Livereview: Hammerfall - Krokus - The Poodles
5. Februar 2007, Pratteln Z7
by Kissi
Weit herum ist es bekannt, dass sich vermehrt auch hochkarätige Acts ebenso berühmte Bands als Vorgruppe wählen, um damit wenigstens annehmbare Verkaufszahlen herbei zu führen. Dass HammerFall so einen wirtschaftsorientierten Schachzug zu allerletzt nötig haben, versteht sich von selbst, was also die Frage aufdrängt, warum in Gottes Namen gerade unsere Schweizer Hard Rock Veteranen die schwedischen Teutonen-Metaller auf ihrer Europa-Reise supporteten. Vorbei natürlich die Zeiten, in welchen Krokus damals ganze Stadien zum Beben brachten, doch deutlicher kann sich ein Generationenwechsel nicht abzeichnen (wobei dies logischerweise nicht allgemein zu verstehen ist). Gleich zweimal machte das multikulturelle Dreiergespann (die Landsmänner von HammerFall eröffneten die Abende) im Z7 Halt. Das erste Mal war die Show ausverkauft, am Tag darauf, von welcher dieser Bericht stammt, so gut wie, wobei so ein Package augenscheinlich alle Altersklassen des Rock-Genres anspricht, also von circa 12 - 50 Jahren erstreckte sich das Lebensalter der Anwesenden. Zurecht muss man erwähnen, denn ob man die eingängig einfachen Krieger-Hymnen der Accept-Fans mag oder nicht, es gibt im europäischen Metalzirkus kaum eine Band, die live mehr Stimmung zu vermachen mag, und in Sachen Bass-Drum-Anzahl hauen die Skandinavier sowieso alle in die Pfanne.

The Poodles
In Sachen Bühnenperformence ebenfalls mit Talent gesegnet, darf man die Newcomer mit dem etwas gar plüschig klingenden Namen The Poodles zählen, die das Publikum mit ihrem zwischen Melodic Metal und Glam Rock schwankenden Sound und dem Auftreten als richtige Hollywood-Kappelle in die richtige Party-Stimmung versetzten. HammerFall meets Europe meets Backyard Babies -Gitarrenmusik auf schwedisch also. Dank Eingängigkeit schraubte das Quartett ihr Bekanntheitsdefizit auf ein Minimum herunter und so wurden sowohl „Echoes Of The Past“, das hymnenhafte „Metal Will Stands Tall“, „Number One“ oder „Shadows“ amtlich mitgegrölt. Quicklebendig tobten sich die Köter auf dem streng limitierten Bühnenplatz (von schwarzen Tüchern bedeckt thronten schon die HammerFall-Utensilien) aus. Vor allem Sänger Jakob Samuel feuerte das Publikum konsequent zum Mitfeiern an. Mit „On The Seven Seas“, einer bombastischen Glam-Rock-Hymne, kriegte man sogar noch einen Ausblick auf das nächste Album, bei welchem in Sachen Songwriting sicherlich eine Steigerung zu erwarten sein wird. Dagegen sackte das folgende Drum-Solo natürlich extrem ab, denn wer kommt auch auf so eine schwachsinnige Idee, in einem halbstündigen Support-Gig eine Schlagzeugeinlage zu platzieren? Egal..., „Night Of Passion“ ging wieder ab und so konnten sich die rockenden Vierbeiner um eine hübsche Anzahl neu gewonnener Fans sicher sein.

Setlist: „Echoes From The Past“ - „Metal Will Stand Tall“ - „Number One“ - „Shadows“ - „On The Seven Seas“ - „Drum Solo“ - „Night Of Passion“.

Krokus
Ich muss gestehen, an diesem Abend nicht all zu viel von unseren Solothurner Kantonshelden erwartet zu haben. Dies hauptsächlich wegen eines Newsletter-Mails, in welchem auch die Setlist dieser Tour vorgestellt worden war. Darin bestand der Stücke-Kanon unserer Eidgenossen zu 80% aus Material der neuen, zwar nicht schlechten, aber auch nicht übermässig genialen „Hellraiser“-Scheibe. Als dann aber die Jungs um Marc Storace sogleich mit einem echten Bandklassiker, nämlich mit „Heatstrokes“ loslegten, waren die Sorgen schnell vom Winde verweht. Mit dem geradlinigen Titelsong und der aktuellen, stark an das später folgende „Screaming In The Night“ erinnernden Single „Angel Of My Dreams“ verwiesen die fünf immerzu grinsenden Landsmänner kurz auf die aktuelle Scheibe, um dann durch „Bad Boys, Rag Dolls“ gleich wieder die 80er aufleben zu lassen. Während Storace etwas heiser und deshalb eher durchschnittlich sang, war es vor allem ein weiteres Mal Saitenstreichler Mandy Meyer, welcher durch gekonnte Soli und enorme Spielfreude auffiel. Überhaupt lieferten die Krokusse während den ihnen zur Verfügung stehenden 45 Minuten eine Show ab, die vor allem durch Agilität glänzte. Und wer dann noch mit Rockperlen wie „Easy Rocker“, „Rock City“, „Rock'n'Roll Tonite“ und einer energiegeladenen Version des The Guess Who Klassikers „American Woman“ aufwartet, der kann eh nichts mehr falsch machen. Das HammerFall Publikum sah das wohl etwas anders, denn die Stimmung stieg nach permanentem Abfallen erst wieder bei der Schlussnummer „Bedside Radio“ an, natürlich garniert mit einem ausgiebigen Sing-Along in die Partyzone rein. Dennoch war es ein souveräner, wenn auch nicht grossartiger Gig, der von der zu spartanischen Light-Show leider nicht artgerecht untermalt wurde, dafür alle Setlist-Befürchtungen als unbegründet deklarierte, obwohl natürlich noch dutzende Klassiker der Band ungespielt blieben, allen voran „Long Sticks Goes Boom“.

