegen Zeitmangels nicht gespielte "Annebäbeli"
vermisste. Die Berner hatten alles richtig gemacht, und dass die
Stimmung bei Eluveitie dann noch besser war, lag wohl daran, dass
die Power Metal Fraktion tendenziell doch in der Minderheit war. (Rog)
Eluveitie
Der "New Wave of Folk Metal" hat es wieder einmal nach Winterthur
geschafft. Die 8-köpfige Band der Stunde Eluveitie aus der Schweiz
lockte tierisch viele Leute an und man konnte sich kaum mehr bewegen
im ziemlich "warmen" Gaswerk. Bereits zum siebten Mal durfte ich
Eluveitie live begutachten und ihre wunderbaren Töne lauschen. Nach
einer relativ langen Umbauphase (typisch für Eluveitie)
begann die Show mit einem herrlichen Intro. Die Kelten besprangen
die Bühne, wie immer mit Dreck am Körper, und legten ein
regelrechtes Feuerwerk hin. Ihre neuste Scheibe "Spirit" wurde fast
vollständig durchgebrettert und auch von der Vorgänger-CD "Ven"
wurden Stücke gespielt. Das Publikum war nicht mehr wieder zu
erkennen, es wurde gemosht, getanzt und gejohlt. Eluveitie zeigte
ganz klar, dass sie mehr und mehr zu den führenden Pagan-Bands
gehören. Auch die Stimmung neben der Musik war einfach vorzüglich.
Immer wieder rissen sie die Zuschauer mit Sprüchen und ihrem
genialen Spielspass mit. Ganz besonders gefreut hat mich, die
Tatsache, dass die Band ihre Lieder sozusagen erweitert hat und Meri
ihr Scream, das absolut höllisch geil klang, auspackte. Das
Pünktchen auf dem I war natürlich der neu präsentierte Song, der
ziemlich hart daherkam, aber mir sehr gut gefiel. Dieser Auftritt
war wortwörtlich ein Heidenspass. Auf die Zukunft dieser jungen
Schweizer Band darf man auf jeden Fall gespannt sein, denn es gibt
meines Wissens keine Band, die ihre nicht unbedingt alltäglichen
Instrumente so genial mit Metal verschmelzen lassen. Einfach
traumhaft! (Yan)
Haggard
Nach dem gefeierten Auftritt der Bühnen-Tiere Eluveitie kam es dann
zum eigentlichen Höhepunkt des Abends: Haggard. Wer die Band schon
mal live erleben durfte weiss, dass deren Mischung aus Klassik,
Mittelaltermusik und ein wenig Heavy Metal mit Death Metal Growls
eine ganz spezielle Stimmung erzeugt, die nicht jedermanns Sache
sein kann. Wohl deshalb waren die Ränge bereits ab Konzertbeginn um
einiges lockerer als bei Eluveitie. Dies beeinträchtigte die
Stimmung aber keineswegs, sondern unterstrich sie eher noch. Ebenso
aussergewöhnlich wie das Konzert selbst war auch die
Konzerteinleitung oder das "Intro". Nach und nach bestiegen die
einzelnen Musiker die Bühne, stimmten ihre Instrumente, absolvierten
einen letzten Soundcheck und blieben dann dort.
Nach
11 Leuten wartete das Publikum nur noch auf den Sänger und
Gitarristen Asis, der das Konzert schliesslich eröffnete. Es folgten
Hits wie "In A Fullmoon Procession", "Herr Mannelig" oder "Awakening
The Centuries". Werden bei anderen Bands für die orchestralen Teile
Keyboards und Sampler eingesetzt, so fehlten diese bei Haggard
vollständig. Jeder Ton kam wirklich auch live von der Bühne,
handelte es sich nun um Kontrabass, Violine, Viola, Klavier, Flöte
oder Sopranstimme. Dass bei einem solchen Aufgebot der Death Metal
eher im Hintergrund steht, versteht sich dabei von selbst. Haggard
sind anders! Ihre Lieder sind lang, progressiv, verträumt, leicht,
schwer, kurz, laut, leise, fein, grob oder schlicht anders als alles
andere. Ab und zu wünschte man sich sogar, diese einmalige Mischung
in einem grossen Opernhaus sitzend zu Gemüte zu führen, auch wenn
die Stühle wohl beim Haare schütteln stören würden. Headbangen war
nämlich während der kurzen harten Passagen trotzdem immer wieder
angesagt und wurde auch von einem Teil der Musiker begeistert
praktiziert. Besonders fiel dabei neben den beiden Gitarristen Asis
und Claudio die Sopransängerin Susanne auf, die immer wieder
Grimassen schnitt. Das Konzert verging wie im Fluge und als bei "The
Final Victory" das Publikum lauthals singen durfte, wusste man
wieder, dass man sich an einem Metal-Konzert und nicht in einem
Opernhaus befand. Danach folgten als Zugabe die sehr langen "De la
morte noir" und das endgültige Finale "Eppur Si Muove", die einen
aussergewöhnlichen Konzertabend abschlossen, der bewies, dass man
auch mit einem mutigen, bunt durchmischten Billing eine Halle
ausverkaufen kann. Hordak, Excelsis, Eluveitie und Haggard zusammen
auf einer Bühne? Ja gerne, immer wieder! (Rog)
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