Viele Jahre hat's
gedauert, bis sich Michael Monroe und Andy McCoy zu einer Fortführung von Hanoi Rocks
durchringen konnten und der Band vor etwa drei Jahren neues Leben einhauchten. Es folgte
ein erstes neues Album, das Nächste erscheint bereits in wenigen Wochen. Die weiteren
zwei Original Members Sam Yaffa und Nasty Suicide sind leider nicht mehr (noch nicht?) an
Bord. Nun, nach langer Zeit, es müssen ungefähr zwanzig Jahre sein, führte der Weg der
finnischen Sleaze und Glam Pioniere für einen Gig in die Schweiz. Der Ausdruck Legende
ist bei dieser Truppe keineswegs übertrieben. Schliesslich waren sie die eigentlichen
Begründer der Sleaze Szene Anfang der 80er und Wegbereiter von Bands wie Mötley Crüe
oder Guns n'Roses.
Der Saal war zwar anständig gefüllt, aber bei Weitem nicht ausverkauft. Ein
merkwürdiges Publikum hatte sich im Gaswerk versammelt. Praktisch alle waren dem Punk
Rock oder Alternativ Sektor zuzuordnen. Gestylte Glam und Sleaze Rocker suchte man
vergebens. Die heissen Chicks waren so rar wie die Sonnenstrahlen in den letzten Wochen im
Schweizer Mittelland. Das Durchschnittsalter bewegte sich so Anfang 30, weder ganz junge,
noch ältere Konzertbesucher waren auszumachen. Wie dem auch sei, die anwesenden Leute
sollten jedoch voll auf ihre Kosten gekommen sein.
Adam Bomb
Zuerst allerdings betraten die Amerikaner Adam Bomb für eine halbe Stunde die Bühne des
Winterthurer Gaswerkes. Schweizer Stau sei Dank, verpassten wir natürliche diesen
Auftritt. Gemäss Stimmen des Publikums, war er allerdings nicht weltbewegend.
The Saints
Als nächste erschien die australische Punk Rock Band The Saints auf den Brettern. Sie
absolvierten einen soliden Auftritt, der aber mit der Spannung auf Hanoi Rocks in der
Unwichtigkeit versank.
Hanoi Rocks
Nach einem Intro vom Band betraten die wie zu besten Zeiten herausgeputzten Michael Monroe
und Andy McCoy, zusammen mit drei Mitstreitern, die Bühne. Der zweite Gitarrist, der
Bassist und der Drummer verrichteten zweifellos einen hervorragenden Job. Durch die
aussergewöhnliche Ausstrahlung der beiden Mainmen und deren Legenden-Status konnte man
die drei zwangsmässig aber nur am Rande zur Kenntnis nehmen. Schlaghosen, Glitzerwesten,
Hüte und weitere Accessoires bestimmten das Outfit von Michael und Andy. Mit
"Obscured" und "Delirious" wurde das Set mit zwei Songs des aktuellen
Albums "Twelve shots on the rocks" eröffnet, bevor die musikalische Zeitreise
mit "High school" weit zurück in die Vergangenheit führte. Michael entpuppte
sich dabei als exzellenter, charismatischer Frontmann und Entertainer. Mal rockte er über
die Bühne oder setzte sich wie eine Diva auf die Boxen, mal liess er mit einem Fuss auf
dem Monitor seine Ausstrahlung auf das Publikum wirken oder beendete einen Song
regelmässig mit einem Spagat. Michael's Partner in Crime, Andy McCoy, erfreute durch
dreckiges, ergreifendes Gitarrenspiel, das mehrheitlich von einer ganzen Reihe Gibson Les
Paul's stammte. Weiter ging's Schlag auf Schlag mit einer ausgewogenen Mischung aus neuen
Tracks und alten Klassikern. "A day late, A Dollar short" vom aktuellen Output,
"I can't get it" und "Malibu Beach nightmare" aus den 80ern wurde den
begeisterten Konzertbesuchern präsentiert. Für "Bad news" verliess
Michael die Bühne und überlies Andy das Mikro, der seine hervorragenden Qualitäten auch
als Sänger unter Beweis stellte. Für "Don't you ever leave me" kehrte Michael
mit komplett neuem Outfit, inklusive einer Federboa auf die Bühne zurück und schmetterte
eine weitere Reihe cooler Titel ins Publikum: "People like me", die
Single-Auskopplung von "Twelve shots...", "Café avenue",
"Oriental beat", "Tragedy" und "Up around the bend", alles
Songs die schon über fünfzehn Jahre auf dem Buckel haben. Des Öfteren zeigte Michael
seine musikalischen Fähigkeiten als Saxophonist. Wahrscheinlich ist er der Einzige, der
dieses Instrument "rockkompatibel" einsetzen kann. Zudem machte der Mann auch
mit der Mundharmonika eine gute Figur. Bereits nach fünfzig Minuten verliessen die Jungs
die Bühne. Für drei Zugaben kehrten sie aber nochmals zurück. "Motorvatin",
"Taxi driver" und "Feel alright" beendeten dann diesen grossartigen
Auftritt. Als bekennender Fan musste der Verfasser dieser Zeilen also satte zwanzig Jahre
warten, um endlich in den Genuss einer Hanoi Rocks Show zu kommen. Da das nächste Album
kurz vor der Veröffentlichung steht, scheint die Zukunft dieser Band, beziehungsweise die
weitere Zusammenarbeit von M. Monroe und A. McCoy gesichert zu sein. Die Hoffnung ist
berechtigt, dass bis zum nächsten Zwischenstopp in hiesigen Gefilden nicht mehr eine so
lange Zeit verstreichen wird.
"This review is dedicated to the memory of Razzle!"
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