Du meine Güte! Da biegt man auf den Parkplatz des Z7 ein, will
gerade das Fahrzeug seines Vertrauens verlassen, als der liebe Gott
kurzerhand einen Blasenriss hat und es wie aus Kübeln giesst. Dies
dauerte knapp vierzig Minuten, bis sich Petrus schliesslich ausuriniert
hatte und mehr oder weniger alle Besucher trocken ins Z7 gelangten. Dieser
Samstagabend sollte die Fans jedoch nicht nur wegen des Regens in
Erinnerung bleiben, sondern auch weil Hardline eine wirklich
sagenumwobene Show boten. Sah man sich die Setliste im Vorfeld an,
musste man sich allerdings Sorgen machen, ob die Truppe überhaupt auf eine
Spielzeit von headlinerwürdigen neunzig Minuten kommen wird. Aber durch
ausschweifende Soloparts (unter anderem ein wundervolles Gitarrensolo
bei «In The Hands Of Time») und vielen verbalen Zwischenakten, ausgehend von
Johnny oder auch Alessandro ("Yes, do it again… Ale-ssandro"), blieb
der Gig sehr abwechslungsreich und kurzweilig.
Fire Rose
Ich denke, dass ich Fire Rose in der letzten Zeit einfach zu oft
gesehen habe. Die Jungs aus dem Baselbiet spielen sicherlich guten
Hardrock, bei dem der Gesang und die Gitarren im Mittelpunkt stehen.
Auch wenn ich mich mit Sänger Philipp so langsam anfreunden kann,
der Sound klingt für mich recht austauschbar. Ja ich weiss, man
sollte einheimischen Truppen auch eine Möglichkeit geben. Aber wo
setzt man die Messlatte an? Bei den internationalen Acts als
Vergleich oder beim helvetischen Bonus, sprich dass nicht immer
alles so gut sein muss wie bei den Grossen? Das Kriterium bleibt
doch, das mich eine Combo faszinieren muss, ich nach Hause gehe und
mir gleich die Alben anhören will, weil ich nach einem Konzert nicht
genug von ihr kriegen kann, oder? Dieser Effekt blieb bei Fire Rose
aber definitiv aus.
Anhand
der Fans mit Fire Rose-Shirts zog der Lokal-Bonus bestens. Also die
Tracks rockten und Philipp bemühte sich, die Fans schnell auf seine
Seite zu ziehen (an den Ansagen arbeiten wir noch ein bisschen) und
die Truppe gab ein gutes Bild auf der Bühne ab. Trotzdem sah man
einige Leute, die sich lieber draussen ihren Zigaretten widmeten, als
sich drinnen die Band anzuschauen. Ja, es ist nicht einfach vor
Hardline auf die Bühne zu steigen, die mit einem solchen tollen
Shouter und Entertainer gesegnet sind. Aber was sich als eher
schwierig anmutet, kann durchaus eine Möglichkeit sein. Wenn jetzt
das Zusammenspiel (Posing) noch "angriffiger" wirkt (Anna Portalupi
zeigte es wenig später, wie man mit gekonnter Bühnenperformance auf sich
aufmerksam machen kann), dann haben die Herren einiges, was sie
positiv in die Waagschale werfen können. Hat man die Basler aber in
der letzten Zeit einige Male gesehen, so wirkt das Ganze (noch) ein
bisschen zu verhalten. Ein guter Gig, der durchaus Laune macht, der
aber ohne den eigenen "Fan-Club" wohl kaum so gut ausgefallen wäre.
Hardline Er zieht die Frauen in
Scharen an. Er, Mister Johnny Gioeli, den die Meisten eigentlich
durch Axel Rudi Pell kennen lernten. Seine ersten Fussstapfen waren
aber bei Brunette und eben Hardline, die mit dem Debütalbum «Double
Eclipse» mehr als nur einen Achtungserfolg verbuchen konnten. Damals
noch mit Neal Schon (Gitarre, Journey) und Deen Castronovo (Drums,
The Dead Daisies) in der Mannschaft, begeisterte Johnny die
musikalische Welt mit flottem Hardrock. Heute hat sich im Bandgefüge alles
von Amerika nach Italien verlagert, sprich mit Keyboarder Alessandro
Del Vecchio, Bassistin Anna Portalupi und den beiden Neuzugängen
Gitarrist Mario Percudani und Schlagzeuger Marco Da Salvia spielen
nur noch Stiefelinsulaner in der Truppe mit. Vielleicht hat sich die
Band noch nicht ganz so gefunden, wie noch vor einiger Zeit mit
Francesco Jovino (Primal Fear) oder Josh Ramos, aber den Spassfaktor
erlebte ich bei Hardline nie in einem dermassen grossen Ausmass wie
an diesem Abend. "This band is my family" liess Mister Gioeli
verlauten und während dies bei anderen Combos bloss ein Lippenbekenntnis
wäre, spricht hier ein Sänger aus tiefstem Herzen.
