Livereview: Hardline - 2Bad

26. Mai 2017, Pratteln – Z7
By Tinu
Es dauerte einige Zeit, bis Johnny Gioeli und seine Hardline-Mannschaft den Weg in die Schweiz fanden. Nach dem grossartigen Konzert an diesem warmen Freitagabend steht nun noch der Auftritt in Brienz (04. August 2017) auf dem Plan. Bevor aber Hardline den Oberländern eine mächtige Hardrock-Keule um die Ohren hauen, setzten sie das Z7 in Brand. Ehrlich gesagt dachte ich immer, dass Hardline bloss ein kleiner Geheimtipp seien, aber die Lieder des Debütalbums «Double Eclipse» schienen doch einigen Leuten bekannt zu sein. Zumindest riefen einige Lieder bei ein paar von ihnen alte Erinnerungen hervor. So "beglückte" Johnny nach dem Konzert eine Lady mit seiner Anwesenheit, die ob des Anblicks des Sängers kurzerhand in Tränen ausbrach und kaum mehr ein Wort stottern konnte. Johnny nahm die Holde kurzerhand in die Arme und tanzte vor der kleinen Fotosession mit der Lady singend und zusammen mit ihr. Tja, ich gehe mal davon aus, dass sie an diesem Abend kaum mehr ein Auge zu bekam.

Wie schon bei Axel Rudi Pell ist es das leicht "schizophrene Verhalten" des Sängers, der auf der Bühne den wilden Derwisch gibt, aber in seinen Ansagen seine Mitmusiker immer wieder auf den Arm nimmt und oft auch seine empathische Ader zeigt. Auch wenn das Debütalbum von Hardline, damals noch zusammen mit Neal Schon (Journey) an der Gitarre und Deen Castronovo hinter dem Schlagzeug, satte 25 Jahre auf dem Buckel hat, von seinem Flair und Glanz hat es nichts verloren. Aus diesem Grund spielte der Fünfer an diesem Abend gleich mal acht Tracks davon, die für eine ganz heisse Stimmung sorgten. Vorgetragen von Johnny, Josh Ramos (Gitarre), Alessandro Del Vecchio (Keyboards, Gesang), Francesco Jovino (Schlagzeug) und Anna Portalupi (Bass).

2Bad
Als Support spielten die Helvetier von 2Bad auf. Sang das Debütalbum noch Carl Sentance (Nazareth) ein, so steht nun Daniel Brönnimann (Orymus) auf der Bühne, der seinen Job sehr gut macht. Musikalisch kann man die Damen und Herren in die Uriah Heep, Deep Purple und härtere Rainbow Ecke drücken. Der Vergleich zu Rainbow besteht nicht nur wegen der Coverversion von «Man On The Silver Mountain». Den Bass bedient mit Daniel Grossenbacher ein alter Bekannter, den man von China und Bad Ass Romance her kennt. Ebenso Gitarrist Steve Businger, der bei Foolhouse bekannt wurde. Mit den beiden Sängerinnen Denise Schwab und Karin Flückiger bekam das Soundbild noch mehr Breite, und so kann man bei diesem Auftritt von mehr als nur einem Achtungserfolg sprechen. Zumindest liessen dies auch die Publikumsreaktion erahnen. Wie bei vielen anderen Schweizer Sängern auch, waren die Ansagen der grosse Kritikpunkt bei Daniel B. - Mehr aus einer Unsicherheit heraus versuchte er, den Kontakt zwischen Publikum und Band zu festigen. Bühnensicherheit spricht da eine andere Sprache. Musikalisch wechselten sich schnelle Songs mit Balladen ab, bei denen das Zusammenspiel zwischen Gitarre und Keyboards (Victor Rettenmund) immer wieder harmonierte. 2Bad lieferten sicher kein Überkonzert ab, aber eines das Laune macht und eines, bei dem man sich gut vorstellen kann, die Band nochmals anschauen zu gehen. Was in der heutigen Zeit, bei Supportshows, schon fast eine Seltenheit ist. 2Bad in einem kleinen Club?! Ich glaube, da würde es von der Decke runter tropfen…

