Es dauerte einige Zeit, bis Johnny Gioeli und seine
Hardline-Mannschaft den Weg in die Schweiz fanden. Nach dem
grossartigen Konzert an diesem warmen Freitagabend steht nun noch
der Auftritt in Brienz (04. August 2017) auf dem Plan. Bevor aber
Hardline den Oberländern eine mächtige Hardrock-Keule um die Ohren
hauen, setzten sie das Z7 in Brand. Ehrlich gesagt dachte ich immer,
dass Hardline bloss ein kleiner Geheimtipp seien, aber die Lieder des
Debütalbums «Double Eclipse» schienen doch einigen Leuten bekannt zu
sein. Zumindest riefen einige Lieder bei ein paar von ihnen alte Erinnerungen
hervor. So "beglückte" Johnny nach dem Konzert eine Lady mit seiner
Anwesenheit, die ob des Anblicks des Sängers kurzerhand
in Tränen ausbrach und kaum mehr ein Wort stottern konnte. Johnny
nahm die Holde kurzerhand in die Arme und tanzte vor der kleinen
Fotosession mit der Lady singend und zusammen mit ihr. Tja, ich gehe
mal davon aus, dass sie an diesem Abend kaum mehr ein Auge zu bekam.
Wie schon bei Axel Rudi Pell ist es das leicht
"schizophrene Verhalten" des Sängers, der auf der Bühne den wilden Derwisch gibt,
aber in seinen Ansagen seine Mitmusiker immer wieder auf den Arm
nimmt und oft auch seine empathische Ader zeigt. Auch wenn das
Debütalbum von Hardline, damals noch zusammen mit Neal Schon
(Journey) an der Gitarre und Deen Castronovo hinter dem Schlagzeug,
satte 25 Jahre auf dem Buckel hat, von seinem Flair und Glanz hat es
nichts verloren. Aus diesem Grund spielte der Fünfer an diesem Abend
gleich mal acht Tracks davon, die für eine ganz heisse Stimmung sorgten.
Vorgetragen von Johnny, Josh Ramos (Gitarre), Alessandro Del Vecchio
(Keyboards, Gesang), Francesco Jovino (Schlagzeug) und Anna
Portalupi (Bass).
2Bad
Als Support spielten die Helvetier von 2Bad auf. Sang das Debütalbum
noch Carl Sentance (Nazareth) ein, so steht nun Daniel Brönnimann
(Orymus) auf der Bühne, der seinen Job sehr gut macht. Musikalisch kann man
die Damen und Herren in die Uriah Heep, Deep Purple und härtere
Rainbow Ecke drücken. Der Vergleich zu Rainbow besteht nicht nur wegen
der Coverversion von «Man On The Silver Mountain». Den Bass bedient mit
Daniel Grossenbacher ein alter Bekannter, den man von China und Bad
Ass Romance her kennt. Ebenso Gitarrist Steve Businger, der bei
Foolhouse bekannt wurde. Mit den beiden Sängerinnen Denise Schwab
und Karin Flückiger bekam das Soundbild noch mehr Breite, und so kann
man bei diesem Auftritt von mehr als nur einem Achtungserfolg
sprechen. Zumindest liessen dies auch die Publikumsreaktion erahnen.
Wie bei vielen anderen Schweizer Sängern auch, waren die Ansagen der
grosse Kritikpunkt bei Daniel B. - Mehr aus einer Unsicherheit
heraus versuchte er, den Kontakt zwischen Publikum und Band zu
festigen. Bühnensicherheit spricht da eine andere Sprache.
Musikalisch wechselten sich schnelle Songs mit Balladen ab, bei denen
das Zusammenspiel zwischen Gitarre und Keyboards (Victor Rettenmund)
immer wieder harmonierte. 2Bad lieferten sicher kein Überkonzert ab,
aber eines das Laune macht und eines, bei dem man sich gut vorstellen
kann, die Band nochmals anschauen zu gehen. Was in der heutigen Zeit,
bei Supportshows, schon fast eine Seltenheit ist. 2Bad in einem
kleinen Club?! Ich glaube, da würde es von der Decke runter tropfen…
Hardline Trotz der guten Vorstellung von 2Bad,lieferten
Hardline ein anderes Kaliber ab. Von Beginn weg zeigte Johnny Gioeli,
dass er nach wie vor nicht nur ein begnadeter Sänger ist, sondern
auch der Prototyp eines Entertainers. Zusammen mit Alessandro teilt
er sich immer wieder den Leadgesang. Dass der Italiener eine
vorzügliche Stimme hat, bewies Mister Del Vecchio auf den kürzlich
stattfindenden «Rock Meets Classic»-Shows.
