Livereview: H.E.A.T - One Desire - Shiraz Lane

13. Dezember 2018, Pratteln – Z7
By Rockslave - All pics by Tinu
Das Jahr 2018 war ja gewiss nicht arm an Konzerten und Fans aller Genres kamen somit voll auf ihre Kosten. Die Fraktion der Schweizer Melodic Hardrock Freaks bekam nun quasi als Sahnehäubchen noch einen Nachschlag der Extraklasse obendrauf spendiert. Eine der mittlerweile doch zahlreichen Bastionen in dieser Stilecke sind H.E.A.T, und auch wenn das aktuelle Langeisen «Into The Great Unknown» (2017) für geteilte Meinungen sorgte, ist die Dichte der bis hierhin vorhandenen Hammer-Songs gross genug, um auf der Bühne jederzeit kraftvoll zurückschlagen zu können. Die Energie, die die Schweden um ihren quirligen und nimmermüden Sänger Erik Grönwall frei zu setzen vermögen, ist beispiellos. Mit dabei auf der Tour waren zu meiner persönlichen Freude die Finnen von One Desire, die vor dem heiss erwarteten neuen Album im nächsten Jahr immer noch von ihrem brillanten Debüt-Werk zehren können und dies schon beim diesjährigen "ICE ROCK"-Festival unter Beweis stellten. Die dritte Band im Bunde waren Shiraz Lane, die eigentlich fast alles besitzen, um durchstarten zu können. Ob und wie sie das auf der Bühne umsetzen konnten, steht in den folgenden Zeilen.

Shiraz Lane

Wenn jeweils drei Bands an einem Abend spielen, und das geht ja schon einige Jahre so, muss man rechtzeitig aufkreuzen, um alles mit zu kriegen. Dass dies bei Weitem nicht alle Leute beherzigen, zeigte sich am um diese Zeit einmal mehr sehr dürftigen Aufmarsch an Publikum. Nichtsdestotrotz stiegen die Finnen aus Vantaa pünktlich um 19:30 Uhr auf die Bühne und legten los. Schon nur von der Optik her deuteten die Jungs an, dass sie sehr überzeugt sind von dem, was sie machen. Die Mädels in der ersten Reihe waren somit von Beginn weg aufgeregt wie am Schmachten, und kaum liess Frontmann Hannes Kett seine schneidige Gesangsstimme erklingen, die markant an Robert Fleischmann (Vinnie Vincent Invasion) oder Dave King (Ex-Fastway, Ex-Katmandu) erinnerte, spitzte der Rezensent seine Ohren noch im Fotograben stehend. Danach mischte ich mich unter die Leute und verfolgte den weiteren Verlauf des Auftrittes der ersten Support-Band des Abends. Das Gebotene war unbestreitbar auf einem hohen Level und klang zeitweise nach den alten Mötley Crüe und die öffentlich verkündeten Roots von Guns n' Roses, Aerosmith und Skid Row waren ebenso auszumachen. Das Problem des insgesamt gut 40-minütigen Auftrittes lag letztlich aber am Songwriting der Nordländer.

Obwohl alles sehr professionell dargeboten wurde und vor allem Bassist Joel Alex Rockstar-Appeal ohne Ende versprühte, kickten die Songs zumindest auf der Bühne nicht wirklich. Auf den Studioalben, respektive vor der heimischen Anlage, entfalten sich zum Beispiel die funkigen, bluesigen und fluffigen Parts weitaus besser. Vielleicht lag es an den ausgewählten Songs, da sechs der sieben neue Kreationen waren. Heute Abend fehlten einfach griffige Melody-Lines mit Wieder-haken Qualitäten. Ein einzelner echter Hit-Song hätte ausgereicht, um die Gesamtbilanz positiv aufzupolieren. Dennoch verstanden es Shiraz Lane bestens, die Fans abzuholen und interaktiv einzubinden. Man stelle sich nur mal vor, was diese Band während dem Aufbruch der 80er und mit entsprechend besserem Material hätte reissen können. Auf längere Sicht nützt es so aber nichts, das Lob von Kollegen einzuheimsen und zum Beispiel schon mal in Wacken gespielt zu haben. Ich mag vielleicht falsch liegen, aber wir werden ja sehen, was die kommenden Jahre für diese Truppe noch bringen werden. Meine (Live-) Skepsis bleibt vorerst bestehen. Ab Konserve sieht es mit fortwährendem Anhören der beiden bisherigen full lenght Alben «For Crying Out Loud» (2016) und «Carnival Days» (2018) allerdings zunehmend anders aus.