Ein grosser Augenschmaus ist Anna, die mit ihrem heissen Outfit
nicht geizte, aber auch mit einem extrem fetten Groove aufspielte. Die Lady
grinste immer wieder und sah sich den Flirtattacken ihres Sängers
ausgesetzt, der mit viel Schalk an diesem Abend auf der Bühne stand.
So fragte er: "Are there any Axel Rudi Pell fans here?, worauf
Alessandro antwortete: "GO HOME!" und Johnny konterte: "…sorry, this
are my friends". Es war diese Leichtigkeit und Fun, der aus diesem
Konzert etwas anderes, etwas Menschlicheres machte. "I'm fucking
crazy. Ich bin ein bisschen verrückt (auf Deutsch)". "I was 12, as I
record this album… Really! This leg was 12 and the other was 12.
Look at this girl, she thinks, he's a liar! I was!", es war diese
lockere Art, welche Johnny sehr sympathisch, ja schon fast
freundschaftlich erscheinen liess. Wie auch bei der Bandvorstellung,
als Johnny die sexiest Person vorstellte (alle dachten natürlich, es gehe um
Anna), er aber Marco meinte… Nicht nur seine Sprüche, sondern auch
seine Performance hinterliess offene Mundwinkel. Johnny ist ein
wildes Tier, ein verrückter Teufel auf der Bühne, der immer wieder
zur Gefahr für seine Mitmusiker wurde, wenn er herumrannte,
aufsprang und seine wilden Karate-Moves vorführte. Zudem sang er
unglaublich gut. Vielleicht etwas rauer als auf CD, aber sicher
nicht mindern emotional bei den Balladen. Speziell «Take You Home»
muss hier erwähnt werden, bei dem er sich ein Gesangs-Duett/-Duell
mit Alessandro lieferte, das wirklich unter die Haut ging. Wem dies
nicht reichte, wurde persönlich von
Johnny
begrüsst, als er in den Fotograben sprang und dort seinen
(weiblichen) Fans sehr, sehr nahe war. Er bedankte sich immer wieder
bei den Fans. Er wusste, und dies kam aus tiefster Seele, wem er es
zu verdanken hat, dass er noch immer auf der Bühne stehen kann.
Seinen speziellen Dank widmete er auch dem Z7: "Wir spielten in
Schweden, in Slowenien und in Deutschland, aber ich konnte es kaum
erwarten, wieder hier bei euch im Z7 zu spielen".
Die Truppe
spielte Melodien für Millionen. Bedeutete, auch wenn die
Konzertfabrik vielleicht doppelt so viele Besucher wie das letzte
Mal hatte, dass es unverständlich bleibt, wieso alle noch immer Bon Jovi
hinterher hecheln, obschon Hardline schon lange die bedeutend
besseren Songs komponieren und diese mit mehr Emotionen und Härte
versehen. Ob dies dann das wie ein schleichender Panther
daher kommende «Dr. Love» ist, das fetzige «Everything», das groovige
«Takin' Me Down», der flotte Opener «Place To Call Home», das
wundervolle balladeske «In The Hands Of Time» mit dem bereits
erwähnten, unglaublichen Gitarrensolo oder der Oberhit «Hot
Cherrie». Die Truppe rockte das Z7 in seine Grundmauern. Das freute
nicht nur die Gewinnerinnen, welche den Soundcheck und das
gemeinsame Abendessen mit Hardline geniessen konnten, sondern alle
Anwesenden, die lauthals mitsangen. Ein Song von «Danger Zone», zwei
Tracks von «Human Nature», drei vom neusten Streich «Life» und
logischerweise sieben Lieder von «Double Eclipse» liessen diesen
Abend zu etwas ganz Speziellem werden. Es war nicht nur die Musik,
oder die Band, welche überzeugten. Sondern die Art und Weise, wie
fannah sich Hardline präsentierten und mit welcher Freude sie auf
der Bühne standen. Von solchen Konzerten stammen die Geschichten,
welche man seinen Enkeln noch lange danach erzählen kann. Und sollte
dies bei mir einmal der Fall sein, wird dieser Gig sicher immer
wieder erwähnt werden!
Setliste: «Place To Call Home», «Takin' Me Down», «Dr.
Love», «Take A Chance», «Where Will We Go From Here», «Page Of Your
Life», «Life's A Bitch», «In The Hands Of Time», «Take You Home»,
«Everything», «Hot Cherrie», «Fever Dreams», «Rhythm From A Red Car»
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