Setlist Krokus: „Heatstrokes“ - „Hellraiser“ - „Angel Of My Dreams“ - „Bad Boys, Rag Dolls“ - „Screaming In The Night“ - „American Woman“ - „Easy Rocker“ - „Rock City“ - „Rock'n'Roll Tonite“ - „Bedside Radio“.

HammerFall
Ich mag ja alle Arten von Kitsch, von pathetisch bombastisch bis lieblich verspielt, doch der Bühnenaufbau der letzten HammerFall-Tour, Plastik-Eisberge überall, in Anlehnung an das Artwork von „Chapter V:...“, war doch schon schwer verdaulich gewesen und auch die immer glitzernder werdenden, fast Kiss-mässigen Outfits der Schweden schimmerten mir einen Tick zu viel. Immer noch beeindruckend, dafür bodenständiger, präsentierte sich die Bühne dieses Mal: Vor dem riesigen Backdrop, auf welchem das „Threshold“-Cover prangte, thronte ein riesiges Drumset, bestückt mit sage und schreibe 10 (!) Bass-Drums, für jeden Buchstaben des Bandnamens eine. Mit dem Titelsong der neuen Scheibe legten die Jungs um Goldkelchen und Profi-Entertainer Joacim Cans los und stellten gleich klar, wer hier den Headliner-Status redlich verdient hat. Zu alten Klassikern wie „Templars Of Steel“ und „Riders Of The Storm“ wirbelten die, wie es sich gehört, in Leder gekleideten Teutonen-Rocker über die von einer opulenten Lightshow in Szene gesetzte Bühne, posten was das Zeug hielt und sprühten nur so vor Spielfreude und Elan. Nach „Legacy Of Kings“ legte vor allem der langsame, neue Stampfer „Rebel Inside“ die Live-Tauglichkeit des neuen Materials offen und wie beim darauf folgenden „Blood Bound“, feierte das euphorische Publikum jede Note ihrer Lieblinge ab, als würden HammerFall zu den Legenden der Metal-Welt zählen. Notabene ein Status, den zu erreichen sie sicherlich fähig sind. Dabei schafften es die Skandinavier sogar, ihre Solo-Einlagen amüsant und kurzweilig zu gestalten. So wurden die Gitarren-Duelle von Oscar Dronjak und Stefan Elmgren kurzerhand zu Instrumentals verarbeitet und auch das ausgiebige Drum-Solo von Anders Johansson wirkte sich in keiner Weise negativ auf die Stimmung aus. Im Gegenteil, nach dem Getrommel auf sämtlichen Teilen seines Drum-Sets, setzte der Schiessbuden-Meister zum Sing-Along an, bestehend aus Aller-Welts-Melodien, die er auf unterschiedlich gestimmten Kongas zum Besten gab. Natürlich sparte das Quintett um Mastermind Dronjak auch nicht im Geringsten mit Zündstoff und Explosionen. Immer wieder krachte und funkte es, so auch bei der Bandhymne „HammerFall“, die nach Live-Granaten wie „Renegade“ oder „Let The Hammer Fall„ und einem Dronjak-Solo, inkl. brennender Fackel an der Gitarre und dem obligaten Feuerspucken das Ende des regulären Sets markierte, wobei das Publikum schon ziemlich geschafft wirkte. Doch das Ende war noch lange nicht gekommen, denn mit der aktuellen Single „Natural High“, dem natürlich zum Mitsingen drängenden „Glory To The Brave“, zu welchem Kunstschnee von der Decke rieselte und dem noch einmal alle Kräfte mobilisierenden „Heading The Call“ wurde nachgedoppelt, um nach einem weiteren, kurzen Verschwinden von der Bühne der müden Menge in Form des obligatorischen, mit brennenden Drumsticks vorgetragenen „Hearts On Fire“ den finalen, metallischen Knock-Out zu verpassen. Klasse Show, klasse Live-Songs, klasse Stimmung! HammerFall sollten meiner Meinung nach nichts anderes tun als zu Touren, denn auf der Bühne funktioniert ihr Material, wie so oft, um einiges besser als auf den Tonträgern. Zu allem Überdruss stellte der geneigte Besucher eines der „Threshold“-Konzerte kürzlich auch noch fest, dass man unverhofft Zeuge eines der letzten Konzerte HammerFall's mit ihrem Original-Bassist Magnus Rosén geworden war, der ja vor Kurzem seinen Ausstieg bei Skandinavien's erfolgreichster Power Metal Band bekannt gegeben hatte.

Setlist HammerFall: „Threshold“ - „Templars Of Steel“ - „Riders Of The Storm“ - „Legacy Of Kings“ - „Rebel Inside“ - „Blood Bound“ - „Drum Solo“ - „Raise The Hammer“ - „A Legend Reborn“ - „Renegade“ - „Let The Hammer Fall“ - „Guitar Solo“ - „Reign Of The Hammer“ - „Hammerfall“ -- „Natural High“ - „Glory To The Brave“ - „Heading The Call“ --- „Hearts on Fire“.