Setliste: «Carnival Days» - «The Crown» - «Tidal Wave» - «Mental Slavery» - «Reincarnation» - «Harder To Breathe» - «People Like Us».


One Desire
Ich gebe es offen zu, dass ich am heutigen Abend gemütsmässig eigentlich nur wegen One Desire anwesend sein wollte! Das soll jetzt nicht als Seitenhieb gegen den Headliner verstanden werden, aber es gibt einfach Combos, die genau das bringen, was mich schon beim ersten Kontakt mit deren Musik flasht und nachher nie mehr loslassen wird. Bei One Desire sind das vorneweg natürlich die Smashers «Hurt» und «Apologize». Dessen ansteckende Melody-Lines fressen sich wie ein Virus in die Hirnwindungen und sorgen dort umgehend für das Auslösen chemischer Prozesse. Dies geht einher mit Glücksgefühlen und dem spürbaren Drang, die prägnanten Refrains lauthals nachsingen zu wollen. Dass dies nicht jeden Hardrock-Fan gleichermassen berührt, liegt dabei ebenso auf der Hand. Ich für meinen Teil setze aktuell sehr grosse Hoffnungen in diese Band und darum, wie man untenstehend der Setliste entnehmen kann, ging das Ding gleich von null auf hundert los. Was danach folgte, war Kür und Pflicht zugleich, nämlich das Zelebrieren des fast vollständigen Debüt-Albums. Nicht weniger als acht der zehn der regulären Songs zeigten anschliessend unmissverständlich auf, wo der Bartli (Deutsch: Bartel) den Most holt. Im Gegensatz zu Shiraz Lane vorher vermochten One Desire mit jedem Song doppelt zu punkten, und wenn man bedenkt, dass «Straight Through The Heart» und «Do You Believe» gar ausgelassen wurden, ist der Unterschied schlicht eklatant. Handwerklich sind freilich keine Unterschiede auszumachen, aber die Technik alleine reicht meist nicht aus, um das gleiche Resultat zu generieren und gekonntes Posing ebenso wenig.

Was bei André Linman (v/g), Jimmy Westerlund (g/v), Jonas Kuhlberg (b/v) und Ossi Sivula (d) mitunter den Unterschied ausmacht, sind die für diesen Sound unabdingbaren Backing Vocals, die, wenn sie so kommen wie sie müssen, eben das Gelbe vom Ei sind. Dazu kommt noch ein entscheidender Faktor mehr, denn in der Stilecke des melodischen Hardrocks sind mehrheitlich dezent eingesetzte Keyboards wie Synthies Pflicht, und wenn hierzu mindestens ein live spielender Gastmusiker aufgeboten wird, gehts nicht mehr besser. Des Weiteren entlockte Gitarrist Jimmy seiner Klampfe einige megaflinke Soli und riffte kongenial mit Frontmann André zusammen. Der Sound hierbei war ganz ordentlich abgemischt, was aber letztlich immer eine Frage des Standortes ist. Da ich mich schön in der Mitte platzierte, klang es fülliger als irgendwo auf der Seite, und da jeder einzelne performte Song über einprägsame Melodien verfügte, war der gut 50-minütige Auftritt von One Desire, zumindest für meine Begriffe, nahezu perfekt. Optisch untermalt wurde das Ganze einmal mehr durch fettes Hauslicht der Marke Z7. Mit «Buried Alive» wurde schliesslich ein rasanter Rausschmeisser gewählt, der locker auf dem Niveau der Pretty Maids lag, und man darf nun wirklich gespannt sein, was die Finnen im nächsten Jahr mit ihrem zweiten Album am Start haben werden. Die Zeichen stehen hier eindeutig auf "Sturm", was eh gut zu Frontmann Andrè passt, der ja bekanntlich mal in einer Combo namens "Sturm & Drang" unterwegs war. 2019 könnte somit das Jahr der Nordländer werden und den Genre-Fans womöglich das Album des Jahres bescheren!

Setliste: «Hurt» - «Turn Back Time» - «Apologize» - «This Is Where the Heartbreak Begins» - «Love Injection» - «Falling Apart» - «Whenever I'm Dreaming» - «Buried Alive».


