Am 9. Dezember fand im Volkshaus eine Veranstaltung statt,
die auf jeden Fall ungewöhnlich wirkte. Erstens ist das schöpferische
Tandem der Headlinerbands – die Deutschen Heaven Shall Burn und die
Australier Parkway Drive - vollkommen überraschend. Die Gruppen
stellen sehr unterschiedliche Richtungen der härteren Musik dar und
die Tatsache, dass sie gemeinsam auftreten, macht eh jeden
neugierig. Aber als ich mich auf den Weg zum Konzert begab, konnte
ich mir nicht vorstellen, WIE ungewöhnlich ihre Zusammenkunft sein
würde. Zudem muss man hervor heben, dass die Vorgruppen auch
sehr interessant waren, denn sie stehen schon seit Langem im Herzen
der Fans dieses Metal-Genres. So wurde das Abend von Carnifex aus
Kalifornien und der supertechnischen Gruppe Northlane aus Australien
eröffnet.
Carnifex
Das Konzert begann sehr früh. Kurz vor sieben Uhr erschienen
Carnifex auf der Bühne. Dieses Jahr erfreute die Band ihre Fans mit
dem neuen Album „Die Without Hope“, das noch einmal auf das Streben
der Band nach einer maximal boshaften und extremen
Deathcore Musik-produktion hinweist. Zweifellos lohnt es sich, diese
vielfältigen und sehr extremen Gesänge von Oberkreischer Scott Lewis
live anzuhören. Es ertönte bald brutales Gegrunze, dann normales
Growling und harsche Vocals. Ausserdem hat die Band den neuen
Gitarristen Jordan Lockrey in ihren Reihen, der sich ziemlich gut
eingefügt hat. Aber ehrlich gesagt war der Sound in der Halle nicht so
gut, irgendwie "klanglos", und besonders schwer fiel dies dem
Sänger Scott Lewis. Ich glaube, er hat es nur deswegen hingekriegt,
weil er ein ausser-gewöhnliches Stilmittel als Sänger besitzt.
Northlane Was man leider über den Frontmann
Marcus Bridgeiley der zweiten Vorgruppe Northlane nicht sagen
konnte. Man spürte deutlich, dass seine Sängerkarriere kürzlich
angefangen hatte (2014 verliess der vorherige Sänger Adrian
Fitipaldes die Band). Die Gruppe begann ihren
Auftritt
um Viertel nach sieben und dauerte sehr kurz – bloss eine halbe
Stunde, aber ich hörte keine lebhaften Gesangsparts von Marcus. Es
ist nun schwer zu beurteilen, ob es an seinen Fähigkeiten oder an
der schlechten Tontechnik lag. Im Übrigen schenkte ich meine
Aufmerksamkeit der tollen Instrumentalabteilung und der Performance.
Ein hohes Lob verdiente der Gitarrist Jon Deiley, der in einem weissen
Sweater und mit schwarzer Gitarre auf die Bühne kam. Er ist ein
Meister seiner Arbeit und besitzt eine eigene Spielmanier! Im Grunde
genommen hat die Band gutes melodisches Material, das sich ganz
leicht einprägt. Deswegen machte sie trotz der schwachen
Gesangsleistung einen guten Eindruck auf mich.
Parkway Drive & Heaven Shall Burn
Nachdem die Musiker die Bühne verlassen hatten, begann eine ziemlich lange
Pause, während der man die Bühne völlig umbaute. Nachdem alles fertig
war, riss man den Vorhang herunter und wir bekamen eine prächtige
Ausstattung zu sehen. Vor unseren Augen bauten sich postapokalyptische
Landschaften auf: Berge aus technisch-anthropogenem Müll, Reifen,
Fässer, zerbrochene Scheinwerfer, Gelumpe und dergleichen. Weit im
Hintergrund sah man zwei Schlagzeuge: rechts mit zwei Basstrommeln
und links mit einer. Der Auftritt von Heaven Shall Burn begann mit
einem grossen Knall, nachdem der Raum durch zahlreiche
Papierstreifen erfüllt wurde. Und danach fingen die beiden Death
Metal Basstrommeln mit Vollleistung an zu arbeiten. Sänger Marcus
Bischoff begrüsste das Publikum mit einer ziemlich langen Rede. Ich
muss schon zugeben, dass dieses Konzert bestimmt interessanter war,
als eine gewöhnliche ‚Tour zur Unterstützung des letzten Albums‘
sein konnte. Heaven Shall Burn erlaubten es sich mit „Voice Of The
Voiceless“ vom Album „Antigone“ von 2004 anzufangen. Die ersten
vierzig Minuten wurdem die Zuhörer in derbes Material der alten
europäischen Death Metal Schule à la Bolt Thrower eingehüllt.
Plötzlich kündigte Marcus an, dass die Band gleich ein Cover von
ihren Freunden von Parkway Drive spielen würde!
Gleich danach
hörte man die ersten Riffs, und ich erkannte mit Mühe „Unrest“. Nach
diesem Cover verliessen die Musiker Heaven Shall Burn die Bühne, und
fast gleichzeitig erschienen Parkway Drive ohne Umbaupause. Das
Konzert setzte sich gleich ohne Verzögerung fort. Nun stellte ich fest,
dass die Mikrofone ausgezeichnet funktionierten – man hörte alles!
Nach einer halben Stunde waren die Jungs aus Parkway Drive an der
Reihe, ein Cover von Heaven Shall Burn zu spielen. Dafür
wählten
sie das berühmte „The Weapon They Fear“ aus. Sänger Winston McCall
lud Heaven Shall Burn wieder auf die Bühne ein. Und diese liessen
nicht lange auf sich warten, sodass ein Sturm des Beifalls den Saal
in Beschlag nahm. Meiner Meinung nach ist diese Band in der Schweiz
populärer als Parkway Drive, obwohl es im Saal bestimmt auch Fans
von Parkway Drive hatte.
Heaven Shall Burn spielten ihr
zweites Set. Zu diesem Zeitpunkt herrschte im Konzertsaal schon der
totale Wahnsinn und es bereitete den Security-Leuten viel Mühe, die
Bühne ordentlich abzuschirmen. Divende Fans sah man da und dort im
Gedränge. Heaven Shall Burn spielten noch dreissig Minuten, und nun
kamen abermals die Australier von Parkway Drive. Im zweiten Teil des
Auftrittes redete der Sänger Winston McCall sehr viel und
organisierte einen Circlepit in der Halle. Er bedankte sich sehr
beim Publikum und betonte die Tatsache, dass alle Anwesenden an
einem einmaligen Konzert – des gemeinsamen Auftrittes der beiden Bands
- teilnahmen! Und es war wirklich so. Zumindest ist es mir nicht
mehr bewusst, dass ich je schon so einen tollen, harmonischen Übergang
von einer Band zur anderen gesehen hätte. Es bleibt für mich ein
Rätsel, wie man es von technischer Seite ermöglichte. Aber ich kann
sagen, dass es mir gefiel. Mich lockte es an, dass man so
verschiedene Musik so virtuos, pausenlos in Non-Stopp-Regime hören
und wechseln konnte, als ob man die Lieder im Player mit dem Finger
umschaltete, und die Coveridee war echt klasse! Im Grossen und
Ganzen war es den Bands gelungen, die Zuhörer in gutem Sinne zu
überraschen.
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