Dass Francesco ein Wahnsinnstrommler ist, hat er bei U.D.O., Primal
Fear und erst kürzlich bei Sinner bewiesen. Auch bei Hardline
erledigte der Italiener einen vorzüglichen Job und harmonierte mit
seiner Landsfrau Anna hervorragend. Frau Portalupi bewegte sich
nicht nur sehenswert auf der Bühne, sondern trumpfte auch mit einem
fetten Groove auf. An der Gitarre solierte sich Stirnbandindianer
Josh in einen wahren Rausch und überzeugte nicht nur bei seiner
Soloeinlage bei «Trapped In Muddy Waters». Mister Ramos wirkte mit
seiner beachtlichen Statur sehr dominant auf der Bühne, blieb aber
öfters bescheiden vor dem Drumriser stehen. Josh spielte traumhafte
Solos, die verspielt, wild aber auch sehr gefühlvoll erklangen. Der
Saitenmann spielte schon bei Le Mans, Two Fire, Ramos, Velocity und
The Storm und sollte allen Melodic-Rock-Fans mehr als nur ein
Begriff sein.
Auf der Bühne stand eine Band und kein
Solo-Ding eines unterbeschäftigten Sängers. Johnny überliess seinen
Mitmusikern immer wieder genügend Platz oder baute sie in seine Show
mit ein. Spass wurde gross geschrieben: «Francesco waked up this
morning. Very nervous he searched his underwear: «Johnny, could I have
your underwear?» but I said no. Francesco, sometimes life's a
bitch». Mit
einem breiten Grinsen im Gesicht kündete Johnny so die nächste
Nummer an, während er Alessandro lobte und meinte: «Tonight it's
Alessandros last show. No I'm kidding». Johnny rannte über die
Bühne, sprang in die Höhe und rang mit seinen Tränen, als er bei
der Einleitung zu «In The Hands Of Time» über seinen Vater sprach.
Solche Momente gehören zum Authentischsten, was es auf der Bühne zu
sehen und zu hören gibt!
«Kennt ihr denn «Double Eclipse»?
Wart ihr denn schon geboren, als das Album raus kam?», wollte Johnny
vom Publikum wissen. Vielleicht waren nicht alle Besucher schon auf
der Welt, aber zumindest schienen alle im Z7 das Götterwerk der
Truppe zu kennen. Neben den bereits acht erwähnten Nummern war es
die neuste Scheibe («Human Nature») aus dem Hause Hardline, welche
mit vier Nummern bedacht wurde. Als einziger Vertreter aus dem
Album «Danger Zone» wurde «Fever Dreams» gespielt. Ein Lied, welches das
Set bestens abrundete. Das grosse Finale wurde schliesslich mit der Übernummer
«Everything» und dem Singleklassiker «Hot Cherrie» eingeläutet.
Spätestens ab diesem Zeitpunkt, wenn nicht schon nach «Life's A
Bitch», hatte die Truppe
gewonnen
und alle Besucher auf seine Seite gezogen. Mit den Zugaben «I'll Be There»
und dem absoluten Schlusspunkt «Rhythm From A Red Car» beendete der
Fünfer einen Klasse-Gig, der einmal mehr bewies, welch begnadete
Musiker immer noch unterwegs sind. Auch wenn die erste Probe für
diese Tour im Backstageraum des ersten Auftrittsorts stattfand, die
Truppe hatte Spass, liess nichts anbrennen und überzeugte von der
ersten Sekunde an. Was könnte aus dieser Band noch werden, wenn
Johnny sich dazu entscheiden würde, Hardline noch aktiver zu
gestalten, öfters auf Tour zu gehen und regelmässiger Alben zu
veröffentlichen? Aber seien wir einfach dankbar dafür, dass
wir diesen Abend geniessen konnten. Einen Abend, bei dem sich Johnny
vor den Zugaben bei den Fans bedankte, dass sie nach wie vor die CDs
von Hardline kaufen, heute Abend das Konzert besuchten und
daran erinnerte, dass schon bald seine neue Solo-CD mit einem sehr
sozialen Aspekt erscheinen wird. Schaut bei www.pledgemusic.com
rein.
Setliste: «Where Will You Go From Here»,
«Takin' Me Down» - «Dr. Love» - «Human Nature» - «Take You Home» -
«Trapped In Muddy Waters» - «Drum Solo Francesco Jovino» - «Life's A
Bitch» - «Fever Dreams» - «In The Hands Of Time» - «Everything» - «Hot
Cherrie» -- «I'll Be There» - «Rhythm From A Red Car».
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