H.E.A.T
Sofern eine verächtliche Gleichgültigkeit von mir Besitz ergriffen hätte, wäre ich an dieser Stelle bereits auf dem Heimweg gewesen und der Livebericht hier zu Ende. Das lag durchaus im Bereich des Möglichen, denn H.E.A.T habe ich in den letzten Jahren mittlerweile doch ein paar Mal live gesehen, inklusive am "Sweden Rock"-Festival. Ein paar meiner fotographierenden Kollegen entfernen sich, je nachdem, jeweils oft nach den ersten drei Songs vom Ort des Geschehens, was aber verschiedene Gründe aufweisen kann. Dies heute Abend auch zu tun, wäre jedoch, wie sich noch heraus stellen sollte, ein ziemlich grober Fehler gewesen! Die Schweden haben sich in den letzten Jahren nicht nur wegen ihren tollen Alben einen Namen gemacht, sondern sind quasi die "Airbourne"-Version des Melodic Rock! Ihre energetischen Shows sind, wie bei den Australiern, längst zum Markenzeichen avanciert. Im Zentrum des Geschehens steht dabei stets Tausendsassa, Zappelphilipp und Fotographen-Schreck Erik Grönwall. Wenn der schlaksige Frontmann, meist mit einem fetten Grinsen im Gesicht, auf die Bühne kommt, legt er, bildlich gesprochen, den Schalter um und explodiert dabei fast. Auf der voran gegangenen Tour zum 2014er Album «Tearing Down The Walls» wurde dies damals mit dem Album-Opener «Point Of No Return» (inklusive dem Intro) absolut perfekt umgesetzt! Besser kann man eine Show nicht beginnen, und darum konnte hier «Bastard Of Society», ein neuer wie gleichzeitig der erste Song des aktuellen Longplayers «Into The Great Unknown», nicht paroli bieten. Dennoch vermochten die ersten vier Songs, nota bene alle von unterschiedlichen Alben, die Lunte der bevorstehenden Sound-Bombe locker in Brand zu setzen. Der Ohrwurm «Emergency» markierte dabei den ersten von insgesamt sechs Tracks ab «Tearing Down…», gefolgt von insgesamt fünf Vertretern ab «Address The Nation».

Somit landete «Into The Great…» mit nur drei Treffern auf dem Bronze-Platz. Das ist in meinem Augen aussagekräftig genug, was die Qualität des jüngsten Materials angeht. Nichtsdestotrotz liessen H.E.A.T hier absolut nichts anbrennen und zeigten einmal mehr auf, dass sich eigentlich nur die Kollegen von Eclipse auf Augenhöhe befinden. Und obwohl natürlich die ganze Band immer am Rackern ist, zieht natürlich Frontkasper Erik, als einer der hibbeligsten Sänger der Szene, stets die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Der Typ ist unablässig in Bewegung und dirigiert unangefochten das Geschehen auf der Bühne. Er scheint wie unter Dauerstrom zu stehen, und es bleibt dabei schwer zu hoffen, dass dies nicht aufgrund von künstlichen Aufputschmitteln so ist. Während «Living On The Run» verspürte Mr. Grönwall dann den Drang, sich unter die paar Hundertschaften im vielleicht zu etwa einem Drittel gefüllten Z7 zu mischen und mächtig Reibach zu veranstalten. Dem nicht genug, folgte zu «Beg Beg Beg» die Eroberung der Hauptbar mittels Crowdsurfing und AC/DCs Classic «Whole Lotta Rosie» als Intermezzo. Was für ein verrückter Kerl, der sich mitunter auch noch eine Schweden-Fahne der ersten Reihe auslieh und komplett in seinen Bund stopfte…, na ja. Ein Moment der Ruhe kehrte erst mit der von Erik akustisch gespielten Ballade «Laughing At Tomorrow» ein, die so fast noch besser als die Originalversion rüber kam. Nach «There For You» vom Debüt wurden die Kanonen für die Schlussoffensive geladen, und das waren letztlich, inklusiver zweier Zugaben…, richtig geraten…, nur noch Songs von «Tearing…», dem bisher klar besten Werk der Schweden. Hierzu kochte die Stimmung nochmals richtig hoch, und für die Zukunft muss das Songwriting qualitativ wieder anziehen, damit der andere Erik (Mårtensson) und seine Jungs von Eclipse nicht davon ziehen. Solange die Live-Shows von H.E.A.T aber noch auf diesem Niveau abgezogen werden, liegt alles im grünen Bereich.

Setliste: «Bastard Of Society» - «Breaking The Silence» - «Danger Road» - «Emergency» - «Shit City» - «Downtown» - «In And Out Af Trouble» - «It's All About Tonight» - «Living On The Run» - «Beg Beg Beg» - «Laughing At Tomorrow» - «Redefined» - «There For You» - «Mannequin Show» - «Tearing Down The Walls» -- «Point Of No Return» - «A Shot At Redemption».