Hardline
Trotz der guten Vorstellung von 2Bad,lieferten Hardline ein anderes Kaliber ab. Von Beginn weg zeigte Johnny Gioeli, dass er nach wie vor nicht nur ein begnadeter Sänger ist, sondern auch der Prototyp eines Entertainers. Zusammen mit Alessandro teilt er sich immer wieder den Leadgesang. Dass der Italiener eine vorzügliche Stimme hat, bewies Mister Del Vecchio auf den kürzlich stattfindenden «Rock Meets Classic»-Shows. Dass Francesco ein Wahnsinnstrommler ist, hat er bei U.D.O., Primal Fear und erst kürzlich bei Sinner bewiesen. Auch bei Hardline erledigte der Italiener einen vorzüglichen Job und harmonierte mit seiner Landsfrau Anna hervorragend. Frau Portalupi bewegte sich nicht nur sehenswert auf der Bühne, sondern trumpfte auch mit einem fetten Groove auf. An der Gitarre solierte sich Stirnbandindianer Josh in einen wahren Rausch und überzeugte nicht nur bei seiner Soloeinlage bei «Trapped In Muddy Waters». Mister Ramos wirkte mit seiner beachtlichen Statur sehr dominant auf der Bühne, blieb aber öfters bescheiden vor dem Drumriser stehen. Josh spielte traumhafte Solos, die verspielt, wild aber auch sehr gefühlvoll erklangen. Der Saitenmann spielte schon bei Le Mans, Two Fire, Ramos, Velocity und The Storm und sollte allen Melodic-Rock-Fans mehr als nur ein Begriff sein.

Auf der Bühne stand eine Band und kein Solo-Ding eines unterbeschäftigten Sängers. Johnny überliess seinen Mitmusikern immer wieder genügend Platz oder baute sie in seine Show mit ein. Spass wurde gross geschrieben: «Francesco waked up this morning. Very nervous he searched his underwear: «Johnny, could I have your underwear?» but I said no. Francesco, sometimes life's a bitch». Mit einem breiten Grinsen im Gesicht kündete Johnny so die nächste Nummer an, während er Alessandro lobte und meinte: «Tonight it's Alessandros last show. No I'm kidding». Johnny rannte über die Bühne, sprang in die Höhe und rang mit seinen Tränen, als er bei der Einleitung zu «In The Hands Of Time» über seinen Vater sprach. Solche Momente gehören zum Authentischsten, was es auf der Bühne zu sehen und zu hören gibt!

«Kennt ihr denn «Double Eclipse»? Wart ihr denn schon geboren, als das Album raus kam?», wollte Johnny vom Publikum wissen. Vielleicht waren nicht alle Besucher schon auf der Welt, aber zumindest schienen alle im Z7 das Götterwerk der Truppe zu kennen. Neben den bereits acht erwähnten Nummern war es die neuste Scheibe («Human Nature») aus dem Hause Hardline, welche mit vier Nummern bedacht wurde. Als einziger Vertreter aus dem Album «Danger Zone» wurde «Fever Dreams» gespielt. Ein Lied, welches das Set bestens abrundete. Das grosse Finale wurde schliesslich mit der Übernummer «Everything» und dem Singleklassiker «Hot Cherrie» eingeläutet. Spätestens ab diesem Zeitpunkt, wenn nicht schon nach «Life's A Bitch», hatte die Truppe gewonnen und alle Besucher auf seine Seite gezogen. Mit den Zugaben «I'll Be There» und dem absoluten Schlusspunkt «Rhythm From A Red Car» beendete der Fünfer einen Klasse-Gig, der einmal mehr bewies, welch begnadete Musiker immer noch unterwegs sind. Auch wenn die erste Probe für diese Tour im Backstageraum des ersten Auftrittsorts stattfand, die Truppe hatte Spass, liess nichts anbrennen und überzeugte von der ersten Sekunde an. Was könnte aus dieser Band noch werden, wenn Johnny sich dazu entscheiden würde, Hardline noch aktiver zu gestalten, öfters auf Tour zu gehen und regelmässiger Alben zu veröffentlichen? Aber seien wir einfach dankbar dafür, dass wir diesen Abend geniessen konnten. Einen Abend, bei dem sich Johnny vor den Zugaben bei den Fans bedankte, dass sie nach wie vor die CDs von Hardline kaufen, heute Abend das Konzert besuchten und daran erinnerte, dass schon bald seine neue Solo-CD mit einem sehr sozialen Aspekt erscheinen wird. Schaut bei www.pledgemusic.com rein.

Setliste: «Where Will You Go From Here», «Takin' Me Down» - «Dr. Love» - «Human Nature» - «Take You Home» - «Trapped In Muddy Waters» - «Drum Solo Francesco Jovino» - «Life's A Bitch» - «Fever Dreams» - «In The Hands Of Time» - «Everything» - «Hot Cherrie» -- «I'll Be There» - «Rhythm From A Red Car».